M.U.D. TV09.03.2010, Bodo Naser
M.U.D. TV

Im Test:

Da horcht man als Spieleveteran neugierig auf: MUD TV will den Klassiker Mad TV wieder aufleben lassen, der schon 1991 auf dem Amiga für Unterhaltung sorgte. Aber in der Vorabversion deutete sich an, dass diesem Remake die Qualität fehlen könnte. Jetzt ist die finale Version der Wirtschaftssimulation erschienen. Kann sie vielleicht doch noch an alte Einschaltquoten anknüpfen?

Quotenbringer aus der Tonne

Wer hat nicht mal Lust darauf, einen eigenen Fernsehsender inklusive Programm aufzubauen? In MUD TV kann sich daran versuchen, aber der Weg dahin ist zunächst ebenso primitiv wie steinig - RTL & Co lassen grüßen: Anfangs sendet

Am Anfang zieht sich der Aufstieg. Vieles, was man so ins Programm packt, ist eher Sondermüll als sehenswert.
man nämlich nur den Billigmüll, der irgendwann nachmittags bei Privatsendern läuft. Mit steigendem Kontostand wird das Programm allerdings immer besser bzw. attraktiver für die Masse, weil man damit auch mehr Werbeeinnahmen erzielen kann.

Was zählt, ist nämlich die Quote - sprich die Leute, die sich das tatsächlich anschauen. Die Vorlieben muss man immer im Auge behalten und evtl. darauf reagieren. So kann man auch eigene Sendungen für die Zielgruppe produzieren, wofür man natürlich ein Konzept, Leute und ein Studio braucht, was ganz schön ins Geld geht. Und wenn das trotzdem nicht reicht? Wenn die Konkurrenz mehr Marktanteile hat, kann man sie auch sabotieren. So weit die durchaus interessante Theorie, die man sich im dreiteiligen Tutorial zu Gemüte führen kann, das leider sporadisch abstürzte; aber keine Bange: das Hauptspiel lief dann sauber.

Gut aussehen tut es trotzdem nicht: Die quietschbunte Kulisse sieht eher billig als cool aus - hier hätte man auch ohne großen Polygonpom im Artdesign wesentlich mehr aus dem Thema herausholen können. Das Problem von MUD TV ist aber nicht in erster Linie die schwache Technik, sondern der Inhalt: Denn das Managen des Fernsehsenders ist einfach langweilig. Schon in der ersten von sieben Missionen der Kampagne beginnt das Gähnen: Hier soll man zwei Millionen scheffeln, was eigentlich nicht sonderlich viel ist, da man mit 200.000 startet. Allerdings darf man nix selber drehen und stattdessen nur recyceltes Zeugs ausstrahlen, das aus der Sondermülltonne von RTL 2 zu stammen scheint: Da singen abgetakelte Showstars schon morgens, Erotikserien laufen um 12 Uhr und nachmittags hängen Hausfrauen vor der Glotze.

So öde kann Wirtschaft sein

Zur nervigen Lauferei artet das Ganze auch noch aus, weil man Werbung und Nachschub an Sendeschrott stets im

Wie oft bin ich hier gewesen? Hier kauft man jedenfalls Filme, Werbung und sonstiges ein, was trotz Technik  ziemlich altmodisch läuft. 
Erdgeschoss des Hauses organisieren muss. Von moderner Bürokommunikation zur Entschlackung des Mikromanagements scheinen die Entwickler trotz eingebautem Handheld nicht viel zu halten, denn man muss auch noch alles umständlich ins Archiv bringen. Dass man so was längst online machen kann, ist ihnen entgangen, denn im Spiel gibt's nicht einmal das Internet - selbst eine Hommage an vergangene Zeiten hätte sich nicht so in der Benutzeroberfläche beschränken dürfen.

Es wäre ja wenigstens im Ansatz spannend, wenn es eine Art Wettlauf um die besten Sendungen oder Spots geben würde, aber die Frau von der Konkurrenz sieht man viel zu selten, da man (noch) nicht in ihr Büro darf. Von der großmächtig verkündeten Weltherrschaft, wie sie der Senderchef laut lächerlicher Story anstrebt, ist jedenfalls im Einstieg nix zu merken. Die ersten Aufträge fühlen sich im Zeitalter moderner Wirtschaftssimulationen so zäh an wie Kaugummi, so dass man sehr gerne auf das dreifache Vorspulen zurückgreift.

Emos, Opas und Freaks

Und das Managen selbst ist alles anders als komplex, sondern denkbar simpel: Eigentlich muss man immer nur schauen,

Quote ist alles. Die Emos sind eine Zielgruppe, um die man sich kümmern muss. Besonders gern glotzen sie um...
dass es genug Quote gibt, da sonst die Werbekunden murren. Es hagelt Strafzahlungen, wenn die Spots nicht rechtzeitig gesendet werden. Um mehr Zuschauer zu locken, sollte man bessere Filme, Shows und Serien senden, die man in sein Sendeschema presst. Zudem wollen einige Werber eine bestimmte Zielgruppe erreichen, von denen es acht gibt, die vom Nerd über Rentner und Hausfrau bis zum Yuppie reichen. Jede Gruppe will ihr spezielles Programm, weshalb sich Emos und Omis gern Musiksendungen anschauen. Allerdings hocken sie nicht gleichzeitig vor der Glotze, da jede Gruppe ihre Fernsehzeiten hat. Wer das im Großen und Ganzen berücksichtigt, macht auch sein Geld, jedoch kann man schnell zum Stricksender mutieren, wenn man nicht aufpasst.

Mehr Auswahl herrscht im Gegensatz zur Kampagne beim freien Spiel, wo man von Anfang an alles nutzen darf, um seine Ziele zu erreichen. Entweder gilt es, eine bestimmte Geldsumme zu erreichen oder einen Zuschauerschnitt. Damit es nicht zu langweilig wird, darf man auch die Qualität der Gegner bestimmen, die im selben Gebäude wohnen. Allerdings wird man nicht zu oft behelligt, da die KI eher harmlos ist. Man kann sogar den Programmplatz aussuchen, der in Tag und Abend unterteilt ist. Tagsüber sind die Quoten eher mau, aber abends ist schon mehr los, da sogar Intellektuelle das Spätprogramm glotzen. Aber um 24 Uhr ist Schluss, denn Nachtprogramm gibt's nicht. Ach, wären die realen Sender doch auch so weise!

                    

Die eigene Sendung

Anfangs liegt es einfach am Geld, dass man nicht gleich alles ausbaut. Die Wünsche sind jedoch da: Als Erstes sollte man ein Studio bauen, denn dann kann man eigene Sendungen produzieren. Ein Großraumbüro sorgt dann dafür, dass man mehr

Wer endlich die Kohle hat, produziert die Shows selbst, die er sendet. Aber Schrott bleibt eben Schrott. 
Leute einstellen kann. Eine Forschungsabteilung sollte man auch noch in seine Etage zimmern. Und nicht vergessen: Immer alles Neue mit einem Gang verbinden, denn sonst lassen sich die Zimmer partout nicht einbauen. Hier kommt sogar kurzzeitig so etwas wie echte Motivation auf, allerdings verläuft der Weg dort hin reichlich zäh, da es anfangs kaum Abwechslung im TV-Alltag herrscht. Das könnte man auch zu mehreren gegeneinander spielen, aber mal ehrlich, wer will das schon angesichts der aufkeimenden Langeweile.

Wenn die erste Eigenproduktion anläuft, ist die Wirkung sogar größer als gedacht, denn die billig gedrehten Drei-Sterne-Neuheiten werden gleich von Millionen geschaut, obwohl sie kaum anders aussehen als der Müll vom Verleih in der ominösen Lobby. Man kann von der Serie bis zur Abendshow alles drehen. Allerdings braucht man ein Team, das aus Regisseur, Gästen und Talkmaster besteht. Im Brainstorming-Raum kann man eigene Konzepte entwickeln, damit man sie nicht mehr kaufen muss. Sonderlich ausgefeilt ist auch das auf längere Sicht nicht, denn es läuft immer ähnlich und die Filme sind einfach nicht individuell genug.

Wo ist der Biss? Wo die Satire?

Selber machen gilt natürlich auf für die Forschung, wo man neue Sendeformate, Räume oder auch Sabotageaktionen erfinden kann. Wenn man Letztere entwickelt hat, kann man endlich zu dem zwielichtigen Typ in der Garage gehen und der Konkurrenz schaden. Aber Vorsicht: Wer es damit übertreibt, muss auf diese Geheimaktionen einige Zeit verzichten. Sabotage lässt sich aber auch entschärfen, wenn man eine entsprechende Funktion besitzt. Besondere Schadenfreude will aber auch hier nicht aufkommen, weil das Ganze zu spröde inszeniert wird.

Angesichts der unglaubwürdigen Rahmenstory verflüchtigt sich sehr schnell der Rest von Interesse am Spiel: Man verliert die Lust, weil das Managen ohne große Überraschungen immer ähnlich läuft. Wo man bei MAD TV noch schuftete, um seine Flamme zu beeindrucken, schafft man hier eigentlich für die Katz, da man das Geld gar nicht locker genießen oder wenigstens für witzige Aktionen ausgeben kann. Aus MUD TV hätte eine lustige Mediensatire mit Seitenhieben auf den ganzen Billigmüll werden können, der uns täglich in der Glotze serviert wird. Aber diesen Weg, den auch Urahn MAD TV mit seinen satirischen Anleihen ging, geht man nicht, denn dafür ist es einfach zu oberflächlich und auch nicht witzig genug. Zwar gibt es hier und da leichte Ansätze, etwa weil man sich die Mitarbeiter wie Sklaven im Laden einkauft, aber es fehlt überall an Bissigkeit. Unterm Strich widerspricht der lächerliche Look diesem staubtrockenen Inhalt.

        

Fazit

MUD TV enttäuscht mich auf ganzer Linie, obwohl mich das Konzept als Kenner von MAD TV sehr neugierig gemacht hat. Es hätte eine lockere Mediensatire im Geiste dieses Klassikers sein können, die das quotengetrimmte Fernsehen von RTL2 bis Pro7 bissig auf die Schippe nimmt. Aber das kunterbunte Spiel ist zu keiner Sekunde irgendwie lustig oder ironisch, geschweige denn kritisch. Auch als reine Wirtschaftssimulation funktioniert es nur eingeschränkt, da es zu wenig Komplexität bietet und sich mit seinem kindischen Artdesign selbst nicht ernst nimmt. Zwar kann man langweiligen Schrott senden, neue Formate erforschen und seine Büroräume ausbauen, um als Manager sein Konto aufzufüllen. Aber sonderlich spannend ist das alles nicht, nicht zuletzt auch weil es kaum Möglichkeiten gibt, das Geld auszugeben. Auch die selbst gedrehten Shows können daran wenig ändern, da sie im Gegensatz zu dem wesentlich besseren The Movies sowohl in der Erstellung als auch Wirkung nur kurzzeitig interessant sind. Trotz Beschleunigungsfunktion und der Sabotageakte bleibt dieses Spiel zäh und langweilig. Schon nach wenigen Stunden verliert man die Lust an diesem anspruchslosen Müllfernsehen und denkt wehmütig an bessere Zeiten zurück.

Pro

eigenen Sender aufbauen
selbst Shows und Filme drehen
Zielgruppen bedienen & Sabotage

Kontra

kein zweites MAD TV
es fehlen Biss & Satire
sehr zäher Einstieg
kindisch wirkende Kulisse
wirtschaftlich anspruchslos- Managen wird schnell zur Routine
viel unnötiges Hin
und Herlaufen
kaum Langzeitmotivation

Wertung

PC

Unlustiger MAD TV-Aufwasch ohne wirtschaftlichen Anspruch oder satirschen Biss.

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