Cities XL16.10.2009, Bodo Naser
Cities XL

Im Test:

Cities XL (ab 6,90€ bei kaufen) will den Städtebau der nächsten Generation bieten - komplett mit zugänglichem Onlinemodus und eigener Community. In unserer Vorschau hatten wir vor allem kritisiert, dass der Handel mangelhaft mit der Stadtentwicklung verknüpft war. Jetzt ist die Vollversion erschienen. Hat sich diesbezüglich was getan? Und kann das Spiel noch mit anderen Stärken punkten?

Sklave des Internets

Manchmal ist es ganz lehrreich, wenn einem etwas fehlt. Dann begreift man vielleicht, wie es jemandem geht, der es nicht hat. Ich rede nicht etwa von Ressourcen bei Cities XL, sondern vom Web. 

Ohne Internet bleibt der Bildschirm schwarz und die eigene Stadt auf dem Planeten nur ein ferner Traum.   
Mir erging es so am Wochenende, als ich einen langen Tag keinen Zugang zum Internet hatte. Keine Ahnung wer schuld war, aber vermutlich die Telekom. Ich konnte nicht online Zeitung lesen, nicht chatten und meine E-Mails nicht überprüfen -  was in etwa so ist, als wäre man von der Außenwelt abgeschnitten. Zudem konnte ich nicht Cities XL spielen, denn ohne Internet war bei mir nicht mal der Offlinemodus spielbar, obwohl es den ja gibt. Das Spiel prüft nämlich vor jedem Start, ob man verbunden ist und lädt auch gleich die Updates herunter. So etwas kenne ich nur von Onlinespielen oder welchen, die auf Steam basieren.

Ob sich die Macher damit einen Gefallen tun, ist zumindest fraglich, denn auf der Verpackung steht nur etwas von einer Aktivierung, für die man Internet braucht. Am Titel ist der Schwerpunkt auch nicht abzulesen, da es ja nicht "Cities Online" heißt. In Sachen Kopierschutz liegen bei den Spielern ohnehin schon die Nerven blank. Die bloße Ankündigung, zusätzliche Erweiterungen als Download bereit zu stellen und das befristete Gratisangebot des Onlinemodus tun da ein Übriges. Im Klartext heißt das: Wer online nach zwei Wochen weiter spielen möchte, muss monatlich acht Euro abdrücken, was man für ein Vollpreisspiel nicht vermuten würde. Nach Ablauf der Schnupperwochen ist gerade noch der Solomodus gratis, bei dem man aber keinen Handel treiben darf. Herrlich, oder?

Vom Kaff zur Metropole

Wer sich von derlei Hindernissen nicht abhalten lässt, der fängt quasi bei null an. Ob on- oder offline - jede Stadt beginnt mit

Das Städtchen wächst und wächst mit jedem Besuch, doch ein zweites Metropolis wird selten draus.
dem ersten Spatenstich, der bei Cities XL aus Rathaus samt Verbindungsstraßen zum Kartenrand und Versorgungsgebäude besteht. Der Aufbau ist schon recht vereinfacht, da man zunächst weder Wasser noch Strom braucht. Eine kleine Stadt von ein paar Tausend Bewohnern ist rasch gezimmert, da sich auch großflächige Viertel schnell bauen lassen. Man weist wie bei Sim City nur die Gebiete aus, die Gebäude errichten die Einwohner dann von selbst. Es gibt aber auch die Möglichkeit, Einzelgebäude zu bauen, was immer dann nötig ist, wenn es für einen Block keinen Platz hat.

Große Städte dauern ein Weilchen, Wachstum ist aber unerlässlich, wenn man alles sehen möchte, da die Bauoptionen erst nach und nach freigeschaltet werden. Ein Ölfeld darf man erst ab 5000 Einwohner bauen und eine Polizeiwache ab 10.000. Da mittlere Städte auch schon gute Gewinne abwerfen, sind echte Metropolen selten. Es soll aber welche geben, die mehrere Millionen Einwohner haben - vorausgesetzt die Karte bietet genug Platz. Denn nicht alle der 25 Klimazonen sind gleich gut geeignet, auch wenn der Bau immer ähnlich verläuft. In manchen Städten gibt es kaum Wasser oder Nahrung, was die Entwicklung hemmt. Andererseits wachsen die Probleme mit der Größe der Stadt: Es gibt Umweltverschmutzung und Landverbrauch, ein Paradies ist eine Großstadt daher selten.

Ressourcen tauschen

Je größer die Stadt wird, desto mehr verlangen deren Einwohner und Wirtschaft. Die Bewohner wollen mit dem Auto fahren, was Sprit kostet. Wer seine Wohnviertel weit vom 

Der Onlinehandel funktioniert, sobald man Überschüsse erzielt, die sich meist problemlos tauschen lassen.  
Arbeitsplatz weg plant, der fördert natürlich die Berufspendler. Und wer Schwerindustrie baut, braucht auch Büros zu deren Verwaltung, die wiederum Hotels für Geschäftsreisen brauchen. All das sind Ressourcen, die handelbar sind: Nicht nur Kraftstoff sondern auch die Produktion ist eine Ware, von denen es zusammen 15 gibt. Das Gute ist, dass man nicht einfach alles befriedigen kann, denn nicht auf jede Karte ist alles vorhanden. So sind Ölvorkommen recht selten ebenso wie schöne Landschaft. Und wer viel produziert, dem fehlen vermutlich die Lebensmittel. Man muss also Handel mit anderen Städten treiben, um alle glücklich zu machen.

Obwohl der Handel stark vereinfacht ist und er auch nur im Onlinemodus wirklich Spaß bringt, motiviert er dennoch. In der teils verwirrenden Handelsübersicht kann man Waren tauschen, die man dann ein paar Jahre in Anspruch nimmt bzw. hergibt. Im Gegenzug kann man tauschen und wer nichts hat, bezahlt mit klingender Münze. Wer kein Öl fördert, bezahlt Geld dafür, dass er wiederum aus seinem Tourismus finanziert. Die Handelspartner sind andere Spieler, die ebenfalls online sind. Man kann ein Angebot abgegeben, auf das andere wiederum eingehen können. Außerdem kann man Verträge annehmen, was aber etwas dauern kann. Wieso reagieren die Partner nicht gleich? Da es dauert, weiß man oft nicht, ob es nun geklappt hat oder nicht.

                                       

Option statt Zwang

Der Handel bringt zwar Erleichterungen, da sich die Stadt sich besser entwickelt. Der Warenaustausch ist zudem besser verknüpft als die Preview vermuten ließ. Man kann aber auch gut ohne Handel leben, dann fehlt einem halt was, was als

Der Handel geht direkt über Straßen, die genug Kapazität haben müssen. Sonst läuft nix.
Mangel markiert ist. Die Bürger werden natürlich unzufrieden, wenn ihnen was fehlt, was sich schön an der rötlichen Färbung der Häuser ablesen lässt. Das geht aber nie so weit, dass sie streiken würden. So ist es letztlich gar nicht zwingend, dass man handelt, denn die Bauten kann man ohne Ressourcen errichten, da man nur Geld braucht, was meistens aus Steuereinnahmen der Betriebe sprudelt. Man kann handeln, muss aber nicht.

Man findet ohnehin nicht immer passende Geschäftspartner. Das liegt nicht am Markt, wo sich genug Leute tummeln, sondern daran, dass nicht immer alle Waren vertreten sind. Zudem passen die Mengen oft nicht, denn es gibt die Möglichkeit, auch größere Mengen zu ordern. Nicht jeder produziert gleich fünf Einheiten Schwerindustrie, die er tauschen will. Zudem muss die Transportkapazität stimmen, denn man kann nur die Waren verkaufen, die man auch liefern kann. Die Transporte lassen sich durch Autobahn, Seehafen oder Flugplatz erhöhen, die aber erst ab einer bestimmten Einwohnerzahl gebaut werden können.

Aus dem Boden gestampft

Der Gebäudebau sehr einfach vonstatten: Mühelos lassen sich per Maus Bauten aller Arten errichten, was aber besser

Alles ist betont einsteigerfreundlich, so dass der Bau von Häusern, Straßen und Brücken meist keine Mühe macht.
animiert sein könnte. Ganze Viertel entstehen sogar im welligen Gelände und werden praktischerweise gleich ans Straßennetz angebunden. Es gibt hunderte verschiedene Gebäude, die sich grob in Wohn-, Verwaltungs- und Wirtschaftsbauten unterteilen lassen. Viele Häuser sind zudem der Größe nach eingeteilt, so gibt es Wohnviertel und Industriegebiete verschiedener Dichte. Zudem wohnen in der Stadt vier Klassen, die sich vom ungelernten Arbeiter über Facharbeitern bis hin zu Führungskräften ziehen.

Da jedes Gebäude spezielle Arbeiter braucht, stehen die Betriebe in Verbindung mit den Wohnvierteln. Die Werktätigen müssen zur Arbeit kommen, was im Spiel ausschließlich per Auto funktioniert - später soll noch per Add-On öffentlicher Verkehr hinzu kommen. Die Straßen sind vergleichsweise ausgefeilt, da sie in allen Größen und Formen vorkommen: Es gibt Alleen, Landstraßen und Autobahnen; Inseln werden mit Brücken verbunden. Die Straßen kosten wie die meisten Gebäude Unterhalt, der schon mal in die Tausende gehen kann. Wer zu viel baut, dem sinkt sein Profit schnell ins Minus, was sich durch neue Einnahmen ausgeglichen lässt. Oder man reißt das vom Mund abgesparte Riesenrad wieder ab, um so Geld zu sparen. Auch hier greift vieles ineinander, was zusätzlich für Motivation sorgt.

Arbeit für alle

Jeder Bewohner braucht einen Job, der zu ihm passt und nicht zu

Solange alle beschäftigt sind, floriert die Stadt, wo Arbeiter und Reiche Seit an Seit hausen.  
weit weg liegt. Obwohl die Arbeiter weite Wege in Kauf nehmen, muss er dennoch dorthin gelangen. Nur wer hier richtig plant, wird hohe Zustimmungsraten erreichen, denn Arbeitslosigkeit drückt die Stimmung ebenso wie zu viele freie Stellen die Erträge der Betriebe. Ohne Mitarbeiter können sie nix produzieren. Zudem sind die vier Klassen zu berücksichtigen, die verschiedene Jobs wollen. Der normale Arbeiter wuchtet in der Werkhalle, während Facharbeiter Computer zusammen schrauben, die dann die Reichen im PC-Geschäft verkaufen.

Allerdings vertragen sich die Einwohner problemlos, so dass es nicht wie bei City Life -das auch von Monte Cristo entwickelt wurde- zu Auseinandersetzungen unter ihnen kommt. Die soziale Struktur der Stadt spielt kaum eine Rolle, da auch hier das Spiel recht vereinfacht ist. Es kann sogar nur eine Klasse in der Stadt wohnen oder alle wild gemischt, was nicht auf die Stimmung drückt. Aber da wirtschaftlich alles aufeinander basiert, brauchen die Werktätigen einander, da sie von der Arbeit des anderen abhängig sind. Ohne Büros, wo auch qualifizierte Arbeiter tätig sind, gibt es keine Produktion, wo wiederum unqualifizierte Leute arbeiten. Nur wenn die vielen Rädchen ineinander greifen, funktioniert die Stadt.

               

Auf längere Sicht

Das Problem ist, dass man irgendwann weiß, wie der Hase läuft. Schließlich wird einem von Beginn an haarklein erklärt, was man tun muss. Später verliert Cities XL danh an Reiz, was insbesondere für Leute gilt, die schon andere

Riesenrad in Kirmesgröße. Noch größere Vergnügungsstätten soll man erst mit einer der Erweiterungen bauen können.
Städtebausimulationen wie das viel komplexere Sim City gespielt haben. Ob die Mini-Erweiterungen zusätzlich für Motivation sorgen, kann nur vermutet werden, denn sie sind derzeit nicht über das Planungsstadium hinaus gekommen. Sie sollen monatlich erscheinen, ob sie was kosten werden, steht noch nicht fest. Jedenfalls soll es dabei die Möglichkeit geben, mit anderen zusammen Großbauten wie Sportstadien, Alcatraz oder kaiserlichen Palast in Tokio zu errichten, die auch sehenswert sind.

Sonst bietet auch der Multiplayer wenig Abwechslung, denn zum Solomodus gibt es keine Unterschiede, obwohl im Internet auf einem erdähnlichen Planeten gebaut wird. Allerdings baut man dort auch wieder einzelne Städte, die sich kaum von denen unterscheiden, die offline entstehen. Hier hätte man sich mehr Mühe geben können, ein eigenes Onlinekonzept zu entwerfen. Der Avatar ist ebenfalls ohne großen Sinn, da er zwar individuell gestaltbar aber ohne Aufgabe ist. Obwohl man mit ihm auch in andere Städte gehen kann, beschleunigt er weder den Bau wie zuletzt bei Tropico 3. Seine Aufgaben sind rein repräsentativ und man kann andere Städte besuchen.

Moloch entsteht

Wieder deutlich bessere Absätze werden deutlich, wenn die Stadt wächst, denn dann zeigen sich die negativen Seiten der

Ob noch alles im grünen Bereich ist, seht ihr in einer der nützlichen Anzeigen.
Urbanisierung. Die Fabriken liefern nicht nur schmucke Produkte sondern auch Umweltverschmutzung, die meisten Vergnügungsstätten verursachen Lärmbelästigung und die Straßen verstopfen immer mehr mit Klötzchenautos. Der Erholungswert der Umgebung sinkt mit jedem Urlaubshotel, das man am Strand baut. So vernichtet der Tourismus letztlich seine eigene Basis - die schöne Umgebung, und muss immer weiter außerhalb der Städte ziehen. In einer der geplanten Erweiterungen soll man Skiressort managen können, das die Bergidylle braucht.

Allerdings sind die Folgen sondern vergleichsweise moderat, da keine Klimakatastrophe, Umweltaktivisten oder Aufstände vorkommen. Demonstrierende Bürger vor dem Rathaus wie bei Tropico 3 braucht man hier nicht zu fürchten. Die bürgerliche Bevölkerung wird lediglich allmählich unzufrieden, wenn in ihrer Nähe ein Kraftwerk steht. Sie möchte dort nicht mehr wohnen und auch Büros brauchen saubere Luft, obwohl sie eine Ölförderung in der Nähe klaglos akzeptieren. Windräder sind auch keine Lösung, da sie wiederum Lärm produzieren, was von den Machern sicher völlig übertrieben ist. In Frankreich hat man eben eine andere Sicht auf die Energieversorgung, weshalb es wohl auch keine Solarzellen oder weitere Alternativen gibt.

Hochglanz und Klötzchen

Wer schon einige der Hochglanzbilder von Cities XL 

Trotz aller Grafikpracht sind die Autos meist nur als schwarze Klötzchen zu sehen.
im Internet oder bei Printmedien gesehen hat, wird sich vielleicht wundern ob des vergleichsweise unspektakulären Looks unserer Screenshots. Allerdings ist das die stinknormale Grafik des Spiels, das von Haus aus mit eher niedrigen Details ausgestattet ist. Wer im Menü mehr Details einstellt, bekommt schon eine weit schönere Stadtansicht mit ansehnlichen Gebäuden, Straßen und Bäumen. Jedoch ist das nur bei Rechnern mit besserer Performance zu empfehlen und wird mit längeren Ladezeiten erkauft.

Eher schon an Sim City 1 erinnern wiederum die Autos, die als schwarze Kästchen durch die 3D-Landschaft pesen. Das ist auch bei höherer Detailstufe so, bis man ganz in ihre Nähe kommt. Dann verwandeln sie unvermutet sich in Personen- und Lastwagen, was übrigens auch für Leute und Bauwerke gilt. So sind die Streben des Riesenrads erst aus der Nähe zu sehen, das aus der Ferne seltsam unansehnlich aussieht und woran eine höhere Detailstufe nur zögerlich was ändert.

          

Fazit

Nach meinem verhaltenen Ersteindruck freut es mich, dass Cities XL als Onlinebauspiel gut funktioniert. Monte Cristo hat seine Hausaufgaben gemacht, so dass gerade der Ressourcenhandel mit anderen Mitspielern Spaß bringt. Allerdings könnte man den Avatar noch verbessern, da er bislang kaum sinnvolle Funktionen bietet. Trotzdem greift vieles in dieser Städtebausimulation so sinnvoll ineinander, so dass man zunächst gar nicht merkt, wie simpel die Zusammenhänge sind. Man muss immer darauf achten, dass es genug Jobs für alle gibt, damit die Wirtschaft brummt. Die Grundbedürfnisse der vier Schichten sind zu berücksichtigen, wobei aber keine Aufstände drohen, wenn einer mal nicht zum Shopping oder zum Bowling darf. Die Gesellschaft ist nicht sonderlich ausgefeilt und soziale Unruhen gibt es nicht: Die Bürger geben sich handzahm, was Anfänger wiederum freuen dürfte, die nicht schon in der zweiten Minute abgewählt werden wollen. Negative Aspekte wie Verschmutzung werden zwar nicht ausgeblendet, aber auch nicht wirklich nachhaltig integriert. Genau so wie man nicht unbedingt handeln muss, muss man sich auch nur bedingt um die Umwelt sorgen, da keine Klagen drohen. Und dann macht sich auf längere Spieldauer auch innerhalb der Gratiswoche die mangelnde Abwechslung bemerkbar, die durch die angedachten Mini-Addons gemildert werden könnte. Diese und die Handhabung der Monatsgebühr entscheiden mit darüber, ob sich das Spiel dauerhaft online etablieren kann.

Pro

zugänglicher Städtebau
interessanter Online-Ansatz
beständiges Wachstum
motivierender Online-Handel
Wirtschaft greift gut ineinander
auf Umwelt achten, Arbeitsplätze schaffen

Kontra

kaum Unterschiede zwischen online und offline
für Veteranen zu einfach
kaum gesellschaftliche Konflikte
keine ausgefeilten sozialen Strukturen
wenig Abwechslung

Wertung

PC

Besser als vermutet, obwohl es auf längere Bauzeit ein paar Schwächen offenbart.

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