Schiene & Strasse14.03.2002, Marcel Kleffmann
Schiene & Strasse

Im Test:

Virtual X-Citement Software hat vor einigen Jahren mit Akte Europa bewiesen, dass die Mülheimer ein Händchen für gute Spiele abseits des Massenmarkts haben. Das neue Spiel des Entwicklers trägt den einträglichen Namen Schiene & Strasse und wird im März in den Läden stehen. Wie sich die Wirtschaftssimulation spielt, erfahrt Ihr in unserem Test.

Simulator oder Simulation?

Schiene & Strasse spielt sich wie eine Mischung aus Microsoft Train Simulator, der Euch zum Lokführer in 3D machte, und Railroad Tycoon 2, bei dem Ihr das gesamte Schicksal einer Eisenbahngesellschaft auf Euren Schultern trugt. Auch einige Anleihen aus der Industriegigant sind nicht zu verleugnen. Zwar könnt Ihr die Züge selbst nicht steuern, dafür baut Ihr aber Stück für Stück ein gigantisches Netzwerk an Eisenbahnlinien und Straßen auf - Mitfahren bei den Zügen bzw. LKWs ist aber erlaubt. Das umfangreiche Tutorial führt Euch prima in die Spielmaterie ein und erklärt die etwas gewöhnungsbedürftige Steuerung, die erst mal verinnerlicht werden muss - immerhin gilt es, alles in 3D zu steuern.

Sehenswürdigkeiten und Satellitenkarten

Neben einem komplett freien Spiel stehen sieben Kampagnenmissionen und neun unterschiedliche Szenarios zur Verfügung. Dabei haben die Entwickler größtenteils auf Satellitendaten zugegriffen, um die Umgebung möglichst realistisch zu machen. Bestes Beispiel ist die toll gestaltete Frankreich-Karte in der Tour de France-Mission, in der Ihr Personen aus dem gesamten Frankreich aufsammeln und nach Paris zur Weltausstellung bringen müsst. Selbst Sehenswürdigkeiten wie den Eiffelturm, den Triumphbogen oder das Kolosseum in Rom haben die Entwickler liebevoll eingebaut. Sogar die Lage der Industriegebiete stimmt mit der Wirklichkeit überein. 150 verschiedene Gebäude gibt es insgesamt und die kleinen Städte machen einen prima Eindruck, selbst wenn sich die einzelnen Häuser oft wiederholen. Dafür entschädigt aber die gigantische Karte.

Das Spiel umfasst einen Zeitraum von 160 Jahren Eisenbahngeschichte. Ihr beginnt im umfangreichen und prima gemachten Tutorial mit dem Bau der ersten deutschen Eisenbahnverbindung zwischen Nürnberg und Fürth. Im Fuhrpark steht zuerst eine alte Dampflokomotive zur Auswahl, Jahre später dann der Adler und in der Gegenwart dürft Ihr den pfeilschnellen ICE auf die Strecke schicken - insgesamt gibt`s 56 Vehikel.

Produktionsketten und Lieferwege

Zu Beginn findet Ihr auf der oftmals gigantischen Karte einige freie Städte, Dörfer und viele im Gelände verstreute Fabriken. Doch wie kommen die Baumstämme des allein stehenden Sägewerkes zur Weiterverarbeitung ins Möbelwerk, das auch noch Kilometer entfernt liegt? Ganz einfach per Bahn oder LKW! Folglich wird am Sägewerk und am Zielpunkt ein Bahnsteig errichtet. Das Ganze wird dann abschließend mit einer Bahnschiene verbunden - fertig ist die Strecke. Jetzt muss nur noch ein passender Zug mit Wagons auf die Strecke. Eine neue Weiche gesetzt, eine kurze Strecke angeschlossen und fertig ist das Abstellgleis, an welches das Zug-Depot einfach angebaut wird. Dort könnt Ihr diverse Lokomotiven kaufen, die sich alle in Geschwindigkeit, Preis pro Kilometer, Nutzlast, etc. unterscheiden. Wagons aller Arten und Personenwagen werden anschließend dem Zug hinzugefügt. Jetzt fehlt nur noch der Fahrplan, in dem festgelegt wird, wo die Waren bzw. Personen abgeholt und anschließend hingebracht werden.

Komplexe Routenplanung

Wenn alles nur so einfach wäre! Kompliziert wird es nämlich, wenn zwei Züge die gleiche Strecke befahren sollen, aber nur eine Schiene verfügbar ist. So müsst Ihr meistens in der Streckenmitte eine Auslaufzone bauen, diese entsprechend mit Weichen und Signalen bepflastern und wenn alles gut geht, wartet der eine Zug, bis der andere vorbei ist. Natürlich können auch komplexe Routen gestaltet werden. Ein Zug halt beispielsweise Rohöl, Kohle und Wolle ab und bringt diese zu einem LKW-Umladeterminal. Von nun an übernehmen die Brummis die Auflieferung der Materialen. An sich geht das genauso voran, wie per Schiene, nur dass es keine Probleme mit Weichen gibt und Personen eher selten mit LKWs befördert werden. 25 verschiedene Güter müssen von der Produktion, zur Weiterverarbeitung und manchmal sogar zum Endverbrauch gebracht werden, bevor sich Eure Kasse mit Euros füllt.

Grafik/Sound

Die selbstentwickelte und leistungsstarke Grafik-Engine ermöglicht eine enorme Sichtweite und die komplett dreh- und zoombare Kameraperspektive macht nur in den Anfangsphase ein paar Probleme mit der Übersicht. Die Züge und LKWs wurden detailgetreu ihren realen Vorbildern nachmodelliert und sehen prima aus, obwohl die Detailverliebtheit des Train Simulators nicht erreicht wird. Dafür kann sich aber die Landschaft sehen lassen, denn so viele Objekte bei einer solchen Sichtweite sind schon beeindruckend. Zwar sind viele Flächen zu kahl, aber ein wunderschönes Gebirge versöhnt dann wieder. Auffällig ist auch die eindringliche, melodische Hintergrundmusik, die manchmal zum Spielgeschehen passt - hin und wieder allerdings deplaziert wirkt, vor allem wenn die Musik zu schnell wird. Besonders die Neuauflage von "I`m A Wanderer" ist klasse!

Pro:

  • hübsche Grafik
  • hohe Sichtweite
  • detaillierte Modelle
  • realistische Karten und Szenarios
  • 160 Jahre Eisenbahngeschichte
  • 25 Waren
  • 56 Vehikel
  • komplexes Wirtschaftssystem
  • einfacher Bau der Strecken
  • Karten-Generator
  • Kontra:

  • Gelände oftmals zu kahl
  • kein Mehrspieler-Modus
  • Problemchen beim Signalsystem
  • zu wenig Missionen
  • langatmig
  • Vergleichbar mit:

    Railroad Tycoon; Der Industriegigant

    Fazit

    Schiene & Strasse ist eine rundum gelungene Wirtschaftssimulation aus deutschen Landen. Nach anfänglichen Problemen mit der Steuerung, dem komplexen Wirtschaftssystem sowie langatmiger Standortsuche für die erste Bahn, entpuppt sich Schiene & Strasse als gelungene Konkurrenz für Railroad Tycoon. Grafik, Sound und Interface steigern zusätzlich den Spielspaß und lassen die oft stundenlangen Partien schnell vergehen. Die Anfangsphase ist zwar sehr zäh, aber sobald wieder genug Geld für den Ausbau auf der hohen Kante ist, wächst der Spielspaß wieder. Insbesondere Fans von Railroad Tycoon oder dem Industriegiganten dürften an Schiene & Strasse Gefallen finden.

    Wertung

    PC

    0
    Kommentare

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