Dragon Riders: Chronicles of Pern27.08.2001,
Dragon Riders: Chronicles of Pern

Im Test:

Anne McCaffreys Drachenreiter-Buchserie verkauft sich seit Jahrzehnten weltweit millionenfach: Wenn ein solch ausgefeiltes Universum eine Neuinterpretation als Spiel erfährt, sind die Erwartungen besonders hoch. Inwieweit Ubi Softs Studio UK (früher Red Storm Studios) dem Planeten Pern mit seinen genetisch veränderten Feuerechsen - und den Erwartungen eines langjährigen McCaffrey-Fans - gerecht werden kann, soll unsere Review zu DragonRiders: Chronicles of Pern zeigen...

Millionen von Lichtjahre entfernt... in einer weitentfernten Galaxie

DragonRiders: Chronicles of Pern spielt auf dem eigentlich idyllischen Planeten Pern, der von menschlichen Siedlern in Raumschiffen kolonisiert wurde. Leider müssen die Neuankömmlinge feststellen, dass das Erkundungsteam die Gefahr durch den Kometen Red Star nicht bemerkt hatte, dessen Umlauf um die Rukbat-Sonne eine tödliche Sporensorte namens Fäden (Thread) in der Atmosphäre Perns freisetzt, die alles organische Leben außerhalb des Wassers vernichtet.

Den Kolonisten gelingt es in der ersten Generation noch durch ihre genetischen Kenntnisse, bestimmte Organismen und Pflanzen an diese Gefahr anzupassen sowie die einheimischen Feuerechsen auf Drachengröße zu modifzieren, bevor die aktuelle kunststoffbasierte Computertechnik von Thread vollständig zerstört wird.

Jahrhunderte später hat sich eine semi-mittelalterliche Gesellschaft, die den größten Teil ihres Lebens unterhalb der Erde verbringt, an die 250-Jahr Zyklen des Kometen gewöhnt, denn die Drachen und ihre Reiter können dank Feueratem den Ackerbau ausreichend schützen, um ein Fortbestehen der Zivilisation zu sichern.

Gerade nähert sich ein Fäden-Zyklus dem Ende und die Drachenreiter von Fort Weyr, der ältesten Drachenreiterfestung, fragen sich langsam, was sie mit dem Rest ihres Lebens anfangen sollen, wenn sie nicht mehr kämpfen müssen. Vielleicht hätte man mit den Renteplänen noch warten sollen: Abrupt stirbt die Reiterin des goldenen Drachen von Fort Weyr, was eine Suche nach einer anderen Reiterin lebensnotwendig macht, denn nur goldene Drachen können lebensfähige Eier legen, und die Reiterin des goldenen Drachen ist auch immer die Herrin des Weyr.

Drachenreiter - allzeit bereit

Und so wacht der Spieler nach einer wild durchzechten Nacht mit einem ordentlichen Kater in der Haut des jungen, aber fähigen Bronze-Drachenreiters D´Kor auf, dessen Drachen Zenth ganz übel die Haut juckt. Eine gute Gelegenheit, um die simple aber umfassende Tastatur-Steuerung von DragonRiders auszuprobieren. So könnt Ihr Euch noch vor dem wohlverdienten Frühstück im Kreise der restlichen Reiter den Umgang mit Gegenständen und Messern aneignen.

Immer unterstützt von der melodiösen Stimme Eures Drachen im Hinterkopf (habe ich schon erwähnt, dass Drachen telepathisch begabt sind und teleportieren können?), der Euch zu den ersten Gehversuchen ausführlich Tipps gibt - leider auch, wenn Ihr nur aus Versehen in der Nähe eines Gegenstands die Aktionstaste gedrückt habt: Ihr könnt keinen einzigen Dialog abrechen, wenn er erst mal begonnen wurde.

D´Kor, als Bronzereiter hoch angesehen (die Rangfolge verläuft Gold, Bronze, Braun, Blau, Grün) und von ausgeglichener Natur (aber noch recht jung) wird vom Flugschwadron-Leiter S`Bor der Auftrag erteilt, nach passenden Weyrherrin-Kandidatinnen für das letzte golden Ei zu suchen, das in einer Woche schlüpfen wird.

Bei der Umsetzung dieser Aufgabe wird D´Kor in ein immer verstrickteres Gestrüpp von Intrigen und neuen Gefahren für ganz Pern gezogen, das natürlich nur er lösen kann: deshalb sollte der Spieler keine einzige Aufgabe ablehnen, die er sorgfältig in sein - erst mal zu findendes - Tagebuch einträgt. Nur über die Lösung der anderen Aufgaben kommt er zu seinem eigentlichen Ziel und außerdem bringt jede gelöste Aufgabe einen Zuwachs an Wissen und Ansehen, die (abgesehen von der körperlichen Stärke) wiederum zur Lösung der weiteren Aufgaben notwendig sind.

Rote Heringe bzw. falsche Spuren zuhauf

Damit habe ich schon die typische Lösungsmethode für alle anfallenden Aufgaben angesprochen: D´Kor klappert alle erreichbaren Lebewesen in der Umgebung ab und sammelt Aufträge, von denen sich einige automatisch durch Belohnungen nach getaner Arbeit von selbst lösen lassen und andere erst durch wiederholtes Nachfragen - gelegentlich auch durch Kampf gegen die heimische Fauna. Wirklich schwierig wird es nur, wenn man den Aufenthaltsort eines wichtigen Charakters vergisst, da dies meist nicht im Tagebuch steht: Dann geht die Sucherei durch alle bisherigen Umgebungen los, damit man weiterkommt.

Bei den Unterhaltungen lest Ihr die eigentlich gelungene deutsche Übersetzung, die aber leider nicht durch einen Spellchecker gejagt worden ist, und lauscht der rein britischen Sprachausgabe: sehr reizvoll vor allem bei den Nebenfiguren, die ihren Dialog mit Schmackes und Humor von sich geben - aber leider haben gerade Figuren mit mehr Text wohl oft keine Ahnung gehabt, in welcher Situation sie sich gerade befinden: Das merkt man an der häufig falschen Betonung, gerade bei D´Kor.

Ansonsten sammelt D`Kor eifrig alles, was irgendwo locker rumliegt und ihm in die Finger kommt - er wird auch alles brauchen ;-) . Trotzdem ist das Inventar nie überladen und recht übersichtlich mit Mini-Icons, deren 3D-Version sich im Kreis dreht, wenn Ihr die Aktionstaste drückt. Im Lauf der Zeit eignet sich D´Kor noch eine Armbrust und ein Schwert an, aber lasst Euch beim Aufrüsten in der Schmiedehalle nicht irritieren, es gibt je drei Aufrüstungen für die Waffen und eine feste Reihenfolge: Messer, Schwert, Armbrust - egal was Euch der Schmied erzählt. Diese Fehlinformation ist den Testern entgangen, laut E-Mail-Kontakt mit den Entwicklern.

Kämpfen ist allerdings wenig aufwändig: Seid Ihr einmal wirklich zu schwach, dreht D´Kor sich einfach um, bis Eure Stärke ausreicht. Ansonsten gibt es zwei Attackestärken, eine Verteidigung und eine Tastenkombination zum Ausweichen. Viel gefährlicher wird Euch die schwache Kollisionsabfrage der Grafik bzw. die vielen ungünstigen Kamerawinkel, die es schwer einschätzbar machen, wann D´Kor nahe genug beim Gegner ist, um Schaden anzurichten.

Als Interaktionshilfe begleitet Euch erfreulicherweise eine putzige Feuerechse, die um Gegenstände und Leute, mit denen Ihr interagieren könnt, herumschwebt. Also bloß nicht durch eine neue Gegend rennen, ansonsten entgeht Euch vielleicht die Lösung einer Aufgabe. Von der angedachten Funktion der ersten Handbuch-Entwürfe, dass die Kamera frei drehbar bleibt und jede andersfarbig Feuerechse Zusatzfähigkeiten mit sich bringt, ist leider nichts übrig geblieben.

Außer als Fortbewegungsgerät sind die großen Drachen übrigens komplett nutzlos, nachdem sie am Anfang wenigstens noch das Gameplay erklärt haben. Ein Pferdewagen hätte es auch getan, vor allem wenn zum dreißigsten Mal der Drachenflug beginnt, der nicht abgebrochen werden kann. Grafisch sind sie allerdings recht gelungen, vor allem wenn man nicht allzu sehr durch die Originalbeschreibung von Anne McCaffrey vorgeprägt ist.

Die Welt der Drachenreiter

Technisch gesehen ist DragonRiders ein zweischneidiges Schwert: Atmosphärisch stimmige Umgebungen mit netten Details und individuell gestaltete Menschen - zumindest bei den Männern - werden durch schlampige Kollisionsabfragen der Grafik, ungünstige Kamerawinkel und holprige Animationen gerade der Gesichter relativiert (wenn D´Kor - dessen Lächeln wie eine Grimasse wirkt, weil er den Mund nicht schließen kann - in dunklen Höhlen mit offenem Mund durch die Gegend rennt und von weitem leuchtet, ist es mit Atmosphäre nicht mehr viel her).

Für alle alteingesessenen McCaffrey-Fans wird die Welt aber sicherlich die Vorstellungen aus den Büchern gekonnt umsetzen, wenn auch einige himmelschreiende Fehler ab und an das gute Bild trüben (Drachenreiteroutfit mit vollständiger Gesichtsmaske; kein Sattel; Drachen mit Händen und viel zu groß; Runnerbeasts, die wie Kühe aussehen)

Der Sound passt hingegen, sowohl was die Soundeffekte angeht als auch die Musik, wunderschön zur Atmosphäre: leider sind hier bei der PC-Version einige Sounddateien verschütt gegangen (übrigens auch bei der englischen Version). Wie gut, dass wir Deutschen sowieso eher die Untertitel lesen. Der letzten Dreamcast-Preview-Version kann ich aber entnehmen, dass die Sounddateien eigentlich existieren.

Sehr viel Ausschlag beim Spielspaß scheint die Hardware-Voraussetzung zu geben: Voodoo-Karten verträgt das Spiel überhaupt nicht, aber auch bei besserer nVidia-Ausrüstung als angegeben, sollte man das Spiel nicht mit den höchsten Einstellungen spielen. Eine Auflösung von 1024x768 bereitet dagegen keine Probleme. Die vier Speicherstände, die auf dem PC zur Verfügung stehen, reichen auf alle Fälle vollkommen aus: man kann in jeder Situation abspeichern.

Pro:

  • faszinierende Geschichte auf Basis des Pern-Universums von Anne McCaffrey
  • grafisch stimmige Umsetzung der Bücher
  • einfache und eingängige Bedienung
  • stimmige Musik
  • gute britische Sprecher (wenn man denn Englisch versteht)
  • Kontra:

  • unausgegorene Grafik mit schlechter Kollisionsabfrage; Voodoo-Karten werden nicht unterstützt
  • verschluckte Sounddateien auf dem PC, ausschließlich englische Sprachausgabe
  • wirre Kameraführung behindert das Gameplay
  • Figurengestik lieblos animiert, Gesichter nicht komplett synchron und manchmal grotesk (vor allem die Frauen sind alle aus einem Guss)
  • Gespräche nicht abbrechbar
  • endloses Rumlaufen und Reden als Hauptteil des Gameplays; kaum echte Rätsel
  • Vergleichbar mit:

    Monkey Island 4 , Gabriel Knight 3

    DragonRiders: Chronicles of Pern Screenshots .

    Fazit

    Selten wollte ich ein Spiel so gern gut besprechen, wie DragonRiders of Pern. Als alteingesessener McCaffrey-Fan habe ich mich riesig über die gelungene Umgebung und spannende Story gefreut und das Gameplay ist wirklich einfach zu begreifen: Aber die ewige Rumrennerei und Gesprächssucht (nur sehr selten einmal Multiple Choice), gepaart mit der frustrierenden Kameraführung gerade an den paar Stellen, wo gutes Augenmaß wichtig ist (vor allem im Kampf) lassen mich doch vom Kauf für normale Adventure-Fans der alten Schule abraten. Allen McCaffrey-Fans kann ich allerdings raten, zu warten bis das Spiel auf die Angebotsliste von Ubi Soft kommt: Für ein Vollpreisspiel wurden hier eindeutig die guten Ansätze durch schludrige Realisierung (aus Zeitmangel?) zu sehr beeinträchtigt.

    Wertung

    PC

    0
    Kommentare

    Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

    Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.