Der Industriegigant 210.07.2002, Marcel Kleffmann
Der Industriegigant 2

Im Test:

JoWooD, mittlerweile einer der größten deutschsprachigen Publisher, hat vor einigen Jahren mit dem Industriegiganten ein wirklich erfolgreiches Spiel auf dem Markt gebracht. Der erste Teil verkaufte sich prima und legte den Grundstein für das heutige Software-Imperium. Ob sich der Erfolg wiederholen lässt und die Wirtschaftssimulation begeistern kann, erfahrt Ihr in unserem Test.

JoWooD, mittlerweile einer der größten deutschsprachigen Publisher, hat vor einigen Jahren mit dem Industriegiganten ein wirklich erfolgreiches Spiel auf dem Markt gebracht. Der erste Teil verkaufte sich prima und legte den Grundstein für das heutige Software-Imperium. Ob sich der Erfolg wiederholen lässt und die Wirtschaftssimulation begeistern kann, erfahrt Ihr in unserem Test.

Wer von Euch hat noch nicht davon geträumt, einmal der Big-Boss eines gigantischen Wirtschafts-Imperiums zu sein, zahllose Arbeiter zu beschäftigen und allerlei Waren herzustellen? Mit der Industriegigant 2 (ab 26,99€ bei kaufen) habt Ihr die Möglichkeit, Euch diesen Traum zumindest virtuell zu erfüllen.

Aus Holz mach...

Die Start-Phase dieser Wirtschaftssimulation ist, wie bei fast jedem Spiel in diesem Genre, unglaublich wichtig und entscheidet, ob es Euch gelingt, ein großes Imperium aufzubauen oder Ihr gleich Konkurs anmeldet. Zunächst müsst Ihr Euch eine Stadt aussuchen, die Ihr mit Euren Produkten beglücken möchtet. Danach steht die Rohstoffsuche auf dem Plan.

Am Anfang ist es meist sinnvoll, klein anzufangen und mit der Produktion von einfachen Waren wie Nahrungsmitteln zu beginnen. Also wird flugs ein Bauernhof oder ein großer Hühnerstall gebaut. Während ein Hühnerstall nur für frische Eier sorgt, könnt Ihr beim Bauernhof auswählen, ob Fleisch oder Milch hergestellt werden soll. Ist die Wahl abgeschlossen, muss ein Lager als Umschlagplatz gebaut werden. Übersteigt der Abstand zwischen der Herstellungsfirma und dem Lager einen bestimmten Wert, so können die Produkte nicht eingelagert werden und stapeln sich in der Fabrik.

Der Weg ist das Ziel

Vom Lager geht es dann direkt ins Kaufhaus zum Endverbraucher. Diese Geschäfte müsst Ihr allerdings auch selbst errichten und pro Warenkategorie gibt es unterschiedliche Gebäude. Werkzeuge werden vorwiegend in Baumärkten verkauft, während Bilderrahmen in Möbelläden stehen und Lebensmittel in Kaufhäusern ans Volk gebracht werden. Schon bei der Platzierung der entsprechenden Kaufhäuser könnt Ihr erkennen, wie viele Waren im Umkreis verkauft werden können und so abschätzen, wie stark die Produktion laufen soll.

Befindet sich das Kaufhaus in der Reichweite eines Lagerhauses, so werden die Waren direkt dort abgeholt und dann verkauft. Ist der Weg zwischen Lagerungsort und dem Kaufhaus zu groß, müssen Transportfahrzeuge eingesetzt werden, die zwischen den Lagern hin und her pendeln.

Transport

Um weit entfernte Rohstoffe oder Waren zur Weiterverarbeitung bzw. zum Kunden zu bringen gibt es mehrere Möglichkeiten: Halbwegs kurze Distanzen lassen sich mit einigen LKWs überbrücken. Dazu muss ein LKW-Depot am ersten Lager errichtet werden und am Ziellager ebenso. Danach wird ein Lastkraftwagen gekauft, die Route mit den zu transportierenden Waren festgelegt und schon gehen die Produkte auf die Reise. Sind die Entfernungen zu lang, können Züge eingesetzt werden, die außerdem mehr als eine Wareneinheit auf einmal mitnehmen können. Flugzeuge und Schiffe erweitern das Transportarsenal enorm, kosten allerdings viele virtuelle Euros. Anders als bei Schiene & Strasse ist das Wegsystem vereinfacht worden. So können zwei Eisenbahnen auf ein und demselben Gleis fahren - auch wenn sie frontal aufeinander zufahren, passiert rein gar nichts: Die beiden Züge werden transparent und fahren durcheinander durch.

Insgesamt stehen 54 Vehikel im gesamten Fuhrpark bereit, die alle auf realen Vorbildern basieren und passend zum historischen Zeitpunkt gebaut werden können. Anfang 1900 könnt Ihr nur eine lächerliche Dampflokomotive in den Dienst stellen und Jahrzehnte später braust eine rasend schnelle E-Lok über die Gleise.

Fortschritt & Wirtschaft

Dieser technische Fortschritt macht sich auch bei den Produkten bemerkbar, denn im Spielzeugladen können ab einem bestimmten Zeitpunkt keine Holzeisenbahnen mehr verkauft werden, dann müssen Modelleisenbahnen her. Am Ende umfasst die Palette stolze 158 unterschiedliche Produkte. Gartenhäuser, Schlauchbote, Bilderrahmen, Plastikkügelchen und Krokodilleger-Handtaschen erlauben ein breit gefächertes Angebot. Dabei bleiben die Produktionsketten immer logisch und überschaubar. Komplexere Produkte erfordern allerdings auch eine umfangreichere Herstellung. So muss aus Öl erst Plastik hergestellt werden und dieses Plastik wird dann erst zu Schlauchboten verarbeitet. Neue Vehikel oder Waren werden oft mit einem halbwegs netten Rendervideo vorgestellt.

Viele Produkte sind sogar saisonalen Schwankungen unterworfen: Die eben vorgestellten Schlauchboote werden im Winter eher selten gekauft, während im Sommer das Lager nicht voll genug sein kann. Manche Waren können gar nur einmal im Jahr hergestellt werden, aber die Nachfrage besteht über das gesamte Jahr hinaus.

Missionen

Drei Kampagnen mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden und insgesamt 17 Missionen erwarten den virtuellen Firmenboss. Eigentlich ist der Begriff Kampagne falsch gewählt, da sich diese als zusammenhanglose, aneinander gereihte Kette normaler Missionen entpuppt und zwar komplett ohne Story. Von Szenario zu Szenario unterscheidet sich lediglich das Ziel und die Karte. Spaßiger ist da das Endlosspiel, bei dem Ihr entweder alleine oder mit gerissenen KI-Kollegen um die Kundschaft buhlen könnt und das auf 20 Karten. Das Gleiche kann auch im Mehrspieler-Modus nachgespielt werden. Da aber komplexe Spionage- oder Sabotagemöglichkeiten komplett fehlen, gestaltet sich die Multiplayer-Spiele eher dröge.

Grafik & Sound

Grafisch präsentiert sich der Industriegigant 2 eher bieder und zweckmäßig. Die aus einer isometrischen Perspektive betrachtete Landschaft ist platt wie eine Flunder, von 3D keine Spur. Dafür entschädigen aber die detaillierten Städte und das hübsch animierte Wasser. Herumfahrende Autos, schwimmende Wale oder in der Luft fliegende Vögel lenken dabei von der Sterilität der Karte ab. Das Menüsystem ist einwandfrei. Sich selbst erklärende Icons auf der Landschaft symbolisieren dabei vorhandene Rohstoffe. Der stufenlose Zoom ist ganz nett, macht die Grafik bei zu starker Nahansicht aber arg schwammig.

Wer Fahrstuhlmusik mag, der wird den Soundtrack vom Industriegiganten lieben. Die Musik-Stücke dudeln im Hintergrund und fallen eigentlich überhaupt nicht auf - weder positiv, noch negativ. Der Sound ist weitgehend in Ordnung, könnt aber durchaus abwechslungsreicher sein.

Pro:

  • komplexes Wirtschaftsmodell
  • hervorragende Bedienung
  • hoher Realismus
  • Vehikel und Produkte sind historisch korrekt
  • Hintergrundwissen wird vermittelt
  • nette Rendersequenzen
  • abwechslungsreiche Missionsziele
  • 54 Vehikel
  • 72 Gebäude
  • 158 Waren
  • 20 Karten
  • Tutorial
  • gute KI
  • Kontra:

  • Grafik nur durchschnittlich
  • schwacher Sound
  • langweiliger Mehrspieler-Modus
  • zu wenig Features im Multiplayer
  • Kampagnen sind nur angehäufte Missionen
  • Fazit

    Der Industriegigant 2 ist ein Paradebeispiel für eine schwache technische Umsetzung mit einem genialen Spielkern. Das Wirtschaftsmodell ist dynamisch und äußerst komplex, aber zugleich immer übersichtlich und leicht zu bedienen. Hier hat das Entwickler-Team wirklich ganze Arbeit geleistet. Ansonsten ist das Spielprinzip äußerst motivierend und sorgt für zahlreiche spaßige Stunden. Zwar sind die Grafik und der Sound nicht mehr zeitgemäß, dennoch fesselt das Prinzip an den Monitor. Wäre nur noch die Kampagne mit einer richtigen Story versehen worden, vielleicht sogar basierend auf dem Leben einiger Industrieller, dann hätte nicht mehr viel zur Genre-Referenz gefehlt. Im direkten Vergleich schneidet der Industriegigant 2 deutlich besser ab als Konkurrent Schiene & Strasse. Wer den ersten Teil gerne gespielt hat, kann bedenkenlos zugreifen!

    Wertung

    PC

    0
    Kommentare

    Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

    Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.