Der Herr der Ringe Online: Die Minen von Moria09.12.2008, Sebastian
Der Herr der Ringe Online: Die Minen von Moria

Im Test:

Vor mehr als 18 Monaten schickte Turbine die Spieler in die Welt von Tolkien und ließ sie Abenteuer am Rande der großen Geschichte um den Einen Ring erleben. Nun folgt mit "Die Minen von Moria" das erste kostenpflichtige Add-On für Herr der Ringe Online. Bewaffnet mit Schwert und Fackel begeben wir uns auf die Testreise unter Tage und lassen uns von den Dingen überraschen, die in der Tiefe warten...

Des Rätsels Lösung ist "Freund"

Durins Hallen, Khazad-dum, die Schwarze Grube oder auch Moria genannt - die alte Stadt der Zwerge, tief unter den Gipfeln des Nebelgebirges, füllt sich wieder mit Leben. Na ja, eigentlich trieben sich schon eine ganze Weile Goblins, Orks und andere finstere Genossen in den alten Gewölben umher, aber die zählen nicht. Aber immer der Reihe nach, denn bevor man sich in die Tiefen begibt, muss man erstmal den Eingang finden und hinein kommen.

Moria - die Stadt der Zwerge. Die unterirdischen Anlagen sind weitläufig und gar nicht so leer, wie es scheint ...

Nachdem mit den ersten kostenlosen Erweiterungen (die Kapitel sieben bis dreizehn des ersten Buches) bereits neue Regionen zur Spielwelt kamen, gibt es nun mit Eregion ein weiteres Gebiet. Dorthin können alle Spieler auch ohne Add-On gelangen und einige Abenteuer erleben. Erst mit Beginn des zweiten Buches geht es für den Hauptteil abwärts - in die Minen. Natürlich dreht sich das erste Kapitel darum, hinein zu kommen und natürlich können die Zwerge nicht ihre Hände von Moria lassen ...

Der unbekannte Held

Die Entwickler haben auch beim Add-On ihre Philosophie weiter verfolgt, dass der Spieler nicht Teil der Hauptgeschichte Tolkiens ist, sondern diese am Rande miterlebt und immer wieder nur streift. So laufen die Kapitel und Aufgaben, die man lösen kann, immer parallel zu den Erlebnissen der Gefährten und den großen Ereignissen in Mittelerde. Oft kreuzt man ihre Spuren oder Wege, besucht Orte, an denen sie noch kurz zuvor waren, oder hilft ihnen aus der Ferne durch Ablenkung der Feinde.

Nicht nur enge Gänge, auch hohe Hallen und weite Höhlen warten auf mutige Abenteurer.
Doch diesmal kommt man ihnen näher als zuvor und Turbine wendet einige Kniffe und Tricks an, um die Spieler mehr einzubinden. Damit wird auch erreicht, dass der Spieler sich mehr als Teil von Mittelerde fühlt und die Atmosphäre gewinnt enorm. Wer sich übrigens Hoffnungen machte, es Gandalf gleich zu tun und dem Balrog eine kalte Dusche zu verpassen, den muss ich enttäuschen: Es gibt den feurigen Dämon zwar und man kann ihn sogar treffen, aber nicht besiegen. Wie und wo man den wandelnden Hochofen trifft, wird nicht verraten - nur so viel: Es gibt eine kleine Zeitreise.

Leider haben die Entwickler die Idee einer vorlaufenden Geschichte nicht weiter entwickelt und bleiben beim streng linearen Konzept der Kapitel. Zwar ist man wieder nicht gezwungen jedes Kapitel zu spielen, aber warum gibt es keine Verzweigungen? Herr der Ringe Online bietet sich mit seinem Kapitel-System gerade zu an, Spieler über die Art einer Lösung einer Aufgabe entscheiden zu lassen. Aber leider wurde daran nicht gedacht. Ebenso wurden die Spieler in den unteren Stufen vergessen, denn es richtet sich fast ausschließlich an die Spieler, die schon Stufe 50 sind.

Dichte Atmosphäre

Aber betreten wir erst einmal die Stadt der Zwerge. Wer erinnert sich noch an die Szene im ersten Film, als die Gefährten die große Halle betreten? Wer hatte da nicht auch ein bewunderndes "Ahhh" auf den Lippen und ein Kribbeln im Nacken? Wer das Add-On spielt und sich auf die Welt einlässt, der wird einige Male genau dieses Gefühl erleben. Moria ist dank einiger Verbesserungen der Grafikengine - die übrigens auch Animationen und Figuren umfasst - einfach nur grandios. Hier hat die kreative Abteilung von Turbine Überstunden geleistet und so manche Sternstunde gehabt. In Sachen Kulisse können sich alle Konkurrenten eine dicke Scheibe abschneiden.

War schon beim Hauptspiel einiges los auf der Welt, so geht das Add-On noch einmal einen Schritt weiter und vermittelt über Sprache, Musik und Geschichten eine unglaublich fesselnde Atmosphäre für Abenteurer und Entdecker. Der Abwechslungsreichtum vertreibt jeden Anflug von Langeweile - so lange man sich nur traut, unter Tage zu wandeln und die Zeit und Geduld mitbringt, all das zu genießen. Allerdings sind die Minen weniger für Solisten geeignet, denn zu viele harte Gegner lauern hinter den Ecken. Nur wer in einer Gruppe unterwegs ist, wird wirklich weit nach unten gelangen.                  

Verstärkungen und Legenden

Neben der wunderbaren Welt von Moria fügt das Add-On auch drei wesentliche Neuheiten in das Spiel ein. Zum einen dürfen sich auch Spieler der Stufe 50 wieder über einen Zuwachs an Erfahrungspunkten freuen, denn es gibt nun 60 Stufen und damit neue Fähigkeiten. Zweitens wären da noch die beiden neuen Klassen (Runenbewahrer und Hüter), die neue taktische Elemente ins Gruppenspiel bringen. Und dann gibt es noch die legendären Gegenstände, die mit jedem Kampf wachsen und stärker werden können.

Mit Speer, Schild und Lederrüstung rückt der Hüter gegen die Feinde vor.

Die Erweiterung des Stufenlimits um zehn Stufen ist eigentlich Standard für ein Add-On und angesichts der teils happigen Gegner in Durins Hallen auch dringend nötig. Interessanter sind da schon die legendären Gegenstände, die über eigene Stufen verfügen und mit jedem Kampf an Erfahrung gewinnen. Damit neue Fähigkeiten und Attribute die Gegenstände schmücken, müssen sie teils immer wieder neu geschmiedet werden und mit legendären Artefakten oder Splittern vereint werden. Damit werden erstmals im Spiel die Gegenstände einzigartig und auf die eigene Spielweise zugeschnitten.

Mit dem Hüter kommt eine weitere mittelschwer gepanzerte Nahkampfklasse ins Spiel, deren Besonderheit das Gambit-System ist. Werden die Grundangriffe des Hüters in der richtigen Reihenfolge ausgeführt, ergeben sich daraus bestimmte stärkere Effekte und Angriffe. Das erlaubt es dem Hüter effektiv für die Gruppe zu arbeiten und zu schützen. Das System funktioniert sehr gut und gibt dem Spieler viele Freiheiten seinen Hüter zu spielen, doch es fehlt noch ein bisschen an der Balance, damit er seiner Rolle im Spiel ganz gerecht werden kann.

Schon bei Herr der Ringe Online versuchten die Entwickler geschickt um das Fehlen genretypischer Zauberer und Heiler-Klassen in der Literaturvorlage herum zu navigieren und schafften es fast. Nun führen sie mit dem Runenbewahrer eine neue Zauberklasse ein, die taktisch sowohl heilen und verstärken als auch Schaden austeilen kann. Es kommt darauf an,  welche Runen eingesetzt werden, denn aus den alten Worten der Zwerge und Elfen formt er seine Macht.

Zwar ungewöhnlich für die Welt von Mittelerde, aber der Runenbewahrer beherrscht die Elemente.

Einige Verbesserungen vermisst

Beide Klassen hinterlassen also einen guten Eindruck, aber so ganz hundertprozentig wollen sie nicht in die Welt passen. Der Hüter konkurriert ja mit dem Wächter, Waffenmeister und Jäger und ist weder ganz Schadensklasse noch - mangels dicker Rüstung - ganz Tank. Mehr die Art wie er gespielt wird definiert seine Einzigartigkeit und weniger die Rolle, die er im Spiel übernimmt. Der Runenbewahrer passt ehrlich gesagt überhaupt nicht in die Welt und Geschichte von Tolkien, aber er ist das Zugeständnis an das Genre (bzw. die Spieler), dass nach Zauberern verlangt. Außerdem war bisher die Rolle des Heilers mit dem Barden deutlich unterbesetzt.

So glänzend sich Herr der Ringe im Bereich PvE (Spieler gegen Monster) präsentiert, so schwach bleibt es weiterhin im PvP (Spieler gegen Spieler). Zwar wurde das Stufenlimit der Feinde auf 60 erhöht und es gab ein paar kleine Änderungen, aber weder gibt es ein neues Gebiet noch neue Monsterklassen. PvP ist und bleibt bei Herr der Ringe Online ein wenig bedeutender Nebenspielplatz. Das ist angesichts der Möglichkeiten, die der epische Stoff bietet (man denke an die großen Schlachten) sehr schade und verschenkt einiges an Potenzial.

Beim Staunen über die wunderschönen oder auch erschreckenden Dinge in Durins Hallen übersieht man fast, dass die meisten Aufgaben wieder einmal nur Standardkost sind. Zwar sind die Geschichten liebevoll und ausführlich geschrieben und tragen damit zur Atmosphäre ihren Teil bei, aber dennoch grassiert auch hier die Genrekrankheit, dass Aufgaben zuweilen unmotiviertes Laufen und Monsterhauen beinhalten.                 

Fazit

Mehr noch als bei Herr der Ringe Online schafft es Turbine mit dieser atmosphärisch dichten Erweiterung, mich regelrecht in die Welt von Mittelerde hinein zu ziehen. Und man zeigt einmal mehr, dass das Spiel zu Unrecht im Schatten von World of WarCraft steht. Optisch sind die Minen von Moria jedem Genrekollegen um Meilen voraus und die Stimmung in den düsteren Hallen ist unglaublich packend. Mit den legendären Gegenständen, den zehn zusätzlichen Stufen sowie den zwei neuen Klassen bietet das Add-On zudem einen üppigen Umfang. Leider wurden einige Schwachpunkte (Handwerk, PvP, Grind) nicht behoben und die neuen Klassen fügen sich nicht ganz nahtlos in die Welt von Frodo und Gandalf ein. Wer viel alleine unterwegs ist oder mit dem Spiel neu anfängt, der wird weniger Spaß in den Minen haben. Aber Veteranen mit schlagfertigen Freunden sollten den dunklen Gewölben einen Besuch abstatten – es lohnt sich!

Pro

<P>
dichte Atmosphäre
großartige Grafiken und Kulissen
Legendäre Gegenstände
Zwei neue Klassen</P>

Kontra

<P>
PvP (Monsterplay)&nbsp;nicht verbessert
kaum Neues für die unteren Stufen
Neuer Inhalt eher für Gruppen</P>

Wertung

PC

Achtung Balrog, wir kommen! Die Minen von Moria sind eine (fast) perfekte Fortführung des Hauptspiels.

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