Age of Empires 331.10.2005, Jörg Luibl
Age of Empires 3

Im Test:

Es gibt Namen, die stehen seit Jahren für Qualität. Blizzard gehört dazu, BioWare gehört dazu und auch die Ensemble Studios haben sich seit Age of Empires (1997) einen Platz in der Liga der außergewöhnlichen Entwickler gesichert. Der Nachfolger Age of Empires II (1999) gilt noch heute als eines der besten Echtzeit-Strategiespiele überhaupt. Kann das Team um Bruce Shelley diese erfolgreiche Tradition mit dem dritten Teil fortsetzen?

Nostalgische Schwärmerei

Ich habe Age of Empires II (AoEII) geliebt. Die englischen Langbögen, die düsteren Teutonen, die mächtigen Trebuchets - wer auch nur ansatzweise ein Faible für Echtzeit-Strategie und das Mittelalter hatte, wurde bestens unterhalten. Selbst als die isometrische Grafik schon seit Jahren veraltet war, haben wir uns mit Freunden auf den Schlachtfeldern getroffen, begeistert um Türme, Gold und Relikte gekämpft. Das Spiel ist heute ein Klassiker, an den man gerne zurückdenkt.

Auch die Holländer kann man spielen. Sie eignen sich dank ihrer Banken für Spieler, die schnell durch die Zeitalter rauschen möchten.
Jetzt, nach langen sechs Jahren und einem göttlichen Intermezzo in Age of Mythology (AoM), erscheint mit Age of Empires III (AoEIII) endlich die Fortsetzung. Kein Wunder, dass Fans in aller Welt dem neuen Streich von Bruce Shelley euphorisch entgegen gefiebert haben. Ich hab mich gefreut wie ein Schnitzel, als die edle Box meinen Schreibtisch enterte und die farbige Faltübersicht mit Zeitaltern, Technologien und Völkern protzte.

Die Texaner hatten bisher immer ein Händchen für edles Spieldesign, und können jetzt auch noch auf eine pompöse Physik-Engine zugreifen: Kanonenkugeln zermalmen Mauerwerk, Trümmer fliegen durch die Luft und Bäume brechen wie Streichhölzer. Zu neuer Zerstörungspracht gesellen sich alte Bekannte wie die Dorfglocke, die typischen Geräusche beim Erstellen einer neuen Einheit oder die wunderbaren Melodien.

Und diesmal geht's über den großen Teich: Nach der Antike und dem Mittelalter entführt euch das Team in die frühe Neuzeit des frisch entdeckten Amerika. Acht Völker buhlen mit unterschiedlichen Stärken um eure Gunst: Die Franzosen verbünden sich leichter mit den Indianern, die Engländer können Prototypen von Raketen zünden und die Deutschen schicken Doppelsöldner mit ihren Zweihändern ins Feld. Zwölf einheimische Stämme von den Inka bis zu den Apachen treten als Verbündete auf. In einem bunten Völkergemisch treffen Musketenqualm und Kanonendonner auf Tomahwaks und Indianerbögen…

Frontale Ernüchterung

…das ist allerdings nicht das Einzige, was zusammenprallt. Leider treffen auch hohe Erwartungen auf die erste Mission der Kampagne - und zwar frontal. Als ich auf Malta die Osmanen abwehren sollte, habe ich meinen Augen nicht getraut: Die Armbrustschützen schießen durch Mauern, die Janitscharen schießen durch Mauern. Was soll das? Ist das ein Bug? Es kann doch nicht sein, dass Projektile einfach so durch festes Material jagen? Wozu brauche ich dann eine Physik-Engine? Nein, das ist kein Fehler, denn auch der erste Patch belässt es bei diesen Pseudo-Mauern. Scheinbar hat man sich dazu entschlossen, die Mauern durchlässig zu lassen. Man erkennt auch kurze Zeit später, warum.

Zurück zur Schlacht: Ich bilde ein Dutzend Armbrust-Schützen auf, stelle sie hinter meine Mauer und lasse sie durch Stein

Formationen spielen keine große Rolle und werden automatisch angenommen. Meist gibt es ein kunterbuntes Gemetzel - entfernte Stellungskriege oder Distanzbeschuss gibt es kaum.
auf die Osmanen schießen, die gerade idiotischer Weise versuchen, die Mauer, die im Grunde keine ist, einzureißen und dabei Mann für Mann dezimiert werden - die KI fordert zwar mit gescripteten Mehrfrontenangriffen, zeigt aber in einzelnen Situationen eklatante Schwächen. Es gibt sogar Situationen, in denen feindliche (!) Truppenverbände eine Zeit lang friedlich nebeneinander zum Ziel marschieren.

Der Spaß der Verteidigung wird auch dadurch getrübt, dass man Tore nicht wie in AoEII manuell schließen kann. Es ist tatsächlich so, dass sie sich automatisch öffnen, wenn eine eigene Einheit in die Nähe kommt - das ist verwirrend und unglücklich gelöst, denn schon ein kleiner Fehlklick vor die Mauer lässt die Leute ins Feuer spazieren.

Hinzu kommt, und das könnte der Grund für die durchlässigen Wände sein, dass die Mauern und Türme in AoEIII nicht bemannbar sind: Man kann also keine Schützen auf die Zinnen schicken, keine Türme oder Palisaden verstärken. Hat man etwa die Wände geopfert, damit sich Spieler wenigstens von unten verteidigen können? Immerhin schießen Türme von alleine und man darf sie aufrüsten, aber man kann jetzt nicht mehr gezielt die Feuerkraft eines Turms über die Anzahl der Insassen erhöhen. Und wie effektiv wäre die Kompanie Armbrust-Schützen auf den Palisaden gewesen, die in Deckung geht und feuert, während Getroffene nach unten stürzen! Aber trotz Physik-Engine sieht man solche Belagerungsszenen ebenso wenig wie Trümmerteile, die unten stehende Soldaten verletzen würden - so gut das Mauern einreißen ausschaut, so inkonsequent wurde es umgesetzt.

            

Automatisiertes Truppen-Management

Leider werden Taktiker, die auch nur einigermaßen authentische Kanonen- und Musketenschlachten erwartet haben, wie sie z.B. Imperial Glory oder Cossacks 2 bieten, von Beginn an enttäuscht. Die Kämpfe in AoEIII lassen sich fast

Leider schießen Einheiten sowohl durch Mauern als auch Häuser und sogar erhöhtes Gelände.
automatisiert und ohne große Planung bestreiten. Natürlich erwartet keiner von der Reihe historischen Realismus oder eine Simulation der Militärgeschichte - gar keine Frage. Aber man hätte deutlicher spüren müssen, dass im Zeitalter des Schießpulvers anders gekämpft wird als im Mittelalter. AoEIII bietet trotz der spektakulären Kanonen meist ein herrlich anzuschauendes Handgemenge, dem sowohl die Distanz der Formationen sowie die Dynamik der gezielten Erstürmung von Stellungen fehlt.

Man hat einfach zu wenig Eingriffsmöglichkeiten: Ihr könnt lediglich bestimmen, ob sich eure Truppen defensiv oder aggressiv, in einfacher oder gestaffelter Schusslinie aufstellen, um Fernangriffen besser zu trotzen. Reiter dürfen noch zum Sturmangriff blasen - das war's. Sobald ihr eine Gruppe befehligt, stellt sie sich automatisch mehr oder weniger gut auf; hier hat der erste Patch immerhin schon einige Probleme behoben. Sehr lobenswert ist wiederum die einheitliche Marschgeschwindigkeit: Im Gegensatz zu vielen anderen Spielen laufen hier auch Truppen unterschiedlicher Art in einem Tempo zum Zielpunkt. Auf diese Weise können sie sich im Bedarfsfall besser verteidigen.

Aber: Ihr könnt keine Linie, keinen Kreis, keine Reihe manuell bestimmen. Ihr könnt auch keine Einheit gezielt auf ihrem Weg beschützen wie noch in AoEII. Es gibt keinerlei Finessen wie Flankenangriffe, schnelles Eingraben oder das sinnvolle Ausnutzen von Höhenvorteilen - so schön die Landschaft aussieht, so nutzlos ist sie taktisch. Das musste Bruce Shelley auf der Games Convention bereits selbstkritisch eingestehen und schob den schwarzen Peter der nicht ausreichenden Entwicklungszeit zu (vgl. News). Dass man selbst durch Bäume, Felsen, Hütten und ganze Bodenerhebungen schießen kann, dürfte allerdings kein Zeit-, sondern ein Designproblem sein. Rise of Nations ist dagegen ein Eldorado für strategisches Feintuning. Und selbst im Vergleich zum sieben Jahre alten AoEII ist dieser Stillstand in Sachen Kampfsystem enttäuschend.

Akustisches Feedback & Teamplanung

Dafür gibt es andere Lichtblicke: Neu ist, dass eure Armee nach einem Sieg euphorisch jubelt. Dieses emotionale Feedback wird zwar nicht so konsequent genutzt wie in Der Herr der Ringe: Die Schlacht um Mittelerde , da es keine Moraleinbrüche gibt, aber die Kulisse wirkt einfach lebendiger. Dazu tragen auch die Kommentare eurer Gegner bei: Ähnlich wie in Black & White 2 geben andere

Auch auf hoher See wird entdeckt und gekämpft - das Meer und die Küste sehen fantastisch aus.
Herrscher abfällige Bemerkungen ab - Iwan der Schreckliche pöbelt, Elizabeth II. stichelt, Friedrich nörgelt. Eine gute Idee, die leider nicht immer ganz sauber umgesetzt wurde, denn es schleichen sich einige falsche Bemerkungen zum falschen Zeitpunkt ein, wie z.B. das Lästern über meinen "unauffälligen Kundschafter", obwohl der gar nicht unterwegs ist.

Das sind ohnehin nur interessante Nettigkeiten am Rande, die zeigen, wohin die Reihe gehen kann, wenn man das Akustikfeedback noch überzeugender einsetzt und das Genre mit mehr Emotionen bereichert. Viel motivierender ist das neue Team-System, in dem ihr euren KI-Partnern direkte Befehle geben könnt: Ihr könnt mit bis zu acht Teilnehmern zufällige oder gewählte Allianzen festlegen und euren Verbündeten sagen, dass sie sich auf eine starke Wirtschaft, eine solide Verteidigung oder einen frühen Angriff vorbereiten sollen. Im Spiel könnt ihr dann Waren tauschen und komfortabel Angriffspunkte auf der Karte festlegen: Ihr steht mit eurer Armee gerade an der linken Flanke der gegnerischen Siedlung? Dann sagt eurem Verbündeten, er soll die rechte Flanke attackieren und schon erkennt ihr auf der Minikarte, wie sich seine Truppen in Bewegung setzen - und hier lacht dann endlich auch das Feldherrenherz!

        

Knapp an Waterloo vorbei

Die erste Mission sowie das unbefriedigenden Truppen-Management haben mich gewaltig geärgert. Und es hätte ein Waterloo für die Ensemble Studios sein können: Wäre es bei peinlichen Belagerungsmissionen und Formationsschwächen

In der Heimatstadtansicht verwaltet ihr eure Kartendecks.
geblieben, hätte ich dem Spiel selbst als großer Age-Fan nicht mal 75% gegeben. Es ist einfach unverständlich, dass man hier keine einheitliche Linie zeigt: Auf der einen Seite prächtiger Kanonenbeschuss, auf der anderen Seite peinliche Physikfehler und eingeschränkte Funktionen.

Trotzdem spiele ich AoEIII jetzt schon seit Tagen. Trotzdem unterhält mich das Spiel auf gutem Niveau. Woran liegt das? An vier wesentlichen Punkten. Fangen wir mit dem schwächsten an: Der Mauer- und Festungsbau ist erstens nicht der Kern des Spiels. Es geht eher um die zügige Sicherung von Schatz-, Handels- und Verbündeten-Punkten auf der Karte sowie um relativ offene Feld- bzw. Seeschlachten, in denen die automatisierte Aufstellung von Nahkämpfern vorne und Fernkämpfern hinten vor allem nach dem ersten Patch auch in gemischten Verbänden sehr gut funktioniert. Zweitens legt die KI in den freien Gefechten zu: In den Skirmish-Duellen zeigt sie ein klügeres und vor allem aggressiveres Verhalten, schleppt Kanonen herbei und beharkt gezielt eure Verbündeten. Allerdings enttäuscht sie auf der dritten Stufe noch mit erschreckender Passivität. Man sollte für spannende Erlebnisse mindestens auf der vierten Stufe spielen, denn der normale Schwierigkeitsgrad bietet für Kenner der Serie absolut keine Herausforderung. Drittens sieht das Spiel natürlich verdammt gut aus.

Schöne Neue Welt

In Neuengland taucht man in ein herbstliches Farbenmeer aus sattem Bordeauxrot, Rostbraun und Orange. Laub rieselt von schlanken Birken und Vögel jagen in Formation über den Himmel. Man scrollt sich durch eine herrlich belebte Landschaft, die mit natürlichen Höhenzügen, grasenden Hirschen und Biberhöhlen lockt. Ihr seid Wasserfetischisten? Schaltet alle Details auf Maximum und zoomt zum Strand: Die Brandung, der Sand, die Spiegelungen, die Wale, die Fische - da will man Urlaub machen.

Flora und Fauna des amerikanischen Kontinents werden exzellent und vielfältig abgebildet.
Und das Beste ist: Der zweite Eindruck ist auch wunderbar. Denn das war nur Neuengland. Es gibt noch Amazonien mit Dschungelflair, das schroffsandige Texas sowie ein Dutzend andere Karten mit eigener Flora und Fauna. Hinzu kommen erstklassige Animationen beim Stopfen der Musketen, beim Säbelhieb oder selbst dem Zusammenbrechen eines Pferdes - die Bewegungen bestechen sowohl beim Kampf als auch bei zivilen Arbeiten wie dem Holz hacken mit beeindruckender Natürlichkeit.

Wer befürchtet hat, dass das Spiel mit der dritten Dimension steriler aussehen könnte, darf also aufatmen: Die Designer haben ausgezeichnete Arbeit geleistet und ein überaus idyllisches Amerika gezaubert, das in all seinen geografischen Facetten sowie seiner Vielfalt im Tierreich auftrumpft. Das optische Highlight sind natürlich die Auswirkungen der neuen Physik-Engine, die Dächer und Mauern bröckeln und Soldaten wie Spielzeugpuppen durch die Luft fliegen lässt. Hobbyhistoriker müssen aufgrund des fehlenden Bereich- bzw. Kollateralschadens allerdings beide Augen zudrücken.

   

Neues Trading Card-System

Aber selbst diese Kulisse hätte AoEIII angesichts der spielerischen Ernüchterung nicht über die 80% gerettet. Viel wichtiger als die grafische Brillanz ist dieser vierte Punkt: das innovative Kartensystem. Denn das ist wirklich ungewöhnlich. Das ist

Ihr habt die Qual der Wahl: Welche neue Karte gönnt ihr euch nach dem Aufstieg eurer Stadt?
erfrischend neu. Und das verleiht selbst einfachen Skirmish-Duellen gegen die KI endlich mehr als nur Trainingscharakter für kommende Multiplayer-Schlachten: Ihr sammelt wie in einem Rollenspiel in jedem Kampf mit eurer gewählten Heimatstadt wertvolle Erfahrungspunkte - Berlin, London oder Amsterdam steigen quasi mit euch auf. Statt einer neuen Rüstung bekommt man für seine Siege neue Wachtürme, statt einem Schwert eine neue Haubitzen-Karte. Diese Technologien, die ihr gezielt auswählen könnt, werden bei Gebrauch umgehend nach Übersee verschifft.

Und das System ist nicht so statisch wie ein Technologiebaum früherer Spiele, sondern lässt euch über acht Zeitalter offen entwickeln: Ihr könnt euch quasi 20-Karten-Decks für jede Situation anlegen, sie kurz vor Spielbeginn auswählen und damit taktische Schwerpunkte setzen, indem ihr euch aus der Heimat eher Holz und Lebensmittel, lieber Siedler und Technologie oder Waffen und Kanonen schicken lasst. Man kann sich für die schnelle Erkundung, schnelle Angriffe oder stabile Verteidigung vorbereiten. Damit gewinnen vor allem Multiplayerduelle an Reiz und Möglichkeiten. Der Wechsel zwischen der neuen Kartenplan-Stadtansicht mit all ihren wuselnden Bürgern und rauchenden Schloten zur altbekannten Echtzeit-Strategie-Karte erfolgt auf Knopfdruck.

Gut erzählte Kampagne

Die zwölf Indianerstämme:

Azteken

Kariben

Irokesen

Lakota

Cherokee

Maya

Komantschen

Nootka

Cree

Seminolen

Inka

TupiAußerdem darf man sich in eine gute Story stürzen: Der Übergang von der mittelalterlichen zur neuzeitlichen Epoche wird in der Kampagne thematisiert. Ihr schlüpft in die Haut von Morgan Black, der als Mitglied eines Ritterordens erst Malta gegen die Osmanen verteidigen und dann nach Amerika fliehen muss. Er trifft auf Piraten und Einheimische, zerstört Munitionslager, rettet Gefangene, hält Stellungen, erobert wichtige Punkte und lüftet Geheimnisse. Die Geschichte wird über drei Akte erzählt und lebt von der gekonnten Mischung aus ein wenig Historie und viel Mantel & Degen-Fiktion.

Schritt für Schritt entdeckt man nicht nur den neuen Kontinent mit seinen zwölf Indianerstämmen, sondern wird auch in internationale Intrigen verstrickt. Scheinbar treibt es einen europäischen Geheimbund nicht nur wegen der Rohstoffe über den Atlantik. Oder warum will ein osmanischer Kriegsherr verhindern, dass der so genannte "Zirkel von Ossus" den mysteriösen Mondsee findet? Die Neugier ist geweckt und so kämpft man sich gut unterhalten bis ins Finale.

Hier zeigt sich auch ein neues Rollenspielelement: Einige Figuren haben Spezialangriffe wie Rundumschläge oder Blattschüsse, die gezielt eingesetzt durchaus einen Vorteil bringen. Zudem gibt es überall auf der Karte Schätze, Geiseln oder Höhlen. Schaltet ihr die Wächter aus, bekommt ihr umgehend ein wenig Gold, Holz, Siedler oder neue Verbündete.

   

 Multiplayer & Gefechte

Das unterhält zwar in der Kampagne, ist aber im Skirmish spätestens nach dem zweiten Zeitalter eine überflüssige Spielerei.

Häfen und Schiffe sind auf manchen Karten enorm wichtig.
Man kann sich mit dem Scout höchstens in der Frühphase kleine Rohstoffvorteile verschaffen. Wesentlich effektiver sind die neuen Verbündeten: Platziert ihr einen Stützpunkt in einem Indianerdorf, könnt ihr auf deren Einheiten und Technologien zurückgreifen. Damit kann man sich entscheidende Vorteile sichern, denn die Ureinwohner glänzen mit versierten Kriegern: Ein Cherokee-Gewehrschütze feuert zielsicher und kostet nur Holz und Nahrung, aber kein Gold. Kein Wunder, dass es für diese Spezialeinheiten ein Baulimit gibt.

Weniger erfreulich ist das zähe Warten bis zur endgültigen Kapitulation: Vor allem im Skirmish kann es passieren, dass ein gegnerischer Herrscher noch blöde Kommentare abgibt, wenn er längst keine Truppen, geschweige denn ein Dorfzentrum hat. Also muss man die ganze Karte absuchen, manchmal bis hin zu Fischerbooten, um ihn endlich dazu zu bringen, den Sieg anzuerkennen. Warum hat man hier mit all der Erfahrung der Ensemble Studios nicht eine zügigere Routine hinbekommen? Zwar kapituliert die KI nicht immer so spät, aber es nervt einfach, eine Karte absuchen zu müssen.

Enttäuschend ist auch, dass es über LAN oder ESO (Ensemble Studios Online) für bis zu acht Spieler nur zwei Spielmodi gibt: Warum hat es der Königsmord nicht in einer modifizierten Variante ins Angebot geschafft? Das war gerade in AoEII eine interessante Alternative zum Einheitsbrei. Und warum gibt es hier gar keine frischen Ideen? Hätte man nicht die neue Handelsrouten oder die Indianer nutzen können, um dafür einen Spielmodus anzubieten? Man hätte gezielte Stützpunkteroberungen oder das Halten der Postkutschen-Linie auf Zeit integrieren können. Immerhin rettet sich der Multiplayer-Modus frische Anreize, da auch hier die Heimatstadt samt ihrer Kartenplanung zum Einsatz kommt.

Steuerung & Mikromanagement

Die Steuerung ist nahezu identisch mit AoEII, so dass Veteranen auch ohne das gute Tutorial loslegen können. Ähnlich wie in

Die Deutschen führen Wagen mit Schützen ins Feld.
AoM habt ihr bei einem Zeitalterwechsel die Wahl zwischen zwei, manchmal drei Aufstiegskarten, die euch unterschiedlich viele Rohstoffe oder vielleicht gleich zusätzliche Einheiten bringen. Neu ist, dass ihr Gebäude nicht mehr umständlich mit einem Handwerker reparieren müsst, sondern sie einfach per Iconklick in Stand setzt. Auch das Anlegen von mehreren Feldern wurde ad acta gelegt: dafür gibt es jetzt eine Windmühle inklusive Feld, auf dem bis zu zehn Bauern ernten können. Sehr hilfreich ist auch die erweiterte Drag&Drop-Funktion, die euch auf Wunsch nur Militäreinheiten auswählen lässt - so zieht man in der Hitze des Gefechts nicht mit Kühen und Beerensammlern in die Schlacht.

Leider kann das Mikromanagement trotz dieses Feintunings und des Wegfalls eines Rohstoffs (Steine) nicht ganz überzeugen. Man muss einige unnötige Klicks anbringen, um sein Volk zu beherrschen: Es gibt z.B. keine automatisierte Scout-Funktion, die euren Kundschafter selbstständig über die Karte laufen ließe. Außerdem muss man Siedler wieder zur Arbeit animieren, da sie nach dem Beenden einer Tätigkeit nicht immer von alleine nach neuen Beschäftigungen suchen. Und wenn man z.B. ein Silbervorkommen mit zu vielen Arbeitern bestückt, bleibt der Rest stehen. Hier hätte eine kurze Übersicht über die Arbeiter geholfen, in der man sie gleich den Rohstoffen Gold, Nahrung und Holz hätte zuteilen können.

   

Fazit

Eigentlich beurteilt man gerade seine Lieblingsserien leichter - man kennt die Vorgänger auswendig, ist motivierter, spielt intensiver. Aber selten habe ich mit einer Wertung so lange gehadert. Die Enttäuschung über das Schießen durch Hindernisse und Wände aller Art, die fehlende Mauer- und Turmbemannung sowie das spartanische Truppen-Management war zunächst so groß, dass die Euphorie über diese wunderbare Kulisse und die herrliche Völkervielfalt einer kalten Ernüchterung wich. Warum nutzt man die Physik-Engine nicht konsequent? Warum kann man keine Mauern bemannen? Warum spielt das Gelände keine taktische Rolle? Warum gibt es automatisiertes Gemetzel statt Formationsplanung? Diese Fragen blieben offen und ließen den Award in weite Ferne rücken. Am Ende war es jedoch nicht nur der Age-Fan in mir, der den Absturz eines Hitkandidaten in die Mittelmäßigkeit stoppte: Mit der unterhaltsamen Kampagne, den lebendigen Allianzen und vor allem dem innovativen sowie auf lange Sicht motivierenden Trading Card-System haben die Ensemble Studios selbst die Reißleine gezogen, die den dritten Teil doch noch sicher im guten Bereich landen lässt. Und auch in Sachen Optik, Akustik und Umfang bleiben keine Wünsche offen. Age of Empires III ist auf den ersten Blick der schönste, der üppigste und angesichts seiner Einheitenvielfalt vielfältigste, aber auf den zweiten Blick auch der inkonsequenteste und schwächste Teil der ruhmreichen Serie.

Pro

<P>
wunderbare Kulisse
gut erzählte Kampagne
pompöse Schiffskämpfe
herrliche Animationen
epische Musikuntermalung
faszinierende Völkervielfalt
neues Bonuskarten-System
offenerer Technologiebaum
komplett lokalisiert+&nbsp;taktische Allianzen mit der KI
lebendiges Akustik-Feedback
einheitliche Marschgeschwindigkeit
Multiplayermodus für bis zu acht Mann</P>

Kontra

keine taktischen Finessen
nur zwei Online-Spielmodi
Tore nicht manuell schließbar
Einheiten schießen durch Mauern
einige unpassende KI-Kommentare
keine Turm
&amp; Palisadenbemannung
wenig authentischer Schusswaffenkrieg
langes Absuchen der Karte nach Feinden
Mikromanagement mit Tücken

Wertung

PC

Auf den ersten Blick der schönste, aber auf den zweiten Blick auch der inkonsequenteste Teil der ruhmreichen Serie.

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