Sins of a Solar Empire: Entrenchment13.03.2009, Benjamin Schmädig
Sins of a Solar Empire: Entrenchment

Im Test:

Als Sins of a Solar Empire (Sins) vor fast genau einem Jahr in Nordamerika erschien, schwappte eine bemerkenswerte Euphorie mit über den Ozean: Da war es einem unabhängigen Entwickler plötzlich gelungen, die groß angelegte Weltraumeroberung eines Master of Orion mit dem Besten der Echtzeitstrategie zu vereinen. Mit dem Besten? Nicht ganz, denn am Ende blieben vor allem die taktischen Ansprüche einen Tick zu oberflächlich, während der große strategische Rahmen nur angerissen wurde. Jetzt will die erste Erweiterung beides besser machen...

Impulsives Verschanzen

Seit zwei Wochen ist "Entrenchment" erhältlich. Ich hatte unverzüglich die Kreditkarte gezückt, als eine E-Mail von Stardock ihre Veröffentlichung bekannt gab. Denn die Erweiterung gibt es derzeit ausschließlich über Stardocks Steam-Konkurrenten Impulse . Wer sich "verschanzen" will, muss läppische zehn Dollar berappen - was beim gegenwärtigen Kurs nicht einmal 7,80 Euro entspricht. Darin sind übrigens verschiedene Sprachversionen enthalten, u.a. auch eine deutsche. Doch wen will Entwickler Ironclad Games eigentlich verschanzen? 

Sins zieht nach wie vor einen Großteil seiner Faszination aus der Möglichkeit, vom All direkt ins Geschehen zu zoomen.
Und viel wichtiger: Womit?

Das womit ist deshalb entscheidend, weil sich das Add-On vor allem mit einem Merkmal hervortut: mit gigantischen Sternenbasen, die zur Verteidigung ganzer Planeten eingesetzt werden. Spieler und Entwickler stellten nach der Veröffentlichung von Sins nämlich schnell fest, dass die Verteidigung besetzter Planeten ausgesprochen schwer fällt. Ein Angreifer gewann meist deshalb die Oberhand, weil sich die Flotte des Opfers für gewöhnlich einige Phasensprünge entfernt befand - einem gut geplanten Überfall hält hingegen nicht einmal ein Dutzend Geschütztürme lange Stand. Zum einen mussten also die orbitalen Verteidigungsanlagen gestärkt werden und zum anderen brauchte man mächtige Basen, die sich auch an planetenlosen Stützpunkten installieren ließen. Und so waren nicht nur Minenfelder, sondern auch die erwähnten Stationen geboren.

Das Leben auf einer Raumstation

Das Erfreuliche daran: Die Basen tauchen sehr zeitig in der Forschungshierarchie auf - höchstens drei militärische Labore sind nötig, um die Kolosse bauen zu können. Letztere kosten natürlich eine ganze Menge Zaster, von späteren Ausbaustufen ganz zu schweigen. Denn man darf nicht nur die Widerstandskraft der Stationen erhöhen, sondern ihnen auch Spezialfähigkeiten verleihen oder gar Raumhäfen auf ihnen einrichten. So fungiert eine voll ausgebaute Basis nicht nur als mächtige Verteidigungsanlage, sondern ist gleichzeitig Handelshafen und Siedlungsgebiet.

Und tatsächlich: Eine sinnvoll aufgerüstete Basis kann einer kleinen Flotte durchaus standhalten - wer will, installiert an wichtigen  Stellungen zudem gleich mehrere. Starke Gegenmaßnamen wie das neue Missile-Schiff Ogrov der TEC kommen erst etwas später hinzu und

Das augenfälligste Merkmal der Erweiterung sind die gigantischen Sternenbasen.
sind natürlich ebenfalls teuer. Mein Favorit sind aber die militärischen Genies der Vasari, denn die bauen ihre Stationen als mobile Plattformen. Mit der Erweiterung des schnellen Aufbaus eignen sich diese Basen ganz hervorragend auch für den Angriff...

Sprengstoff im Orbit

Aber genau da liegt ein Problem des "Verschanzens". So gut die Verteidigung jetzt funktioniert, so sehr liegt der Schwerpunkt noch immer auf der rasanten Expansion, den ständigen Frontenkriegen und der deshalb nur beiläufigen Diplomatie. Dass das Aufrüsten gegen einen verbarrikadierten Gegner länger dauert, ist dem Spielfluss zuträglich. Dass sich letztlich aber noch immer alles um den schnellen Flottenbau dreht, ist schade. Zumal die Gefechte nicht taktischer werden; man verschiebt jetzt eben ein paar Einheiten mehr, hat ansonsten aber weiterhin nur wenig Einfluss auf den Schlachtverlauf.

Ähnlich sinnvoll, fürs Spielgefühl aber mit ähnlich geringer Wirkung, sind die besseren Defensivmaßnahmen abseits der Stationen. Besonders auf Minenfelder müssen künftige Aggressoren jetzt besonders achten - wer ohne vorheriges Kundschaften einen Planeten angreift, wird oft genug eine böse Überraschung erleben. Das Ausheben eines Minenfeldes könnte dem Opfer wiederum die Gelegenheit geben,  weitere Schiffe zu Hilfe zu holen.

Die kleine Neue

Richtig gut gefällt mir übrigens der neue Forschungsbaum, denn alles,

Beeindruckend: Die Kämpfe sind actionreich, bieten aber nach wie vor nicht die taktischen Möglichkeiten ähnlicher Echtzeitgefechte.
was mit Verteidigungsanlagen zu tun hat, finden Feldherren ab sofort unter einem eigenen Ast. Dieser benötigt allerdings keine eigenen Forschungslabore, um die Entwicklung der entsprechenden Technologien zu ermöglichen, er nutzt einfach die militärischen mit. Das alles sorgt für mehr Übersicht und gibt mehr Luft bei der Verteilung von Forschungsaufträgen - eine durchdachte Verbesserung.

Und auch an anderen Stellen feilt Ironclad vorsichtig an den Lackkratzern des Hauptspiels. So bekommt ihr es z.B. mit etwas cleveren Computergegnern zu tun, die jetzt lieber Schlachten austragen, anstatt sich in ausweglose Katz-und-Maus-Spielchen zu verrennen und die sich aus einem verlorenen Kampf eher zurückziehen oder gar kapitulieren, sobald sie die Ausweglosigkeit ihrer Lage erkennen. Nicht zuletzt polieren die Entwickler außerdem die Hüllen ihrer teils riesigen Universen. Doch letztlich verdeutlichen die farbenfrohen Planetenhintergründe oder ähnliche Kleinigkeiten nur noch klarer, warum Entrenchment ganz offiziell als "Micro-Expansion" gehandelt wird: Es ist ein sinnvoller, aber auch ein sehr kleiner Eingriff in die bestehenden Mechanismen. Es wären wohl mindestens fünf solcher Erweiterungen nötig, um Sins einen echten neuen Anstrich zu verpassen.   

Fazit

Würde ich mich nicht ausschließlich auf die Erweiterung konzentrieren, müsste ich sämtliche Pros und Kontras des Originalspiels erneut aufzählen: Entrenchment verstärkt zwar die defensiven Möglichkeiten, ändert aber kaum etwas am Spielverlauf. Sins of a Solar Empire hätte aber eine Veränderung nötig, die das spielerische Augenmerk vom zentralen Flottenbau auf die wirtschaftlichen und diplomatischen Aspekte lenkt. Auch, dass das Befehligen zahlreicher Schiffe und verstreuter Flotten nach wie vor zu Verknotungen im Mausschwanz führt, während die eigentlichen Kämpfe auf recht banales Truppen-auf-den-Feind-hetzen hinauslaufen, verdirbt mir noch immer gelegentlich den Spaß. Im nächsten Atemzug grinse ich zwar, falls sich der Gegner in meinem Minenfeld verheddert und genieße den Anblick einer voll entwickelten Sternenbasis. Und dass ich mit den neuen Bauplänen mein Hinterland befestigen kann, kommt meiner Spielweise sehr entgegen - für nicht einmal acht Euro hat sich das Aufrüsten deshalb mehr als gelohnt. Die nächsten Micro-Expansions müssen aber auch am strategischen Grundgerüst feilen!

Pro

Erweiterung der taktischen und strategischen Möglichkeiten
imposante Weltraum-Basen
übersichtlicherer Forschungsbaum

Kontra

abgesehen von Defensiv-Maßnahmen keine Neuerungen
Schwerpunkt immer noch auf Flottenbau und schneller Expansion

Wertung

PC

Sinnvolle Neuerungen, welche die des Spielprinzip aber nicht konsequent genug modernisieren.

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