Hitchcock - The Final Cut22.11.2001, Bodo Naser
Hitchcock - The Final Cut

Im Test:

Erstmals befasst sich mit Hitchcock - The Final Cut ein PC-Adventure mit den Thrillern des Altmeisters Alfred Hitchcock. Universal Pictures machte dies durch die Vergabe der offiziellen Lizenzen an den französischen Spiele-Entwickler Arxel Tribe möglich. The Final Cut, das auch Ausschnitte aus original Hitchcock-Filmen enthält, soll ganz im Stil des Altmeisters sein. Ob das neue Mystery-Spiel vom französischen Publisher Wanadoo dem gewichtigen Regisseur gerecht wird, erfahrt Ihr wie immer in unserem Test!

Filmreife Story

Die Handlung von Hitchcock - The Final Cut ist eigenständig, atmosphärisch und kein bloßes Potpourri der Film-Klassiker: Als Spieler schlüpft Ihr in die Rolle des Privatdetektivs Joseph Shamley, den eine junge, stumme Unbekannte eines Tages dazu bringt, einen mysteriösen Fall zu übernehmen. Der Schnüffler, der seit dem tragischen Tod seiner Eltern von Visionen geplagt wird, soll das Verschwinden einer ganzen Filmcrew klären. Die hatte sich ein steinreicher Geschäftsmann und Hitchcock-Fan auf sein riesiges und zum Drehort ausgebautes Anwesen geholt, um dort seinen eigenen Film im Stil des Meisters zu drehen. Nun ist es an Shamley, die einzelnen Sets zu untersuchen, um Licht in die reichlich verworrene Geschichte zu bringen. Im Laufe der Spiel-Handlung wird Euer Held bisweilen auf falsche Fährten gelockt, um die Konfusion komplett zu machen - ganz so wie in den bewusst verwirrenden Hitchcock-Filmen.

Gameplay

Wie meist in derartigen Mystery-Adventures, müsst Ihr nun Hinweise sammeln, Gegenstände auflesen und Rätsel knacken. Schritt für Schritt kommt Ihr so der Auflösung der Geschichte näher. Für mindestens 20 Stunden Spieldauer ist daher gesorgt. Die Rätsel, die leider nicht immer ganz logisch erscheinen, sind nicht sonderlich schwer. Sie erschöpfen sich zumeist darin, die gefundenen Gegenstände (z.B. Schlüssel, Codekarten) am richtigen Ort zu benutzen. Daher ist das Spiel grundsätzlich auch für Genre-Neulinge geeignet, die sich allerdings schon ein wenig für Hitchcock interessieren sollten. Alle Tathinweise werden übersichtlich in Eurem Organizer gesammelt, der auf Tastendruck auf dem Bildschirm erscheint. Hier findet Ihr zudem ein Interface mit Eurem Inventar, Karten der Filmsets und den Spiel-Optionen.

Bei Hitchcock - The Final Cut steuert Ihr den Detektiv mittels Tastatur durch das zumeist düstere Ambiente. Diese Steuerung reagiert leider bisweilen ungenau. Öfters findet Ihr auch aufgrund der ungünstigen Kamera-Perspektive z.B. Eingänge nur mit Mühe. Dies liegt vor allem daran, dass der selbständige Kamerawechsel nicht geglückt ist. Das Problem kennt man ja schon aus vergleichbaren Spielen wie Alone in the Dark 4. Immer wenn Ihr beispielsweise etwas Wichtiges aufheben wollt, ist die Kamera entweder weit weg oder gerade um die Ecke, so dass Ihr einfach nix seht. Dass dies gerade in einem Spiel auftritt, das sich mit dem Namen desjenigen Regisseurs schmückt, der in gekonnte Kamera-Wechsel geradezu vernarrt war, ist eher zum Schmunzeln. Hitchcock selbst würde sich wohl im Grabe rumdrehen, wenn er die Schnitte im Spiel sehen könnte! Fairerweise muss man aber sagen, dass auch andere Spiel dasselbe, bisher ungelöste Problem aufweisen.

Die oft ziemlich langatmige Sucherei wird nur sporadisch durch Dialoge aufgelockert, die allerdings nur wenig Interaktion zulassen. Der Handlungsstrang ist für große Auswahlmöglichkeiten auch einfach zu linear. Wie in entsprechenden französischen Adventures (z.B. Myst 3) sind die Orte meist menschenleer. Für ein Hitchcock-Adventure passt diese seltsame Stimmung zum Glück noch ganz gut. Dennoch findet Ihr in Final Cut wohl mehr verschlossene Türen, für die Ihr ständig irgendwelche Schlüssel suchen dürft, als handelnde Personen.

Die wenigen Action-Einlagen sind gelungen und bringen Abwechslung ins Spiel, in der Summe sind es aber viel zu wenige. Hier hätte das Entwickler-Team von Arxel Tribe wirklich mehr machen dürfen, was auch für mehr Spannungs-Elemente gesorgt hätte. Man hat es wohl bewusst gescheut, weitere Action einzubauen, um das doch schon etwas gesetztere Zielgruppe des Spiels nicht vor den Kopf zu stoßen. Da die Einlagen (z.B. Tür aufbrechen, Einsatz der Pistole) aber überhaupt nicht anspruchsvoll sind, hätten es ruhig ein paar mehr sein können.

Grafik und Sound

Die gewohnt schön gerenderten Hintergrund-Bilder sind detailreich und ein wahrer Augenschmaus. Leider weniger gelungen sind die animierten Figuren - insbesondere die des Hauptdarstellers. Die sehen teilweise sogar reichlich grob aus, wenn Ihr sie näher betrachtet. Auch deren Motorik wirkt hölzern, und sie bewegen sich nicht sehr flüssig durch die Räume und Landschaften. Leider wirken auch für die animierten Zwischensequenzen teils nicht gekonnt, bei denen noch hinzu kommt, dass die Farbwahl misslungen ist. Hier hätten sich die Arxel-Designer entscheiden müssen: Entweder schwarz-weiß oder farbig, aber beides zusammen geht nun mal nicht! Die mysteriöse Thriller-Musik passt aber eigentlich ganz gut zur düsteren Stimmung, die den ganzen Drehort umgibt.

Thriller-Atmosphäre

Hitchcock - The Final Cut enthält über 15 Minuten original Film-Material aus den bekanntesten Hitchcock-Klassikern wie Psycho, Frenzy oder Topas. Diese kurzen Ausschnitte sind zumeist dann zu sehen, wenn Euer paranormal begabter Held wieder eine Vision hat. Dies soll wohl übrigens die neuartige Hilfefunktion sein, die Arxel Tribe vollmundig angekündigt hat. Meistens findet Ihr dann kurze Zeit später eine weitere Leiche. Da die restliche Szenerie weitgehend dunkel und menschenleer gehalten ist, erzeugt das alles zusammen genommen eine merkwürdige, aber passende Atmosphäre des Morbiden. Neben dieser gelungenen Stimmung fehlt es dem Spiel aber an einer Portion nervenaufreibenden Spannung, die Hitchcocks Filme schließlich auch kennzeichnet (z.B. Duschszene bei Psycho). Das bekommen ähnliche Spiele wie Gabriel Knight 3 oder das schon leicht angegraute Blade Runner nicht zuletzt auch durch ihre vielen Action-Elemente besser hin.

Pro:

  • erstes Hitchcock-Adventure
  • Action-Einlagen
  • düstere Thriller-Stimmung
  • auch für Einsteiger
  • gerenderte Hintergrund-Grafiken
  • kurze original Ausschnitte
  • deutsche Sprachausgabe
  • mysteriöse Thriller-Musik
  • Kontra:

  • wenige Dialoge
  • wenig Interaktion
  • teils spannungsarm
  • ungenaue Steuerung
  • schlechte Kamera-Führung
  • lieblos animierte Personen
  • teils unschöne Farbwahl
  • häufiger CD-Wechsel
  • Vergleichbar mit:

    Gabriel Knight 3, Alone in the Dark 4, Blade Runner, Myst 3

    Fazit

    Bis auf die besondere Thematik ist Hitchcock - The Final Cut ein geradezu klassisches Adventure aus französischen Landen. Und so sind es auch die üblichen Probleme, die hier auftreten: Allen voran die ungenaue Steuerung und der schlecht getimte Kamerawechsel. Dass gerade die animierten Elemente und die Spannung des Spiels eher enttäuschen, ist mit Hinblick auf den Titel eigentlich schade. Denn wenn Altmeister Alfred Hitchcock schon von der Spielbox prangt, dann muss man dem auch gerecht werden. Nix wirklich Neues also: Arxel Tribe hat das Thema rund um Hitchcock`s großartige Werke zumindest teilweise verschenkt. Was hätte man daraus alles machen können...? Da The Final Cut aber derzeit das einzige Hitchcock-Adventure ist, müssen die Fans des schrulligen Filmemachers vorerst wohl damit vorlieb nehmen.

    Wertung

    PC

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    Kommentare

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