The Ball03.11.2010, Marcel Kleffmann
The Ball

Im Test:

Den Sprung von der Modifikation zu einem eigenständigen Spiel schaffen die wenigsten Mods. Neben dem Paradebeispiel Counter-Strike und zahllosen DotA-Adaptionen hat es The Ball (ab 8,46€ bei kaufen) auf die große Bühne geschafft. Das ursprünglich als Unreal-Mod gestartete Projekt erreichte sogar den zweiten Platz beim "Make Something Unreal"-Wettbewerb und darf sich fortan als Puzzle-Shooter gegen Portal versuchen...

Der etwas andere Ballkünstler

Getestet wurde die deutsche Steam-Version . Am 12. November 2010 soll das Spiel auch als Boxversion mit Soundtrack-CD im Laden stehen.

Irgendwo in Mittelamerika arbeite ich als Archäologe. Und wie der Zufall es will, breche ich bei Untersuchungen im Erdboden ein und falle unsanft in eine riesige Höhle. Dort erblicke ich monumentale Bauwerke in allerlei Brauntönen, seltsame antike Maschinen von enormen Dimensionen und eine Presslufthammer-ähnliche Waffe, die mich magisch anzieht - vorerst allerdings ohne nennenswerte Funktion. Erst einige Räume weiter entfaltet sich ihr Potenzial, denn mit der "Waffe" lässt sich eine mysteriöse Metallkugel kontrollieren: Ich kann den Riesenball zu mir hinziehen oder ihn mit viel Schwung von mir wegstoßen. Und in den nächsten langgezogenen Räumen, die noch tiefer in das vergessene Reich führen, erweist sich die Kugel einerseits als Werkzeug um Rätsel zu lösen und andererseits als Waffe...

Prima Rätsel

In den Katakomben sind Schalterrätsel das kleinere Übel: Entweder muss ich irgendwo selbst auf einen Knopf drücken (blauer Schalter) oder die Kugel auf einen Schalter (gelbe Markierung) bugsieren. Das Handling stellt nach etwas Eingewöhnungszeit mit der Trägheit bzw. einiger Roll-Erfahrung keine große Herausforderung dar. Der rundliche Begleiter lässt sich behände durch enge Innenräume oder weitausschweifende Tempelanlagen steuern und immer wieder gilt es Rätsel zu lösen, die zunehmend komplexer und schwerer werden - jedoch steigt der Schwierigkeitsgrad zunächst sehr langsam. So warten beispielweise Puzzle-Aufgaben, die mit Wasser und Gravitation spielen oder es ist erforderlich, dass man mehrere Räume weit denkt oder gewisse Sollbruchstellen ausnutzt.

Die Kugel, schwarze Flüssigkeit im Becken und Feuer - eine explosive Mischung (vgl. Beispiel im Text).
 Ein kleines Beispiel aus der fortgeschrittenen Anfangsphase: Keine Schalter sind zu sehen. In der Mitte der hohen Halle ist ein versperrter Bereich, hinter dem etwas leuchtet das scheinbar feuerempfindlich ist. Doch wie entzündet man das? Wenige Schritte entfernt befindet sich ein Loch mit schwarzer Flüssigkeit, an den Seiten ist Lava zu sehen und einige brennende Fackeln liegen auf dem Boden. Die Lösung: Ich muss den Ball in die Teergrube tauchen (schwarze Flüssigkeit) und die Kugel dann bis vor das feuerempfindliche Material schubsen. Entlang des Rollweges entsteht eine Teerspur. Sobald die Spur gelegt ist, rolle ich die noch immer teerverschmierte Kugel durch eine brennende Fackel. Feuer erhellt den Raum und es knallt... Geschafft! Sollte man an manchen Stellen übrigens nicht weiterwissen, sorgt eine jederzeit zuschaltbare Hilfefunktion in Textform für Klarheit. Ein ganz bisschen kniffeliger hätten manche Rätsel trotzdem ausfallen können.

Von Story und Kämpfen

Zusätzlich zu den weitgehend gelungenen Rätseln, in den mit der Zeit öde werdenden Katakomben oder Tempelanlagen, gesellen sich immer wieder Zombies/Mumien, die irgendwie aus der Welt geschafft werden müssen. Der "Presslufthammer" hilft hier nicht weiter. Eure Waffe ist die Kugel, mit der die Gegner geplättet oder sonstwie mit Hilfe der Umgebung erledigt werden können. So schön die Rätsel bisher waren, so dürftig sind die Duelle, da die Kämpfe zügige Reflexe erfordern, aber die Kugel aufgrund ihrer Trägheit dies nur bedingt zulässt, vor allem bei Angriffen von mehreren Seiten - zum Glück sind diese Begegnungen nicht allzu häufig, nehmen aber in der zweiten Hälfte des Spiels leider deutlich zu. Besser sind da die wenigen Bosskämpfe in der rund fünf/sechs Stunden langen Story-Kampagne (u.a. gegen einen Riesengorilla), die stärkeren Rätsel-Charakter haben. 

1:0 - Kugel gegen Mumie
Nichtsdestotrotz bleibt der Charme der mystischen Umgebung oft ungenutzt. Mit düsteren Farb-/Lichteffekten, Nebel und Co. hätte man bessere oder bedrohliche Stimmungen schaffen können, was nur ansatzweise genutzt wird, z.B. mit über den Bildschirm krabbelnden Mini-Spinnen, sobald ihr ein Spinnennetz berührt - schade, dass das nicht ausgebaut wurde. Mystische Abenteuer-Stimmung bei der Erforschung der vergessenen Kultur stellt sich nur unzureichend ein und das trotz der Story. Doch die Hintergrundgeschichte fällt ohnehin unspektakulär, wenn nicht gar nutzlos aus. Präsentiert wird sie mit vorgelesenen Inschriften-Tafeln (oder durch Bonusobjekte) und man bekommt immer nur lose Story-Schnipsel serviert. Und wenn ich ehrlich bin: Die Story ist gänzlich unnötig und motiviert keineswegs so stark, wie die Rätsel selbst bzw. der Drang diese lösen zu wollen. Hier liegt zugleich die Krux: Sind die Rätsel einmal gelöst, ist es mit dem Wiederspielwert dahin - abgesehen davon, wenn ihr die versteckten Objekte suchen wollt. Neben der Story-Kampagne warten übrigens noch vier Survival-Arena-Herausforderungen, die hauptsächlich die mauen Kämpfe in den Vordergrund rücken - ganz nett als Bonuszugabe, aber keine Chance gegen die Rätsel.

Fazit

The Ball ist gut geeignet, um die Wartezeit auf Portal 2 zu versüßen - mehr leider nicht. Die Rätsel in der Story-Kampagne sind clever gestaltet, werden mit der Zeit immer komplexer und bieten eine integrierte Hilfe-Funktion. Allerdings beschränkt sich The Ball nicht allein auf die Rätsel, sondern setzt immer wieder auf Kampfpassagen, die nicht so richtig ins Konzept passen wollen, weil die Trägheit der Kugelsteuerung nicht mit den hektischen Gefechten harmonisiert. Die raren Bosskämpfe haben zum Glück wieder mehr Puzzle-Charme und passen wunderbar. Ich hätte mir gewünscht, mehr Rätsel lösen zu dürfen (anstatt Duelle auszufechten) und von mir aus hätte die Hintergrundgeschichte gestrichen werden können - die Story als auch die Präsentation sind kaum der Rede wert. Zudem hätte ich mehr subtile Spannungsstellen begrüßt, diese sind nur ansatzweise vorhanden, obwohl das Szenario genügend Raum bieten würde. Neben den tollen und kreativen Rätseln rund um Spieler/Kugel stören demnach die Kämpfe sowie schwache Story und ihre Präsentation.

Pro

gutes und ideenreiches Rätseldesign
prima Physik-Engine
Kugel bekommt (temporal) mehr Funktionen
funktionale und einfache Steuerung
gelungene Boss-Gegner
sinnvolle Hilfe-Funktion
stimmiges Höhlen- und Tempel-Ambiente

Kontra

<P>
vergleichsweise schwache Kämpfe
Story ist nicht der Rede wert
schwache Präsentation
kaum Wiederspielwert
stellenweise sehr eckiges und ödes Design
könnte mehr Rätsel bieten</P>

Wertung

PC

Richtig tolle Physik-Rätsel stehen einer schwachen Story und unnötigen Kämpfen gegenüber.

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