Commander: Conquest of the Americas31.08.2010, Bodo Naser
Commander: Conquest of the Americas

Im Test:

Vor nicht allzu langer Zeit schipperten Nitro Games noch in den Fernen Osten, jetzt geht's Richtung Westen: Auch in Commander: Conquest of The Americas (ab 1,17€ bei kaufen) geht es um Kolonien, Handel und Seeschlachten, die europäische Großmächte untereinander ausfechten. Ist das historische Echtzeit-Strategiespiel ausgefeilter als East India Company?

Kampagne mit Hindernissen

Mein Geld ist schon wieder weg! 

Um all die Forderungen zu erfüllen, muss man sich ganz schön ins Zeug legen. Die Kampagne ist da gnadenlos, auch wenn mal die Kohle ausgeht. 
In Großbauten verschwunden, zerronnen wie Sand, der einem in Lauf der Zeit unter den Fingern wegrinnt. Die anfängliche Pleite stellt sich bei Commander öfter ein, als einem lieb ist - und vielleicht öfter, als das die finnischen Macher beabsichtigten. Das liegt daran, dass man laufende Kosten hat, die einen irgendwann auffressen. Jeder Bau und jeder Fachmann verschlingen monatlich Geld, das man nur bedingt durch Steuereinnahmen auffangen kann. Verlangt man zu viel, sinkt die Stimmung. Zudem braucht man immer genug Moos zum Investieren auf dem Konto, denn es gibt keine Bank, die einem notfalls Geld pumpt. Wenn man einmal ins Minus rutscht und keine Ware mehr auf Lager hat, die man versilbern kann, ist es aus.

Ein Teufelkreis, aus dem man nicht so leicht rauskommt, denn in der Kampagne wird immer wieder gefordert, teure Maßnahmen umzusetzen: Eine neue Flotte, ein Großbau - die Berater drängen einen, immer mehr umzusetzen. Tut man es nicht, wird man irgendwann seines Postens als Gouverneur enthoben. Kommt man ihren Forderungen nach, steigt zwar das Ansehen, aber es schlägt sich auch mit Unsummen in der Bilanz nieder. Baut man wie gefordert einen Palast, so reichen die 120.000 Gulden allein nicht, da der Bau seine Zeit dauert, in der man Geld verdienen muss. Das geht aber nur, indem man Ware handelt. Allerdings sind die Einnahmen anfangs nicht immer üppig. Ein weiteres Problem ist, dass es nicht immer gleich schwer ist: Stößt man zufällig auf Gold- oder Silbervorkommen, kann eigentlich fast nichts mehr schief gehen.

Ware aus der Neuen Welt

Wirklich Profit machen lässt sich eigentlich nur mit dem Verkauf von Waren im europäischen Heimathafen. Man schippert

Der Warentausch geht eher unspektakulär vonstatten, lässt aber das Konto irgendwann anschwellen.
lukrative Dinge wie Tabak, Leder oder Gold quer über den Atlantik, was sich bei mehreren Kolonien automatisieren lässt. Man muss beachten, dass Rohwaren wie Walspeck am wenigsten, Halbfertigware wie Waltran dagegen mehr einbringt. Am meisten nimmt man jedoch ein, wenn man Luxusware wie teure Stiefel verkauft, für die man aber die entsprechenden Produktionsstätten in der Kolonie braucht. Für die wiederum braucht man eine Schmiede, weil das den Aufstieg zunächst etwas abbremst. Für bessere Manufakturen wie eine Silberschmelze benötigt man -warum auch immer- ein Gericht, das mit 55.000 zu Buche schlägt.

Obwohl man bestimmte Voraussetzungen erfüllen muss, ist die Ökonomie eher einfach gestrickt: Es gibt nur zwei Dutzend Waren, um Arbeitskräfte muss man sich gleich gar nicht kümmern und die Produktionsketten bleiben überschaubar. Auch von einer Dynamik ist kaum etwas zu spüren, da es keine großen Ausschläge, Hochs oder Wirtschaftskrisen gibt. Die Wirtschaft wächst kontinuierlich und die Preise bleiben relativ stabil, so dass man das Warenlager im Heimathafen eigentlich nicht braucht, wo man Güter parken kann. Hat man diese einfachen Gesetze mal durchschaut und hält sich daran, schwillt das Konto immer mehr an und die anfänglichen Schwierigkeiten sind vergessen. Leider wird's dann auch zunehmend öde, auch wenn man mal dringend benötigte Waren wie Salz in umgekehrter Richtung über den großen Teich schicken darf.

Zeitalter der Entdeckungen

Das Ganze spielt in der Zeit von 1500-1650, also etwas früher als bei East India Company ist.

Fortschritte wie neue Gebäude kommen von ganz alleine im Lauf der Zeit, was nicht gerade einfallsreich ist. 
Amerika wurde gerade erst von Kolumbus entdeckt, weshalb der Kontinent noch jungfräulich vor sich hin schlummert. Zu besiedeln sind Nord- und Südamerika, so kann man oben im Eismeer Wale fangen, in der Karibik Zucker sammeln oder im Süden Silber abbauen. Die sechs großen Nationen starten sogar grob dort, wo sie historisch den Kontinent kolonisierten. England und Frankreich im Norden, während sich Spanier und Portugiesen im Süden tummeln. Der Vollständigkeit halber sind auch Deutsche und Dänen mit von der Partie, von denen zumindest die Augsburger Welser für kurze Zeit die Geschicke Venezuelas leiteten. Das dänische Engagement blieb aber auf ein paar winzige Karibikeilande beschränkt.

Sonst nimmt man es mit der Historie weniger genau, was schon mit der Verpackung des ohne Multiplayer ausgelieferten Spiels beginnt. Dort ist nämlich ein Kapitän aus dem 18. Jahrhundert mit einem Dreispitz zu sehen, obgleich das Spiel gar nicht diese späte Periode abdeckt. Während des Aufbaus trifft man immer wieder auf Anleihen aus diesem späteren Zeitalter wie etwa die Soldaten, die den typischen Rock tragen. Zudem sind auch die Berater und Diplomaten eher so frisiert, als würden sie ihren Dienst am Hofe eines Königs der Zeit um 1700 versehen. Aussehen müssten sie aber eher wie zur Zeit Shakespeares oder Elisabeths I. Immerhin stimmen die Fortschritte grob mit dem Zeitalter überein, in dem sie eingeführt wurden. Allerdings kann man sie nicht erfinden; so kommen bessere Schiffe irgendwann von allein.

           

Kolonien für den König

Neben dem Kohlescheffeln kümmert man sich um seine Kolonien,

Um seine Einflusszone zu vergrößern, muss man eigentlich nur immer mehr Siedler heranschippern.
was nach mehr klingt, als es im Endeffekt ist. Egal ob Kampagne oder freies Spiel: Man schaut lediglich, dass immer genug Siedler da sind, die man nach Amerika schippern kann. Das ist allerdings viel einfacher als bei Colonization, weil es hier nur eine einzige Sorte Ausreisewilliger gibt. Die wollen allerdings bei Laune gehalten werden, denn jede Stadt hat einen Wert für Stimmung. Aus allen Siedlungen zusammen errechnet sich dann der Durchschnitt, der angibt, wie viele auswandern wollen. Manche Völker haben hier von Anfang an einen Malus, wie die Engländer. Wer zu viele Steuern verlangt oder zu wenig Gebäude baut, die die Stimmung heben, kämpft mit fallenden Werten. Da sich die Kolonisten (warum auch immer) nicht fortpflanzen, ist man ganz auf die Auswanderer angewiesen.

Die Einwohnerzahl einer Kolonie bestimmt auch ihren Einflussbereich, der direkt mit der Erschließung neuer Rohstoffe zu tun hat. Wer mal näher ranzoomt, entdeckt in der Nähe oft Minen oder gar ein indianisches Dorf, das es zu erschließen gilt. Hat man genug Einwohner, kann man auch mit den Eingeborenen Handel treiben, wozu man aber noch eine Mission braucht. Dafür muss man das Stadtzentrum erst erweitert haben, was 80.000 Geldstücke kostet. Großartig anders wird das Spiel dadurch jedoch auch nicht, denn man muss immer noch in erster Linie die Vorgaben der Berater erfüllen. Entsprechendes gilt auch, wenn man mal die Nation wechselt - die Unterschiede sind minimal.

Wenig prickelnde Seeschlachten

Militärisch gibt bei Commander wenig zu gewinnen, wenn man mal von der rasch eingerichteten Garnison absieht, die jede

Wie fast alles im Spiel machen auch die Schlachten nur aus der Ferne Spaß, denn sie sind im Detail eher unansehnlich. 
Kolonie gegen Indianerüberfälle verteidigt. Sonst spielen sich Kämpfe hauptsächlich auf See ab, wo sich Pulks zeitgenössischer Segelschiffe beharken. Das läuft grob so ab, wie man das von Empire: Total War her kennt. Drei Modi gibt's - automatischer Kampf, taktische Seeschlacht, wo man die ganze Flotte dirigiert, und Mittendrin, wo man jedes Schiff einzeln per Tastatur steuert. Die feindlichen Kapitäne ballern aus allen Rohren, weshalb man schon mal ein Schiff verliert. In der Regel gewinnt man aber doch, da die KI meist weniger Schiffe hat. Zudem muss man eigentlich nur auf den Feind klicken, den Rest erledigt dann Navigator Computer.

Obwohl man nur ab und an mal gegen Piraten kämpft, klickt man das oft genug das automatische Ergebnis, weil die Kämpfe auf Dauer recht öde sind. Die grobe Darstellung ist wenig beeindruckend, die Schiffe bewegen sich trotz eingebauter Beschleunigungsfunktion in Zeitlupe und die Möglichkeit zu entern gibt's auch nicht. Das erklärt auch, warum man die Funktion für eine schnelle Schlacht eher sporadisch verwendet, obwohl man hier auch kampfstärkere Kähne ausprobieren kann, die schon erst später kommen. Hier treffen Karacke auf Fregatte, die sich im Spiel so nie begegnen würden. Spannender wird's aber auch dadurch nicht, wenn man die Munition wie bei Pirates! wechseln kann oder der Sound besonders krachig klingt.

Harmlose KI

Kämpfe gegen feindliche Nationen sind dennoch selten, weil die KI fast nie einen Krieg vom Zaun bricht. Die Computergegner sind eher gutmütig, werkeln vor sich hin und schicken einem ab und an ein Angebot über eine Warentausch, von dem man nicht so genau weiß, ob er sich überhaupt lohnt. Deren Nutzen liegt wohl eher im Verhandeln selbst, denn wer häufig tauscht, bekommt irgendwann ein Angebot über einen Pakt. Leider ist auch die Diplomatie wenig ausgefeilt, weil sie nur ein paar Möglichkeiten bietet. Man kann Abkommen schließen, Waren anbieten und Krieg erklären - das war's.

Da es keine Forschung gibt, kann man natürlich auch keine Fortschritte tauschen, wie man das von Civ kennt. Daher bringt es auch nicht so viele Vorteile, verbündet zu sein, weshalb man sich die Diplomatie komplett schenken kann. Einen persönlicheren Touch bekommt das handelslastige Spiel auch nicht dadurch, dass man die Schiffskapitäne bei Aufstieg ein wenig verändern kann. Man kann ihnen dann zwar eine neue Fähigkeiten verleihen, die sie schneller segeln lassen. Richtig individuell auf Nationen abgestimmt ist das jedoch nicht, denn die Offiziere wiederholen sich, wenn man mal mit einem anderen Volk spielt.

     

Fazit

Obwohl Commander: Conquest of the Americas eine Ecke besser ist als das grob geschnitzte East India Company, fehlt doch noch einiges für ein gelungenes Spiel. Ein paar Einfälle wie Stimmung, Indianerdörfer oder Einflusssphären sind zwar nett, aber sie allein machen noch keinen Unterschied. Zwar darf man dieses Mal auch Kolonien ausbauen, aber der Warenhandel über die hohe See macht nur ein paar Stunden Spaß. Dann nämlich hat man genug Geld gescheffelt, alle Bauten gesehen und Waren produziert. Wenn man immer hübsch der Reihe nach genau das macht, was die Berater fordern, wird man auch nicht gefeuert. Zwar ist das Überleben eher vom Startpunkt als vom Können abhängig, aber hat man es dann geschafft, wird es rasch langweilig. Der Inhalt ist einfach nicht anspruchsvoll oder dynamisch genug wie etwa in Civilization, um einen länger als nötig bei der Stange zu halten. Man muss weder Entdeckungen machen, noch auf wirtschaftliche Schwankungen reagieren oder gegen aggressive Feinde bestehen, da die Verhandlungspartner sich zurückhalten. Die gelegentlichen Piratenattacken sind eher ein Klacks, auch wenn man aufm Schiff mal selbst ans Steuer darf. Sonderlich spannend sind die von Empire: Total War kopierten Seeschlachten aber nicht, was mit daran liegt, dass sie wie das ganze Spiel eher trocken präsentiert werden.

Pro

Kolonie ausbauen
Handel macht reich
Stimmung entscheidend
Berater zufrieden stellen

Kontra

kaum Dynamik
viel vom Zufall abhängig
Forschritte nicht erforschen
wenig diplomatische Möglichkeiten
eher harmlose Computergegner
kein Multiplayer
wenig historisch
keine Landschlachten

Wertung

PC

Zwar eine leichte Verbesserung gegenüber East India Company aber dennoch kein Strategie-Meisterwerk.

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