City Bus Simulator 2010 19.10.2009, Mourad Zarrouk
City Bus Simulator 2010

Im Test:

Die neue deutsche Simulationswelle (NDSW) hat die Republik erfasst und so gibt es schon wieder Nachschub. Nachdem Platzhirsch Astragon/Rondomedia mit seinem aktuellen Bus-Simulator 2009  einen Totalschaden erlitt, sind wir gespannt ob Mitbewerber Aeorosoft es mit seinem City Bus Simulator 2010 (ab 9,94€ bei kaufen)besser machen kann. Auf zur Probefahrt nach New York!

If you can make it here....

Schon Old Blue Eyes prophezeite in seinem Welthit, dass jeder, der es in New York schafft, es überall schaffen könne. Und so kann man die Veröffentlichung des Mitbewerbers aus Paderborn auch als kleine Kampfansage deuten, frei nach dem Motto: "Wenn schon, denn schon - wir nehmen uns mal gleich den Big Apple vor und keine imaginäre deutsche Stadt". Dementsprechend gespannt war ich auf meine erste Rundfahrt auf der 42. Midtown Manhattan.

Gestatten: Carlos (nicht Jörg!) vor seinem Bus in Midtown Manhattan.
Drei Spielmodi stehen zur Verfügung: Freie Fahrt, Missionen und Kampagne. Eine Kampagne? In einer Alltagssimulation? Das klingt  interessant, das schaue ich mir zuerst an.  Also stellt man mir Carlos vor, angehender Busfahrer und fortan mein "Alter Ego". Die Kampagne beginnt mit einem Tutorial, denn das Steuern eines tonnenschweren Busses will geübt werden. Auf einem Trainingsgelände empfängt mich ein untersetzter Typ, der mich in die Bedienung des Nova RTS T80-260 einweist. Blinker, Auf-Abblendlicht, Gangschaltung (wobei der US-Bus über ein Semi-Automatikgetriebe verfügt) Scheibenwischer, Hand- und Haltestellenbremse und vieles mehr wird erklärt. Nach einer Runde um den Platz steht die erste knifflige Aufgabe an: Mein Instrukteur hat es sich in einem Rollstuhl bequem gemacht und möchte gerne per Rollstuhllift an Bord gehievt werden. Dazu fahren wir nah an ihn heran, senken den Bus per "kneeling" ab und aktivieren von innen den Lift. Dann steigen wir aus, schieben ihn auf die Rampe, fahren von innen den Lift wieder hoch und fertig. Soll mal einer sagen, Busfahrer säßen den ganzen Tag nur auf ihren vier Buchstaben! Abschließend muss noch ein recht anspruchsvoller Parcours absolviert werden und ich bin bereit für die New Yorker Bevölkerung.

GTA goes Bussim

Times Square, Ecke 42. aus der Fahrerperspektive...
Die eigentliche "Story" beginnt um 4:30 Uhr mit einem Telefonanruf in Carlos' Wohnung. Richtig gelesen: Carlos hat natürlich eine Wohnung, denn auch Busfahrer müssen mal schlafen. Schon in den Ladebildschirmen ist unschwer zu erkennen, dass man beim ostdeutschen Entwickler TML Studios offensichtlich eine Schwäche für GTA hat. Warum auch nicht? Am Handy spricht der Einsatzleiter, der mich aufgrund eines Notfalls sofort in die Zentrale beordert. Also mache ich mich zu Fuß auf den Weg. Dank Minimap kann ich zumindest sehen, wo ich mich gerade befinde. Leider ist sie nur per Spielunterbrechung einblendbar und es fehlt auch eine Zielanzeige, doch immerhin sind die wichtigsten Orte betitelt, so dass ich das Bus-Terminal rasch ausmache und mich auch schnell orientieren kann.  Nach ein paar Minuten Fußweg erreiche ich die Zentrale, wo mir mitgeteilt wird, dass ein Bus liegengeblieben sei und ich mich mit einem Reparaturfahrzeug dorthin begeben soll um die Lage zu checken. Also rein in den Pick Up, einen Blick auf die Karte geworfen, kurz orientieren und los geht's.Auf der Fahrt fällt mir postiv auf wie real die Spielwelt wirkt. Ok, an ein GTA kann man nicht anknüpfen und sonderbarerweise bewegen sich die Passanten nicht, doch Verkehr und vor allem die Gebäude und Straßen dieses New Yorker Bezirks sind wirklichkeitsgetreu nachgebildet. Die Story um den verwaisten Bus wird dann später noch ganz interessant, wenngleich ihr euch keine actiongeladenen Einsätze wie in GTA erhoffen dürft. Am Ende seid ihr eben nicht Niko Bellic der Gangster, sondern Carlos der Busfahrer- und der fährt nun mal Bus, nimmt keine Geiseln und wird nicht einmal verfolgt, wenn er  sämtliche Ampeln bei Rot nimmt.        

Next Stop: Grand Central Station

Das nächste Kapitel der Kampagne bringt mich, alias Carlos, dann endlich selbst hinter das Steuer eines Busses auf Linienfahrplan M42. Die tatsächlich existierende Linie erstreckt sich vom Hudson- zum East River, einmal quer durch Manhattan. Dabei wird der Broadway und auch Times Square  gekreuzt und berühmte Gebäude wie Grand Central Station, die NY Public Library oder das UN-Gebäude werden angefahren. Mittlerweile ist der Tag angebrochen und so nehme ich im Morgengrauen die ersten Passagiere auf.

42. Ecke 8. Avenue aus der Vogelperspektive. Steuern sollte man den Bus in dieser Kameransicht allerdings nicht.
Die sind dann übrigens auch animiert, allerdings eher schlecht als recht. Immerhin grüßen sie artig und auch ich kann freundlich, neutral oder unfreundlich antworten. Bei Bedarf gebe ich ein Ticket heraus, die meisten Fahrgäste verfügen jedoch über Monats-Chipkarten. Beim Anfahren von der Haltestelle und Einordnen in den fließenden Verkehr vermisse ich reale Außenspiegel. Mit STRG bzw. STRG rechts kann ich aber einen "Schulterblick" aktivieren, mit dem ich dann recht gut erkennen kann, ob seitlich hinter meinem Bus frei ist.. Wenn es mal knallt, passiert allerdings ebenso wenig wie bei einem Rotlichtverstoß. Trotz Blitzer-Foto und/oder Polizeistreife in der Nähe bleiben solche Missetaten ungesühnt und das ist unrealistisch. So spule ich denn meinen Fahrplan ab und trotzdem macht das Ganze mehr Spaß als bei der Konkurrenz. Einerseits ist der Big Apple  ohnehin aufregend genug, aber eben auch wunderbar detailliert inszeniert;  Times Square ist wirklich eine Wucht! Neonreklame allenthalben und die entsprechenden Theater und Hotels befinden sich an ihren korrekten Standorten. Die Fahrt endet am ebenfalls korrekt nachempfundenen UN-Gebäude. Im folgenden "Kapitel" geht es dann bei einsetzendem Regen zurück in die andere Richtung.

Aufblendlicht...Abblendlicht

Auch an Senioren wurde gedacht: Per Lift geht es an Bord!
Tolles Szenario, solides Fahrmodell (mit Schaukeln bei Bodenwellen etc.), eine Kampagne, Lenkradunterstützung  und elf eigenständige Missionen  (z.B. 4.Juli, Behindertentransport etc.). Doch wo Licht ist, fällt bekanntlich Schatten und so wird auch hier viel Potential verschenkt: Warum bleiben Unfälle ohne sichtbare Schäden und Verkehrsdelikte ohne Konsequenzen?  Eine Sprachausgabe ist ja schön und gut, aber wer hat denn bloß diesen "Club der Hypnotiseure" an die Mikros gelassen? Mit einer einschläfernden Monotonie werden da die Sätze runtergelesen, man möchte einnicken: "Hatten die heute Regen vorhergesagt?". Passanten, die zu Salzsäulen erstarrt sind, und lediglich mehr schlecht als recht animierte Fahrgäste sind schon fast unverzeihlich für eine Verkehrssimulation. Die Tatsache, dass im Grunde nur ein recht überschaubarer, dafür aber  interessanter Teil von NY sein Weg ins Spiel gefunden hat und zunächst auch nur ein Bustyp steuerbar ist, lässt sich hingegen verschmerzen. Die Community ist schon fleißig am Modden und so ist kostenloser Nachschub kein Thema. Denn trotz aller Kritik: Diese Bussim macht mehr richtig als falsch und ist grundsätzlich auf der "richtigen Linie". Außerdem: Lieber eine glaubwürdige(re) kleinere Spielwelt als eine große unglaubwürdige.      

Fazit

Nachtschicht. Beim Zusteigen spricht mich ein Fahrgast an. Die junge Dame fragt höflich, ob ich sie ausnahmsweise zwischen der 8. und 9. Avenue am Parkhaus hinauslassen würde, es sei halt schon so spät und sie sei alleine. "Ich schaue mal, was sich machen lässt" antworte ich galant und wirklich: Als ich später an  der entsprechenden Stelle halte, steht sie auf, bedankt sich artig und wünscht mir noch einen  schönen Abend. Es sind diese kleinen Details, die diese Simulation glaubwürdig(er) als die des Mitbewerbers wirken lässt. Überdies kann der City Bus Simulator beim Thema Fahrmodell punkten: Schon die Steuerung per Tastatur "fühlt" sich einfach realer an als bei Astragons Bussim. Zu beglückwünschen sind indes Besitzer eines PC-Lenkrades: Zwar werden Karambolagen nicht per Force Feedback zurückgemeldet, aber der Grundwiderstand des Lenkrades wird schon deutlich angesprochen und so steuert sich mein  Nova RTS mit Lenkrad nochmal besser und per authentischem Wendekreis sowie Bremsweg auch durchaus realistisch; außerdem muss ich dank freier Tastenbelegung selten die Hände vom Lenkrad nehmen. Kurzum: Der City Bus Simulator hat ganz klar die Nase vorn und zeigt der Konkurrenz trotz aller Schwächen wie es grundsätzlich besser geht. Wenn im nächsten Jahr die Schwachstellen konsequent ausgemerzt werden, könnte man dem Namen "Simulation" tatsächlich gerecht werden und in gute Bereiche fahren.

Pro

<P>
originalgetreu nachempfundene Spielwelt...+&nbsp; Sprachausgabe...
interessante Missionen...
glaubwürdiges Fahrmodell
zahlreiche Funktionen des Busses simuliert
Tag/Nachtwechsel sowie Regenfahrten
Verkehrsdichte dreistufig anpassbar
Kampagne mit Hintergrundgeschichte
lebhafte, aktive Community (Modszene)+Lenkradunterstützung mit freier Tastenbelegung</P>

Kontra

...die aber recht "übersichtlich" ist
...die unterirdisch ist
... aber nur elf an der Zahl
kein Schadensmodell
keine Sanktionen bei Unfällen/Delikten
Passanten bewegen sich nicht
Passagiere sind schlecht animiert
häufige Pop-ups

Wertung

PC

Dieser Bus Simulator fährt den richtigen Fahrplan. Noch lange nicht perfekt, aber auf einem soliden Weg.

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