Die Sims 3: Reiseabenteuer27.11.2009, Mathias Oertel
Die Sims 3: Reiseabenteuer

Im Test:

Es kam wie es kommen musste: Nach dem erfolgreichen Start der dritten Sims-Auflage rückt das erste Add-On namens Reiseabenteuer an, um die mittlerweile offeneWelt um ein Urlaubs- und Abenteuerelement zu erweitern. Können die exotischen Reisen ähnlich begeistern wie das Seifenoper-Hauptprogramm oder ist der Pauschaltourismus das Ticket nicht wert?

Abenteuer-Tourismus

Wer hart arbeitet, soll auch die süßen Seiten des virtuellen Lebens genießen können. Dementsprechend spendiert Electronic Arts den Sims in der ersten Erweiterung die Möglichkeit, in Urlaub gehen zu können.

Doch bevor man mit seinem Solo-Sim bzw. den Familienmitgliedern (mit Ausnahme der nicht reisefähigen Kleinkinder) entweder ins ägyptische Al Simhara, das französische Champs le Sims oder das chinesische Shang Simla fliegt und seinen normalen Alltag gespeichert zurücklässt, sollte man einige Simoleons auf der hohen Kante haben. Denn billig sind die Trips

Drei neue Gebiete voller Abenteuer warten. Leider kann die neue Point&Click-Action nicht immer überzeugen.
nicht: Die Reise an sich kostet ein halbes Vermögen, Verpflegung vor Ort will auch bezahlt werden und wer Souvenirs mit nach Hause nehmen möchte, um sie im eigenen Haus prahlerisch aufzustellen, sollte vielleicht die Beförderung im Beruf abwarten, um sich die Reise leisten zu können. Insofern ist es praktisch, dass man anfänglich nur ein dreitätiges Besuchervisum hat. Bis zu zwölf Tage kann die Gesamtreisezeit aufgestockt werden, wenn man Aufträge erfüllt, die am jeweiligen Basiscamp aushängen und die einen nicht nur mit der lokalen Bevölkerung in sozialen Kontakt bringen, sondern auch in Indiana Jones-Manier einige Abenteuer unter Tage erleben lassen, wo man in Gruften, Gräbern und Höhlen wertvolle Artefakte finden oder Schalter- oder Schieberätsel lösen kann und Fallen entgehen muss.

Point&Click-Action

Das hört sich alles erst einmal sehr spannend an. Und sobald man seine erste Geheimtür entdeckt und den dahinter liegenden Schatz einsackt oder sein erstes einfaches Schieberätsel gelöst hat, kommt tatsächlich etwas Abenteuer-Flair auf.

Doch gleichzeitig werden dadurch auch die spielerischen Grenzen der Sims-Mechanik auf PC aufgezeigt. Denn vorstellen muss man sich das als Point&Click-Action. Man klickt auf etwas, der Sim geht dorthin und erledigt die jeweilige Aktion und wartet auf die nächste Eingabe. Da sich in den Gruften und Gräbern zudem der eigene Wille der Figuren meist verabschiedet (es sei denn, sie nutzen die Spray-Dusche, weil das Hygiene-Bedürfnis gestillt werden muss), bleibt der "Zuschau-Effekt", der einen Großteil der Simschen Faszination ausmacht, auf der Strecke.

Dann wiederum geht manches nicht weit genug, wie das Beispiel des ersten französischen "Dungeons" zeigt: Dort gibt es ein Labyrinth, das sich vorzüglich anbieten würde, um den geneigten Zuschauer vor dem Bildschirm noch stärker ins Geschehen zu ziehen - z.B., wenn man seinem Sim einen Weg vorzeichnen müsste. Doch stattdessen klickt man einfach auf einen Ort irgendwo am Boden oder auf einen Gegenstand und die Figur findet ohne zu zögern und vor allem auch ohne Fehler umgehend ihren Weg.

Nach wie vor eine der Stärken der Sims: Die ausdrucksstarke Mimik.
Und genau hier ist das Dilemma der neuen Elemente zu finden: Sie sind konzeptionell gelungen und erinnern an die konsoligen Sims-Ableger, in denen man deutlich direkter unterwegs ist, schaffen aber nicht den Spagat zwischen gespanntem Zuschauen auf der einen und aktiver Teilnahme auf der anderen Seite.

Dabei sind die jeweiligen Basis-Geschichten und -Erlebnisse mit Verschwörungen, Flüchen oder Liebesverwicklungen ebenfalls ein guter Ansatz, der Spielern wie mir, die kritisiert haben, dass es im Hauptspiel keinen erzählerischen Faden gibt, den Wind aus den Segeln nehmen und die die bislang vorhandenen Elemente wie soziale Interaktion usw. überzeugend fordern: Bestimmte Sims geben einem beispielsweise erst Informationen, wenn man sie mindestens zu einem guten Bekannten gemacht hat.

Dennoch ergibt sich unter dem Strich nicht ganz der überzeugende Charakter, den z.B. das erste Sims 2-Add-On "Wilde Campus-Jahre" verströmte: Deutlich besser in den Spielverlauf integriert, wurde hier inhaltlich seinerzeit das rundere Erweiterungspaket geboten.

Ausgebautes Vergnügen

Viele inhaltliche Ergänzungen der Sims 3-Welt wissen allerdings zu gefallen: Es gibt neue Fähigkeiten und Aktivitäten wie z.B. fernöstliche Kampfkunst oder Fotografieren, die jeweils eine eigene Herausforderung öffnen und die man, wie es sich für die Sims gehört, verfolgen kann oder nicht. Man kann sich als Winzer, pardon: Nektarhersteller versuchen und es gibt haufenweise Gegenstände, die man finden und zu Hause aufbauen oder auch in bare Münze tauschen kann. Und natürlich können auch viele neue Bekannt- oder Freundschaften geschlossen werden, wobei die drei Gebiete insgesamt nicht lebendig genug wirken - allen voran China und Ägypten, in denen man einfach zu wenige NPC-Sims vorfindet.

Erweiterungen für den eigenen Haushalt sind nicht auf aufstellbare Gegenstände beschränkt: Wer will, kann auch sein Domizil mit den jeweiligen Gebieten entsprechenden architektonischen Schnörkeln versehen und sogar sein Gebäude

Es warten viele neue Fähigkeiten und Aktivitäten wie z.B. Kampfkunst auf die Sims. 
unterkellern und dort quasi seine eigene Rätselhöhle bauen, die bei der nächsten Party der zentrale Anlaufpunkt für die Unterhaltung der Gäste sein dürfte.

Bekannt gut mit bekannten Mankos

Ein Erfolgsgeheimnis der Serie ist die liebevolle Darstellung aller möglichen und unmöglichen Situationen, in die man die Sims manövrieren kann. Und da macht diese erste Erweiterung keine Ausnahme: Schöne Animationen, die es wie immer verstehen, die schmale Linie zwischen augenzwinkernder Satire des "echten" Lebens und maßloser Übertreibung von Mimik und Gestik überzeugend zu beschreiten, waren und sind immer noch ein Hingucker. Vor allem die Panikmomente, wenn der Sim z.B. kurzzeitig in einen Sarkophag eingeschlossen wird oder in einem Loch in der Wand nicht nur einen Schalter, sondern wie im zweiten Indiana Jones-Film einen Haufen wuselnder und seinen Arm entlang krabbelnder Insekten vorfindet, sind immer wieder ein Vergnügen.

Die Architektur der drei Gebiete kann ebenfalls überzeugen, seien es nun die Fachwerkhäuser, Keltengräber  oder Weinberge in Frankreich, die Lehmhütten oder Pyramiden Ägyptens oder die Pagoden in China.

Allerdings bleiben einige Mankos der Sim-Engine auch immer noch unbehoben. Wer genau hinschaut, wird immer wieder NPC-Sims finden, denen wie bei der eigenen Figur die Eigenbestimmung verloren gegangen zu sein scheint: Sie stehen vor einem Fenster oder einfach am Straßenrand und nix passiert. Das gab es bereits im Hauptprogramm und stört auch hier noch. Genau wie das leichte Stocken zwischen einzelnen Aktionen und vor allem die selbst auf potenten Rechnern immer etwas stotternde Engine.    

Fazit

Auf der einen Seite begrüße ich es, dass EA mit den Reiseabenteuern versucht, bestimmte Sims’sche Strukturen aufzubrechen. Die unterirdischen Ausflüge samt Schalter- und Schieberätseln oder Fallen bringen viel Schwung in den Alltag. Allerdings wirkt die actionreiche Point&Click-Mechanik hier auch etwas aufgestülpt und hat Probleme, sich harmonisch in den üblichen Ablauf des Zuschauens zu integrieren. Zudem sind vor allem die chinesischen und ägyptischen Reiseziele nicht so bevölkert, wie man es aus seiner Heimatstadt kennt. Doch auch wenn diese Elemente nicht dafür sorgen, dass das erste Sims 3-Add-On so überzeugend wirkt wie seinerzeit die erste Sims 2-College-Erweiterung, kommt sehr schnell Spaß auf. Grund dafür sind die inhaltlichen Qualitäten vor allem in zwischensimlicher Hinsicht, die die Sims 3 auch auf ihren Urlaubsausflügen zu ganz großem Seifenoper-Kino machen. Mit zahlreichen neuen Fähigkeiten sowie der Möglichkeit, seine Häuser sowohl mit Kellern als auch  den Urlaubsländern entnommenen Komponenten zu versehen, wird das Hauptprogramm ansprechend aufgewertet.  Keine Pflichterweiterung, aber unterhaltsam!

Pro

drei abwechslungsreiche Urlaubsareale
neue Belohnungen, Merkmale, Fähigkeiten
Point&Klick-Action-Adventure-Elemente
Rätsel, Fallen, Erkundung
gute Einbindung bestehender Mechaniken
Fokus auf Erzählen kleiner Geschichten
zahlreiche Erweiterungen für Häuser (u.a. Keller)

Kontra

neue Abschnitte mitunter sehr leer
immer noch KI-Fehler (herumstehende Sims etc.)
neue Elemente wirken teilweise nicht gut eingebunden
kaum eigener Antrieb in Höhlen/Gruften

Wertung

PC

Interessante Erweiterung des Sims-Universums, die trotz nicht ganz überzeugender Point&Click-Action gut unterhält.

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