Special: GCDC 2007 (Messen)

von Jörg Luibl



GCDC 2007
Entwickler: -
Publisher: -
Spielinfo
Die Keynote von Julian Eggebrecht leitete die GCDC in Leipzig mit einem überraschend spielepolitischen Thema ein: Jugendschutz und Gewalt. Der Chef von Factor 5 forderte die Gleichberechtigung von Film und Spiel in der kulturellen Einschätzung und verteidigte Gewalt als virtuelles Stilmittel. Wir konnten dem Lair-Macher auf der Konferenz ein paar Fragen stellen...

4Players: "Push the violence! Push the sex!" Damit hast du den Entwicklern in deiner Keynote aus unserer Sicht überaus begrüßenswerte, aber aus spielepolitischer Sicht höchst inkorrekte Ratschläge mit auf den Weg gegeben. Mit Letzterem dürften die Amerikaner ein Problem haben und mit Ersterem triffst du auch einen Nerv in der Jugendschutzdiskussion hierzulande.

Julian Eggebrecht: Die Leute müssen akzeptieren, dass Spiele kein Kinderkram sind. Und die Gesellschaft muss akzeptieren, dass Spiele alles bieten - vom bunten Disneyinhalt bis hin zu düsterer Action für Erwachsene.

4Players: Also auch Gewalt als Stilmittel?

Julian Eggebrecht: Natürlich. Es gibt Spiele mit Disney-Inhalten, aber eben auch welche für Erwachsene - genau so wie im Film.

4Players: Du hast in deiner Keynote das Verbot von Manhunt 2 in Großbritannien kritisiert. Was hat das mit der Beschneidung von Lair zu tun?

Julian Eggebrecht: Der Grad der Gewalt ist natürlich  ein ganz anderer - da liegen Welten zwischen. Aber das grundsätzliche Problem ist dasselbe: Scheinbar
Eggebrecht musste Lair schneiden, damit auch Teenager den Titel kaufen dürfen. Wie steht er zu Gewalt und Alterseinstufungen?
haben Leute Probleme damit, bestimmte Inhalte in Spielen zu akzeptieren. Warum soll ich mich nicht in die Rolle eines Psychopathen hineinversetzen dürfen? Deshalb habe ich die Parallelen zu Filmen wie Clockwork Orange oder Natural Born Killers gezogen, in denen das möglich ist.

4Players: Du hast die Prozedur der Beschneidung von Lair beschrieben - dass keine Brocken durch die Luft fliegen durften, dass das Blut beim Biss des Drachen nicht in Fontänen spritzen durfte. Aber da ging es ja für euch darum, dass Sony ein Teen-Rating in den USA erreichen wollte, um Lair möglichst gut zu verkaufen.

Julian Eggebrecht: Ja, und trotz der ärgerlichen Einschnitte: Ich wollte auch ein Teen-Rating! Mit einem Mature-Rating hätten meine zehn- und zwölfjährigen Söhne das nicht spielen dürfen (lacht). Und das hätte Ärger gegeben...

4Players: Das kann ich mir denken. Was spielen die beiden denn ansonsten am liebsten?

Julian Eggebrecht: Wir haben ja alle Konsolen dieses Planeten zuhause. Am meisten spielen sie aber Wii und DS.

4Players: Hältst du dich als Vater strikt an die Altersvorgaben auf der Box?

Julian Eggebrecht: Nein. Es gibt so viele Spiele, wo das Rating einfach keinen Sinn ergibt. Da können die beiden dann trotzdem spielen.

4Players: In Deutschland gibt es ja direkte Verstümmelungen von Spielen. Man denke
Was im Film erlaubt ist, wird im Spiel verboten: "Warum soll ich mich nicht in die Rolle eines Psychopathen hineinversetzen dürfen?"
an The  Darkness, wo erwachsene (!) Spieler hierzulande in der Rolle eines dämonischen Mafiosi keine Herzen herausreißen dürfen, sondern Energie aufsaugen...


Julian Eggebrecht: Das ist für mich schon eine regelrechte Zensur.

4Players: Selbst Hakenkreuze im Bonusmaterial mussten entfernt werden, damit das Spiel überhaupt erscheinen durfte. Kann ein Symbol so gefährlich sein?

Julian Eggebrecht: Das ist die alte Hakenkreuz-Problematik, die ein rein deutsches Phänomen ist. Eigentlich ist das Symbol in der Kulturgeschichte immer wieder aufgetreten, von Indien bis Europa. Ich denke, dass der Zweite Weltkrieg lange genug her ist, dass man solche Symbole in Spielen wieder benutzen kann. Außerdem ist es gegenüber dem Medium Spiel einfach unfair, dass Hakenkreuze in Filmen auch in Deutschland gezeigt werden dürfen.

4Players: In den USA gibt es ganz andere Tabus - man denke an Sex...

Julian Eggebrecht: Ja, das Gezeter um Hot Coffee ist eine Farce. Wir durften ja selbst eine Anspielung darauf, also ein einfaches Easteregg, in Lair nicht einbauen, wenn wir ein Teen-Rating erreichen wollten! Aber auch Gewalt kann in Amerika verpönt sein: Man denke an das kleine Team, das aus der Kennedy-Ermordung ein Spiel machen wollte - da sind die Leute ausgerastet.  

   

Kommentare

Coffin87 schrieb am
ich unterstreiche alles was dieser mann zum thema gewalt als stilmittel und lächerliche zensur sagt!!!
dass esrb denen ihr easter egg verboten haben..
DAS IST EINE ART VON ZENSUR GEGEN DIE DIE MENSCHEN SICH HEUTZUTAGE MIT HÄNDEN UND FÜSSEN WEHREN SOLLTEN!!!
jedenfalls sind lair und warhawk derzeit die ps3-spiele auf die ich mich am meisten freue. (abgesehen von den unzählbaren granaten nächstes jahr!) lair ftw!!
WeAllLoVeChaos schrieb am
Uranisotop 235 U hat geschrieben:
Nicht wenn Dein Publisher Sony heisst und Dir aufbrummt das Spiel ins Teen-Rating zu quetschen, dann muss sich Factor 5 durch Sony bei der Pruefstelle besagter Kritik annehmen. Ich sehe in der Sache einfach keinen guten Punkt, denn ein MAler, dem die Haende gebunden sind, weil er das Hakenkreuz, das Blut und die quaelenden Gesichter nicht malen darf, brauch meiner MEinung nach erst garnicht anfangen, das Endprodukt ist nicht das, was geplant war, und so auch im Spiel. Ich will alle Gedanken und Arbeiten im Spiel sehen koennen, alles, was sich der Programmierer gedacht hat, um das Spiel zu komplettieren. Schlimm solche Zensur, ein hoeheres Rating und die damit in Zusammenhang stehende Vollstaendigkeit waere mir lieber, Sony aber nicht, die auf Absaetze aus sind, verstaendlich.
Die unlogische Einteilung in "erlaubt" und "nicht erlaubt" wird viele in den Wahnsinn treiben.. :lol:
Ich stimme dir hundertprozentig zu!
Wahrscheinlich liegts auch an der Sache, dass damals in der "Jugend" der meisten Politiker und BILD Journalisten Videospiele nicht solche Ausmaße annahmen, wie heute. Heutzutage ist es ein Milliardengeschäft, zum Teil erfolgreicher und größer als die Filmindustrie!
Die Akzeptanz als Kunstmedium oder Kunstobjekt (in Frankreich bereits der Fall) wird in Deutschland und manch anderen Ländern noch dauern. Liegt vlt. auch an dem Namen videoSPIEL; "spiele werden doch nur von KINDERN gespielt...", wer weiß was in den Gehirnwindungen einen Stoibers und Co. so vor sich geht, wenn er an das Wort Videospiel denkt!? Wahrscheinlich, dass diese für die Kinder schön bunt und besonders lernfördernd sein müssen...
Na ja, ich denke es wird noch ne Zeit lang dauern, bis Videospiele von der breiten Maße akzeptiert werden, oder gar als KUNST gesehen werden. Vlt. passiert das auch erst sobald unsere Generation Richtung 6 Fuss tiefen Eichensarg marschiert...! Ich will es nicht hoffen!
Ich finde die USK an sich eine gute Sache, doch find ich die damit...
step2ice schrieb am
Netter Artikel.
Aber die Diskussion wirds vermutlich noch in zehn Jahren geben.
Warum zum Teufel bringt man nicht zwei Versionen auf den Markt.
Eine für Kiddies und eine für Erwachsene.
Und wenn sich das Spiel nur an Erwachsene richtet, wie z.B Manhunt 2, dann soll es eben so sein.
Reine Zeitverschwendung das ganze. :roll:
d0senwurst schrieb am
sehr schönes Interview, auch wenn die ganzen Moralapostel wieder was zu meckern haben, es sehe es mit dem Jugendschutz ganz genauso.
Und Ärgere mich über die Bevormundung.
Vorallem bei Manhunt 2.
Spiele sind nicht nur für Kinder da... und wenn mir etwas zu hart ist, spiel ich es nicht.
schrieb am