New World Order04.12.2002, Marcel Kleffmann
New World Order

Im Test:

Seit dem nahezu unglaublichen Erfolg der Half-Life-Modifikation CounterStrike schießen teambasierte Taktik-Shooter wie Pilze aus dem Boden. Aber kaum ein Spiel kann es auch nur im Ansatz mit dem großen Vorbild aufnehmen. Diesmal versucht Project Three Interactive mit New World Order (ab 0,95€ bei kaufen) den Altmeister vom Thron zu stoßen. Warum das Spiel jedoch kläglich versagt, könnt Ihr im Test nachlesen.

Zwei Parteien

Die Geschichte von New World Order ist schnell erzählt, denn im Grunde genommen gibt es keine: Ihr seid einfach das Mitglied einer weltweit operierenden Polizei-Spezial-Einheit mit dem klangvollen Namen GAT und müsst gegen die Terrororganisation "The Syndicate" kämpfen. Das Syndicate besteht aus einer multinationalen Terror-Truppe, die für Geld eigentlich alles sabotieren, was es auf dem Erdball gibt.

Neuling

Obwohl sich New World Order eigentlich auf den Mehrspieler-Modus konzentriert, gibt es auch eine Einzelspieler-Kampagne. Dort übernehmt Ihr die Kontrolle über den Grünschnabel John Dobbs, der gerade sein Training im GAT-Hauptquartier absolviert, als rein zufällig die Basis von echten Terroristen überfallen wird und Ihr Euch den realen Gegnern stellen müsst.

__NEWCOL__Vor dem Gefecht könnt Ihr Euch in der so genannten "Equip-Zone" mit neuen Waffen, Granaten und reichlich Munition ausrüsten. Dieses geschieht genau wie bei CounterStrike mit einem sehr einfach gehaltenen Menü. Aber Vorsicht, Euer "Held" kann nur maximal 10 kg tragen und eine Desert Eagle mit einem Magazin wiegt schon allein 2 kg - ganz zu schweigen von der 8 kg schweren Minigun. Je mehr böse Jungs Ihr dann in einem Einsatz umnietet, desto mehr Waffen dürft Ihr später benutzen.

Schwer, schwerer, New World Order

Eigentlich kann ein Entwickler bei solch einem Spiel nicht gerade viel falsch machen. Doch irgendwie hat das Team es geschafft, das "unverwüstliche" Konzept in den Sand zu setzen. Die erste Wurzel des Übels liegt beim Schwierigkeitsgrad, denn es gibt überhaupt gar keine Speicherfunktion während der Mission. Des Weiteren agieren die Computer-Feinde viel zu unfair.

Nur ein Beispiel: Am Ende eines Ganges wollt Ihr um die Ecke schauen. Ihr geht voran und seid ganz leise, ohne auch nur das leiseste Geräusch zu machen. Ihr blickt vorsichtig um das Hindernis und hört nur noch "Peng" - danach seht Ihr Euch virtuell umfallen. Ihr habt den Gegner, der übrigens wirklich hinter der Ecke stand, nicht gesehen, geschweige denn auch nur die Möglichkeit gehabt zu reagieren. Solche extrem nervigen Stellen wiederholen sich andauernd in den zwölf Missionen, die Ihr übrigens immer alleine absolvieren müsst.

Nervfaktoren

Neben diesem ungeheuren Nervfaktor gibt es noch zahllose weitere negative Punkte im Gameplay. So treffen die Feinde fast immer zu 100%. Eine Schwierigkeitsgradoption fehlt ebenso wie der Sinn des Spiels. Jeder Gegner hat einen eigenen Vornamen spendiert bekommen, damit Ihr auch im Laufe eines Angriffes laut durch den Raum brüllen könnt: "Hey Vladimir, deine Zeit ist abgelaufen". Die Standorte der Fieslinge ändern sich beim Restart einer Mission übrigens nicht.

Ansonsten ist die Künstliche Intelligenz nur solide. Die Gegner fliehen selten und verstecken sich praktisch gar nicht. Teamplay ist ebenfalls ein Fremdwort. Ein Angriff eines "Standard-Vladimir´s" gestaltet sich so: Feind sehen, anlegen, mit der ungenauen UZI mit dem ersten Schuss direkt in den Kopf treffen und immer stumpf stehen bleiben. __NEWCOL__Der Patch auf Version 1.2 behebt zwar einige KI-Macken und lässt die Feinde nicht immer sofort treffen, dennoch bleibt New World Order viel zu schwer.

Rumgehampel

Versucht bloß nicht bei New World Order irgendwo hochzuspringen, denn Euer überqualifizierter Leistungssportler könnte nicht einmal über eine am Boden liegende Patronenhülse hüpfen. Ein klägliches Sprüngchen mit anschließender Flugzeit von 0,001 ms ist die Folge - spielerisch total sinnlos. Nicht sinnlos, dafür aber haarsträubend umgesetzt, ist das Erklimmen von Leitern. Bei jeder einzelnen Sprosse wackelt die Ego-Perspektive so stark nach links und rechts, dass Ihr Euch besser umdreht, um nicht ungewollte Übelkeit zu erzeugen.

Wenn Ihr es mit viel Glück geschafft habt, einen Gegner umzunieten, der sogar eine bessere Waffe als Ihr hat, heißt es Daumen drücken, dass Ihr die Waffe überhaupt aufnehmen könnt. Denn sobald der Schießprügel zu nah am Gegner liegen bleibt, ist es für Euch nahezu unmöglich an die Waffe zu kommen; der "tollen" Physik-Engine sei Dank. Die Physik-Engine macht es zwar möglich, dass Patronenkugeln eine schiefe Ebene runterkullern, verhindert aber nicht, dass erledigte Gegner in Wänden liegen.

Waffen

Einen Lichtblick im Sumpf der Game-Design-Schwächen bilden sicherlich die hervorragenden Waffen-Modelle, die schön detailliert an die realen Vorbilder angelehnt sind - sei es die Desert Eagle, die Glock oder die beliebte AK-47. Auch die Geräusche der Waffen sind gelungen. Im Vergleich zu CounterStrike hat sich allerdings die Schuss- und Streurate ziemlich geändert. Eine Salve mit der Uzi, und schon habt Ihr eine Wand auf knapp einem Meter Durchmesser durchlöchert und drei Viertel des Magazins verjubelt. Zielt Ihr bei solch einer Aktion allerdings auf einen Gegner und trefft nicht, ist von Realismus keine Spur mehr. Außerdem ist die normale Pistole oftmals effektiver als ein Maschinengewehr, da die Streurate beim Einzelschuss nicht existiert.

Mehrspieler-Modus

Eigentlicher Kern des Spiels ist der Mehrspieler-Modus. Dort kämpft Ihr auf den zwölf bekannten Karten Seite an Seite mit Euren Team-Kollegen gegen das feindliche Team. Fünf Spielmodi stehen zur Auswahl. Das Team-Deathmatch und die aus Counter-Strike geklauten Modi Geiselrettung, Flucht (Escape) und Bomben-Platzierung (Detonation). Der fünfte Modus ist neu und relativ interessant. __NEWCOL__So liegt auf einer Karte eine Atombombe und das Syndicate versucht diese zu zünden, während die Jungs der GAT dies unterbinden wollen. Haben die Bösen die Bombe scharf gemacht, können die Guten diese zwar wieder entschärfen, aber der Timer springt nicht wieder zurück auf Null, sondern bleibt einfach stehen und macht bei der nächsten Aktivierung einfach weiter. Die Schwächen der KI fallen im Mehrspieler-Modus logischerweise weg, doch auch hier kann das Spiel nicht überzeugen, da auf jeder Karte jeder Spielmodus gespielt werden kann und das Design der Maps oftmals nicht gut genug ist, um für den nötigen Spielspaß zu sorgen.

Technik

Grafisch macht New World Order einen gemischten Eindruck. Die Spielwelt ist im Großen und Ganzen in Ordnung, wenn auch schrecklich unbelebt und öde. Die Charakter-Modelle sind recht nett, aber sobald es an die Darstellung von Grafikeffekten wie Feuer oder Rauch kommt, schwächelt die Engine enorm. Außerdem sind mindestens 512 MB RAM erforderlich, obwohl die durchschnittliche Grafik dies eigentlich kaum rechtfertigt.

Fazit


New World Order ist das Paradebeispiel für ein Projekt, das mit guten Ansätzen begann, dann aber total in den Sand gesetzt wurde. Der Schwierigkeitsgrad im Einzelspieler-Modus ist eine wahre Frechheit und die KI zerrt mit ihrer an Cheats erinnernden Spielweise gehörig an der Motivation. Eine spannende Geschichte sowie eine Speicherfunktion haben die Entwickler lieber gleich weggelassen. Die Karten sind zwar weitgehend in Ordnung, dennoch rechtfertigt der Einzelspieler-Modus keine Wertung über 50%. Besser gelungen ist der Mehrspieler-Modus, der wenigstens ein wenig Spaß macht, da man nicht immer sofort das virtuelle Leben verliert sobald man einen Gegner auch nur sieht. Dennoch fehlen speziell auf die Spielmodi zugeschnittene Karten sowie ein Paar neue Gameplay-Features, die nicht an CounterStrike erinnern. Des Weiteren gestaltet sich die Suche nach einem Server im Internet als Geduldsprobe. Und falls Ihr dann mal fündig geworden seid, ist Chance einer erfolgreichen Verbindung relativ gering. Alles in allem kann New World Order nicht überzeugen und ist selbst Spielern, die CounterStrike überdrüssig geworden sind, nicht zu empfehlen.

Pro

<li>realistische Waffen</li><li>zwölf Karten</li><li>teilweise gute Grafik</li>

Kontra

<li>keine Story</li><li>keine Motivation</li><li>unfaire Gegner</li><li>schlechte KI</li><li>nerviges Auto-Update</li><li>höllischer Schwierigkeitsgrad</li><li>keine Speicher-Funktion</li><li>bescheidene Physik-Engine</li><li>grafische Schwächen bei den Effekten</li><li>keine Karten für nur einen Spiel-Modus</li><li>zu CounterStrike-ähnlich</li><li>merkwürdige Animationen</li><li>zu wenig Online-Server</li><li>hohe Hardwareanforderungen</li><li>viele Bugs</li>

Wertung

PC

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