Hotel Gigant 203.12.2008, Bodo Naser
Hotel Gigant 2

Im Test:

Hotel Gigant 2 (ab 14,34€ bei kaufen) will scheinbar eine Mischung aus Wirtschaftssimulation, Die Sims und Innenausstattungssoftware sein. Ob der Nachschlag von Enlight Software wirklich das Gelbe vom Ei ist, musste schon im Vorfeld bezweifelt werden, da schon Teil eins nur unterdurchschnittliches Managen bot. Hat man vielleicht doch noch dazugelernt?

Sterbendes Genre

Endlich mal wieder eine richtige Wirtschaftsimulation, 

Das Spiel glänzt mit vielen Statistiken und einem Wust an Gegenständen aber nicht unbedingt mit Tiefe.
dachte ich mir, als Hotel Gigant 2 ins Haus flatterte. Auch wenn Trevor Chans Fließbandschmiede nach dem glorreichen Seven Kingdoms nicht mehr für tiefgründige Spiele bekannt ist, sondern eher für Klone. Aber bis auf einige Browser- und DS-Spiele ist es im Genre ruhig geworden, obwohl wirtschaftliche Zusammenhänge unseren Alltag mehr denn je bestimmen. Gerade in Zeiten der Finanzkrise scheint der Fokus der Öffentlichkeit bisweilen nur noch auf die Ökonomie verengt. Bis auf unsere sparwütige Bundeskanzlerin beschäftigt sich so gut wie jeder damit, wie man den kapitalistischen Karren wieder flott machen kann, der mangels Schmierstoff ins Stottern geriet.

Im Gegensatz dazu beschäftigen sich die Spiele-Entwickler lediglich mit Wirtschaft, wenn sie mal neues Geld für ihre Projekte brauchen. In Spielen ist sie aber längst kein großes Thema mehr: Während der gemeine Flugsimulator schon längst beerdigt wurde, scheint sich die echte Wirtschaftssimulation bald dazu zu legen. Spiele wie Railroad Tycoon, Patrizier oder Industriegigant sind nur noch eine wehmütige Erinnerung - ein fahler Schein einstiger Größe. Das mag sicher an der zunehmenden Verflachung der Inhalte liegen: Es gibt eben mehr Zoo Tycoon als beinhartes Wirtschaften wie in Der Planer. Vielleicht ist Denken auch einfach aus der Mode gekommen?

Vorgänger lässt grüßen

Hotel Gigant 2 trägt jedenfalls wenig dazu bei, dass es im Genre wieder aufwärts geht. Fast scheint es, als hätte man das damals schon wenig prickelnde Prinzip von 2002 unverändert reproduziert. Ihr könnt euch auf den verschiedenen Stockwerken eures Hotels austoben, indem ihr Zimmer an Zimmer aus dem kahlen Boden stampft. Auch Teil zwo überzeugt weder als Wirtschaftssim noch als Sims-Klon oder als Inneneinrichtungsprogramm. Zwar könnt ihr ganz klein starten, um aus eurem Minihotel mit Billigeinrichtung ein luxuriöses Hilton zum machen, in dem auch Ölscheichs absteigen würden, aber Spaß macht das allenfalls in den ersten Stunden.

Ihr baut Hotelräume wie Zimmer, Lobby, Fitnessraum oder Bar, die immer mehr Gäste anlocken sollen. Ihr bekommt eine Meldung, wenn ein neuer Raum eingerichtet werden soll und los geht's. Leider müsst ihr dafür erst eine teure Lizenz erwerben. Wenn ein Schwimmbad gefragt ist, müsst ihr zuerst 100.000 Euro blechen, um es überhaupt bauen zu dürfen. Der Bau läuft immer ähnlich, verwirrt aber etwas, weil es keine klare Trennung des Baumenüs gibt. Das Gute: Habt ihr einen Raum einmal gebaut, könnt ihr ihn immer wieder per Mausklick reproduzieren. Ansonsten kümmert ihr euch noch um Werbung, Personal, Finanzen und Sonderangebote, ohne dass das irgendwie neu, kreativ oder gar spannend wäre.

Immer dasselbe

Auch die Kampagnen sind wenig motivierend, da alles ziemlich zäh verläuft. Bis ihr z.B. die richtige Einrichtung, Personal

Bis ihr so ein geordnetes Restaurant habt, dauert es ewig. Das Spiel macht es euch nicht gerade leicht.
und Speisekarte für ein einfaches Restaurant zusammen habt, dauert es ewig. Ihr verzettelt euch im Kleinklein der Zimmereinrichtung, während der Sinn fürs ganze Hotel irgendwie vernachlässigt wird. Leider könnt ihr Sachen wie die Speisekarte nicht der KI überlassen. Und fehlt sie, so kommen keine Gäste die nur ein fertiges Restaurant besuchen. Auch die vier anderen Startpunkte sind nicht interessanter, obwohl ihr sogar im von Tsunami geschädigten Phuket ein Hotel aufbauen könnt. Es gibt 26 Hotels, aber sonderlich charakteristisch spielt sich keines davon, auch wenn die Umgebung ein wenig anders aussieht.

Ihr könnt zwar jede Menge Statistiken anschauen, aber schon einfache wirtschaftliche Zusammenhänge werden nicht wirklich deutlich. Wie ist das Verhältnis der Werbung zu den neuen Gästen? Warum gibt es mehrere Arten von Anzeigen, wenn alle dasselbe kosten? Wieso darf ich mir die neuen Mitarbeiter nicht selbst aussuchen, sondern bekomme sie zugeteilt? Da lässt man euch trotz Tutorial ebenso allein wie bei den Sonderangeboten, den Speisekarten und der richtigen Einrichtung. Immerhin gibt es die Möglichkeit, auch ein Sandkastenspiel zu machen, wo ihr wenigstens von Grund auf neu anfangt. Das statische Spielprinzip bleibt aber stets dasselbe.

         

Massig Einrichtung

Mit einem ist Hotel Gigant gut 

Viel Leerfläche will vollgestellt werden. Was ihr wirklich braucht, müsst ihr selbst erkunden.
versogt: Einem wahren Wust an Einrichtungsgegenständen - insgesamt sind es um die 1.400. Da wird sogar Ikea neidisch, da es alles gibt; von der Badewanne über TV-Geräte bis hin zum Lichtschalter. Das Ganze natürlich noch in verschiedenen Preisklassen, wobei nicht immer ganz klar ist, warum das hässliche Ding nun teurer ist als das besser designte. Das viele Kleinklein bringt es mit sich, dass ihr euch wirklich um jeden Mist kümmern müsst. Sogar übers Fernsehprogramm motzen die Gäste, deren Vorlieben ihr erfüllen müsst. Immerhin ist es so, dass eich eine Raumänderung auf alle auswirkt.

Selbst das Hotelinnere sieht wie von gestern aus, denn alles wirkt irgendwie billig und vergilbt. Die Böden sind wohl schon lange nicht mehr gesaugt worden, so verstaubt wie sie aussehen. Die Hoteleinrichtung hat bisweilen den Charme eines DDR-Wohnheims der 60er-Jahre mit ihren komischen Motiven, Brauntönen und Formen. Die Individualität geht flöten, da alle Zimmer gleich aussehen - es sei denn ihr macht euch die Mühe, jedes einzeln zu dekorieren. Aber das dauert wieder ewig, da ihr vom Mülleimer bis zum Safe alles einzeln reinstellen müsst. Sogar um die Toiletten kümmert ihr euch. Immerhin könnt ihr das Hotel schließen, so lange ihr dekoriert.

Keine Typen

Zusätzlich erweckt Hotel Gigant 2 den Eindruck, es hätte etwas von den Sims. Dieser Eindruck ist aber weitgehend falsch, da der menschliche Wohlfühlfaktor fehlt. Das Persönliche ist vielleicht gerade mal angedeutet. Es gibt zwei Arten von Leuten, die in eurem Hotel durch die Gegend stolpern: Gäste und Angestellte. Die eigenen Leute sind wenig mehr als virtuelle Arbeitssklaven, die ihr auswechselt, wie es euch passt. Komischerweise könnt ihr euch aber nicht aussuchen, wenn ihr als Nachfolger haben wollt, denn ihr bekommt sie automatisch. Mehr Personal einzustellen, ist auch nicht überall möglich, so müsst ihr meist eine dazu gehörende Einrichtung schaffen. Unterm Strich ist das zu unpersönlich und unflexibel.

Ein wenig menschlicher kommen die Gäste daher, die immerhin eigene Wünsche haben. Klickt ihr sie an, seht ihr genau, wo der Schuh drückt. Der eine wurde nicht richtig bedient dem anderen passt das Kabelfernsehen nicht. Wer ein rotes Fragezeichen über dem Kopf hat, der ist sicher nicht glücklich. Ob wohl sie Namen, Geschlecht und Alter haben, sind die Gäste weit davon entfernt, wie bei den Sims einzelne Personen zu sein. Wenn ihr sie beobachtet, merkt ihr schnell, dass sie im Prinzip immer dasselbe machen. Da hilft es auch nicht, dass ihr an verschiedenen Orten wie Paris, Rom oder Los Angeles Hotels errichten dürft. Sie spielen sich nicht anders, auch wenn Amerikaner etwas mehr Fitness und Franzosen besseres Essen wollen. Die Schauplätze bleiben dennoch austauschbar.

   

Fazit

Wie ein Hoteldirektor fühlt ihr euch bei Hotel Gigant 2 leider selten. Das Managen wird euch dadurch vermiest, dass ihr euch ständig um Kleinkram kümmern müsst, im Trüben fischt und viele Zusammenhänge nicht deutlich werden. Wieso kommen keine Gäste? Was ist die ideale Einrichtung für ein Zimmer? Weshalb zieht die Werbung nicht? In der Kampagne startet ihr mit großem Enthusiasmus mit eurem Hotel, dann schleppt sich alles dahin und die Ziele sind kaum zu erreichen. Die nächste Mission läuft dann trotz Stadtwechsel ganz ähnlich, die Absteigen sehen immer gleich aus und die Leute jammern auch über dieselben Probleme. Die Lust weiterzuspielen sinkt so spätestens beim dritten Anlauf auf den Nullpunkt. Aber auch das bloße Einrichten der Räume macht nicht wirklich Spaß, weil es zwar viele Möglichkeiten bietet, aber kein echter Unterschied erkennbar ist. Ob ich nun diese oder jene Tapete ranklebe, ist im Grunde egal. Und auch das Auge kann nicht mitessen, denn richtig luxuriös wirkt trotz saftiger Beschaffungskosten keine der Einrichtungen mit ihrem vergilbten DDR-Charme. Auch der persönliche Faktor kommt zu kurz, da die Gäste keinen Charakter haben. Ihr klickt sie halt an, damit ihr erfahrt, wie es ums Hotel steht - von Individuen ist trotz Name und Geschlecht keine Spur. Ich bin gespannt, ob die DS-Version von Hotel Gigant besser abschneidet.

Pro

mal wieder eine Managementsim
vom Billig- zum Luxushotel
eigene Räume entwerfen
viele Einrichtungsobjekte

Kontra

keine Neubelebung des Genres
Kampagne schleppt sich
viel Kleinklein
geringe Motivation
Mix ist nicht gelungen
Gäste bleiben unpersönlich
Hotels gleichen sich

Wertung

PC

Öder Teil zwo, der sich durch nichts vom ersten unterscheidet.

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