Feuerwehr-Simulator 201012.02.2010, Mourad Zarrouk
Feuerwehr-Simulator 2010

Im Test:

Fragt man zehn Jungs nach ihrem Berufswunsch, antworten drei "Astronaut", drei "Polizist" und mindestens vier "Feuerwehrmann". Nicht von ungefähr hat in Deutschland jedes Dorf und jeder Stadtteil seine freiwillige Feuerwehr. Was liegt also näher, als diesen Beruf  zu "versimulieren". Der Markt ist da, das Volk will es ... 

Tatü-Tata- Die Feuerwehr ist da

Unterwegs zum Unfallort: Und dieser Einsatz gehört noch zu den spekatkuläreren...
So viel kann es gar nicht brennen in Deutschland, dass die Legionen an Feuerwehrleuten wirklich genug zu tun bekämen - vermutlich könnten wir den gesamten Ostblock gleich mitlöschen, wenn's drauf ankäme. Aber gerade die freiwilligen Feuerwehren haben ja auch einen gemeinnützigen Auftrag, fördern das Ehrenamt und halten Jugendliche von "Killerspielen" fern. Um die Zielgruppe aber trotzdem an den PC zu locken, wartet Astragon mit seiner neuesten Alltagssimulation auf: Dem Feuerwehr-Simulator 2010 (ab 8,89€ bei kaufen). Nun ist das im Grunde nicht sooo originell, denn der Berufstand  wurde natürlich schon oft "versoftet". Hier seien vor allem die "Emergency-" und - "Fire Departement"-Serien erwähnt. Die gleichen allerdings eher Strategiespielen, die Einsätze werden meist aus der Iso-Perspektive geleitet. Im Feuerwehr-Simulator sollt ihr laut Werbetext erstmals die Arbeit eines deutschen Feuerwehrmanns aus der Ego-Perspektive miterleben können. Die Betonung liegt hier übrigens deshalb auf "deutscher Feuerwehrmann", weil dies tatsächlich ein Alleinstellungsmerkmal ist. Mit "Real Heroes - Firefighter" ist  nämlich pikanterweise über die Tochterfirma   Rondomedia ein vergleichbares Produkt für die Wii erhältlich, das sich an der US-Feuerwehr orientiert.  Der Feuerwehr-Simulator indes ist  von der  holländischen Softwareschmiede Vstep entwickelt worden, die unter anderem für den Schiff-Simulator verantwortlich zeichnet und laut Aussage des Publishers bereits professionelle Trainingssoftware für Berufsfeuerwehren entwickelt haben soll. Hört, hört! Gespannt mache ich mich auf zu meinem ersten von insgesamt elf Aufträgen.

Direkt ins Feuer ?

"Blinded by the light"? Wir wissen es nicht, jedenfalls harrt die gute Dame ihrer Einäscherung, sollten wir sie nicht anstupsen="retten".

Denkste! Anstatt mich direkt einer Feuersbrunst zu stellen, muss ich erstmal eine Übungsfahrt mit dem Löschgruppenfahrzeug absolvieren. Die Aufgabe ist so simpel wie die Grafik: Um einige Container kurven, bis der Brandherd erreicht ist und dort parken. Die Steuerung des Fahrzeugs ist per Gamepad oder Tastatur möglich, aber beides funktioniert nur sehr unbefriedigend. Die Kiste steuert sich einfach viel zu träge, ich habe das Gefühl ich fahre auf Eiern. Immerhin: Eine Fahrerperspektive ist mit an Bord, damit fühlt sich das Ganze zwar auch nicht realistischer an, vermittelt aber zumindest ein leicht authentischeres Gefühl. Gangschaltung? Funk? Fehlanzeige! Martinshorn und Blaulicht lassen sich zuschalten, das war's. Na ja, schließlich heißt das Spiel nicht Feuerwehr-Fahrsimulator und so gehe ich möglichst unvoreingenommen in meinen zweiten Einsatz indem ich den Umgang mit diversen Ausrüstungsgegenständen lernen soll. Im Betriebshof wurde ein Autounfall nachgestellt und es gilt einen Dummy per Hydraulikschere aus dem Wagen zu schneiden. Eine Sprachausgabe hat es, wie in den meisten Simulationen von Astragon, mal wieder nicht ins Spiel geschafft und so gibts einiges zu lesen.  Erstmals steuere ich einen von vier Einsatzkräften und stelle fest: Echte Egoperspektive ist das nicht, da ich meinem Protagonisten von schräg hinten über die Schulter schaue, handelt es sich streng genommen um  3rd-Person-Action. Helm und Sauerstoffflasche werden per simplem Mausklick aktiviert (sind aber bei dieser Übung noch nicht notwendig). 

 

Unfall auf der AB: Eine Person eingeklemmt: Per Rettungsschere wird der Verunglückte befreit und anschließend abtransportiert.
Es gilt so genannte "Powerblocks" per Mausklick aus dem Einsatzwagen in das Inventar der Einsatzkraft zu verschieben und diese dann ebenfalls per Mausklick in der dafür vorgesehenen grünen Einsatzzone unter dem verunfallten PKW zu deponieren, damit dieser stabilisiert wird. Klingt nicht besonders spannend? Ist es auch nicht! Im Grunde mache ich nur den Laufburschen. Genauso verhält es sich mit der Rettungsschere und dem Hydraulikgenerator, der zum Betrieb der Schere zwingend notwendig ist. Erstmal ist langweiliges Herumschleppen angesagt. Dann endlich darf ich aktiv werden. Rote, bzw. grüne Punkte an der Hand der Einsatzkraft und den entsprechenden Stellen der Tür signalisieren, dass diese Punkte per Mausklick sozusagen "verbunden" werden können (genauso verhält es sich später auch mit den Schläuchen und Düsen, Ventilen und Anschlüssen etc.). Anschließend legt mein Feuerwehrmann unter einem eher sonderbaren Geräusch los, das wohl dem der Schere ähneln soll. Ein kleines Zeitfenster signalisiert mir, wie lange er für die Stelle braucht. Das wiederhole ich an den nächsten vier Punkten und die Arbeit ist erledigt, wobei ich den Begriff "Arbeit" an dieser Stelle ganz bewusst verwende. Spaß geht anders.

     

Nach der Arbeit das Vergnügen ?

Schaumparty bei der freiwilligen Feuerwehr Werther. Die Paletten wollen gelöscht werden.
Denkste! Die folgende Feuerlöschübung (Hurra, das erste mal Feuer!) gestaltet sich ebenso zäh und dröge. Zwar lerne ich hier den Einsatz von Löschschaum und dass mich Helm und Atemschutzmaske länger vor Hitze schützen als ohne (Überraschung!), aber das Ganze ist ungefähr so spannend wie die Neujahrsansprache unserer Kanzlerin. Immerhin: Am Ende dieser vorletzten Übung weiß ich wie das Löschgruppenfahrzeug an einen Hydranten angeschlossen wird, und wie Wasser- und Schaumdüsen verwendet werden, Yippieh! Dann endlich: Der erste "richtige" Einsatz! Ein Haus brennt, Menschen in Lebensgefahr! Mit lautem Tatü-Tata gehts zum Einsatzort, der praktischerweise um die Ecke der Feuerwache liegen muss, den ich bin ca. 15 Sek. später schon da. Flugs die Gefahrenstelle abgesperrt (wie immer per drag&drop rein ins Inventar - raus aus dem Inventar)  Helm und Maske auf und erstmal Menschenleben retten. Im Haus steht eine offensichtlich hypnotisierte Frau wie zur Salzsäule erstarrt vor einem Brandherd in der Küche. Gut, man könnte auch von alleine das Haus verlassen, aber offensichtlich wollte die Gute mein Eintreffen abwarten. Seelenruhig trabt sie von dannen, sobald ich in ihrer Nähe bin. Kleine grüne, orange bzw. rote Symbole signalisieren mir dabei grob, wie viel Zeit noch ungefähr zum Lösen einer Teilaufgabe verbleibt. Habe ich alle erledigt, ist auch dieser Auftrag gemeistert. Es folgen dann noch Unfälle auf Autobahnen, Tankstellen, in einem Tunnel oder auf einem Bahnübergang. Die Drehleiter kommt zum Ende auch endlich zum Einsatz und hilft bei der Bekämpfung eines Brandes in einem Industriegebiet sowie auf einem Containerschiff.

Action, Spannung, Nervenkitzel?

Eines der wenigen "Highlights" im Spiel: Der Einsatz per Löschspritze im Korb der  Drehleiter.

Denkste! Nicht auf dieser Feuerwache. Zwar werden die Einsätze im Spielverlauf anspruchsvoller, doch im Grunde spule ich immer mein Programm ab, wobei es übrigens wichtig ist, ganz genau zu lesen, was gerade verlangt wird. "Einsatzstelle sichern" muss nicht unbedingt "Einsatzstelle sichern" bedeuten wie in einer vorherigen Mission. Einmal ist das naheliegende gemeint (Absperrbanner ziehen), ein andermal soll aber Benzin aufgenommen werden und vorher gar nichts abgesichert werden. Außerdem kann es auch schon mal vorkommen, dass alles mühsam angeschlossen wurde, also Tauchpumpe an Löschgruppenfahrzeug, dieses wiederum an die Drehleiter, die vernünftig ausgerichtet und bemannt wurde und trotzdem will kein Wasser laufen, weil sich das Dialogfenster partout nicht öffnen will. Die Zeit läuft ab und die Mission gilt unverschuldet als gescheitert. So was nervt! Besonders vor dem Hintergrund, das nicht frei gespeichert werden kann und jeder Folgeeinsatz nur nach Erfüllung des vorhergehenden frei gespielt wird&schöner Gruß aus den Urzeiten der Videospielgeschichte. Hin und wieder, selten zwar, aber eben ab und zu hat aber auch dieser "Simulator" so seine Momente, die ihn vor der totalen Vernichtung durchs Feuer retten.

Darf nur im "Museum" beäugt werden: Das Löschboot...und ich hätte es so gern gefahren.
Wenn ich über den Einsatzgruppenleiter den Krankenwagen anfordere und abwechselnd mit einem von vier Einsatzkräften am selben Ziel arbeite, keimt so etwas wie Spielspaß auf. Die Bedienung der Drehleiter beispielsweise ist recht passabel gelungen und wenn ich dann dort oben stehe und die Düse auch tatsächlich Wasser spuckt und von oben das Geschehen am Boden verfolge (die Krankenwagen treffen gerade ein), dann denke ich für eine Sekunde: "Feuerwehrmann ist schon ein cooler Beruf", aber dann fällt mir ein, dass ich immer zu den drei "Astronauten-Jungs" gehörte.

    

Fazit

Wie immer bei Astragons Alltagssimulationen gilt auch hier: Da war sooo viel mehr drin! Ängste, Panik, Freude, Haustiere&das sind doch Dinge, mit denen ein Feuerwehrmann konfrontiert wird. Ich weiß, es ist schwer genug Emotionen in ein Computerspiel zu bekommen, aber eine Sprachausgabe wäre ein erster Schritt. Wenn die Frau in der Küche zumindest bewusstlos gewesen wäre, ich sie schultere, heraustrage und sie sich danach artig bei mir bedankt: Das wäre ein glaubwürdigeres Szenario! Und dann die Einsatzkräfte. Die haben nicht mal Namen! "Einheit 1-4" Na super, wie soll man da auch nur ansatzweise eine emotionale Bindung aufbauen? Wieso nicht Müller, Meier, Schulze und Schuster? Dann noch die Namen deutlich lesbar auf dem Rücken der Jacke postiert und schon ist wieder ein bisschen mehr Nähe zu meinen Protagonisten hergestellt. Den Simulationsanspruch kann der Titel eh nicht bedienen, zu komplex ist das Einsatzspektrum und zu limitiert  sind die Ressourcen des Entwicklerteams. Außerdem ist es mit seinen elf Einsätzen auch recht kurz. Eines kann man dem Spiel aber attestieren: Man lernt man tatsächlich ein bisschen was über den Beruf und auch wenn die Grafik auf dem Stand von 2003 stehengeblieben ist, werden deutsche Fahrzeuge und Uniformen korrekt dargestellt. wenn auch eine offizielle Fahrzeuglizenz fehlt. Feuerwehr-Fans sollten das spannendere  "Real Heroes - Firefighter" für Wii vorziehen.

Pro

"Cockpitansicht" möglich
man gewinnt einen begrenzten Einblick in den Beruf
Feuerwehrlexikon integriert
Sanktionen bei Kollisionen mit Passanten

Kontra

- Grafik von vorgestern- Einsätze zwingend nacheinander freizuschalten- Häufig wiederkehrende Handlungsabläufe- keine Sprachausgabe- keine Hintergrundmusik in den Einsätzen- ungenaue Steuerung des Fahrzeugs - Bugs, wodurch Missionen nicht beendet werden können- sterile & unspektakuläre Kulissen- kein freies Speichern möglich- kein Wettermodell, weder dynamisch noch statisch- weder Löschboot, noch Leiterwagen fahrbar

Wertung

PC

Wird zwar nicht vollends ein Opfer der Flammen, kann aber nicht überzeugen - weder simulationstechnisch und schon gar nicht atmosphärisch.

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