Dawn of Fantasy20.10.2011, Bodo Naser
Dawn of Fantasy

Im Test:

Echtzeit-Strategiespiele via Internet sind wahrlich keine große Neuerung und Fantasy-Szenarios ebenso wenig. Dawn of Fantasy (ab 14,16€ bei kaufen) von Reverie World Studios versucht trotzdem, sich im übersprudelnden Markt der kostenpflichtigen Download-Inhalte zu platzieren. Gelingt das?

Eselsgeduld

Wer endlich den Hauptmemü erblickt, darf sich glücklich schätzen. Er hat die meisten Hürden hinter sich.
Wer endlich das Hauptmenü erblickt, darf sich glücklich schätzen. Denn er hat die meisten Hürden hinter sich.

Man muss ganz schön hartgesotten sein, um mal Dawn of Fantasy spielen zu können. Leicht macht es einem das Echtzeit-Strategiespiel nicht, das seit Release Ende September sage und schreibe acht Patches bekommen hat. Wer es endlich installiert hat und spielen will, muss erst mal einen wahren Marathon an Downloads über sich ergehen lassen. Denn als Onlinespiel mit einem eigenem Server muss es natürlich erst mal auf den neuesten Stand gebracht werden. Leider geht das sogar so weit, dass man vor jedem Start erst einmal wieder die Updatefunktion nutzen muss. Und das, obwohl man längst die neueste Version aufm Rechner hat. Ohne Geduld geht hier also gar nix, was sich auch im weiteren Verlauf zeigt - oder ohne Einsatz von Boosterpacks, die das Onlineleben erleichtern.     

Leider geht es auch nach der Updateaktion nicht flüssig weiter. Dieses Mal ist es der Eingabebug, der den Eroberungswillen jäh ausbremst. Beim Erstellen eines Accounts für den Multiplayer muss man wiederum den CD-Key vom spärlichen Handbuch eingeben. Nur, dass der hinten auf dem Heftchen falsch abgedruckt ist. Hier sind es sechs Stellen zu Beginn, obgleich das Eingabefeld nur Fünfer-Flächen bietet. Ganz schön blöd, denn nun muss man umdenken. Im Internet gibt es extra eine Hilfe dafür, allerdings auf Englisch, denn der Support ist nur auf Englisch.  Wie übrigens das restliche Spiel, denn von einer deutschen Version ist trotz deutscher Verpackung wenig zu merken. Sowohl die Texte als auch die Sprache sind auf Englisch, weshalb einen die Orks  mit englischen Grunzlauten begrüßen.                 

Lohnt der Download?

Drei unterschiedliche Völker sind spielbar. Die Elfen setzen auf organisches Wachstum.
Drei unterschiedliche Völker sind spielbar. Die Elfen setzen auf organisches Wachstum.

Bekommt derjenige, der sich durch die Download-Orgie durchbeißt, wenigstens etwas geliefert im Gegenzug für seine Lebenszeit? Die Antwort lautet: Teils-teils. Äußerlich  hat  das Spiel wenig zu bieten, da die 3D-Grafik grob, klobig und zu kantig wirkt. Optisch ist das Fantasy-Epos der Reverie World Studios also nicht mehr auf der Höhe der Zeit, aber dennoch macht  es zumindest teilweise Spaß. Wie kommt das angesichts des billigen Eindrucks? Es liegt an der gelungenen Mischung aus Aufbau und Strategie, das zunächst durchaus zum Weitermachen motiviert. Man will sein kleines Reich schnell vergrößern, wozu die Quests beitragen, die einem die Grundsätze der Regierung erläutern. Das Kleinklein des Managens der eigenen Stadt wird sinnvoll mit der recht idyllisch anmutenden Weltkarte ergänzt, wo man umherziehen, handeln und Krieg führen kann.

Ein großer Vorteil sind sich die drei Völker, die sich auch mal wirklich unterscheiden. Zwar sind es wieder vertraute Rassen wie Menschen, Elfen und Orks, die in der üblichen Fantasy-Welt hausen, aber dieses Mal sind die Elfen nicht einfach humanoide Waldbewohner: So fällen die ökologisch korrekten Spitzohren keine Bäume, sondern bauen darin ihre Behausungen. Die Menschen sind noch recht normal, da alles wie gewohnt läuft: Man ordert neue Arbeiter per Mausklick. Bei den Orks hingegen kommen neue Arbeiter von alleine, wie man das etwa aus Stronghold kennt. Zudem jagen die Orks die überall umher streifenden Tiere, während die Elfen von Beeren leben. Die Menschen halten sich Tiere oder bauen Korn an.  Leider braucht man für richtig große Gebäude wie eine neue Festung ziemlich lange, da man dafür viel Rohstoffe und Bauzeit veranschlagt.

Jedem sein Kingdom

Tipps gibt's beim persönlichen Ratgeber, der auch die Quests erteilt.
Tipps gibt's beim persönlichen Ratgeber, der auch die Quests erteilt.

Der Online-Modus, in dem man sein Königreich leitet, motiviert durchaus. Obwohl das Ganze anfangs nicht viel mehr ist als Age of Empires, da man Rohstoffe sammelt, Nahrung sucht und Gebäude errichtet. Erste Kämpfe gegen Goblins, Wölfe oder Räuber stehen an, wobei man seinen Einsatzradius langsam vergrößert.  Im Gefecht sammelt der eigene Held rasch Erfahrung, die in bessere Kampfkraft, Ausdauer oder Heilung investiert wird.  Entsprechendes gilt auch für die Soldaten, die je nach Volk anders aussehen. So beherrschen die Marodeure der Orks das Schießen und den Nahkampf, während Schwertkämpfer oder Elfenbogenschützen nur ein Kriegshandwerk draufhaben. Zudem hat jedes Volk seine Spezialtruppen wie Belagerungstürme, Baumwesen oder Oger, die man für bestandene Missionen erhält.

Das Spiel macht zwischendurch Spaß, weil der häppchenweise Aufstieg hübsch in abwechslungsreiche Quests verpackt ist, die man sich beim eigenen Berater abholt.  So errichtet man zuerst ein Wohnhaus, danach eine Schmiede oder eine Kaserne, was eine allmähliche Steigerung ausmacht, auch wenn  benötigte Rohstoffe und Bauzeit immer mehr explodieren.  Wer die Quests erfüllt, bekommt eine Goldmine, einen Quell der Heilung oder eine Einheit Ork-Totschläger. Auch die Ziele werden mit der Zeit etwas anspruchsvoller, da ein Riese von den Truppen, die man zu Beginn hat, gar nicht leicht zu besiegen ist. Hier sollte man eine erhöhte Position einnehmen, um von dort auf den Troll zu feuern. Erst wenn er angeschlagen ist, sollte man sich mit allen Nahkämpfern auf ihn stürzen. Schneller als einem lieb ist wird man auch mal überfallen, wenn plötzlich Wargreiter auftauchen. Ein friedlicher Ort ist Mythador also nicht.        

Allerhand Handel

Erwerben kann man nicht  allerhand Rohstoffe sondern auch Content, der das Spiel beschleunigt.
Erwerben kann man nicht allerhand Rohstoffe sondern auch Downloads, die das Spiel beschleunigen.

Die gestellten Aufgaben führen einen irgendwann auch raus aus der kleinen Siedlung, wo der Kontinent Mythador der Erforschung harrt.  Um sich auf der Landkarte zu bewegen, muss man eine Armee bilden, die neben Helden, Soldaten und Karren auch Rohstoffe und Gold umfassen kann. So kann man nicht nur die Umgebung erforschen, wo meist ein paar fremde Städte liegen, man kann auch mit diesen Handel treiben. So kann man etwa Steine kaufen, wenn man zu wenige auf der Stadtansicht findet, denn die Gegenden sind nicht immer gleich rohstoffreich. In der Wüste gibt es natürlich weniger Bäume als im Wald. Leider wird nicht immer ganz klar, ob es sich um eine freie Stadt oder die eines Mitspielers handelt, die ja auch auf der Karte agieren, wovon man aber recht wenig mitbekommt. Man könnte glatt meinen, dass man die ganze Zeit gegen die KI kämpft.                 

Damit nicht zu verwechseln ist der Erwerb von gewissen Vorteilen. Daneben gibt es nämlich die Möglichkeit, sich Booster zu kaufen, wie man das aus anderen Onlinespielen kennt. Da gibt es Rohstoffe, die einem den Gebäudebau verkürzen, indem sie neues Baumaterial liefern.  Es gibt auch Söldnertruppen, die man kaufen kann, und sogar Monster wie Drachen, was aber alles nicht gratis ist. Sogar neue Quests gibt es als Pack, allerdings braucht man für all das Einfluss, was als Ressource erst nach und nach zu bekommen ist. Einfluss kann man auch gegen Geld erwerben, was die Sache beschleunigt. Einmal mehr zeigt sich, dass Spiele mit Mikrotransaktionen oder DLC nur dann richtig spielbar sind, wenn man Geld investiert. Ob man das will, muss jeder selbst wissen. Wer es nicht will, muss Sitzfleisch haben.

Abgespeckte Eroberung 

Einzelspieler dürfen erobern und belagern, wobei das an Stronghold erinnert.
Einzelspieler dürfen erobern und belagern, wobei Letzteres an Stronghold erinnert.

Der Online-Modus lässt sich auch ohne Aufbauarbeit spielen, allerdings als Einzelkämpfer ohne menschliche Gegner. Das ist eine der zwei Modi für Solisten, wobei das ganze Kleinklein des Managens wegfällt. Somit kann man sich rein aufs Erkunden und Erobern konzentrieren. Man startet mit einer Stadt, die man wie seinen Augapfel hüten sollte, da die KI aggressiver als im Online-Modus ist.  Bald schon kommt es zum ersten Angriff, vor dem man netterweise gewarnt wird.  Man kann den Feind auf der Karte stellen oder warten, bis er die Stadt belagert. Dabei laufen die Kämpfe ähnlich wie beim Aufbauteil, wobei sich ein defensives Vorgehen empfiehlt. Auf die Feinde zu warten, mag unehrenhaft sein, es führt aber oft zum Sieg. Ziel ist es, die anderen Hauptstädte einzunehmen. Leider kann man den vollen Kingdom-Modus inklusive Aufbau nicht als Einzelspieler zocken, da das noch fehlt.       

Einzelne Belagerung Natürlich geht‘s auch mal ans mittelalterliche Belagern, was online aber doch eine Spielzeit dauert, da man zu Beginn kaum Truppen hat, um größere Aktionen zu machen. Schneller zu haben ist es im Solomodus, wo es einen Belagerungsmodus gibt, der an Stronghold erinnert. Man muss nur Burg, Truppen und Gegner wählen, schon geht’s in die Schlacht. Bevor der erste Ansturm kommt, muss man seine Einheiten aufstellen und die Burg weiter ausbauen. Mit Katapulten gespickte Türme sollten es schon sein, außerdem sollte man die Tore schließen, wenn der Feind anrückt, sonst kann es eine böse Überraschung geben. Leider gibt es die auch, wenn Katapulte auf eigene Leute feuern.  Die Belagerung lässt sich auch aus der Sicht der Eroberer spielen, was noch mehr Überlegen erfordert.

Fazit

Was könnte Dawn of Fantasy für ein Spiel sein, wenn die ganzen Bugs nicht wären, die Welt ausgefeilter, die Kulisse moderner und der Download-Content besser durchdacht? Im derzeitigen Zustand inszeniert es allerdings nur äußerst mittelprächtige Online-Echtzeit-Strategie mit schmalem Rollenspielanteil – und davon gibt es so viele. Trotzdem habe ich die drei Völker gerne ausprobiert, was vor allem an den abwechslungsreichen Quests liegt. Dafür mitverantwortlich ist sicher auch, dass sich Menschen, Elfen und Orks nicht nur rein äußerlich unterscheiden, was für jede Rasse eine andere Herangehensweise erfordert. So bleibt man trotz fehlender Online-Kommunikation mit Freund und Feind länger bei der Stange als man zu Beginn vermutet. Aber leider wird der mythische Entdeckerdrang in schöner Regelmäßigkeit durch längere Bauphasen ausgebremst, die sich nur durch kostenpflichtige Booster-Downloads abkürzen lassen. Fragt sich nur, wer sein echtes Geld in eine auf lange Sicht austauschbar und unspektakulär wirkende Fantasywelt investieren will?             

Pro

Mix aus Aufbau und Strategie
drei unterschiedliche Völker
Online-Modus mit eigenem Reich
Handel in fremden Städten
abwechslungsreiche Quests
Belagerungsmodus für Einzelspieler
Editor

Kontra

Welt wenig ausgefeilt
kaum Interaktion im Multiplayer
große Gebäude dauern
schwache Grafik
Eingabebug
Updates en masse
Spiel in Englisch

Wertung

PC

Wer die Bugorgie überlebt, kann doch noch ein einigermaßen brauchbares Onlinespiel zocken.

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