Der kritische Herbst10.11.2006, 4P|Team
Der kritische Herbst

Special:

Das ist doch nichts Neues, das ist doch alter Tobak, das ist doch vollkommen normal. Ja, wer die Branche kennt, weiß, dass es bestimmte Formen der internen und externen Beeinflussung auf dem Weg vom Test zur Wertung gibt. Manches ist unproblematisch, manches kritikwürdig, anderes inakzeptabel. Im kritischen Herbst geht es uns darum, dem Leser zu zeigen, welche Formen es gibt. Wir werden das aufzählen, was uns als Online-Magazin begegnet und einen selbstkritischen Kommentar abgeben.

Interne Beeinflussung

Darunter verstehen wir all das, was innerhalb eines Magazins, innerhalb einer Redaktion im Arbeitsalltag auf Redakteure zukommen kann. Es geht um das Verhältnis zwischen Geschäftsführung, Marketing, Chefredaktion und Redakteuren.  Formen der externen Beeinflussung haben wir hier gesammelt.

1. Der Geschäftsführer mischt sich mehr oder weniger subtil in Wertungsdiskussionen ein.

a) Ist das problematisch?

Ja. Das schränkt die Unabhängigkeit der Redaktion ein und führt zu Wertungsbeeinflussungen von oben.

b) Wie geht 4Players.de damit um?

Unser Geschäftsführer hat kein Mitspracherecht bei Wertungen oder Test-Terminen. Wir kennen diesen Missstand allerdings aus der Vergangenheit: Unser Test zu Enter the Matrix wurde nach einem Telefonat zwischen Geschäftsführung und Publisher um einige Tage verschoben, weil die aus Publishersicht schlechte Wertung nicht zum Releasetag erscheinen sollte. Unsere Geschäftsführung weigerte sich zwar die Wertung zu ändern, willigte aber in die Verschiebung ein.

2. Der Geschäftsführer akquiriert Werbekunden und schreibt selber Tests.

a) Ist das problematisch?

Ja. Das ist kein unabhängiger Journalismus. Hier gibt es keine Trennung zwischen Vertrieb und Redaktion. Es kommt zu Gefälligkeitswertungen.

b) Wie geht 4Players.de damit um?

Unser Geschäftsführer schreibt keine Tests und akquiriert keine Werbekunden - das wird vom Vetrieb organisiert. In der Anfangsphase von 4Players.de hat ein Geschäftsführer Tests geschrieben, wie z.B. No One Lives Forever. Das wurde allerdings sehr schnell eingestellt, schon Ende 2000.

3. Der Chefredakteur passt Tests bzw. Wertungen seiner Redakteure an, um Publishern entgegen zu kommen, die gerade eine Kampagne fahren. Sprich: Kritische Meinung wird innerhalb der Presse aufgeweicht.

a) Ist das problematisch?

Ja. Das ist aus journalistischer Sicht inakzeptabel und Gemauschel in Reinkultur.

b) Wie geht 4Players.de damit um?

Wir passen keine Tests bzw. Wertungen an, um Publishern entgegen zu kommen. Für uns zählt einzig und allein die schlüssige Argumentation des Textes. Wir berichtigen lediglich sachliche Fehler.

4. Der Chefredakteur lässt grundsätzlich die Leute bestimmte Titel testen, von denen er weiß, dass sie eine angenehme Wertung geben - der potenzielle Kritiker geht leer aus.

a) Ist das problematisch?

Ja. Und zwar dann, wenn ein Spiel offensichtliche Schwächen hat, die ignoriert werden sollen, ohne dass erst intern darüber debattiert wird.

b) Wie geht 4Players.de damit um?

Bei uns testen nur die Redakteure ein Spiel, die ein Genre mögen. Damit besteht zwar auch die Gefahr einer angenehmeren Wertung, aber ab hier muss man auf den kritischen Blick der eigenen Redakteure vertrauen. Es geht bei der Wahl des Testers nicht um angenehm, sondern um Erfahrung und Genrekenntnis. Jörg darf keine Rennspiele testen, Michael keine Rollenspiele.

5. Der Chefredakteur passt nach der Veröffentlichung eines Tests an und wertet um, weil der Publisher die Wertung nicht akzeptiert oder mit der Einstellung weiterer Werbekampagnen droht.

a) Ist das problematisch?

Ja. Weil man sich nachträglich manipulieren lässt.

b) Wie geht 4Players.de damit um?

Soetwas gibt es bei uns nicht.

6. Die Chefredaktion spricht schon vor der Veröffentlichung eines Berichts über seine Tendenz, seine Wertung und Formulierungen mit dem Publisher oder legt einen Test bzw. Vorschau komplett vor.

a) Ist das problematisch?

Ja. Das ist vollkommen inakzeptabel und öffnet Tür und Tor für Manipulationen.

b) Wie geht 4Players.de damit um?

Das lehnen wir ab und das wurde trotz der Anfrage seitens einiger Publisher immer strikt abgelehnt.

7. Der hauseigene Key Account Manager (verantwortlich für die Werbung auf dem Portal) erklärt den Redakteuren, wie viel Tausend Euro an einer Kampagne hängen.

a) Ist das problematisch?

Jein. Wenn Redaktion und Vetrieb streng getrennt sind, ist das zwar theoretisch kein Problem. Allerdings besteht die Gefahr der Befangenheit, wenn der betreffende bzw. testende Redakteur die Summe oder Tragweite kennt.

b) Wie geht 4Players.de damit um?

Wir kennen das aus eigener Erfahrung, wenn der Vertrieb uns über den Umfang einer gebuchten Kampagne informiert. Da bei einem schlechten Test die rückwirkende Stornierung droht, ist das ein heikles Thema und betrifft uns finanziell direkt. Deshalb arbeiten die Key Account Manager erstens räumlich getrennt in einer anderen Etage und hat zweitens keinen redaktionellen Einfluss. Erst kürzlich wurde nach einem kritischen Test (nein, nicht Gothic 3) alle Werbung zurückgezogen, weil man nicht in einem Umfeld werben möchte, das ein Produkt schlecht aussehen lässt. Damit müssen wir uns abfinden, eine Stornierung ist das Recht des Kunden.

Zu den Formen der externen Beeinflussung .

Habt ihr Fragen oder Anregungen? Habt ihr ähnliche oder andere Erfahrungen gemacht? Fehlt euch etwas? Wir freuen uns auf euer Feedback im Forum oder als E-Mail an joerg.luibl@4players.de.

            

 
0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.