Future Wars15.03.2010, Bodo Naser
Future Wars

Im Test:

Dass Radon Labs gern Rollenspiele bastelt, wissen wir spätestens seit Drakensang. Aber dass sie auch Strategiespiele machen, dürfte wohl den meisten entgangen sein. Jetzt ist Future Wars (ab 0,18€ bei kaufen) erschienen, das rundenbasierte Taktikschlachten mit futuristischen Einheiten bietet. Lohnt sich ein Gefecht?

Launige Truppe

Ein Hauch von Battle Isle weht übers Schlachtfeld, wenn man mit seinen Einheiten das kantige Gelände erkundet. Die insgesamt 16 Missionen der Kampagne spielen nämlich ebenfalls auf Inseln. Man marschiert über Felder, die allerdings

Rekruten und Ausbilder geben allerhand Launiges von sich. Richtig interessant ist das nicht, weshalb man es öfters wegklickt, um zur nächsten Mission zu kommen. 
viereckig sind, und es läuft auch in Runden. Sogar die Science-Fiction-Story klingt ganz ähnlich, denn auch hier gibt es Schüler, für die die Levels Prüfungen sind, die sie bestehen müssen.

Man spielt den jungen Rekruten Max, der zunächst nicht für voll genommen wird. Er muss erst ein paar Mal seine gouvernantenhafte Ausbilderin Mrs. Howitzer schlagen, um nicht mehr als Newbie zu gelten. Ansonsten tritt man noch gegen andere Schüler, Erwachsene oder gar Unbekannte an, die vermummt bleiben. Leider wurde diese Rahmenhandlung nicht erzählerisch ausgereizt wie etwa in Advance Wars auf dem DS - sie bietet wenig mehr als die schmucklos inszenierte Verzahnung der Missionen; die comichaften Akteure bleiben Abziehbilder.

Die nicht ganz ernst gemeinten Gespräche erinnern übrigens tatsächlich an Drakensang, da sich die Schüler stets launig geben, anschwärzen oder die Reize einer weiblichen Kollegin diskutieren. Wer also in Sachen Rahmenhandlung etwas erwartet, dürfte enttäuscht sein. Aber das macht ja nichts, denn es handelt es sich um ein Taktikspiel, wo all das lediglich Beiwerk ist - hier muss etwas ganz anderes motivieren: Das Gefecht!

Vertrautes und Unbekanntes

Die Schlachten finden in der Zukunft statt: Roboter kommen daher ebenso selbstverständlich vor wie mit schwebende

Waffen und Gelände wirken trotz Zukunfts-Setting vetraut, sie könnten auf der Erde liegen.
Vehikel oder Strahlenwaffen. Die Einheiten wirken aber mit Spähern, Panzern und Artillerie durchaus konventionell. Die eigenen Truppen sind blau, jene der Gegner rot dargestellt: Er schickt rollende Riesenräder ins Gefecht, während die eigenen Einheiten eher normal unterwegs sind. Es wird geschickt Neues mit Bekanntem kombiniert, so dass die Zukunftswelt nicht zu abgehoben wirkt.

Auch das Gelände könnte auf der Erde liegen, denn es gibt Ebenen, Wälder und Gesteinswüsten. Das Wasser ist (fast) unpassierbar, so dass es die einzige Barriere darstellt, die nur schwebende Transporter überfliegen können. Die Infanterieroboter können sogar kleinere Flüsse überwinden, auch wenn sie einen ganzen Zug dafür brauchen. Ein Fahrzeug kann hingegen nur auf festem Boden fahren, wo es auf der Straße richtig weit kommt. Am Ende der virtuellen Autobahnen liegen oft Städte oder Fabriken, die man einnehmen muss. Das Gelände spielt bei der Taktik eine Rolle: So erleiden Einheiten im Wald weniger Verluste als solche auf einer freien Fläche.

                    

Erobern oder zerstören

Wie lautet das Ziel? Ganz simpel: Man kann entweder gewinnen, indem man alle Gegner vernichtet oder gar die feindliche Zentrale einnimmt, die ständig Funkwellen aussendet. Die Einnahme dauert aber ihre Zeit, da es mehr als eine Runde

Auch wenn's die KI nicht tut, Städte sollte man einnehmen. Wer die feindliche Zentrale stürmt, hat gewonnen.
braucht, bis eine Stadt die Farbe wechselt. Städte können zudem nur von Fußtruppen eingenommen werden, da Fahrzeuge im Krieg der Zukunft nix erobern können. Das macht durchaus Sinn, denn so kann man nicht einfach vorpreschen und alles einsacken. Um zum Sieg zu kommen, muss man stattdessen gut planen und leichte sowie schwere Truppen kombinieren. Panzer und Artillerie räumen den Weg frei und Infanterie nimmt dann die Stadt ein. Während der Besetzung kann der Feind durchaus zurückschlagen, um die Einnahme noch zu verhindern.

Alle feindlichen Einheiten auszuschalten, kann ebenfalls zum Sieg führen. Allerdings ist das nicht ganz so einfach, da man in den eigenen Fabriken jederzeit Nachschub produzieren kann, so weit man Geld hat. Zu Beginn hat man nur eine kleine Truppe, die aus ein paar Einheiten besteht. Aber das steigert sich immer mehr: Je komplexer die Missionen werden, desto schlagkräftiger wird auch die Truppe. Zudem kommen Mission für Mission immer bessere Einheiten hinzu, wie Sturmpanzer, fahrende Geschütze oder Raketenwerfer, die oft schlachtenscheidend sind. Allerdings wiederholt sich im Spielverlauf manches, so dass der Anflug von Einfallslosigkeit aufkommt.

Taktisches Vorgehen

Trotz recht einfacher Regeln punktet Future Wars mit taktischen Kämpfen: Zum einen sind da die Eigenschaften der Einheiten. Das Stein-Schere-Prinzip gilt auch hier, so dass ein Spähfahrzeug zwar gut 

Wie man den Feind schlägt, bleibt jedem selbst überlassen. Ebenso welche Einheiten dabei zum Einsatz kommen.
gegen infanterieähnliche Kampfroboter ist, aber schlecht gegen einen Panzer aussieht. Das ist recht konsequent durchgehalten, aber die Vor- und Nachteile könnte man noch besser kenntlich machen, da sie nur in einem Untermenü stehen. Zudem kommt das Gelände hinzu, denn Fußtruppen, die in Deckung sind, erleiden weniger Schaden als solche auf eine Freifläche. Da der Schaden stets auch vom eigenen Zustand abhängt, ist es wichtig, wer als erster feuert.

Das in Vierecke aufgeteilte Gelände lässt sich übrigens gut nutzen, da es versteckte Passagen und Engpässe gibt. So kann man eine Engstelle fast dicht machen, indem man einige Tanks dort positioniert. So ist es für den Feind fast unmöglich, dort ohne schwere Truppen rasch zu passieren. Keine Rolle spielen leider Erfahrung oder Moral der Truppen, denn die Einheiten sind immer gleich - egal ob sie aus der Fabrik kommen oder schon gekämpft haben. Nach jeder Schlacht bekommt der General zwar eine virtuelle Beurteilung und steigt irgendwann auf. Sonderlich wichtig ist das aber nicht, weil ein erfahrener Anführer keine Vorteile im Kampf bietet - hier ist Advance Wars auf lange Sicht wesentlich motivierender.

       

KI: Stärken und Schwächen

Frau KI hält zwar dagegen, macht aber auch öfters Fehler, insbesondere wenn sie selbst angreift.
 Leider opfert die KI wichtige Einheiten öfters ohne Not, indem sie sie ins feindliche Feuer schickt. Manche Einheit ist verletzlich, wie etwa die Geschütze, die nicht auf direkte Nachbarn feuern können. Fatal ist der Verlust, wenn man nur eine bestimmte Anzahl solcher einmaligen Truppen bekommt und sie nicht nachproduzieren kann. Ansonsten hält die KI aber gut dagegen, da sie nicht nur verteidigt, sondern eigene Vorstöße unternimmt. So entspinnen sich Schlachten, die recht interessant sind. Durch einen Scheinangriff lässt sich die KI aber zu leicht verwirren und wenn man aus zwei Richtung attackiert, reagiert sie chaotisch.

Der größte Lapsus: Die KI erobert keine feindlichen Städte, da etwa Mrs. Howitzers Truppen an ihnen vorbei rauschen. Das ist nicht sehr schlau, denn die Städte steigern die Produktion. Je mehr Städte man hat, desto mehr Einheiten kann man ausheben. Zudem werden Einheiten in einer Stadt geheilt, wenn sie dort mindestens eine Runde verweilen. So kann man die Städte als Außenposten verwenden, in die man sich notfalls zurückzieht. Fabriken erobert die KI aber durchaus, denn sonst könnte sie nix produzieren. Die Computergegner werden im Lauf des Spiels immer aktiver, so dass sie auch mal weit reichende Angriffe starten, dennoch sollte ihr Vorgehen konsequenter und gezielter sein.

Zweifelhafte Aufmachung

Future Wars spielt zwar in der Zukunft, aber vieles sieht doch eher seltsam als richtig modern aus: Das gilt weniger für die Kriegstechnik, bei der es auch mal ordentlich kracht, als für die Dinge drum herum. Die Menüs, Designs und Bilder wirken oft sehr einfach und nicht sonderlich hochwertig, was einen etwas billigen Eindruck hinterlässt. Der Sound könnte aus einem Spiel der Amiga-Ära stammen und eine Sprachausgabe hat man sich ebenfalls gespart, so dass man Gesprochenes lesen muss. Das ist halb so wild, denn das Gesagte ist oft nicht wirklich erhellend, so dass man es wegklickt.

Manches sieht doch etwas billig aus, da könnten ein paar schönere Menüs schon Wunder wirken.
 Auch die Bedienung, die grundsätzlich einfach gehalten ist, erweckt bisweilen den Eindruck, als wäre sie von gestern. Da muss man für jede Einheit nach jedem Zug ein OK geben. Und erst wenn man alle Truppenteile durch hat, leuchtet die Schaltfläche für die nächste Runde grün. Obwohl man so selten eine Einheit vergisst, wirkt das schon sehr altbacken in einer Zeit, wo in Spielen normal alles automatisch geht. Es ist aber teils daher zu erklären, dass man es auch per E-Mail spielen kann. Und da muss der Rechner wissen, wann man mit seinem Zug fertig ist.

Freie Partie und Hot Seat

Wem die Kampagne nicht reicht, der kann auch ein freies Spiel starten, das auf teils interessant gestalteten Karten stattfindet. Diese kann man auch mit dem Leveleditor fabrizieren, was aufgrund der Einteilung der Karte in Kästchen leicht zu verinnerlichen ist. Darüber hinaus darf man Future Wars noch zu mehreren Leuten an einem Rechner (Hot Seat) oder im LAN spielen, aber leider nicht per Internet.

      

Fazit

Das ist zwar kein neues Battle Isle, aber Radon Labs ist in Sachen Hardcore-Strategie eine solide Premiere gelungen. Das schnörkellose Taktikspiel unterhält mit seinen spannenden Rundenkämpfen, die Raum für eigene Planungen lassen. Das in Kästchen eingeteilte Gelände lässt sich ebenso ausnutzen wie die Vor- und Nachteile der hochtechnisierten Einheiten, die dem altehrwürdigen Stein-Schere-Prinzip entsprechen. Die Schlachten wirken zunächst ausgeglichen, wären da nicht Aussetzer der KI, die schon mal sinnlos Einheiten verschwendet oder ums Verrecken keine Städte einnimmt. Das schmälert das Erlebnis aber weniger als eine gewisse Schlachtenroutine, bei der der Eindruck aufkommt, jetzt sei den Machern nichts mehr eingefallen. Zwar wird in der Kampagne jede Mission eine neue Einheit eingeführt, aber die Einsätze gegen Mrs. Howitzer und Co. gleichen sich doch im späteren Verlauf. Obwohl man dann auch Flugobjekte einsetzen kann, sorgt das nicht für genug Abwechslung, zumal man weder Truppen noch Anführer mit Erfahrungspunkten verbessern kann. Die Hintergrundstory hätte man sich ebenso sparen können wie die Orden und Beförderungen. Immerhin gibt es einen Hot Seat-Modus sowie einen Leveleditor für neue Karten. Allerdings vermisst man schmerzlich einen Online-Modus. Unterm Strich fehlt hier nicht nur die Langzeitmotivation, auch die teils billige Präsentation trübt den futuristischen Gefechtseindruck.

Pro

Taktik entscheidend
eingängiges Prinzip
spannende Kämpfe
KI hält dagegen
ausgeglichene Einheiten
Geländevorteile nutzen

Kontra

anfangs zu simpel
KI erobert Städte nicht
Computergegner opfern sinnlos Einheiten
einiges wiederholt sich
manches wirkt billig

Wertung

PC

Brauchbarer Strategie-Erstling von Radon Labs, der einige Kinderkrankheiten hat.

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