18 Wheels of Steel: Extreme Trucker13.11.2009, Mourad Zarrouk
18 Wheels of Steel: Extreme Trucker

Im Test:

Ein Monat ohne den Test eines einzigen Titels aus dem Hause Rondomedia? Der Oktober stand im Zeichen der soliden Simulationen von Aerosoft, im November schauen wir uns mit "18 Wheels of Steel - Extreme Trucker" und dem "Abschleppsimulator" einmal mehr Spiele der Mönchengladbacher an. Den Anfang macht deren neuester Ableger der 18 Wheels-Serie, der ein "extremes" erlebnis verspricht. Ob extrem gut oder extrem schlecht, werden wir klären. 

Auf Achse

Wer kann sich noch an die beliebte ARD - Vorabendserie erinnern?

Der Coca-Cola Weihnachtstruck? Wir wissen es nicht...
Von 1977 bis 1996 wurden sechs Staffeln der Trucker-Serie mit Manfred Krug in der Hauptrolle abgedreht. Ein wichtiger Grund für den Erfolg, war sicher auch die Tatsache, dass an exotischen Orten gefilmt wurde. Da musste Krug (alias Meerdonk) seinen Sattelschlepper mal über die marokkanische Steppe, mal durch thailändische Dschungelstraßen manövrieren - die weite Welt, Abenteuer trifft Fernweh, ein Rezept das aufging. Warum nicht auch bei einem Trucker-Spiel, dachte man sich bei Rondomedia. Und so geht's beim neuesten Ableger der 18 Wheels of Steel - Serie in "extreme" Gebiete. Genauer: Nach Alaska, Australien und in die Anden. Das Abenteuer beginnt im Norden. Wer unlängst mal bei DMAX reingeschaut hat, könnte es wissen: In Kanada und Alaska fahren mitunter tatsächlich tonnenschwere Sattelschlepper über meterdickes Eis, in der Doku-Soap "Ice road Truckers" wird dies thematisiert. Na denn, das Abenteuer will ich mir nicht entgehen lassen und so stöpsle ich mein Force-Feedback-Lenkrad an und schwinge mich virtuell auf den Bock eines klassischen "Peterbilt", um "Sondermüll" von den Fantasieorten Tuktoyaktuk nach Inuvik zu transportieren. Zur Wahl stehen mir zunächst nur zwei Aufträge. Und da es schließlich Punkte zu sammeln gilt, um den Einstiegsrang "Autobahnmade" möglichst schnell hinter sich zu lassen, entscheide ich mich für den mit der längsten Strecke, denn das bringt auch die meisten Punkte. Ein paar simple Symbole verraten mir, womit ich es zu tun bekomme: Informationen zu Wetter, Ladung, Strecke und Tageszeit lassen sich auf diese Weise schnell abrufen. Nachdem ich zwischen manueller oder automatischer Schaltung ausgewählt habe, gehts los. Nach kurzer Ladezeit finde ich mich am Steuer der Sattelzugmaschine wieder&.der Hänger ist netterweise schon angekoppelt, es kann also gleich losgehen. Gas geben und mit einem eher dünnen "Wrrumm" setzt sich das Ungetüm in Bewegung.

Durch Schnee und Eis

Schon nach einigen Minuten Landstraße (Autobahnen gibts hier nicht) mündet die Straße wie von Geisterhand und völlig unvermittelt in einen See!

Blick aus der Cockpitperspektive - löblich: Die Armaturen sind funktionstüchtig und ablesbar.
Einen zugefrorenen immerhin und so setze ich meine Fahrt unvermittelt unter gelegentlichem (mutmaßlich wohl bedrohlich klingendem) Ächzen und Knarzen des Eises fort. Rechts und links des Fahrbahnrandes passiere ich verunglückte Fahrzeuge und hin und wieder mache ich größere Risse oder Löcher im Eis vor mir aus, die es offensichtlich zu meiden gilt&spannend. Ohne weitere Probleme passiere ich diesen Eis-Abschnitt, denn kurioserweise steuert sich mein tonnenschwerer Sattelzug hier nicht anders als auf der Straße, trotz Force Feedback. Nach einer Weile setzt Schneefall ein, welchem ich die Aktivierung meiner Scheibenwischer entgegen setze & auch spannend (sieht aber zumindest ganz glaubwürdig aus). In der Abenddämmerung nähere ich mich meinem Ziel und vermisse spätestens jetzt eine einblendbare Karte, wie es eigentlich Standard sein sollte. Ich muss jedes Mal das Spiel unterbrechen und auf die (zudem nicht zoombare) Karte schauen, um zu überprüfen, wo ich mich gerade befinde, bzw. wo ich abbiegen muss. Das fühlt sich dann so an, als hätte ich ein Navi, müsste es aber jedes Mal umständlich aus dem Handschuhfach kramen und es anschließend auch noch wieder zurücklegen - sonderbar. Da die Streckenführung in den Spielwelten jedoch ohnehin sehr "überschaubar", um nicht zu sagen begrenzt, ist, fällt dieses Manko nicht allzu dramatisch ins Gewicht. Mehr als zwei Handvoll Ziel- und Startorte gibt es eh nicht pro Szenario und die hat man dann auch schnell "drauf". Meine erste Lieferung erreicht ihr Ziel auch locker in der vorgegebenen Zeit (die Zeitvorgaben sind immer gut machbar) sowie unbeschadet, denn jeder "Bums" wird als Schaden in Bezug auf die Ladung gewertet. Nach jeder Tour wird abgerechnet und wer sich zu viele Karambolagen erlaubt hat, oder arg "trödelt", muss auch schon mal ohne Punkte leben.      

Alaska, Australien, Peru, alles derselbe Schuh

Schon nach vier Touren und etwa einer Stunde Spielzeit habe ich die nötigen Punkte erreicht, die mich qualifizieren, den Kontinent zu wechseln.

Unterwegs auf den endlosen Highways Australiens: Man beachte das Linksfahrgebot.
Also gehts ab nach Australien, wo mich Highways, Präriepisten und interessanterweise eine Menge Kreisverkehr erwartet. Statt Schnee gibts hier Sonne, statt brüchigem Eis mehr Verkehr, es wird links gefahren und die Sattelschlepper sind länger (sog. "Road Trains") - ansonsten ändert sich nichts. Kängurus, denen man ausweichen müsste? Genauso Fehlanzeige wie Innenstadtfahrten mit Ampeln oder Geschwindigkeitsbegrenzungen. Kontrollen, oder Polizei suche ich ebenfalls vergebens und auch Tanken oder das Ansteuern einer Raststelle ist generell weder vorgesehen noch aktiv möglich. Zwar lassen sich vereinzelt Tankstellen grob ansteuern, aber da passiert dann nichts. Chance vertan. Nach noch mal etwa ein bis zwei Stunden Spielzeit gehts dann zum dritten und letzten Szenario: Den Anden. Hier werden die Sattelzüge wieder kürzer, teilweise handelt es sich auch nur um Lieferwagen ohne Anhänger,  dafür sind die Passstraßen eng, verwinkelt und grenzen häufig an den Abgrund. Es ist grüner und regnet bisweilen. Überfälle von Milizen und Drogenschmugglern? Nix! Lawinen oder Geröllhangabgänge? Nein! Übrigens: Immer wenn eine Tour aufgrund eines schweren Unfalls (Absturz, Eiseinbruch, Anhänger umgekippt o.ä.) vorzeitig abgebrochen wird, hat das keinerlei Konsequenzen. Ich fahre die Tour einfach nochmal oder starte eine neue. Eine echte Karriere gibt es ohnehin nicht: Kein meckernder Chef der, keine froher Kunde, kein Sprechfunk und kein Fuhrpark, der erweitert werden könnte. Hier wäre so viel mehr dringewesen!

Herausforderungen? Wo denn?

Leider kann der Extreme Trucker auch in punkto Glaubwürdigeit nicht überzeugen.

In Peru geht es mit kleineren LKW auf engen Pass-Straßen durch die Anden.
Etikettenschwindel kann man Rondomedia nun aber nicht vorwerfen, findet sich der Begriff "Simulation" doch weder im Titel noch auf der Packung. Dort steht allerdings: "Dein Herz schlägt dir bis zum Hals - dein Puls wird rasen wie verrückt" - und das ist gelinde gesagt lächerlich. Außer wenn man darüber nachdenkt, ob 30 ¬ für das Spiel gerechtfertigt sind, fällt mir jedenfalls keine einzige Situation ein, weswegen man beim Spielen in eine solche Gemütslage geraten sollte. Immerhin: Optisch macht das Spiel durchaus was her. Einen fitten PC vorausgesetzt, fährt man auf höchster Detailstufe durch ansehnliche und mitunter recht glaubwürdige Kulissen. Die 25 Trucks und teilweise auch die Ladungen wie Windkrafträder oder Bagger sind mitunter sehr detailliert, obschon die Originallizenzen der Zugmaschinen fehlen. Auch die Cockpitperspektive kann sich mit ihren funktionierenden Außenspiegeln und der zusätzlichen Möglichkeit, sich zu beiden Seiten umzusehen, durchaus sehen lassen. Hinzu kommen drei weitere Kameraperspektiven, die durch ein HUD-Display mit Informationen zu Geschwindigkeit, Gangzahl etc. ergänzt werden. Doch was nützt das alles, wenn sich jeder LKW gleich steuert? Wenn es sogar mit Force-Feedback überhaupt keinen Unterschied macht, ob ich über eine Eisplatte oder eine Sandpiste fahre und wenn Regen oder Schnee nichts anderes als hübsche grafische Spielereien bleiben? Die einzige mögliche Veränderung des "Schwierigkeitsgrades" liegt darin, von der Automatik auf die manuelle Schaltung zu wechseln. Dann muss eben bis zu vierzehnmal genau eine Taste mehr gedrückt werden - na und? Das ist höchstens lästig, aber in diesem Spiel zumindest nicht herausfordernd, weil die Kisten wie von Geisterhand auch wunderbar im siebten von 14 Gängen "durchziehen". Warum hat man hier nicht eine Kupplungsfunktion eingebaut? Was sollen Blinker, wenn es niemanden schert, ob ich sie benutze? Und wieso muss ich meinen Sattelschlepper nicht zumindest in so einer Art  "Profi-Modus" zu Beginn selber ankoppeln und bei Ankunft am Zielort abkoppeln? Wieso kann ich einen meterlangen Sattelzug einfach in einem Schwung auf enger Fahrbahn wenden? Diese stark arcadelastige Spielmechanik ist ganz offensichtlich dem Wunsch geschuldet, ein möglichst breites Publikum anzusprechen. In der Folge befördert mein fünfjähriger Sohn die Trucks sicher ans Ziel! Immerhin: Die übrigen Verkehrsteilnehmer agieren bei weitem nicht so dösig wie im hauseigenen Bus-Simulator 2009 und mein Bolide fällt auch nicht um, wenn ich gegen ein Straßenschild fahre. Doch den einen oder anderen Physik- Aussetzer musste ich schon beobachten: Da wurde mir  in den Anden nach einem Zusammenstoß kurzerhand ein zweiter Lieferwagen aufs Dach gelegt!

  

Fazit

Manchmal hatte ich für einen Augenblick das Gefühl, ich würde tatsächlich einen tonnenschweren Sattelzug steuern. Wenn ich im Scheinwerferkegel einen der ständig zu langsam fahrenden PKW vor mir her schubse, dachte ich für eine Sekunde an den unbarmherzigen Trucker aus Spielbergs Thriller "Duell" - ansonsten ist Spannung in Spiel ebenso Fehlanzeige wie die Polizei oder Konsequenzen. Und nur während der viel zu seltenen Abend- und Nachtfahrten deutet Extreme Trucker so etwas wie Fernfahrerromantik an. Die Realität auf den Straßen sieht trotz ansehnlicher Kulisse wesentlich beschränkter aus: Das monotone Abklappern der immer gleichen Schnee-, Sand- und Gebirgs-Routen sorgt schnell für Einschlafattacken. Denn jeder Bock steuert sich wie der andere - egal ob auf Eis oder Asphalt, egal ob Container oder Treibstoff geladen sind. Ein Einsatz ähnelt dem anderen wie ein Ei dem anderen. Eine motivierende Karriere oder zumindest ein rudimentärer Wirtschaftsteil? Fehlanzeige! So bietet das Spiel letztlich nur in einer Hinsicht eine glaubwürdige Darstellung: Auf Dauer ist der Job als Fernfahrer offensichtlich extrem langweilig. Kinder und Gelegenheitsspieler können hier eine Probefahrt wagen, aber wer etwas halbwegs Realistisches oder Herausforderndes erwartet, braucht gar nicht erst einsteigen.

Pro

drei unterschiedliche Szenarien …
25 Fahrzeuge, 30 Ladungstypen …
ansprechende Grafik
dynamisches Wetter
Tag/Nacht-Wechsel
mehrere Kameraperspektiven

Kontra

- … die sich aber was die Steuerung angeht kaum unterscheiden- … die sich aber alle gleich steuern unabhängig von Typ und Ladung- kein Karrieremodus- kein Tanken/Rasten/Reparieren möglich- keine Polizei/Sanktionen bei Unfällen- keine Innenstadtfahrten- sterile Spielumgebung, ohne Passanten oder Wildwechsel- keinerlei Sprachausgabe (kein Sprechfunk)- mitunter Physik-Aussetzer - kein sichtbares bzw. nachvollziehbares Schadensmodel- Karte nicht zoombar oder dauerhaft einblendbar- kein variabler Schwierigkeitsgrad (zu leicht!)- kein Online-Modus- nicht mal rudimentäres Wirtschaften möglich

Wertung

PC

Ganz nett anzusehen, aber auf Dauer langweilig und ohne echte Herausforderungen – ziemlich anspruchloses Arcade-Trucking.

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