Defense Grid: The Awakening12.02.2009, Marcel Kleffmann
Defense Grid: The Awakening

Im Test:

Schaut man bei WarCraft III in den Online-Mehrspieler-Modus, so findet man dort neben zahlreichen Defense of the Ancients-Varianten (DotA) auch reichlich Maze- oder Tower-Defense-Karten. Während sich das gerade in Entwicklung befindliche Demigod an DotA orientiert, setzt Defense Grid: The Awakening (ab 6,25€ bei kaufen) voll und ganz auf Tower Defense und lässt das beliebte Konzept aufleben.

Türme über Türme

Defense Grid: The Awakening gehört in die Kategorie "Tower Defense", die ich in zahlreichen Karten und Modifikationen für WarCraft III kennen und lieben lernte. Für alle, denen das Konzept unbekannt ist: Haufenweise Gegner versuchen von einem Punkt der Karte zu einem anderen zu gelangen. Man muss sie aufhalten, kann dazu aber nur automatisch feuernde Türme errichten. Erledigte Feinde hinterlassen Boni, die man in weitere Geschütze oder Upgrades investiert.

Der Laserturm hat Probleme das Schutzschild zu durchdringen. Projektilschleudern wären effektiver, um zuerst das Schild auszuschalten.

Download: Englische Demo (237 MB)Immer und immer wieder stürmen unterschiedliche Feindeswellen heran, die man nur mit einer guten Kombination der Türme an strategisch sinnvollen Positionen aufhalten kann.

In Defense Grid ist es prinzipiell genauso: Die Gegner sind gemeine Aliens und sie versuchen Energiekerne zu stehlen, wobei die Partie nicht sofort vorbei ist, sobald ein Kern gestohlen wurde. Vorrangig müsst ihr die Eingänge und Ausgänge auf der Karte im Auge behalten. Später gesellen sich fliegende Feinde hinzu, die auf einer separaten Route unterwegs sind und die Kerne aus der Luft stibitzen wollen. Auf insgesamt 20 Karten muss man seine Energiekerne beschützen.

Mission: Turmbau

Ungewöhnlich für das Genre: Das Geschehen wird sogar von einer kleinen Geschichte umrahmt. Eine künstliche Intelligenz spricht als Kompagnon im Hintergrund und erklärt einerseits wie man (immer neue) Türme baut, wie man mit welchem Gegnertyp umgeht und wie sehr er Himbeeren vermisst. Okay, es ist nur eine klitzekleine Geschichte, aber immerhin werden die Missionen so ein bisschen zusammengehalten und der ein oder andere Kommentar lockert das actionreiche Geschehen auf.

Auf den ersten Karten findet man nur wenige Plätze, wo man Türme hochziehen darf, während die Feinde auf einer nicht beeinflussbaren Bahn entlang stürmen. Man muss Türme dort aufstellen, wo die Feinde möglichst lange oder mehrfach vorbeilaufen - wie z.B. in weiten Kurven oder in der Nähe des Energiezellenspeichers. Erst später und für meinen Geschmack zu selten kann man auf komplizierten Weggeflechten die Laufwege der Feinde beeinflussen. Blockiert man also eine mögliche Laufroute durch mehrere Türme, müssen sich die Aliens einen alternativen Weg suchen und solange man ihnen einen Weg übrig lässt, werden sie keine Abkürzung nehmen. Baut man hingegen alle Wege zu, kürzen die Aliens ab, in dem sie das Energiekraftfeld der Türme ignorieren. Richtige "Maze-Defenses", in dem man die Gegner schlangenförmig durch die Turmreihen schickt, gibt es aufgrund des Bauplatzmangels also nicht; Flugrouten lassen sich übrigens nicht beeinflussen.

Auf dieser Karte könnt ihr den Weg der Gegner leicht beeinflussen und ihnen möglichst lange Laufrouten aufzwingen.

Turm und Taktik

Da die Gegner vielfältig sind und auch in Gruppen auftreten, rasant sprinten, getarnt oder fast hitzeresistent sind, sollte man eine clevere Kombination aus Türmen aus dem Boden stampfen. Neben dem MG-Standardgeschütz und Kanonentürmen gibt es Flammenwerfer mit Flächeneffekt, Laser- und Teslatürme, Bombardement-Türme mit immenser Reichweite, aber langsamer Schussfrequenz und natürlich den Temporalturm, der in der Umgebung befindliche Aliens impulsweise verlangsamt. Einen Luftabwehrturm gibt es ebenso und der Kommandoturm erhöht die Einnahmen der aus den Gegnertrümmern gewonnenen Ressourcen im nahen Umfeld. Die Platzierung und Kombination der Türme, insbesondere des Bauwerks mit Verlangsamungseffekt, entscheidet über Sieg oder Niederlage. 

Jeder Turm kann dreistufig ausgebaut werden, was seine Feuerrate, Durchschlagskraft oder Reichweite stärker steigert als wenn man für das gleiche Geld neue Türme bauen würde. Und wenn später "Bossgegner" über die Karte flitzen und nur gegen Laserstrahlen anfällig sind, hat man 

Wenn Gegner zerstört werden, die einen geklauten Energiekern dabei hatten, fliegen die Kerne automatisch zurück zum Reaktor. Die Aliens können auf dem Rückweg befindliche Kerne ebenfalls aufsammeln.
hoffentlich irgendwo einen aufgewerteten Laser- oder Teslaturm mit entsprechender Vorabverlangsamung platziert. Geht einem trotzdem ein Strolch mit gemopster Energie durch die Lappen, hat man eine letzte Handlungsoption und kann mit einem Orbitallaser, vergleichbar dem Ionenwerfer aus C&C, die Lage noch retten.

Gar nicht so leicht

Klingt ganz simpel? Ist es nicht, denn die gemischten Angriffswellen aus schnellen und langsamen, dick und dünn gepanzerten oder in Schwärmen auftretenden Feinden werden mit Spezialfunktionen wie Tarnung oder Schutzschild (um die Gruppe herum) ergänzt. Und wenn viele fiese Flieger unterwegs sind, kann man schon ins Schwitzen kommen, weil das Ganze unter Zeitdruck der nächsten anrückenden Welle stattfindet - auch wenn das Radar oben in der Mitte eine erste Prognose erlaubt, welche und vor allem wie viele Feinde anrücken.

Jedoch sind die meisten Partien am Ende der Kampagne so komplex von den Wegen oder der Gegnerzusammenstellung, dass man sich die Karte zuerst mehrere Male anschauen muss, um herauszufinden, wo die Feinde herkommen, welchen Weg sie nehmen und wie man sie beeinflussen kann. Gespeichert wird nur automatisch an manchen Stellen innerhalb der Mission, was den schwankenden und ohnehin knackigen Schwierigkeitsgrad noch steigert. Aber trotzdem wirkt das Spiel nie unfair oder gar unlösbar. Bis zum Ende der Kampagne benötigte ich rund sieben bis acht Stunden und immer wenn eine Mission geschafft war, wurden weitere Herausforderungen für eben diese absolvierte Karte freigeschaltet wie z.B. Turm- oder Ressourcen-Limits oder Gegner mit kräftigerer Panzerung.

Defense Grid: The Awakening ist derzeit nur im Online-Vertrieb erhältlich und kann z.B. über Steam in komplett deutscher Sprache für 20 Euro erworben werden.

Intelligente Türme

Die Computerintelligenz, die mich bei vielen "Tower Defense"-Karten oft zur Weißglut getrieben hat (Abkürzungen, Festhaken etc.), ist in Defense Grid eine gute: Blockiert man Wege, erkennen die Feinde welchen Alternativweg sie nehmen sollen. Trotzdem ist es manchmal vorgekommen, dass die Gegner abgekürzt haben. Die Türme selbst picken sich oft genau die Feinde heraus, welche auch höhere Priorität genießen sollten, weil sie besonders gefährlich sind oder sich relativ nah am Ausgang befinden. Dennoch vermisse ich die Option, ein Ziel markieren zu können, das vorrangig angegriffen werden sollte.  Und sobald es mehrere Höhenstufen gibt, ist es schwierig abzuschätzen, wie weit die Schusslinie des Turmes reicht. 

Fazit

Da mir Tower Defense-Karten aus WarCraft III schon einen Heidenspaß bereitet haben, ist es kein Wunder, dass mir Defense Grid: The Awakening so gut gefällt. Das simple Konzept wurde sehr überzeugend in ein Einzelspielererlebnis übertragen. Sowohl Gegnerauswahl als auch Turmpalette bieten genug Vielfalt und fordern taktische Planung unter Zeitdruck. Unheimlich ist schon fast, wie sehr mich das Spiel an manchen Stellen in seinen Bann ziehen konnte: Selbst wenn nur ein Energiekern zerstört wurde, habe ich die Karte neu gestartet, um es besser zu machen. Loben kann ich das Radarsystem zur Vorausplanung sowie die Einstiegsphase, aber mit der Zeit nimmt der Schwierigkeitsgrad nicht nur stark zu, sondern schwankt gehörig. Darüber hinaus sind die Sichtlinien der Türme nicht immer klar und es fehlt die Möglichkeit, eine Zielpriorität festzulegen. Eine Hand voll weiterer Karten hätte ich mir zudem gewünscht, vor allem mit mehr Möglichkeiten zur Beeinflussung der Laufwege. Unterm Strich ist dieses Downloadspiel trotz einiger offener Wünsche ein klarer Geheimtipp für alle Turmbaugegenfeindwellenfans!

Pro

gut umgesetztes und motivierendes Tower Defense-Konzept
anspruchsvolle Planung unter Zeitdruck
durchweg sinnvolle und funktionale Turmtypen
gelungenes Gegnerdesign und gute Balance
Radarsystem zur Vorausplanung
Satellitenlaser für Notfälle
hilfreiche taktische Ansicht
Achievements und weitere Herausforderungen
gute Computerintelligenz
nette Geschichte und sympathischer Gehilfe
komplett in deutscher Sprache

Kontra

Sichtlinien nicht immer klar
fehlende Möglichkeit Zielprioritäten festzulegen
schwankender Schwierigkeitsgrad
kein globales Erfahrungssystem, z.B. um Türme von Mission zu Mission individuell aufzuwerten
weitere Karten hätten nicht geschadet, vor allem Karten mit der Beeinflussung der Laufwege

Wertung

PC

Taktik und Hektik: Gut umgesetzte "Tower Defense" in Reinkultur mit fordernden Karten!

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