Die Siedler 726.03.2010, Marcel Kleffmann
Die Siedler 7

Im Test:

Befragt man Siedler-Fans nach den besten Teilen der Reihe, werden die meisten sicherlich 'Siedler 2' mit dem einzigartigen Straßenbausystem oder 'Siedler 3' wegen des hohen Wuselfaktors nennen. 'Das Erbe der Könige' (Siedler 5) stellte dann den Tiefpunkt der Serie dar, bevor es mit 'Aufstieg eines Königreichs' wieder leicht nach oben ging. Kann der siebte Teil den Aufwärtstrend fortsetzen?

Im Siedler-Reich ist der Teufel los: Der Süden gleicht einer Großbaustelle, denn dort wird gerade ein Industriegebiet mit Eisenschmelze, Erz- und Kohlemine geschaffen, um die Werkzeug- und vor allem die Schwerter-Produktion anzutreiben. Währenddessen eilen fünf Kaufleute über die Straßen, schließlich wollen sie hergestellte Kleidung gegen viel Gold eintauschen. Die geplante Aufstockung des Militärs muss irgendwie bezahlt werden und weil bei Schafzuchten, 

Die Leistungsfähigkeit der Grafik-Engine wird im Video vorgestellt. Der Comic-Stil steht den Siedlern hervorragend und die Landschafts-Darstellung ist erstaunlich gut.Webern und Schneidern die Produktion auf Hochtouren läuft, ist das Geschäft wirklich profitabel. Kurz bevor die Kaufleute den neutralen Handelsposten erreicht haben, melden sich die Geistlichen zu Wort: Ein Konkurrent hat die Erforschung der wirtschaftssteigernden Technologie "Akkordarbeit" gestartet hat. Verdammt! Es bleibt kleine Chance zu kontern, da die notwendige Ausbaustufe der Kirche in der Siedlung fehlt - wie schade, aber man kann sich halt nicht gleichzeitig auf Militär, Forschung, Handel, Wirtschaft und Expansion konzentrieren...

Mehr Wirtschaft, mehr Möglichkeiten

Auch im siebten Teil dreht sich wie schon 1993 alles um den Aufbau einer Siedlung. Aber wie will man an die alte Faszination anknüpfen? Zwei Dinge will Blue Byte grundlegend verändern: Wirtschaft und Siegvarianten. So soll das Wirtschaftssystem eine stärkere Rolle spielen als bei 'Das Erbe der Könige' oder 'Aufstieg eines Königreichs' und die Grundlage für eine erfolgreiche Siedlung sein.

Hinzu kommen mehrere Siegmöglichkeiten, schließlich endeten die Wirtschaftskreisläufe eines jeden Siedler-Spiels in einer militärischen Produktionskette: Nach dem Aufbau folgte also früher oder später der Krieg. Es gab keine Chance, die Partie auf eine andere Art (feindliche Übernahme, Diplomatie, etc.) für sich zu entscheiden. Um es vorweg zu nehmen: Beide Konzepte, sprich mehr Wirtschaft und mehr Siegmöglichkeiten, gehen bei Siedler 7 auf - vor allem die unterschiedlichen Laufbahnen sind eine Bereicherung.

Siegpunkte

Das Schloss ist das Zentrum des Reiches. Welche Güter die Siedler im Übrigen transportieren, wird mit kleinen Symbolen über ihren Köpfen veranschaulicht.
 Abseits der militärischen Eroberung könnt ihr die Partie sowohl via technischen Fortschritt, per Handel oder zusätzlich durch Quests für euch entscheiden - und dies sogar ohne aktiv gegen andere Mitspieler gekämpft zu haben. Der Schlüssel hierzu sind die neuen Siegpunkte. Der Spieler, der zuerst die erforderliche Anzahl erreicht hat, gewinnt sobald die Siegzahl für drei Minuten gehalten wird und kein anderer Mitspieler sie ihm abspenstig macht. Die begehrten Punkte bekommt ihr für allerlei Taten, die ihr euch jederzeit vor Auge führen könnt, wenn ihr auf den zentralen Stern in der Menüleiste klickt. Dort seht ihr dann, welche Siegpunkte ihr pro Karte erreichen könnt - egal ob es eine Kampagnen-Mission, ein Scharmützel oder ein Multiplayer-Match ist. Sich vorher einen Überblick über die möglichen Wege zum Sieg zu machen, wäre also eine gute Idee.

Siegpunkte können auf militärischem Wege (Truppenübermacht, Eliminierung, Halten des Stadtsektors), durch wissenschaftliche Anstrengungen der Geistlichen (Siegpunkt-Technologie, Ausbau zum Bischofssitz), in Händlermanier (die meisten Handelsrouten, Handelsexpedition zum Siegpunkt) oder mit allgemeinen Mittel wie "mehr Gold bzw. Einwohner als der Gegner" sowie durch das Erfüllen von Quests in Ereignisgebieten erlangt werden. Die Quests lassen sich außerdem auf drei Arten (Militär, Geistliche, Handel) erfüllen, aber nur ein Weg bringt den Siegpunkt. Doch warum sollte man die Aufgabe ohne Siegpunktambition erledigen? Ganz einfach: Ihr blockiert eurem Gegner diese Quest. Fairerweise müssen Spieler mit aktuell mehr Siegpunkte mehr Waren investieren um eine Quest-Aufgabe zu lösen als Personen mit weniger Punkten.

Siegpunkte, die ihr durch Quests oder u.a. für das Errichten von Monumenten (Kirchenausbau zum Bischhofssitz) erlangt, sind zudem fest, d.h. diese Punkte gehören immer demjenigen, der sie zuerst bekommen hat, 

Nahansicht voller Details: Ein Händler (mit der Kutsche) reitet im Eiltempo durch den Schafzuchtwinkel.
während viele andere Siegpunkte dynamisch sind. Hat der Kontrahent mehr Militär, Prestige oder Einwohner als ihr? Dann rekrutiert ihr halt mehr Truppen oder baut mehr Prestige-Objekte und Wohnhäuser plus angeschlossene Betriebe. Besitzt der Gegenspieler mehr Sektoren auf der Karte als ihr? Nichts einfacher als das: Ihr schnappt euch einfach andere Sektoren, die ihr auf militärischen, geistlichen oder ökonomischen Pfad annektieren könnt: Jeder Sektor wird zunächst von neutralen Truppen besetzt gehalten und diese könnt ihr entweder angreifen (Militär), mit Geistlichen bekehren (Wissenschaft) oder mit Gold bestechen (Händler) - wobei die erste Expansion auf militärischem Wege oft die schnellste ist, doch gerade befestigte Sektoren stellen eine ordentliche Hürde dar.

Das Militär

Wollt ihr mit militärischer Macht zum Sieg gelangen, braucht ihr Truppen. Eure Einheiten rekrutiert ihr in der Taverne oder Kaserne und benötigt je nach gewünschtem Einheitentyp die Waren Gold, Nahrung, Pferde, Schwerter und Co. Zur mageren Auswahl stehen Pikeniere (Nahkampf), Musketiere (Fernkampf), Reiterei (Nahkampf), Kanoniere (Fernkampf) sowie eine Unterstützungseinheit in Form einen Fahnenträgers, die sich allesamt an einen General als Anführer hängen - je nach Größe eures Reiches ist die Anzahl an Generälen und somit Armeen begrenzt. Diesen Truppenverband kontrolliert ihr nicht direkt wie in einem Echtzeit-Strategiespiel, sondern verschiebt sie à la Risiko zwischen den Kartensektoren

Ein Blick in das Siegpunkt-Menü.
. Dieses passive Kampfsystem ist typisch Siedler und wenn ein Kampf entbrennt, seid ihr zum Zuschauen verdammt - man kann nur einen Rückzugbefehl erteilen.

  Betretet ihr feindliches Land, wird die gegnerische oder neutrale Armee dies verteidigen und ihr dürft als Zuschauer dem Ausgang der Schlacht entgegensehen. Ist die feindliche Armee besiegt, wird die Festung des Sektors übernommen, was einige Zeit dauert, damit der Gegenspieler Zeit für eine Konterattacke hat. Erst danach werden die Gebäude in dem Sektor niedergebrannt und ihr könnt euch niederlassen. Um Militärschergen das Leben schwer zu machen, lassen sich in jedem Sektor Holz- oder Steinwälle errichten, die besonders viele Fernkampfeinheiten erfordern und den Kartensektor automatisch verteidigen. Selbst errichten bzw. bestimmen, an welche Position die Verteidigungsanlagen plus Wälle gebaut werden soll, könnt ihr nicht. Ihr klickt bloß auf "Bauen" und diese entstehen - etwas mehr Eigenständigkeit hätte nicht geschadet. Es empfiehlt sich insbesondere Schlüssel-Sektoren, die an den Gegner oder an wichtige Positionen grenzen, entsprechend zu schützen.

Prestige

Die Erforschung von Technologien im comiclastigen und zugleich sehr putzigen Siedler-Universum ist den Geistlichen überlassen. Zunächst müsst ihr durch erhaltenes Prestige im Mini-Techniktree bzw. Prestige-Baum die Kirche freischalten; Prestigepunkte bekommt ihr, wenn ihr andere Sektoren erobert, bestimmte Technologien/Handelsrouten freischaltet oder Prestigeobjekte der Marke "Verzierungen" errichtet. 

Siedler-Fakten

- Technologien: 19

- Handelsrouten: 47

- Anzahl der Rohstoffe: 9

- Anzahl der Güter: 17

- Gebäude, die erreichtet werden können: 43

- Berufe im Spiel: 25

- Möglichkeiten an Siegpunkte zu gelangen: 26

- Event-Locations: 39

- Bau-Elemente für das Schloss: Über 120

Forschung der Geistlichen

Ist die Kirche hochgezogen, könnt ihr in dem Gottesgebäude fromme Forscher anwerben, die ihr zur Erforschung der Technologien benötigt. Hier gibt es drei Typen: Novizen, Brüder und Pater. Bier, Brot und Bibeln als Waren solltet ihr auf die hohe Kante legen, denn für jede Forschung wird eine bestimmte Zahl dieser Personen fällig. Die Verbesserung der Holzfäller-Effektivität kostet z.B. drei Novizen und die Erhöhung des Belagerungsschadens verlangt vier Novizen und einen Bruder. Ist eine Technologie erfunden, können andere Mitspieler diese nicht mehr erlangen, doch sie können versuchen, euch während der Erforschung mit der Forscherzahl zu überbieten. In der Mitte des großen Technikbaumes befindet sich eine Siegtechnologie, die dem ersten Forscher mit einem Siegpunkt belohnt. Geistliche sind im Übrigen die einzigen Einheiten, die von Gegnern besetztes Territorium durchqueren dürfen und sie können neutrale Sektoren bekehren, sofern ihr eine entsprechend große Zahl an Geistlichen entsendet. Direkt steuern dürft ihr die Geistlichen freilich nicht.

Die Macht der Händler

Wie die Kirche schaltet ihr via Prestige das Händlerhauptgebäude frei und könnt dort drei Typen (Hausierer, Kaufmann, Handelsmann) anwerben, wofür Kleidung, Juwelen und Räder benötigt werden -

Die Weltkarte der Händler: Eine Expedition zum Siegpunkt (oben links) ist soeben gestartet worden.
 ähnlich wie bei den Geistlichen. Zusätzlich benötigt ihr direkten Zugang (via angrenzendem Gebiet) zu einem neutralen Hafen oder Handelspunkt, weil die nicht direkt steuerbaren Kaufleute nicht durch generisches Areal flanieren können. Der Handelsfortschritt erfolgt in einem anderen Menü und zwar auf einer Weltkarte, auf der ihr zusammenhängende Routen entdecken/besetzen könnt, für die jeweils eine bestimmte Zahl von Händlern nötig ist, um sie zu erschließen. Beispielweise braucht ihr drei Hausierer um die Tauschmöglichkeit "Gold in Brot" freizuschalten und somit erhaltet ihr exklusiven Zugriff auf diese gehandelten Waren. Einige Handelsrouten werden ebenfalls mit Prestigepunkten honoriert und auch hier gibt es eine Siegpunkt-Handelsroute.

Kombination der Wege

Obgleich es möglich ist, einen Sieg durch einen der drei Wege zu erlangen, können und sollten die einzelnen Spielweisen kombiniert werden. So habe ich in vielen Partien zuerst die angrenzenden Sektoren mit militärischer Macht übernommen und dann ein Handelsimperium rund um "Kleidung" hochgezogen. Von dem Erlös der "Massenproduktion" konnte ich die Armee großzügig ausstatten und dank der Handelsbeziehungen die fehlenden Rohstoffe dazukaufen. Da ich die Forschung vernachlässigte, schnappte mir der Gegner konsequent die Technologien weg. Prinzipiell funktioniert dies auch umgekehrt, so dass ihr z.B. zuerst die Kirche errichtet, eine Technologie mit Prestige-Bonuspunkten erforscht und sofort das Kirchenupgrade freischaltet, um fortgeschrittenere Techniken entwickeln zu können; bloß dann wird euch jemand die ersten Handelsrouten wegschnappen...

In 1:33 Minuten ist die Partie gewonnen, wenn der Gegner nicht irgendwie kontert oder Allianzen schmiedet...
 Es ist schön zu sehen, wie die einzelnen Möglichkeiten miteinander in Wechselwirkung stehen können: Handel kann das Militär finanzieren, die Forschung verstärkt die Wirtschaft oder die Verteidigungsanlagen, während durch die einzelnen Pfade jeweils einzigartige Siegpunkte generiert werden können - und in den über 25 gesiedelten Stunden in der Testversion konnte sich kein Siegweg als die ultimative Dauerlösung etablieren. Die Balance ist gut gelungen und macht euch auf fiese Kommentare bereit, wenn ihr dem Gegner eine wichtige Forschung wegschnappt und er euch eine Handelsroute abspenstig macht. Irgendwo müsst ihr halt Abstriche machen und euch einen Siegweg rauspicken. Um alle Wege gleichzeitig bedienen zu können, müsstet ihr zu viele Ressourcen und zu viel Zeit investieren

Der Aufbau

Genug erstmal zum Siegpunktsystem, das tatsächlich vollkommen friedliche Wettkämpfe und militärische Auseinandersetzungen ermöglicht, die durch den Wettkampffaktor zudem die Spielgeschwindigkeit angenehm beschleunigen - ohne in Hektik auszuarten. Sollten euch die Siegpunkte nicht zusagen, könnt ihr eine (durch Siegpunkte) beendete Partie weiterspielen oder ihr erstellt mit dem "Kartograph" eigene Szenarien der Marke "Endlosspiel". Doch was hat sich bei dem eigentlichen Kern getan und zwar dem Wirtschaftssystem, bei dem die letzten beiden Teile und vor allem "Das Erbe der Könige" geschwächelt haben.

Die Wirtschaft

Wenn ihr das Baumenü das erste Mal aufruft, werdet ihr sicherlich enttäuscht sein, weil dort nur sechs Grundgebäude und ebenso viele Spezialeinrichtungen warten. Hier hat sich Blue Byte eines Kniffs bedient - und zwar sind die ersten sechs Bauwerke eine Art "Hauptgebäude", die ihr mit fünf oder sechs Arbeitsplätzen erweitern könnt. Ihr müsst euch das so vorstellen: Um einen Steinmetz zu bauen, platziert ihr das entsprechende "Hauptgebäude",

Video: Die Neuerungen und Veränderungen am Wirtschaftssystem werden erklärt.sprich die "Berghütte", und könnt anschließend drei Erweiterungen rund herum platzieren, wie eine Kohle-, Eisenerz- oder Goldmine, eine Erzschmelze, eine Köhlerhütte oder den gewünschten Steinmetz. Dass ihr diese Gebäude in der Nähe der natürlichen Vorkommen oder Minen bauen solltet, versteht sich von selbst.

Einrichtungen wie Bäckereien - die das Mehl von Mühlen bekommen, die an Bauernhöfe angeschlossenen sind - baut ihr an Wohngebäude heran, die zugleich die maximale Anzahl der möglichen Siedler erhöhen. Gehobene Wohngebäude gibt es ebenfalls für komplexere Anbauten wie Münzprägereien oder Metzgereien, die entweder gejagtes Wild oder Schweinefleisch verarbeiten. Apropos Essen: Hier wurde der Rotstift zu stark angesetzt, da es lediglich zwei Arten von Nahrung gibt - normales und besseres Essen. Normales Essen (Fische und Brot) wird bei der Produktion von einigen Gütern benötigt, während gehobene Wohnhäuser dieses Essen ständig verlangen. Besseres Essen (verarbeitetes Fleisch) braucht ihr u.a. fürs Militär und für Produktionssteigerungen, wenn ihr beschließt, ein Wohngebäude mit der besseren Nahrung versorgen zu lassen. Obwohl dieses System sehr durchdacht klingt und in der Praxis wunderbar funktioniert, hätte ich mir lieber drei Arten von Essen gewünscht, um etwas mehr Bandbreite zu haben.

Aus- und Aufbau der Siedlung

Zu Beginn einer Partie beherbergt eure Siedlung ein Bauarbeiterhaus, ein Lagerhaus, eine Taverne sowie das Spieler-Schloss, das Disney entsprungen sein könnte. Anschließend kümmert ihr euch um die Grundversorgung mit Brettern, Steinen sowie Nahrung und solltet euch in der Gegend umschauen, wo die nächsten lohnenden Sektoren mit Gold, Kohle, Eisen und Co. liegen - zeitgleich solltet ihr aussuchen, welchen der drei Wege oder welche Kombination ihr favorisieren wollt.'

Die Brauerei in der Nahansicht.

Fahnen = Lagerhäuser

Bei der Planung und dem Ausbau eurer Siedlung darf ein Gebäude keinesfalls vergessen werden - und zwar das Lagerhaus, das die neuen Fahnen (vgl. Siedler 2) darstellt. Ein Lagerhaus bietet nicht ausschließlich Lagerplatz, sondern hat feste "Träger", die dafür sorgen, dass die Waren von einem zum anderen Ort gelangen und deswegen ist es so wichtig, dass ihr die zentralen Routen durch den Bau von Lagerhäusern entlastet und effizienter macht. Außerdem gibt es kleinere Veränderungen im Vergleich zu den anderen Siedler-Teilen und zwar bringen die Produzenten ihre Waren eigenhändig ins Lager oder holen sich die benötigen Ressourcen selbst aus dem Lagerhaus ab - kurze Wege beschleunigen also die Wirtschaft und die beim Lagerhaus "mitgelieferten" Träger sorgen dafür, dass die fertigen oder nötigen Waren im Lager vorhanden sind. Ein Schafzüchter holt so zum Beispiel eingelagertes Wasser aus dem Lagerhaus und bringt die produzierte Wolle dorthin, wohin der Weber ebenfalls geht, um die Wolle abzuholen. Ob es jetzt sinnvoll ist, die Endwaren gleich vor Ort zu produzieren und spezialisierte Industriegebiete zu schaffen oder die Zwischenwaren im Umkreis eures Schlosses weiterverarbeiten zu lassen, bleibt euch überlassen, sofern ihr genügend Lagerhäuser als Verbindungsnetzwerk baut. Oftmals werdet ihr durch das Karten-Design sogar dazu gezwungen, komplizierte Wegsysteme zu errichten, wenn zum Beispiel Kohle, Eisen und Gold in jeweils anderen Bereichen zu finden sind. Die Lagerhäuser als A und O der Wirtschaft werden euch im vorbildlichen Tutorial (Hilfetexte, Bildfolgen, Zwischensequenzen) in der Kampagne erklärt, jedoch nicht in dem Maße, dass ohne die Lagerhäuser fast gar nichts läuft.

Allgemein bleibt Siedler 7 aber in Sachen Komplexität der Waren- und Produktionsketten hinter ANNO 1404 zurück: Meist ist nach zwei Zwischenprodukten Schluss, egal ob ihr die neuen Waren wie Pferde, Bücher, Kleidung, Juwelen (Eisen und Gold) oder Räder 

Supreme Siedler: Ressourcen, Wege, Armeen, Ereignissektoren und Siegpunkte werden übersichtlich dargestellt.
herstellen wollt. Der altbekannte Leerlauf während ihr z.B. auf die Warenproduktion wartet, gibt es bei Siedler 7 genretypisch ebenso, jedoch sind die Wartephasen nicht so ausgedehnt wie in einigen Vorgängern und wenn ihr in diesen Pausen nicht die weitere Spielweise plant, könnt ihr die niedlichen Animationen eurer Einwohner begutachten.

Fehlende Übersicht

Da die Karten aufgrund zahlreicher Sektoren oftmals nicht sehr übersichtlich sind, gibt es wie bei Supreme Commander oder Black & White 2 eine Übersicht-spendende Zoomfunktion, auf der angezeigt wird, welche Sektoren mit Quests oder Siegpunkten aufwarten, welche Rohstoffe vorhanden sind und mit welchen anderen Gebieten der Sektor verbunden ist. Trotz der globalen Zoomfunktion fehlt es letztendlich an Übersicht beim Mikromanagement. Es erscheinen zwar Ausrufezeichen über Produktionsstätten, deren Effizienz mies ausfällt oder bei denen es Probleme gibt und gelegentlich tratschen die Siedler (in Sprechblasen) über die neusten Hürden im Reich, doch wenn gerade die Kohlemine erschöpft ist, bekomme ich keine adäquate Meldung - ebenfalls blöd, wenn man mehrere Minen im Reich hat und erst per Zufall darauf stößt, dass das Vorkommen erschöpft ist. Suchoptionen für spezielle Gebäude fehlen (wie z.B. eine Bäckerei im Reich). Ihr könnt im schönen Statistikteil nur die Produktivität der einzelnen Stätten (inkl. Ressourcenkreislauf) anschauen. Ein Nachrichtenfenster hätte geholfen.

Dafür seid ihr bei Siedler 7 gegen mehrere wirtschaftliche Sackgassen gewappnet. So könnt ihr in der Taverne "Bier gegen Goldmünzen" eintauschen oder euch dort Werkzeug kaufen, weil jeder Arbeiter ein Universal-Werkzeug für seinen Beruf braucht. Eine zusätzliche Beschleunigung der Wirtschaft in Form von 

Comic-Design: Die Gespräche finden innerhalb der Kampagnen-Missionen als Mini-Zwischensequenz mit animierten Charakteren statt.
Rohstoff-Geschenken erhaltet ihr, wenn ihr neue Sektoren erobert oder ein Bevölkerungslimit erreicht - hängt ihr den Gegnern zu sehr hinterher, winkt außerdem ein Trostpreis.

Erstklassige Kampagne

Trotz des kontrovers diskutierten Kopierschutzes mit Online-Zwang (der während der Testphase keinerlei Probleme bereitete) gibt es eine zwölf Missionen lange Singleplayer-Kampagne, in der Prinzessin Zoé die Vorherrschaft im Reich Tandrien erlangen möchte. Ihr König Konradin verspricht ihr als Gegenleistung die Krone, doch in Tandrien wird die junge und sehr blauäugige Anführerin von einer Menge Gegenspielern erwartet sowie die ein oder andere Überraschung lauert ebenso. Obwohl die nicht allzu überraschende Geschichte bereits nach acht oder neun Missionen beendet sein könnte, - die Story bietet das quasi an - erstreckt sich der Feldzug über zwölf Karten und beschäftigte mich rund 20 Stunden. Der Story-Modus wird ganz im Gegensatz zu vielen anderen Aufbaustrategiespielen hervorragend präsentiert und zwar durch etwaige Vollbild-Rendersequenzen und animierte Dialoge zwischen den Protagonisten innerhalb der Missionen; ebenfalls in der überzeichneten und sehr stimmigen Comic-Grafik.

Der Anfang der Kampagne (fünf Missionen) ist ein ausführliches Tutorial und sobald alle Funktionen/Spielweisen erklärt wurden, dürft ihr euch gegen einen oder mehrere Mitspieler beweisen und um Siegpunkte kämpfen. Auch hier ist es möglich, den Feldzug weitgehend ohne kriegerische Handlungen zu gewinnen oder umgekehrt. Die Computergegner stellten keine sonderlich große Hürde dar, außer wenn ihr es am Anfang 

Ausschnitt aus einer Render-Zwischensequenz: Prinzessin Zoé spricht mit Dracorian.
verpasst wichtige Sektoren zu erobern, kann es vorkommen, dass euch die Feinde wichtige Areale (z.B. Zugang zum Händlerhafen) wegschnappen und sich dort verbarrikadieren. Gelegentliche Angriffe auf entlegene Sektoren hat die KI im Übrigen vorgenommen und je nach Profil des Gegners sind die Feinde durchaus rasant bei ihrer Spezialität, z.B. bei der Erforschung von Technologien oder beim Ausbau zum Bischofssitz. Im weiteren Kampagnenverlauf werden die Karten u.a. dadurch anspruchsvoller, dass gewisse Ressourcen kaum vorhanden sind oder durch komplexe Transportketten verlagert werden müssen. Nichtsdestotrotz kann ich mich nicht entsinnen, jemals eine bessere Kampagne in einem Aufbau-Strategiespiel gesehen zu haben. Sowohl die Präsentation der Rahmenhandlung, Umfang und Ziele sind rundum gelungen.

Neben der Kampagne könnt ihr im 'Freien Spiel' bzw. 'Scharmützel' gegen computergesteuerte Feinde mit unterschiedlichen Profilen antreten (auch in Teams) und mit "Karograph" lassen sich verschiedene Einstellungen vornehmen, u.a. die Ressourcenverteilung oder welche Siegpunkte bzw. Ereignisgebiete vorhanden sein sollen.

Mehrspieler-Modus

Via Server-Browser oder automatischer Matchmaking-Funktion nehmt ihr an Online-Partien teil und sonstiger Multipayer-Schnickschnack wie Rangliste, Freundesliste oder Ingame-Post-Funktion dürfen nicht fehlen. Detaillierte Statistiken sollen ebenso verfügbar sein, aber diese sind bisher eine Baustelle auf der Website. Dafür gibt es spezielle Chaträume für Mentoren, dies sind Siedler-Spieler, die anderen Kollegen auf die Sprünge helfen können. Sollten trotzdem Mitspieler fehlen, können die leeren Plätze mit KI-Herausforderern aufgefüllt werden. In den Testpartien war die Performance soweit in Ordnung, jedoch haperte es leicht an der Stabilität der Matches; der Pflichtpatch 1.01 nimmt sich diesen Problemen teilweise an.

Euer Schloss lässt sich aufwändig an eure Wünsche anpassen.
 Die am Starttag des 25. März getesteten Online-Siedeleien funktionierten mit leichten Lags so weit problemlos; mehrere Zweier-Matches und eine Vier-Spieler-Partie wurden ausprobiert. Das Vierer-Match war übrigens nach rund 50 Minuten vorbei, was u.a. daran lag, dass zwei Spieler die Partie vorab verlassen haben - ob dies ein Disconnect oder ein freiwilliges Ende war, konnte nicht erschlossen werden (kein Chat-Kommentar); wobei die Siedlung eines Spielers aber auch extrem mau aussah. Der Imperium-Modus (Rangliste) mit automatischem Matchmaking konnte nicht getestet werden, weil keine Mitspieler gefunden wurden - wahrscheinlich zu wenige aktive Liga-Spieler am Starttag.

Ausbaubares Schloss

Für abgeschlossene Kampagnen-Missionen, Scharmützel oder Multiplayer-Mateches werdet ihr zusätzlich mit "Geld" belohnt. Mit dem virtuellen Vermögen könnt ihr weitere Prestige-Elemente, KI-Profile oder Bauteile für das Schloss freischalten. Bei dem Schloss handelt es sich um euren "veränderbaren Avatar", den ihr mit über 120 Teilen anpassen könnt. Nein, diese Schloss-Individualisierung hat keinen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit eurer Siedlung. Ihr könnt eurem Reich so einen individuellen Touch verleihen.

Fazit

Mit diesem Siedler hatte ich mehr Spaß als mit "Erbe der Könige" und "Aufstieg eines Königreichs" zusammen! Hinter dem abschreckenden Kopierschutz versteckt sich ein wunderschönes und überaus umfangreiches Aufbau-Strategiespiel, das an Qualität gewonnen hat: Das Wirtschaftssystem ist umfangreicher, der Anspruch komplexer und damit verleugnet Siedler 7 nicht seine Wurzeln wie es C&C4 kürzlich getan hat. Darüber hinaus gibt es endlich mehrere nichtmilitärische Möglichkeiten zu gewinnen, was zugleich den Spielfluss angenehm beschleunigt und die Partien abwechslungsreicher gestaltet. Handel, Forschung sowie Militär ergänzen sich prima und das Siegpunktesystem motiviert. Auch die Wirtschaft braucht sich nicht zu verstecken und deutet mit den Lagerhäusern zurück auf Siedler 2, wobei mir allerdings die Nahrungsversorgung zu einfach geraten ist und die Produktionsketten nicht an die Komplexität eines Anno 1404 heranreichen - dafür gibt es kaum Fallen, in eine Produktionssackgasse zu geraten. Als störend empfinde ich zudem, dass das Feedback einiger Betriebe zu sehr in den Hintergrund geraten ist und ich meist nur per Zufall bemerke, wenn es irgendwo klemmt - beim Mikromanagement fehlt es an Übersicht. Ansonsten weiß die rund 20 Stunden lange Kampagne zu überzeugen, deren kaum überraschende Story immerhin aufwändig präsentiert wird. Würde das Spiel zudem mehr Karten für Scharmützel oder den Mehrspieler-Modus bieten, hätte man unter Umständen selbst Anno geschlagen. Trotzdem: Das ist das beste Siedler seit mehr als zehn Jahren!

Pro

spannender Wettkampf um die Siegpunkte
mehr Tempo und Abwechslung in den Partien
drei Sieg-Möglichkeiten, die gut ausbalanciert wurden
Forschung und Handel als neue Spiel-Elemente
gestärktes und gutes Wirtschaftssystem
sinnvolle Möglichkeiten aus einer Sackgasse zu kommen
sehr schöne Kampagne
gutes Tutorial
ansprechend präsentierte Geschichte
Karten flexibel anpassbar
KI mit mehreren Profilen und Vorlieben
großartige Zoom-Funktion
hohe Sichtweite
außergewöhnlich tolle Landschaft
schöne Animationen und leicht überzeichnete Comic-Grafik
großartiger Soundtrack
tolle Sprachausgabe
viele Multiplayer- und Social-Features
Schloss-Editor

Kontra

nur sieben Karten für Scharmützel und Mehrspieler-Modus
Übersichtsprobleme: keine Gebäudesuche, keine Meldungen bei Inaktivität oder Produktionsstopp (lediglich Icons)
lediglich zwei Arten von Nahrung
Verschanzen fällt leicht
keine Prioritätenliste beim Transport von Gütern
übertriebene Weichzeichnereffekte
zu wenig Team-Optionen im Multiplayer
Rohstofficons könnten länger angezeigt werden
Kampfsystem hätte ein oder zwei mehr Einheiten vertragen können
nur ein Volk
magere Kampfgeräusche

Wertung

PC

Eine stärkere Wirtschaft und clevere Siegpunkte bringen neues Leben, Abwechslung und mehr Tempo in die Reihe. Das beste Siedler seit mehr als zehn Jahren!

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