CounterStrike: Condition Zero30.03.2004, Paul Kautz
CounterStrike: Condition Zero

Im Test:

Counterstrike: Condition Zero dürfte in jedem Fall in die Spielegeschichte eingehen: Als Spiel, das die meisten Entwicklerteams verbraten hat. Als Spiel, das die meisten Gold-Meldungen sein eigen nennt. Und als Spiel, das mehr als überdeutlich die Richtigkeit der alten Redensart »Zu viele Köche verderben den Brei« beweist. Warum ihr euer Geld lieber woanders investieren solltet, erfahrt ihr aus der Review.

Eine kurze Geschichte der Zeit

Wer Counterstrike nicht kennt, dürfte entweder die letzten vier Jahre auf dem Mond verbracht oder keinerlei Interesse an Teamshootern haben. Wer mit der peinlichen Entwicklungsgeschichte von Condition Zero nicht vertraut ist, hat eine der besten Lachnummern seit Daikatana und Duke Nukem Forever verpasst. Eine kurze Zusammenfassung: Nach dem phänomenalen Erfolg der Half-Life-Fanmod »Counterstrike«

Bleibt alles anders: Geiseln retten, Terroristen ausknipsen - Business as usual.
wurde eine Singleplayer-Variante namens »Condition Zero« drauflosentwickelt, die den Thrill und den Spaß der Mehrspieler-Action auch für Einzelgänger rüberbringen sollte. Rogue Software (Alice ) werkelte und werkelte und werkelte.

Bis das Gewerkele an Gearbox Software überging, die schon mit dem Half-Life-Add-On »Opposing Force« zeigten, dass sie packende Solo-Abenteuer designen können. Hat aber scheinbar nichts genützt, denn schon kurze Zeit später durfte sich Ritual Entertainment (Elite Force 2 ) an der scheinbar sehr heißen Software die Finger verbrennen. Bis auf erhebliche Verspätungen und immer wieder verschobene Release-Termine sah alles gut aus, eines Tages schien das Spiel zum Greifen nahe (es gab sogar schon erste Reviews) – und zack, sollte es doch nicht sein. Die Turtle Rock Studios, Entwickler des offiziellen Counterstrike-Bots bekamen ihre Chance. Und nun liegt die fertige Fassung auf den Schreibtischen dieser Welt, und keiner weiß so recht, was er damit anfangen soll. Das Game kommt auf zwei CDs und beinhaltet im Grunde ebenso viele Spiele: Zum einen wäre da »Condition Zero«, das im Grunde nichts weiter ist als eine Offline-Variante von Counterstrike 1.6 mit nacheinander abzuklappernden Maps und brauchbaren Bots. Zum anderen wäre da »Condition Zero: Gelöschte Szenen«, was nicht etwa Outtakes der Entwickler sind (was sicher interessant gewesen wäre), sondern das sagenumwobene Singleplayergame, welches euch als tapferer Soldat um die Welt schickt, um dem internationalen Terrorismus blablabla..

Künstliche Sturheit

Da beide Spielvarianten unabhängig voneinander funktionieren und gestartet werden, betrachten wir auch beide separat. Widmen wir uns zunächst Condition Zero: Stellt es euch einfach wie eine normale CS-Partie ohne menschliche Gegner bzw. Mitspieler vor. Ihr trabt als Anti-Terrorist über größtenteils altbekannte, aber teilweise grafisch aufpolierte CS-Maps (wie Dust, Office, Italy oder Aztec) und zeigt den bösen Terror-Bots, was eine Uzi ist. Zu Beginn jeder

Counterstrike 1.6 macht's möglich: Der taktische Schild ermöglicht frische Spielstrategien.
Runde dürft ihr eure Bewaffnung zusammenkaufen – so weit, so vertraut. Es gibt allerdings auch einige Erweiterungen: Vor Spielbeginn stellt ihr euer Bot-Team zusammen. Diese Mitkämpfer sind in fünf Güteklassen aufgeteilt, und haben nicht nur unterschiedliche Waffen, sondern auch Eigenschaften – der eine ist mutiger, der andere geschickter oder loyaler.

Auf jeder Karte habt ihr zwei bis drei Aufgaben; so müsst ihr Gegner mit einer bestimmten Waffe ausschalten oder Geiseln befreien. Sind alle Aufgaben geschafft und die Map abgehakt, kassiert ihr einen Ruf-Punkt. Den könnt ihr in neue Teammitglieder investieren, und nennt so im Laufe der Zeit eine schlagkräftige Truppe euer eigen. Habt ihr alle 18 Karten befriedet, bekommt ihr eine hässliche Medaille verliehen. Danach dürft ihr das Ganze nochmals auf einem höheren Schwierigkeitsgrad durchexerzieren, oder gleich zum Online-Spiel greifen; via Valves hauseigener Steam-Plattform könnt ihr gewohnt Counterstrike 1.6 zocken.  

Was so einfach klingt, hat dank der gelegentlich dösigen KI seine Haken: Wie gesagt kämpft ihr so lange, bis alle Aufgaben erfüllt sind. Bei Geiselbefreiungen kann das schon mal zum 

Das Entschärfen von Bomben gehört nicht zu den Stärken eurer KI-Kameraden.
Geduldsspiel ausarten, denn erstens zählen von der KI befreite Opfer nicht, und zweitens kommt ihr oft nicht bis ins Ziel, da eure Kameraden bis dahin schon alle Gegner getötet haben, was die Runde automatisch beendet. Zwar könnt ihr ihnen z.B. befehlen sich zurückzuziehen, aber abhängig vom Loyalitätswert hören eure vermummten Gefährten entweder auf euch oder sie pfeifen darauf.

Noch ärgerlicher wird es, wenn ihr in einer Bomben-Entschärfungsmission bereits draufgegangen seid, und hilflos zusehen müsst, wie eure Leute den Sprengsatz umkreisen wie die Geier, aber sich keiner traut, das piepsende Päckchen zu entschärfen – eine im Grunde gewonnene Runde verwandelt sich so nach kurzer Zeit in einen schwelenden Trümmerhaufen. Zwar passiert das nicht oft, aber oft genug. Eure Gefährten melden sich übrigens gelegentlich zu Wort, um euch wissen zu lassen, wo sie gerade stecken, wo sie Gegner sehen usw.

Künstlicher Spielspaß

Kommen wir zum eigentlichen Einzelspielerausflug, den »Gelöschten Szenen«. Hier habt ihr 18 nicht zusammenhängende Missionen zu erledigen, die euch rund um die Erde schicken. Das gestaltet sich ähnlich wie in Black Hawk Down : Ihr habt euer vorgefertigtes Waffenkontingent, trabt durch die Levels und erledigt allerlei Missionsziele: Kameraden befreien, Geiseln lokalisieren, Atombombe finden. Dazu gesellen sich in schöner Regelmäßigkeit Schleich-Aufträge, in denen ihr mit Fiberglas-Optik und Schneidbrenner bewaffnet unerkannt durch gegnerische Reihen gelangen müsst. Klingt alles toll? Ist es nicht. Es ist langweilig, eintönig und derart lieblos aneinandergeklatscht, dass man Fanmod-Fingerübungen vermutet. Pro Level gibt es meist nur zwei bis drei unterschiedliche Gegner, die dumm wie Holz, mies animiert und hässlich sind. Aber das ist lange nicht so schlimm wie die deutsche Sprachausgabe der amerikanischen Einheiten: Offensichtlich war das Ziel, den Kaugummi-Slang möglichst gut rüberzubringen, das Ergebnis klingt allerdings nach einem Peter Maffay auf Drogen: »Wör sünd göländät!« oder »Ick macke, was sü soagän!« sind nur zwei Beispiele der beinahe unerträglichen Ohrenqualen in den ersten Missionen. Später fängt sich das Programm

Technik, die entgeistert - immerhin läuft Condition Zero auch auf Schmalspurrechnern.
etwas (wenn man beispielsweise brauchbares Russisch hört), aber die Narben bleiben lange erhalten. Übrigens: Um der alten Half-Life-Tradition zu folgen, lösen sich getötete Gegner schon nach kurzer Zeit in Wohlgefallen auf.

Größenwahn?

Die Technik von CZ basiert auf einer weiterentwickelten Half-Life-Engine, wobei die Packung minimal großspurig von »großartiger Grafik« schwadroniert. Betrachtet man die grob gehauenen Figuren, die schwachen Animationen, verwaschenen Texturen und mit der Axt designten Bauten, könnte man sachte Übertreibung vermuten. Nette Wettereffekte wie Regen oder Bodennebel und einige gut gescriptete Szenen können beileibe nicht darüber hinwegtäuschen, dass Condition Zero auch technisch einige Jahre zu spät kommt. Der Packung liegt neben den beiden falsch beschrifteten Spiel-CDs auch eine Disc mit den bekannten Half-Life 2-Videos in guter Qualität bei.  

Fazit

Okay, über die »Gelöschten Szenen« sollte man besser nicht zu viele Worte verlieren, sondern wirklich nur die Del-Taste drücken - ich kann es aber trotzdem nicht lassen: Black Hawk Down für ganz Arme in hässlich, mit blöder KI und der Abwesenheit von Spaß. Die Sprachausgabe ist der Albtraum jedes Zwerchfells, die Grafik hässlich, blass, abwechslungsarm und grober als eine durchschnittliche Landleberwurst. Eines muss man ihr jedoch zugute halten: Sie läuft auch auf dampfbetriebenen Maschinen angenehm schnell. Das tut Pong allerdings auch, und macht nebenbei noch Spaß. Das eigentliche Condition Zero ist für Counterstrike-Neulinge nicht zuletzt dank der ganz guten Bots eine nette, wenn auch schnell langweilige Sache, der Mehrspielerpart natürlich nach wie vor prima und spaßig - allerdings kann sich Counterstrike auch in der neusten Inkarnation alleine schon optisch lange nicht mehr mit Multiplayerperlen wie Battlefield Vietnam messen, die das Genre des Teamshooters sinnvoll weiterentwickelt haben. So vergeben wir natürlich zwei Wertungen: Eine für den Einspielermodus, der durch Condition Zero gerade noch so aus dem sonst unvermeidlichen Wertungssumpf gezogen wird, und eine für den unverwüstlichen, aber mittlerweile etwas vom Zahn der Zeit angenagten Counterstrike-Mehrspielermodus, dem ihr hier natürlich auch via Steam frönen könnt.

Pro

zwei Spiele in der Packung
macht eine Zeit lang Spaß (Condition Zero)
brauchbare Bots (Condition Zero)
beiliegende CD mit HL2-Videos

Kontra

scheußliche Sprachausgabe (GS)
veraltete Grafik
dumpfbackige Gegner (GS)
abwechslungsarme Feinde (GS)
schwammige Missionsbeschreibungen (GS)
durcheinandergewürfelte Missionen (GS)

Wertung

PC

CS-Singleplayervariante, die kein Mensch braucht.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.