Operation Barbarossa - The Struggle for Russia 30.04.2010, Bodo Naser
Operation Barbarossa - The Struggle for Russia

Im Test:

Ein rundenbasiertes Strategiespiel, bei dem man im Zweiten Weltkrieg in größerem Stil berühmte Schlachten nachspielen kann. Da werden Erinnerungen an Panzer General wach. Dem unsterblichen Klassiker eifert nun ein Klon namens Operation Barbarossa von The Games Company nach. Was kann er?

Ostfront General?

Man kann das gesamte Unternehmen Barbarossa nachspielen: Das umfasst Gefechte vom 22. Juni 1941 bis Kriegsende, die von Minsk über Leningrad bis vor Moskau reichen. Sogar Fall Blau

Für Hobby-Generäle gibt's Kampagne, Einzelschlacht und Hot-Seat-Modus. Leider wirkt es schon hier billig.    
ist als eigene Kampagne spielbar, was der Codename der deutschen Sommeroffensive 1942 war, die mit der Niederlage von Stalingrad endete. Die Einführung spielt in Tschechien und Polen, sonst fehlen aber Szenarien, die vor dem Russlandfeldzug ablaufen. Zudem gibt es einen Hot-Seat-Modus, bei dem man Schlachten auch zu zweit an einem Rechner oder per E-Mail spielen kann; ein richtiger Internet-Multiplayer fehlt allerdings.

Doch man kann nicht nur die Achsenmächte nehmen, sondern auch die Sowjetunion. Der "Große Vaterländische Krieg", wie er in der Sprache der Propaganda heißt, beginnt mit der Winteroffensive 1941, als die Deutschen zum ersten Mal im großen Stil zurückgeschlagen wurden. Dann aber tun sich größere Lücken auf, denn die nächste Schlacht ist erst Stalingrad. Da hatte man als Russe bei Allied General doch mehr zu tun, weil man die Wehrmacht in einigen Abwehrschlachten aufhalten musste. Schließlich kommt man irgendwann über Kursk nach Berlin, wo der Endkampf tobt.

Ne Nummer kleiner

Die schiere Zahl der historischen Feldzüge ist dann auch so ziemlich das einzige, was bei Operation Barbarossa an Panzer

Die überschaubaren Schlachten geben selten den Eindruck wieder, wie umfassend die Operation in echt war.
General heran kommt. Denn die Schlachten sind viel kleiner und auch nicht so ausgefeilt wie beim großen Vorbild. Meist erstrecken sie sich nur über einen Bildschirm und dauern auch nur höchstens mal um die zehn Runden. Wer vorher siegt, fährt einen strategischen bzw. taktischen Sieg ein. Größere Schlachtfelder mit mehr Truppen gibt es nur bei richtig großen Schlachten wie etwa in Stalingrad. Panzer General fing zwar auch harmlos an, aber es wurde es doch rasch anspruchsvoller. Die Schlacht um Moskau war gigantisch, wenn man denn so weit kam.

Die Gefechte sind hier bei weitem nicht so stahlhart, auch wenn es nominell drei Schwierigkeitsgrade gibt. Bereits in de ersten Schlacht um Polen konnte man im Klassiker scheitern, wenn man sich denn verzettelte. Das ist bei Operation Barbarossa nicht der Fall, denn hier sind die drei ersten Missionen quasi Freischüsse, bei denen auch der unbeleckteste Neuling wenig falsch machen kann. Es wird nicht bestraft, wenn man Panzer in Städten kämpfen lässt. Und große Ströme wie in den Ebenen Russlands lassen sich beinahe mühelos queren, so dass man keinen Brückenkopf einrichten muss. Ernüchternd kommt hinzu, dass die Schwierigkeitsgrade sich nicht spürbar unterschieden, so dass man es nicht schwerer machen kann.

Geschichte light

Bei Operation Barabarossa kann man nicht nur sein taktisches

Man kann zwar Wehrmachtsgerät kaufen, aber es ist nur eine bescheidene Auswahl. Vieles fehlt einfach.
Geschick beim Einnehmen der Städte, Brücken und Flugplätzen unter Beweis stellen, sondern auch gleich noch die Geschichte verändern. Allerdings in viel kleinerem Rahmen, denn die Kampagnen verlaufen bei weitgehend linear. Bei Panzer General gab es ja auch mal alternative Verläufe, etwa wenn man nach verlorener Schlacht zur einer anderen kam als bei einem Sieg. Das fehlt hier alles, denn nur der Sieger kommt weiter. Davon abgesehen kann man sich auch weitermogeln, wenn man einfach den automatischen Speicherplatz lädt. Dann ist man trotz Niederlage plötzlich bei der nächsten Schlacht, was wohl so nicht gewollt ist.

Auch die Waffen sind nur an der Oberfläche aus dem Zweiten Weltkrieg, so gibt es etwa Panzer IV, Stukas oder Stalinorgeln. Leider ist es aber nur ein recht unvollständiges Arsenal, denn die Deutschen haben gerade mal eine Flak. Es gibt nur die bei den Alliierten gefürchtete 8,8 cm-Flak. Zudem treten im Gefecht zu viele russische Jagdgeschwader auf, obwohl die Deutschen mit Kriegsbeginn die sowjetische Luftwaffe am Boden zerstörten. Weiter trifft man zwar auf den frühen T-34, aber diese sind viel zu leicht zu zerstören, obwohl 1941 kaum ein deutscher Panzer dazu imstande war. Hier hinterlässt das Spiel keinen authentischen Eindruck, auch wenn vieles namentlich vorhanden ist.

                      

Spielspaß mit der Lupe

Dass das schmucklose Spiel streckenweise so etwas wie Spaß macht, liegt am motivierenden Prinzip, bei dem man nicht nur seine Armee aufstellen, sondern auch die Einheiten 

Mit diesem schmucklosen Menü wird der Nachschub gemanagt, denn die durstigen Einheiten brauchen Sprit und Munition.
noch zur nächsten Schlacht mitnehmen kann. Wie bei Panzer General hat man eine vorgegebene Kerntruppe, die Gefecht um Gefecht immer erfahrener wird. Man kann Eliteeinheiten sogar spezielle Boni zuteilen, so dass sie Übergröße haben, mehr Munition lagern können oder besser im Waldkampf sind. Das ist ebenfalls von Panzer General geklaut, ohne allerdings dessen Nutzen zu erreichen. Erstens kann man so viele Eigenschaften verteilen wie man will, zweitens sind sie im Kampf oft wirkungslos.

Es gibt übrigens kein Einheitenlimit. Man kann also theoretisch so viele Soldaten produzieren wie man will - vorausgesetzt, man kriegt es irgendwann hin, denn bisweilen lassen sich die Transportfahrzeuge nicht einstellen. Einmal auf Halbkettenfahrzeug lassen sie sich nicht mehr auf Pferdegespann zurückstellen. Die Freiheit ist ohnehin nur bedingt, denn erstens braucht man genug Ressourcen und zweitens weiß man nicht, für wie viele Einheiten eine Schlacht gedacht ist. Hat man genug Panzer? Ist die Infanterie zu viel? Zudem sind Rohstoffe noch wichtiger, da die Panzer ohne Treibstoff liegen bleiben und ohne Munition können sie nicht feuern. So sorgt man eher für Nachschub als zu neue Truppen kaufen. Zudem ist es wichtig, durch Eroberungen für Ressourcen zu sorgen, weil sonst die Tanks in den russischen Weiten stecken bleiben.

Wenig taktische Kämpfe

Obwohl man auch bei Operation Barbarossa die Waffen kombinieren muss, um zum Sieg zu kommen, sind die Schlachten

Taktik - weitgehend Fehlanzeige: Der Klon sieht nicht nur hässlich aus, er hat auch bei Gefechten kaum was zu bieten.   
weniger anspruchsvoll. Vieles verzeiht einem das Spiel, etwa wenn man fest eingegrabene Einheiten attackiert. Dann verliert man nur einen Stärkepunkt und nicht wie bei Panzer General fast die gesamte Mannschaft. Auch das Gelände spielt zwar rein, aber es hat kaum eine Auswirkung. Die Umgebung hält einen kaum auf, obwohl es in Russland große Wälder und Sümpfe gab. Anders als bei Panzer General muss man nicht auf der Straße bleiben. Das Gelände bringt auch keine echten Vorteile: Man kann also auch Infanterie in den Bergen angreifen, ohne dass es große Auswirkungen hat.

Im Kampf zeigt sich zudem, dass die KI zu verhalten agiert. Kombinierte Angriffe mehrerer Einheiten bringt sie kaum zustande, so dass man sie nicht fürchten muss. Zudem nimmt sie siegentscheidende Städte nicht ein, obwohl sie frei sind. So bombardieren die Computergegner schon mal sinnlos irgendwo, nur um die Flieger eingesetzt zu haben. In der Luft gibt es noch einen weiteren Bug, denn man kann oft nicht mehr angreifen, obwohl im Flugzeug noch Munition ist. Überhaupt ist das Umschalten auf den Luftmodus ein Krampf, da es nicht reibungslos vonstatten geht. Zudem macht sich bemerkbar, dass die Landschaft zwar in Hexfelder eingeteilt ist, aber diese oft nicht betreten werden können. Die Erkennung der Maus passt nicht, so dass man immer die Einheit davor trifft. Da man nicht drehen kann, kann man auch nicht anders ran.

Billige Aufmachung

Abgesehen von den nervigen Bugs ist selbst das spröde Hearts of Iron 3 eine Schönheit verglichen mit Operation Barbarossa. Die Grafik könnte hässlicher nicht sein: Weder Farben, noch Licht oder auch Details, soweit es sie überhaupt gibt, sind irgendwie gelungen. Die Fahrzeugmodelle wirken unförmig, verwaschen und sind nicht genau abgegrenzt. Zudem sieht alles reichlich billig aus, woran auch ein paar spärliche Effekte wie Regen nichts ändern können. Wird eine Einheit besiegt, platzt sie mit einem geradezu lächerlichen Plopp. Filme fehlen natürlich ebenso. Panzer General war sicher auch keine Schönheit, aber verglichen mit Operation Barbarossa sah es doch noch besser aus.

      

Fazit

Operation Barbarossa ist leider nur ein müder Aufwasch des Klassikers von SSI. Nicht dass ich etwas gegen Klone hätte, aber sie müssen auch was taugen und wenigstens ansatzweise einen kreativen Fortschritt zeigen. Das rundenbasierte Strategiespiel ist aber weder inhaltlich noch äußerlich gelungen und eher ein Rückschritt. Zwar bietet es auf den ersten Blick alles, was auch Panzer General ausmachte: Kerneinheiten mit Erfahrungsgewinn sowie historische Schlachten und Versorgung mit Nachschub. Jedoch ist das alles bei näherer Betrachtung viel zu anspruchslos. So kann man hier nicht wirklich den Lauf des Zweiten Weltkriegs ändern, wie es etwa bei Hearts of Iron 3 geht. Dass das bei The Games Company erschiene Spiel streckenweise etwas Spaß macht, liegt einzig und allein am unsterblichen, aber hier nur schlecht kopierten Prinzip von Panzer General, das zwischendurch aufblitzt. Allerdings muss man nie wirklich beißen oder taktieren, da einem die Siege quasi in den Schoß fallen und die KI kaum fordert. Sie macht Fehler, bleibt insgesamt passiv und erobert wichtige Städte nicht. Das ist nicht der einzige Bug, den das billig präsentierte Spiel plagt: So wurden wichtige Einheiten gleich ganz vergessen, wie etwa fast die gesamte deutsche Flak, weshalb auch die letzte Authentizität flöten geht. Mein Tipp: Finger weg und lieber aufs Original zurückgreifen!

Pro

gesamter Ostfeldzug
beide Seiten spielbar
Einheiten aufrüsten
Kerntruppe mitnehmen
für Munition und Treibstoff sorgen
keine Einheitenlimit

Kontra

keine große Herausforderung
müder Abklatsch von Panzer General
linearer Verlauf
billiger Eindruck
wenig authentisch
lästige Bugs

Wertung

PC

Nette Idee, Panzer General neu zu beleben, aber dann muss es auch richtig sein. Der Schuss ging jedenfalls nach hinten los.

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