Europa Universalis 213.03.2002, Marcel Kleffmann
Europa Universalis 2

Im Test:

Europa Universalis gehört hierzulande eher zu den unbeachteten Spielen. In den USA und in Frankreich verkaufte sich das komplexe Strategiespiel zwar relativ gut, aber in Deutschland blieb dem Titel ein ähnlich großer Erfolg verwährt. Mittlerweile steht schon der zweite Teil in den Startlöchern und ob Europa Universalis 2 (ab 41,95€ bei kaufen) mehr Beachtung verdient, verraten wir Euch in unserem Test!

Für die Fans

Wie schon angesprochen, hat der erste Teil von Europa Universalis in Deutschland keinen großen Erfolg gehabt. Trotzdem hat sich der Entwickler aufgrund des bahnbrechenden Feedbacks der Fans in den USA und Frankreich entschlossen, einen Nachfolger zu programmieren. Schon nach dem ersten Spielstart und der dort erscheinenden Botschaft "Dieses Spiel ist unseren Fans gewidmet" wird klar, dass Paradox Entertainment viel Wert auf die Fangemeinde legt. Nach dem Release des ersten Teils wurde das Forum des Entwicklers von Verbesserungsvorschlägen nur so überschwemmt und viele Vorschläge haben den Weg in den Nachfolger gefunden.

400 Jahre Menschheitsgeschichte

Das Spiel beginnt im Jahre 1419 und läuft bis zum Jahre 1819. Dabei kann man das Gameplay am besten mit Civilization, Colonization oder Imperialismus vergleichen - nur dass alles in Echtzeit abläuft. Wie schnell die Zeit vergeht, könnt Ihr aber selbst regeln. Auf der schnellsten Einstellung verfliegen die Jahre nur so im Minutentakt und die langsamste Variante lässt gerade mal einen Monat in fünf Minuten vergehen. Entscheidend für die Festlegung der Spielgeschwindigkeit ist die Ereignislage in Eurem Reich.

Euer Reich komme...

Zu Beginn wählt Ihr eine von 140 unterschiedlichen Nationen aus und startet dann in einer dazugehörigen Provinz. Die gesamte Welt ist in zahllose Provinzen aufgeteilt und natürlich habt Ihr die Möglichkeit Euer Reich auszuweiten, indem Ihre neue Karten-Sektoren übernehmt. Am besten kann die Weltkarte mit der des Brettspiels Risiko verglichen werden, nur dass es deutlich mehr Länder gibt. Dabei wurde der Fokus von Europa ein wenig entfernt, da die Chinesen und einige afrikanische Völker zur Auswahl stehen.

Die Szenarios im Spiel orientieren sich an historischen Geschehnissen wie dem Rosenkrieg oder Johanna von Orleans Kampf gegen die Briten. Zu den Highlights gehören natürlich die Schlachten von Napoleon in Europa. Weitere Einzelspieler-Szenarios sind auf die jeweilige Nation abgestimmt. So müsst Ihr beispielsweise in einer chinesischen Mission Euer Heimatland vor fiesen Barbaren beschützen. Richtig interessant wird es jedoch, wenn Ihr die Inkas spielt und die Möglichkeit habt, die neue Welt zu besetzen, bevor die Europäer an Land gehen.

Kontrolle des Reiches

In den unterschiedlichen Städten (immer eine Stadt pro Provinz) des Reiches könnt Ihr neue militärische Einheiten rekrutieren, die Euer Land gegen Feinde verteidigen, die Grenzen sichern oder den Feinden die Hölle heiß machen. Manufakturen können in den Siedlungen errichtet werden, die entweder den Handel ankurbeln oder dem Militär dienen. Kämpfe finden unspektakulär in einem kleinen Fenster statt und sind vom Spieler nicht zu beeinflussen; die Belagerungen feindlicher Städte ebenfalls nicht.

Ansonsten müsst Ihr in Eurem Reich komplexe soziale und wirtschaftliche Einstellungen vornehmen, damit Eure Zivilisation überhaupt anfängt zu gedeihen und schließlich die führende auf der Welt wird. Die Kolonisierung von neuen Provinzen, womöglich auf anderen Inseln oder Kontinenten macht das Spiel gleich umfangreicher und fordernder. Der Drang nach Expansion, d.h. die Eroberung der Neuen Welt, muss außerdem noch mit der weltweiten Diplomatie in Einklang gebracht werden und schon haben wir ein Spiel, dass die Komplexität von Civilization 3 noch toppt.

Wichtig und nicht zu unterschätzen sind die Religionen, die sich wie die Staatsformen bei Civilization, auf die gesamte Nation auswirken und bestimmte Vor- und Nachteile aufweisen. Aufstände bei dem Wechsel der Religion können teilweise über 50 Jahre dauern - je nachdem, wie die Stabilitätslage in Eurem Reich aussieht. Die Toleranz zwischen den verschiedenen Religionen spielt auch bei diplomatischen Disputen eine wichtige Rolle.

Gegner

Die Künstliche Intelligenz der Computergegner ist eigentlich ganz gut, kann es aber nicht mit einem menschlichen Strategen aufnehmen. Besonders bei den diplomatischen Gesprächen wird schnell deutlich, ob ein Gegner es auf den Status quo anlegt oder geschickt mit Krieg droht, wenn Ihr ihm nicht eine Provinz überlasst. Raffiniert, vor allem, wenn die eigenen Armeen gerade weit, weit weg sind. In militärischen Konfliktsituationen stellt sich der Gegner äußerst clever an und manche Kriege können locker Jahrzehnte dauern und sich über den halben Erdball hinziehen. Selbst auf der niedrigsten Geschwindigkeitsstufe sind die Gefechte an mehreren Grenzen wirklich schweißtreibend. Damit das Spiel aber nicht langweilig wird, sorgt ein Ereignis-Generator für Abwechslung in Form von Revolten oder dem Ausbruch einer Krankheit.

Intuitive Steuerung

Überarbeitet hat der Entwickler auch die Menüführung, die jetzt deutlich intuitiver ist. Ein Neueinsteiger wird aber trotzdem seine Schwierigkeiten haben, bei solch dieser gigantischen Menüflut. Um den Einstieg zu erleichtern, gibt es aber ein sehr umfangreiches Tutorial, das Euch leider ohne Sprachausgabe in die Spielmechanik einführt und genau erklärt, welche Aufgaben im Reich zu erfüllen sind und wie genau das funktioniert. Mit viel Geduld und Spucke findet Ihr Euch dann im Spiel zurecht.

Grafik und Sound

Grafisch hat sich im Vergleich zum Vorgänger wenig verändert. Die Karte sieht immer noch unspektakulär aus, dafür verliert man die Übersicht so gut wie nie. Ansonsten ist die Grafik für ein solches Spiel zweckmäßig, mehr als eine durchschnittliche Wertung ist aber nicht drin. Vor allem die schwachen Kämpfe wirken sich negativ auf die Bewertung aus. Während im ersten Teil die Hintergrundmusik des Spiels nach knapp einer Stunde anfing zu nerven, da es nur drei Lieder gab, wird im Nachfolger mit über 51 verschiedenen Liedern geprotzt.

Fazit


Europa Universalis ist definitiv an die Langzeit-Spieler gerichtet, denn eine Partie kann sich über Tage hinziehen. Das gesamte Gameplay ist dermaßen komplex und die Zusammenhänge der unterschiedlichen Bereiche sind so umfangreich, dass der Einstieg schwer fällt. Fans des Vorgängers oder solcher Spiele wie Imperialismus werden bei Europa Universalis 2 auf Ihre Kosten kommen, obwohl sich die Änderungen im Vergleich des ersten Teils eher in Grenzen halten. Einsteiger sollten lieber zu Civilization 3 greifen.

Pro

<li>sehr komplex</li><li>400 Jahre Menschheitsgeschichte</li><li>Echtzeit-Strategie</li><li>gute KI</li><li>stabiler Multiplayer</li><li>verbesserte Menüführung</li><li>prima Tutorial</li><li>Diplomatie, Religion und Politik deutlich erweitert</li><li>historisches Ereignis-System</li><li>140 Nationen</li><li>über 180 neue Provinzen</li>

Kontra

<li>biedere Grafik</li><li>schwacher, pseudo-komplexer Kampf-Modus</li><li>schwerer Einstieg</li><li>am Ende etwas zu hektisch</li><li>vorgehensweise der KI voraussehbar</li>

Wertung

PC

Für historisch interessierte Runden-Strategen ein gefundes Fressen!

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