Im Test:
Busfahrer = Traumberuf?
Erst in der vergangenen Woche ist der Bus-Simulator 2009 (ab 19,95€ bei kaufen) nach einem Monat aus der Budget-Top 20 geflogen. Was ist dran an diesem Spiel, das offensichtlich nur die landwirtschaftliche Konkurrenz aus dem eigenem Hause fürchten muss? Da wäre zum einen das unwiderstehliche Thema: Busfahren! Wer wollte das nicht immer schon? Endlich mal selbst ans Steuer, anstatt immer nur hinten Platz nehmen und zu hoffen, dass man nicht in eine Schlägerei verwickelt wird.
"Alles einsteigen bitte!" - und ab geht der Bus. |
Oh mein Gott! Eine Leitbarke!
Am Anfang ist noch alles weitestgehend ok. Man hat ein anständiges Startkapital, mit dem man sich zwei bis drei Busse zulegen kann. Dabei sollte darauf geachtet werden, möglichst unterschiedliche Klassen zu wählen, um in der Folge verschiedene Aufträge annehmen zu können. Mit einem Linienbus ist es z.B. nicht möglich Überlandfahrten durchzuführen und umgekehrt - das leuchtet ein. Dann geht's auch schon auf die erste Fahrt, denn eine Reisegruppe möchte per Shuttlebus zu einem Segelflugplatz chauffiert werden.
Das Spiel wechselt in die Stadtwelt und erste Ernüchterung macht sich breit: Während der Bus seinem Vorbild innen wie außen noch einigermaßen glaubwürdig nachempfunden wurde, lässt die Darstellung der Spielwelt doch sehr zu wünschen übrig. Passanten, Bäume, vor allem die übrigen Fahrzeuge erscheinen wortwörtlich wie Statisten aus dem letzten Jahrhundert der Videospielzeitrechnung. Schon das erste Need for Speed von 1995 (PC) braucht sich vor dieser Optik nicht wirklich verstecken. Immerhin: Man kann durch verschiedene Kameraperspektiven schalten und in der Cockpitansicht ist sogar das entsprechende Armaturenbrett nachgebildet. Neben dem Bus warten schon die ersten Fahrgäste, wobei man glauben könnte, es handele sich um eine Gruppe geklonter Retortenmenschen, weil es von Frauen und Männern jeweils nur ein paar »Modelle« gibt - gruselig. Per Knopfdruck lässt sich eine Tür öffnen und man wundert sich, warum nur die Hälfte der Gruppe zusteigt; öffnet man auch die hintere Tür, bequemt sich auch der Rest einzusteigen&interessant. Virtuell ist wohl immer noch der »Kunde König«. Dann gehts los und schnell wird klar, dass sich die Cockpitsicht aufgrund der mangelnden Übersicht nicht wirklich zum Steuern des Busses eignet. Am besten »fährt« man noch mit der externen Kamera. Eine Busfahrt ist lustig? Vielleicht, aber nicht unbedingt für den Fahrer.
So tingelt man denn in Einhaltung der Tempolimits, der Ampelschaltungen und Verkehrsvorschriften seinem Ziel entgegen, denn bei Missachtung gibts am Ende ein wenig Punktabzug. Macht das Spaß? Nein, macht es nicht, denn egal ob per Tastatur oder optional mit Gamepad - jeder Bus steuert sich schwammig, die übrigen Verkehrsteilnehmer verhalten sich dumm (fahren z.B. gelegentlich auf, aber ihr bekommt Punktabzug) und die Physik ist ein einziger Witz. Wie kann es sein, dass die »Kollision« mit einer Leitbarke aus Plastik einen tonnenschweren Buss umkippen lässt? Wieso prallen Fahrzeuge bei Unfällen wie Tennisbälle voneinander ab und fahren dann weiter, als sei es das Normalste von der Welt? Schadensmodell? Fehlanzeige! »Autoscooter-Simulator« wäre in diesem Zusammenhang wohl passender. Passanten quittieren ihren eigentlich sicheren Tod mit einem (immerhin lauten) »Ey!« oder »Aua!« und gehen weiter fröhlich des Weges. Solche Unzulänglichkeiten führen zu einem unglaubwürdigen Szenario und das ist einfach Gift für jede Simulation. Lange Ladezeiten und häufiges Nachladen bei Fahrten in die Stadtteile tragen ihr Übriges zum schlechten Gesamtbild bei. Der mittlerweile erhältliche Patch kann da auch nicht mehr viel retten, spendiert euch aber zumindest zwei neue Busse gratis, die dann aber nach wie vor an Streckenpfosten umkippen! Spannend: Per Streckeneditor dürfen eigene Bus-Linien eingerichtet werden.
Fazit
Was ist es nur? Was bewegt die Massen hier zuzugreifen? Ok, das Spiel ist günstig, nicht besonders teuer und außerdem billig. Die Busse sehen einigermaßen glaubwürdig aus, es gibt etwas Management und es sind auch viele Tasten mit allerlei »Pseudo-Wichtigem« wie Tickets herausgeben, Blinken usw. belegt. Es ist aber egal ob man blinkt oder nicht, auch ein schwerer Verkehrsunfall hat keinerlei Konsequenzen. Eine Simulation muss glaubwürdig sein, davon lebt sie und das verspricht sie. Diese hier war schon todkrank, bevor sie auf CD gepresst wurde: Leblos trotz Passanten und Verkehr, lieblos trotz leidlich detaillierter Busse - Kurzum: Dieses Spiel hat weder Atmosphäre noch Seele. Da darf ich zu Beginn einen männlichen oder weiblichen Busfahrer als »Avatar« wählen und dann erlebe ich nichts - eine echte Karriere? Fehlanzeige! Wieso gibt's keine Standpauke vom Chef, wenn man bei Rot geblitzt wurde, warum keinen Arm in Gips nach einem Unfall? Wieso keine Beförderung zum Ober-Busfahrer nach der 50. fehlerfreien Linienfahrt? Alles ist so schrecklich unverbindlich und oberflächlich, dass es schmerzt. Im Grunde schmerzt es fast noch mehr als beim Spreng- und Abriss-Simulator . Lediglich der größere Umfang (man kann sofort loslegen, muss nicht erst großartig was »freispielen«) retten den Titel vor dem Totalschaden. Ob Mitbewerber Aeorosoft Mitte Oktober mit dem City Bus Simulator ein besseres Händchen beweist, erfahrt ihr hier pünktlich zum Release.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Langweilig, steril und in Ermangelung einer echten Karriere unmotivierend. Nur für absolute Bus-Fetischisten einen Blick wert.
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