Im Test:
Torchlight
Es war einmal tief, tief unter einer Stadt in einem farbenfrohen Comic-Fantasyreich: Die mit einem protzig brennenden Bogen bewaffnete "Vanquisherin" verschießt Pfeile in Bruchteilen von Sekunden und dezimiert die heran trottenden Gegnerhorden schneller als Legolas zu seinen Glanzzeiten. Sie fallen trotz schützender Schilder
Trailer: Es war einmal im Dungeon...wie die Fliegen und auch schwankende Fleischberge, fiese Bogenschützen, laufende Bäume oder Kreuzungen aus Rochen und Fledermäusen können dem Pfeilhagel der Marke "MG-Bogen" nichts entgegen setzen. Neben Pfeilen sausen zielsuchende Feuerbälle durch die Gegend und von den Wänden abprallende Schüsse erleuchten mit Bonusblitzschaden die finsteren Höhlen...
Nach diesem Feuer- und Effektgewitter muss die "Vanquisherin" erstmal aufräumen und lohnende Beute mitgehen lassen. Es ist nur blöd, dass das Inventar und der Stauraum des Begleiters schon voll sind. Also setze ich die "Town Portal"-Schriftrolle ein, lasse ein Portal zur Stadt entstehen und verkaufe den (nutzlosen) Plunder bzw. identifiziere unbekannte Gegenstände, während im Hintergrund musikalische Klänge ertönen, die an Tristram aus Diablo erinnern - und nicht nur das erinnert an das Action-Rollenspiel von Blizzard. Kein Wunder, denn hinter Torchlight steckt Runic Games und einige Angestellte hatten seinerzeit bei Diablo und Diablo 2 ihre Finger im Spiel. Anschließend arbeiteten sie am thematisch ähnlich gelagerten Mythos, konnten den Titel jedoch aufgrund der Havarie der Flagship Studios nicht fertig stellen...
Drei Basisklassen
Der Einstieg in Torchlight ist mindestens genauso rasant wie das Spielgeschehen, wobei ihr euch für einen von drei Charakteren entscheiden müsst: Da wäre der muskelbepackte "Destroyer" als Nahkämpfer, die adrett auftretende "Vanquisherin" als
Fernkämpferin mit Fallensteller-Eigenschaften und ein Alchemist (Magier) darf nicht fehlen, der Fernkampf favorisiert und mit Beschwörungsritualen vertraut ist. Das Äußere der Charaktere könnt ihr leider nicht anpassen. Besondere Gegner wie der große Baum auf der rechten Seite (umgeben von einer leicht roten Aura) stecken mehr Treffer ein, teilen ebenso mehr Schaden aus und hinterlassen bessere Beute.
Die Wahl habt ihr hingegen bei eurem Begleiter: Katze oder Hund - jeweils einen dieser Kompagnons darf ein Charakter dauerhaft mitnehmen. Sie sind nicht nur Zierde, sondern kämpfen aktiv mit, können mit Ringen und Halsbändern ausgerüstet oder mit Fischen gefüttert/bezaubert werden. Zudem dürfen sie Zaubersprüche lernen, so kann meine Katze zum Beispiel "Zombies oder ein Flammenschwert beschwören" und auch Stauraum in Form eines Inventars bietet das Tierchen. Dort können überzählige Gegenstände zwischengelagert werden und sobald der Haustier-Rucksack gefüllt ist, könnt ihr den Begleiter in die Stadt schicken, der dort alle Gegenstände für bare Münze verkauft und nach einiger Zeit zum Besitzer ins Dungeon zurückkehrt - welch tolle Idee gegen volle Taschen!
Apropos Dungeons
Download: Demo (418 MB)
Download: Editor (Mod-SDK) (383 MB) Im Prinzip ist Diablo (Teil 1) Pate des Spieldesigns: In der Stadt könnt ihr Dinge kaufen/verkaufen/verzaubern/transmutieren und Aufgaben annehmen. Dort befindet sich auch der Zugang zu den Katakomben einer Mine, in der ihr euch bis ganz tief unter die Erde durchkämpft, wobei sich Regionen, Design und Gegner mit der Zeit verändern, aber immer in dem klaren und bewusst farbigen Comic-Look bleiben. In weitläufigen Außengebieten tobt ihr euch nicht aus, dafür in "semifreien Arealen", die übrigens wie beim großen Vorbild aus dem Zufallsgenerator stammen. Neben dem Hauptdungeon, das zum Glück einige Teleporter-Positionen bietet, um die Marschwege zwischen Stadt und Monsterhorden abzukürzen, gibt es abseits gelegen mehrere Quests, die in eine Mini-Portalwelt führen - quasi als alternativer Dungeon-Ausflug.
Metzeln auf Speed
Obwohl Quests und Texte zwischen den Regionen so etwas wie eine Story andeuten, ist die Hintergrundgeschichte belanglos und reine Formsache. Dass eine Frau verschleppt wird und Leute langsam "dem Ember" verfallen, all das wird nur unzureichend vorgestellt, die Nebencharaktere selbst bleiben blass und es wird irgendwie nicht richtig vermittelt, was dort so Schlimmes vor sich geht. Es
geht einzig und allein darum, möglichst viele Gegner in kurzer Zeit ins Jenseits zu befördern und dabei Erfahrung, Ruhm und Beute zu sammeln: Das sorgt für Level-Ups, mit denen ihr die vier Attribute Stärke, Beweglichkeit, Magie und Verteidigung verbessern könnt; einen weiteren Punkt dürft ihr pro Stufenaufstieg in die drei Talentbäume pro Klasse stecken. Für das Erfüllen von Quests und das Umschubsen von Bossen oder besonderen Gegnern erhaltet ihr zusätzlich Ruhm; sobald ihr hier eine Schwelle erreicht habt, gibt es einen Talentpunkt extra. Das Sammeln der Beute dauert manchmal länger als der Kampf...
Beute gibt es in Hülle und Fülle und in allen nur erdenklichen Güteklassen (gewöhnlich, selten, rar, episch, einzigartig, Sets), was den Inventarplatz trotz mobilem Begleiterlager überflutet. Abseits von Waffen und Ausrüstungsgegenständen dürfen Edelsteine zur Gegenstandsverbesserung (Stichwort: Sockel) nicht fehlen und sogar Heil- und Manatränke sind irgendwann notwendig - jedoch nicht am Anfang. Torchlight beginnt sehr einfach und stellt bis fast Stufe 15 bis 20 keine großen Herausforderungen, sofern ihr euch nicht allzu ungeschickt in die erste Reihe stellt oder stets voranprescht. Erst später, also viel später, wird es kniffelig, wenn die Feinde mehr Schaden anrichten, in fieseren Kombinationen auftauchen (Nah-/Fernkämpfer, Beschwörer, Flächeneffekte, etc.), euch in zahlenmäßiger Überlegenheit einkreisen oder schlachtkräftigere Bossgegner auftauchen. Womit euch die Gegner übrigens zu Leibe rücken oder welche besondere Fertigkeit sie haben,
steht praktischerweise gleich unter ihrer Lebensleiste. Die Computerintelligenz der Feinde geht darüber hinaus in Ordnung, auch wenn so manch ein Gegner abseits vom Trubel stehen bleibt...Torchlight kann bei Steam oder auf der offiziellen Website gekauft werden (für rund 15 Euro).
Schnell, simpel und verlockend
Doch zum Aufregen über solche Ungereimtheiten bleibt praktisch keine Zeit, denn Torchlight spielt sich schnell - und zwar rasend schnell. Irgendwie fühlt sich das "kleine Spiel" stimmiger und "runder" an als so manch ein Diablo-Großklon-Projekt wie Sacred: Die Kämpfe gegen die Gegnermassen sind actionreich, belohnen mit reichhaltiger Beute und knalligen (Splatter-)Effekten bei kritischen Treffern. Es gilt kaum Pausen einzulegen, Heiltränke oder Heilsprüche treiben die Kampfschose rund um neue Ausrüstung, Erfahrung und Ruhm stetig voran, lediglich das Verkaufen in der Stadt sowie das Item-Management nehmen kurz das Tempo. Design, Rasanz und die simple aber ungemein motivierende Item-/Verbesserungsjagd fesseln dermaßen an den Monitor, dass ich
mich mehrfach erwischt habe, nur noch eine Portalwelt oder eine Quest-Aufgabe abschließen zu wollen, obwohl ich etwas ganz anderes machen wollte. Doch der Charme der Welt und die Faszination über Beute, Schlagkraft und Gegner triumphierte öfters als es mir lieb war - dies hat kaum ein Diablo-Klon in diesem Ausmaß geschafft, obgleich prinzipiell in jeder Dungeon-Stufe dasselbe gemacht wird: Metzeln, Beute machen, Metzeln, Beute machen, Metzeln... Was ein "einzigartiger Bogen"!
Doppelkiste
Fast genauso clever wie der Begleiter mit dem Hang zum Verkaufen sind die beiden Kisten im Dorf. Während ihr die eine als Stauraum für überflüssige Gegenstände benutzen könnt, ist die andere Schatztruhe eine Art charakterübergreifendes Lager. Findet ihr als Vanquisher einen Zauberstab, mit dem ihr nichts anfangen könnt, dürft ihr das Ding entweder verkaufen oder ihr lagert es in die Kiste ein, auf die eure anderen Charaktere wie z.B. der Alchemist zugreifen können. So müsst ihr nicht die gesamte wertvolle Beute verticken, sofern ihr plant, das Spiel noch einmal durchzuspielen.
Nur für Solisten
Okay, hier liegt vielleicht das größte Manko: Torchlight lässt sich nur im Einzelspieler-Modus spielen. Zwar stehen vier Schwierigkeitsgrade bereit (darunter eine "Hardcore"-Option, die beim Ableben des Charakters den Vorhang fallen lässt) und für die Community wurde bereits ein Editor veröffentlicht, doch von Mehrspieler-Funktionalität oder einer kooperativen Spielfunktion fehlt jede Spur - und das, obwohl sich das Spiel förmlich dafür anbieten würde. Ob noch ein Mehrspieler-Modus hinzugefügt oder dieser für einen Nachfolger aufgehoben wird, steht in den Sternen...
Fazit
Das kleine Torchlight schafft es tatsächlich, woran viele andere Spiele gescheitert sind: Es begeistert als Diablo-Klon, denn es ist ebenso schnell wie simpel zu spielen und reichert das Hack&Slay-Prinzip mit kreativen Ideen an. Warum das so gut funktioniert? Da ist einerseits die Zugänglichkeit, weil es anfangs super einfach ist, sich Erfolge blitzschnell einstellen. Andererseits wird man von der Beute und der stetigen Charakterentwicklung pausenlos angetrieben. Da stört es kaum, dass das eigentliche Prinzip, also das "Monster totklicken", pausenlos wiederholt wird und der Schwierigkeitsgrad erst recht spät ansteigt - gerade wenn die Gegner oder Bosse schlagkräftiger werden, wird es wieder interessanter. Neben geschürter Sammelwut, Doppel-Kiste und der hübschen Comicgrafik gefallen mir vor allem das nützliche Ruhmsystem und natürlich die Begleiter. Die kämpfen sowohl aktiv mit und können mit Zaubern verbessert werden. Der Einfall, dass der Mitstreiter in die Stadt zurückspurten darf, um Dinge zu verkaufen, ist übrigens großartig. Schade nur, dass sich das Spielprinzip mit der Zeit abnutzt bzw. wiederholt und es keinen Mehrspieler- oder Koop-Modus gibt, denn das hätte Torchlight gewaltig aufgewertet. Doch auch so ist das ungemein stimmige und flotte Spiel ein echter Geheimtipp für Hack&Slay-Naturen - viel besser kann man sich die Zeit bis Diablo 3 erstmal nicht vertreiben.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Bekanntes und Beute ohne Ende: Schneller, charmanter und zugänglicher Diablo-Klon, der so manch ein Großprojekt in den Schatten stellt.
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