Death Rally07.08.2012, Jan Wöbbeking
Death Rally

Im Test:

Bevor Remedy Max Payne erschuf, entwickelten die Finnen mit Death Rally (ab 2,15€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) ein kleines, erfreulich unsportliches Rennspiel aus der Vogelperspektive. Im letzten Jahr bekam der Oldie eine iOS-Neuauflage, welche jetzt ihren Weg zurück auf den PC gefunden hat. Macht die Zerstörungsorgie heute noch Laune?

Überholen oder in die Luft sprengen?

Der Name Death Rally ist keine Übertreibung: Wenn ich mich geschickt anstelle, habe ich noch vor der Ziellinie das komplette Fahrerfeld in Schutt und Asche gelegt. Wenn kein Gegner mehr da ist, kann schließlich niemand vor mir über die Ziellinie fahren: Sieg durch Zerstörung der Konkurrenz! All zu oft gelingt das Kunststück zwar nicht, aber auch in normalen Rennen erreicht nur ein Teil der Startaufstellung die Ziellinie.

Ähnlich wie im ersten Death Rally oder im guten alten Super Cars 2 für Amiga sieht man die Straßenschlacht aus der Luft, so dass die bewaffneten Vehikel wie Spielzeugautos wirken. Die Steuerung ist simpel gestrickt, wirkt zunächst aber ungewohnt. Ich gebe nicht mit den L- und R-Triggern Gas - stattdessen fährt mein Wagen immer in die Richtung, welche ich mit dem Stick vorgebe. Eine alternative Konfiguration gibt es nicht; nur Tastatur-Benutzer dürfen das Layout umbelegen. Wer möchte, kann die feste Perspektive auf eine Verfolger-Sicht umstellen: Als die Kamera fest hinter meinem Wagen schwebte und jede Drehung mitmachte, konnte ich die Kurven etwas besser einschätzen.

Rabiate Extras

Schadenfreude ist die schönste Freude - vor allem, wenn man einem angeschlagenen Gegner mit einer Mine den Rest gibt! (PC)
Schadenfreude ist die schönste Freude - vor allem, wenn man einem angeschlagenen Gegner mit einer Mine den Rest gibt! (PC)
In manchen Rennen trete ich gegen ein kleines Fahrerfeld an, in anderen gegen im Duell gegen einen starken Rivalen. Dazu kommen kleine Arena-Deathmatches, die sich wie im Egoshooter um die Abschüsse drehen. Wenn ich mich geschickt angestellt habe, wird nicht nur meine gute Platzierung belohnt: Extrapunkte gibt es z.B. für zerlegte Gegner, das Besiegen des starken „Bossgegners“ sowie das Unterbieten meines Strecken- oder Rennrekordes. Mit Preisgeldern und Sammelobjekten schalte ich neue Fahrzeuge frei, motze sie mit besseren Fahreigenschaften auf und statte sie mit Wummen aus. Dazu gehören z.B. eine Gatling-Gun oder eine stachelige Stoßstange für Rammattacken.

Am meisten Spaß macht es, einen Vordermann mit dem Flammenwerfer zu bearbeiten, mit einem Rempler zu überholen und ihm schließlich mit einer Mine den Rest zu geben. Ebenfalls spannend ist das ständige Abwägen zwischen den Belohnungen: Ziehe ich am Feld vorbei? Reicht meine Energie, um danach das MG-Feuer von hinten auszuhalten? Kann mir ein Kanister mit Nitro-Sprit zur Flucht verhelfen? Oder habe ich genug Zeit und Munition, um mich selbst hinter das Feld zu hängen und den Zerstörer zu spielen?

Nicht schon wieder in die Wüste…

Ein Blick auf die iOS...
Ein Blick auf die iOS-...
Das Potential für spaßige Positionskämpfe ist also vorhanden, wird aber durch Streckenmangel und die öde Präsentation ausgebremst. Statt spannend inszenierter Rennserien gibt es eine karge Leiste am unteren Bildrand, in der ständig neue Veranstaltungen erscheinen. Um meinen Fuhrpark aufzurüsten, grase ich also Unmengen der kurzen Rennen ab, welche wieder und wieder auf den gleichen Strecken stattfinden. Ab und zu wird ein neuer Kurs freigeschaltet; nach ein paar Stunden wird die Sammel-Routine trotzdem monoton. Die Hintergrundgeschichte um meine Rolle als Zwangs-Spitzel der Polizei wird nur in öden Standbildchen erzählt. Auch die gelegentlichen Anrufe von zwielichtigen Gestalten lockern die Routine kaum auf: Manchmal fordern Unterweltler mich zu einem Duell mit hohem Preisgeld heraus oder bieten mir an, meine Gegner zu sabotieren. Diese Einlagen werden ebenfalls nur in schrecklich faden Textfenstern präsentiert. Schon in Super Cars 2 auf dem Amiga waren die Treffen mit Sponsoren und der Polizei cooler inszeniert.

Auch die Kulissen sind unspektakulär: Ein Canyon, die Wüste, ein Eis-Kurs und einige Industrie-Anlagen wirken technisch sauber, bieten aber kaum charakteristische Sehenswürdigkeiten. Der Rock-Soundtrack schrabbelt ebenfalls undynamisch vor sich hin und wiederholt sich schnell. Eine gute Idee ist die Online-Anbindung: Schaltet man im Menü den entsprechenden Regler an, erscheinen im Story-Modus andere Veranstaltungen. Sofern sich Mitspieler finden, fährt man dann gegen einen Mix aus menschlichen und Computer-Gegnern – und verdient sich auch hier Bares zum Aufmotzen des Fuhrparks. Lags sind mir in den flüssigen Online-Rennen nicht augefallen. Wer möchte, kann auch ein privates Rennen für eine Runde gegen Freunde aufsetzen. Der Fuhrpark umfasst diverse Fantasiemodelle von Sportwagen über Allrounder bis hin zu Kleinbussen.

Eigenheiten der mobilen Hetzjagd

...und Android-Fassung.
...und Android-Fassung.
Die Versionen für Android und iOS ähneln der PC-Umsetzung. Die Touchscreen-Steuerung reagiert durch den virtuellen Joystick einen Deut weniger präzise, ist aber etwas einfacher aufgebaut: Die Nitro-Symbole sorgen z.B. sofort für einen Geschwindigkeitsschub. Im Gegenzug muss man hier genauer zielen, um mit der Standard-MG zu treffen; auf dem PC haben die Entwickler dagegen ein stärkeres Auto-Aim eingebaut.

Die wichtigste Eigenheit der mobilen Versionen ist das Geschäftsmodell. Wer nicht die nötige Geduld mitbringt, kann sich Waffen, Fahrzeuge und leistungssteigernde Modifikatoren gleich in der App kaufen, beraubt das Spiel damit aber auch seinem größten Motivations-Faktor. Auf Android ist das Spiel sogar nur kostenlos erhältlich: Auf Wunsch gelangt man dort auch durch die Einbindung von Werbung an Extras. Auf dem iPad 1 läuft das Spiel übrigens stets flüssig, auch wenn die Bildrate ein wenig unter der PC-Umsetzung liegt. Die Android-Version ist etwas hardwarehungriger: Auf unserem Sony Ericsson Xperia Play litt das Spiel unter gelegentlichen Slowdowns.

Fazit

Man merkt, dass das Remake von Death Rally seinen Ursprung auf iOS hat: Das simple Menüdesign, die lieblos präsentierte Story, der schlichte Aufbau der Veranstaltungen und der Mangel ans Strecken machen klar, dass nicht all zu viel Hingabe ins Drumherum geflossen ist. Trotzdem entwickelt die Zerstörungsorgie auf der Straße ihren Reiz. Vor allem das ständige Abwägen macht die Rennen spannend: Fahre ich an die Spitze und setze mich den Kanonen der lauernden Meute aus? Oder steige ich in die Eisen und spiele selbst den Rambo?  Auch das Freispielen neuer Tötungsmaschinen motiviert. Nach ein paar Stunden wird das Abgrasen der ewig gleichen Strecken aber ziemlich monoton. Wer zwischendurch Lust auf ein paar rabiate Rennen aus der Vogelperspektive hat, wird aber auf allen Plattformen ordentlich bedient.

Pro

spannendes Abwägen zwischen Angriff oder Überholen
vielschichtiges Belohnungs-System
flüssige Karriere-Rennen mit Online-Gegnern
motivierendes Aufmotzen des Fuhrparks

Kontra

auf Dauer monoton
nur etwa 20 kurze Rundkurse
lieblose Präsentation
schlicht gestaltete Hintergründe

Wertung

iPhone

Streckenmangel und eine lieblose Präsentation dämpfen den Spaß an der eigentlich unterhaltsamen Zerstörungsorgie.

iPad

Streckenmangel und eine lieblose Präsentation dämpfen den Spaß an der eigentlich unterhaltsamen Zerstörungsorgie.

PC

Streckenmangel und eine lieblose Präsentation dämpfen den Spaß an der eigentlich unterhaltsamen Zerstörungsorgie.

Android

Die Android-Version leidet unter gelegentlichen Slowdowns.

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