Im Test:
Die Bundesliga läuft auf Hochtouren, doch möglicherweise ist Euer Lieblingsverein weit hinter den Erwartungen zurück geblieben. Aber vielleicht habt Ihr ja die Lösung, um Eurem Verein aus dem Dilemma zu helfen: Der Fußball Manager 2002 gibt Euch zumindest alle Möglichkeiten dafür in die Hand. Ob die ehemals eher im Mittelfeld zu findende Management-Simulation von EA in diesem Jahr dank Mr.Anstoß Gerald Köhler die Chance auf den Meistertitel hat, der bisher immer noch von Anstoß 3 verteidigt wird, verraten wir Euch in unserem Test.
Die Chance auf den Titel?
Neben England ist Deutschland das Land der Management-Simulationen. Schon als die Computer noch in den Kinderschuhen steckten, haben sich Fußballfans um ihre elektronischen Freunde versammelt und in diversen Fußball-Management-Spielen versucht, ihren Lieblingsverein an die Spitze zu bringen. Der weitreichende Siegeszug des Genres nahm mit der Bundesliga Manager-Serie von Software 2000 seinen Anfang und setzte mit der Anstoß-Serie seinen ungebremsten Höhenflug fort. Anstoß 3 galt dabei bis jetzt als absolute Genre-Referenz. Die bisherigen Fußball-Manager von EA waren bisher immer im gehobenen Mittelfeld zu finden.
Doch Electronic Arts ist es gelungen, für die neueste Auflage des Fußball Managers Gerald Köhler, Mr. Anstoß höchstpersönlich, als Projektleiter zu engagieren.
Der Teufel steckt im Detail
Fans der letzten Anstoß-Teile werden sich sofort zurecht finden und auch viele Kleinigkeiten wiedererkennen. Doch um ein Detail brauchen sich die Spieler nicht zu kümmern: Dank offizieller DFB-Lizenz kann der FM 2002 auf alle Original-Namen, Wappen und Mannschaften zurückgreifen. Und auch die Originalmitglieder anderer Ligen, u.a. aus England und Österreich, sind integriert.
Ein klarer Vorteil gegenüber A3, das nur mit verfremdeten Namen und Wappen auskommen musste, die erst in mühevoller Kleinarbeit per Editor geändert werden mussten. Doch der Editor fehlt auch bei FM 2002 nicht.
So kann man sich, falls in der Bundesliga gravierende Änderungen auftreten, diese gleich ins Spiel übertragen.
Auch spielerisch ähnelt der FM 2002 seinem Kollegen: Bis zu vier Spieler können per Hotseat abwechselnd ihre Züge planen und ihre Mannschaften auf das nächste Spiel einstellen. Da es für die Spieldarstellung verschiedene Möglichkeiten gibt, die unterschiedlich zeitintensiv sind, ist es aber möglich, auch zu viert eine ganze Saison an einem Abend durchzuzocken.
Ihr habt, wie bei A3, die Möglichkeit, aus verschiedenen Startpositionen das Spiel zu beginnen: Mit einer echten Karriere, in der Ihr Euch Euren Weg in die Bundesliga erst erarbeiten müsst, seid Ihr ziemlich gefordert. Jeder Vereinspräsident hat andere Anforderungen und die finanzielle Lage des Vereins sieht auch nicht immer rosig aus. Aber gerade das macht die Motivation aus: Ein mittelmäßiges Team so zu Erfolgen bringen, dass Euch hochklassigere Vereine die Türen einrennen.
Ihr könnt Euch auch für eine Karriere entscheiden, in der Ihr Euch den Startverein aussucht oder Euch ohne Angst um den Arbeitsplatz zu haben, für einen Verein entscheiden, den Ihr Euer ganzes Manager-Leben lang leitet.
Doch das Wichtigste für einen Fußballmanager sind Tiefgang und Entscheidungsmöglichkeiten. Und davon bietet der FM 2002 mehr als genug, wenn auch in manchen Punkten nicht ganz so viele wie A3.
Verhandlungen mit Sponsoren, natürlich Transfergespräche, Taktik-Planung, Trainingsgestaltung, Ausbau des Stadions und Vereinsgeländes und und und: Alles ist möglich und durch die intelligente Benutzerführung auch kinderleicht zu erreichen.
Anfänger mögen vielleicht von der Entscheidungsvielfalt und Informationsflut erschlagen werden, doch auch hier gibt es Abhilfe: Wahlweise können einzelne oder alle Aufgaben von Mitarbeitern übernommen werden, so dass Ihr Euch auf die für Euch wichtigen Punkte konzentrieren könnt.
Fühlt Ihr Euch schließlich sicher genug, könnt Ihr nach und nach die Aufgaben wieder persönlich übernehmen oder auch kurzzeitig zwecks Überprüfung selbst steuern um sie dann wieder an die Mitarbeiter zu übergeben.
Sind die Mitarbeiter anfangs hauptsächlich Freiwillige, die Ihren Job mehr oder minder gut erledigen, lohnt es sich mit zunehmender Spieldauer fähigere Leute einzustellen, die Ihr auf dem Arbeitsmarkt findet und die, je nach Qualifikation ganz schön an Eurem Budget nagen.
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel
Um erfolgreich in die Saison zu starten und mit einem zufriedenstellenden Ergebnis in die nächste zu gehen, ist viel Arbeit angesagt. Das Spielsystem muss an die vorhandenen Spieler angepasst werden, Verletzungen kompensiert und persönliche Probleme bewältigt werden.
Steht der Spieltag schließlich an, habt Ihr (je nach Anzahl der Mitspieler) verschiedene Möglichkeiten der Spieldarstellung.
Ihr könnt das Spiel z.B. in einer Echtzeit-berechneten 3D-Darstellung begutachten.
Das sieht zwar nett aus, kann aber nicht mit den Action-Referenzen wie der FIFA-Serie mithalten. Dazu sind Eure Entscheidungsmöglichkeiten recht eingeschränkt: Zwar gibt es ein paar Hotkeys, mit denen Ihr Eure Spieler beeinflussen könnt, doch mehr Möglichkeiten einzugreifen und vor allem mehr Spannung bietet der Textmodus - Anstoß-Fans werden dem sicherlich zustimmen.
In einem Quasi-Radio-Modus werden die Spielszenen spannend und mit zig Tausend Zeilen integriertem Text kommentiert.
In bestimmten Situationen könnt Ihr das Spiel durch Zurufe beeinflussen. Dabei geht es jedoch nicht nur um Pass- oder Schussversuche.
Mit zunehmender Erfahrung könnt Ihr auch probieren, auf den Schiedsrichter Einfluss zu nehmen - eine Option, die über A3 hinaus geht. Doch dabei ist Vorsicht angesagt: Manche Schiris reagieren äußerst empfindlich auf Zurufe und es besteht die Gefahr, dass Ihr Euer Team unbeabsichtigt in eine schlechte Situation bringt, wenn es um Schiri-Entscheidungen geht!
Wenn Ihr es schnell und ohne Einflussmöglichkeiten bevorzugt, könnt Ihr Euch wahlweise nur Highlights anschauen oder gar nur die Ergebnisse des Spieltages abrufen - wohl dem, der Auswechslungen und Taktikänderungen während des Spieles automatisiert hat.
Ihr seht schon: Der FM 2002 hat eine Menge zu bieten und lässt sich ganz nach den eigenen Wünschen und Fähigkeiten konfigurieren.
Da persönliche Gespräche mit Spielern -allerdings in geringerem Umfang wie A3- und Ansprachen in der Halbzeit -ebenfalls in kleinerem Ausmaß- ebenso zu finden sind wie Zufallsereignisse, ist auch nach mehreren Saisons immer noch Spielspaß pur angesagt.
Ihr habt auch die Möglichkeit, Euch bei wichtigen Spielen (und fast alle Spiele sind wichtig) in einem Interview zu profilieren. Zwar gibt es im Vergleich zu Anstoß 3 (wo die Interviews nur sporadisch stattfanden), immer nur eine Frage, die dafür um so bedachter beantwortet werden muss, da sofort danach die Auswirkungen angezeigt werden.
Statistik-Fans werden auch ausführlich bedient, da jeder Spieler bis ins kleinste Detail durchleuchtet werden kann.
Um Euer privates Geldkonto aufzufüllen, gibt es beim FM 2002 ein klasse Feature: Die Quiz-Show. In "Wer wird Millionär"-Art müsst Ihr Euer Fußballwissen preisgeben. Dass das Quiz auch solo gespielt werden kann, regt immer wieder dazu an, einfach nur mal so für ein paar Minuten die CD einzulegen und Spaß zu haben.
Wer von den aktuellen Regeln genug hat, kann ein paar Veränderungen vornehmen. Es ist sogar möglich, einen zusätzlichen Punkt bei Siegen gegen den FC Bayern einzuschalten. Obwohl das natürlich weg vom Realismus führt, ist dies dennoch eine gute Idee.
Der Ball ist rund
Wo Anstoß 3 mit einer stark comic-angehauchten Grafik die Spieler begeistern kann, sorgen bei FM 2002 klar strukturierte und hervorragend präsentierte Menüs für einen Augenschmaus.
Anfangs wirkt der Look zwar leicht steril und teilweise sogar überladen, doch man hat sich schnell an das moderne Aussehen gewöhnt und klickt sich dank großer Übersichtlichkeit schnell in das gewünschte Menü.
Die 3D-Spiele sind für ein "trockenes" Management-Spiel als gelungen zu bezeichnen, hätten aber vor allem im Bereich Spielerdarstellung noch ein bisschen kosmetische Überarbeitung vertragen können: Die Spieler sind mit teils merkwürdigen Texturen beklebt und scheinen einem Klon-Studio entsprungen zu sein.
Die Darstellung -die Berechnung findet in Echtzeit statt- ist flüssig und nett anzuschauen. Dazu kann sie noch mit kleinen Details wie echtzeitberechneten Schatten aufwarten - selbst die Schatten von Stadiondächern sind auf den Spielern zu sehen.
Doch selbst und vor allem Hardcore-Spieler werden recht bald auf den ebenfalls gut präsentierten Textmodus schalten. Ergebnisveränderungen in anderen Spielen Eurer Liga werden aktuell eingeblendet und geben Euch immer eine gute Übersicht, wie es bei der direkten Konkurrenz steht.
Jubilieren im Fanblock
Im normalen Spielmodus muss man auf Sprachsamples, wie man sie z.B. aus Anstoß von den witzigen Halbzeitansprachen kennt, verzichten. Auch während der Echtzeit-Darstellung werden Eure Rufe nicht akustisch umgesetzt. Das ist schade, denn dadurch hätte der Atmosphärebonus noch einige Punkte gewinnen können.
Dafür gibt es jedoch bei der 3D-Darstellung einen Kommentar, der fachmännisch von Reporter-Legende Rolf Töpperwien gesprochen wird.
Die Fans melden sich lautstark zu Wort und machen einiges an Atmosphäre wett.
Die Musik, die einem in dem Menüs und während der Textdarstellung entgegenbläst ist gut und kann gewisse Anleihen bei A3 nicht verleugnen. Leider fehlt aber Abwechslung, so dass man spätestens in der dritten Saison in den Optionen die Musik abschaltet..
Pro
Kontra
Vergleichbar mit:
Anstoß 3, Kicker Fußball Manager
Fazit
Anstoß 3 oder Fußball Manager 2002? Die Frage ist nicht ganz leicht zu beantworten. Dank Gerald Köhler hat Electronic Arts mit der 2002-Auflage ihrer Fußball-Manager endlich einen Meisterschaftskandidaten im Stall.
Und obgleich stark ähnelnd und in manchen Detailfragen schwächer als der mittlerweile gut zwei Jahre alte Konkurrent, kann sich der FM 2002 auf jeden Fall als gleichwertige zweite Kraft im Land der Manager etablieren. Das Augenmerk beim FM 2002 liegt eindeutig stärker auf Einflussmöglichkeiten während der Spiele anstatt auf dem Drumherum, das jedoch immer noch weit über dem Genre-Durchschnitt liegt.
Kleine grafische und musikalische Schwächen nimmt man gerne in Kauf. Wer sich an Anstoß 3 totgespielt hat, findet mit dem FM 2002 einen mehr als gleichwertigen Ersatz, der durch zahlreiche Neuerungen und Feinheiten für Motivation sorgt. Neueinsteiger haben eine schwere Wahl, wobei der FM 2002 durch seine offizielle und aktuelle Lizenz und das moderne Layout sowie die gute Unterstützung auf der Website sicherlich Vorteile hat.
Nach einem spannenden Duell, das sich erst im Elfmeterschießen entschieden hat, heißt der neue Tabellenführer vor allem auf Grund der Aktualität Fußball Manager 2002 - viel Spaß beim Spielen und Glückwunsch an Electronic Arts. Aber jetzt muss ich zurück und in der Champions-League abräumen.
Wertung
PC
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