Total War: Shogun 218.03.2011, Jörg Luibl
Total War: Shogun 2

Im Test:

Das Zeitalter des Krieges wartet auf clevere Feldherren: Wer kann das alte Japan mit seinem Clan unterwerfen? Wer kann auf dem Weg dorthin nicht nur Schlachten gewinnen, sondern auch die Balance zwischen Bushido und Chi meistern? Elf Jahre nach dem Debüt der fernöstlichen Strategie entführt Creative Assembly erneut in die Welt der eleganten Geishas und stolzen Samurai. Und die Briten haben einige Überraschungen parat.

Die Qual der Clanwahl

Vielleicht hätte ich einen anderen der neun Clans wählen sollen? Die Chosokabe hätten mir bessere Bogenschützen und eine sehr gute Startposition auf einer Insel gebracht! Mit den Mori würde ich jetzt dank der Flotte das japanische Meer sowie den Seeweg nach China oder Korea beherrschen! Mit den lautlosen Hattori könnte ich die besten Ninja für Attentate aussenden und meine Truppen effizienter im Gelände verstecken! Mit den Takeda hätte ich eine gefürchtete Kavallerie unter meinen Fittichen und mit den Tokugawa wäre die diplomatische Ausgangsposition einfacher. Würde, könnte, hätte...

Je nach Wahl startet man die historische Kampagne im Jahr 1545 an einem anderen Ort, mit anderen Spezialeinheiten, geostrategischen Problemen sowie auf den Clan abgestimmten Aufträgen: Mal muss man sich schnell aus einem Vasallenstatus befreien, mal erfolgreich Attentate verüben oder Rebellionen niederschlagen - im Laufe des Spiels gibt es immer mehr dieser kleinen Missionen. Als Belohnung für diese Etappenziele winken mal besondere Einheiten, mal etwas Gold sowie strategische oder wirtschaftliche Boni.

Das Dilemma des Daimyo

Ziel ist es, als Fürst (Daimyo) so mächtig zu werden, dass einen der hilflose Kaiser (Tenno) zum General (Shogun) ernennt - also zum militärischen Beschützer des Landes.
Ab und zu muss man sich bei Ereignissen auch sofort entscheiden: Will man ausländische Händler an seiner Küste dulden? Das bringt Geld, Kanonen, Galeonen und Feuerwaffen, aber leider auch das Christentum, was natürlich wenig ehrenvoll für einen Fürsten ist und religiöses Konfliktpotenzial in einem Land birgt, in dem der Shinto-Buddhismus verbreitet ist. Und außerdem ist der Bogen mit seiner Reichweite und Präzision den Luntenschlossbüchsen der Ausländer überlegen. Nimmt man lieber herrenlose Samurai in sein Gefolge auf? Die Ronin könnten sich immerhin als schlagfertige Truppe erweisen.

Diese so genannten "Dilemmas" bereichern das Tagesgeschäft genauso wie böse Omen inkl. daraus resultierender Katastrophen, die das Land heimsuchen. Und sie verlangen nach sofortigen Entscheidungen mit kleinen oder großen Konsequenzen: Will man die reiche Ernte an die Bauern verteilen oder sie für schlechte Zeiten einlagern? Auch die Nahrungsversorgung ist wichtig, denn wenn die Bevölkerung hungert, wird sie unruhig und rebellisch, ist anfällig für Missionare. Hier kommt man recht früh in eine angenehme Aufbau-Zwickmühle, denn auch der Bau fortschrittlicher Gebäude verbraucht Nahrung.

Kampfmönche in Bedrängnis

Jede der 65 Provinzen hat einzigartige Rohstoffe zu bieten, die man wiederum für bestimmte Gebäude und Einheiten benötigt.
Jetzt sitze ich jedenfalls als Daimyo der Uesugi mit meinen Kampfmönchen in der Klemme, irgendwo im mittleren Westen Nippons, während es auf der Karte bedrohlich qualmt. Rebellen ziehen brandschatzend durch eine Provinz, denn die Bevölkerung hat aufgemuckt, weil ich die Ernte natürlich bunkern musste und vergessen habe, die Steuern zu senken. Ach ja: Ein General ist bei der Verteidigung einer Festung mit kompletter Besatzung gestorben - okay, ich habe ihn mit einer Einheit leichter Speerkämpfer etwas alleine gelassen. Ich halte nur noch drei von ehemals fünf Gebieten mit einer Armee; ein schmaler Streifen an der Küste. Zu schlimmer Letzt verbünden sich gerade benachbarte Clans gegen mich und lukrative Handelsabkommen werden gestrichen - na toll!

Wenn ich nicht aufpasse, bin ich bald Geschichte. Vielleicht doch den Schwierigkeitsgrad der Kampagne von schwer auf normal runter schrauben? Nein, das verbietet die Ehre! Und hier ist es wieder, das trotzige Grübeln über der verflixten Karte, diesem bunten Flickenteppich mit all seinen Provinzen. Hier tobt er wieder, der totale Krieg zwischen Echtzeit und Runde, zwischen taktischer Schlacht und strategischer Politik. Ich spiele diese Reihe seit zehn Jahren und bin immer wieder aufs Neue fasziniert, dass ich mich so gerne mit jeder noch so kleinen Entscheidung auseinander setze. Nach einer Kanne mit grünem Tee sollte der nächste Klick aber möglich sein.

                            

Artdesign vom Feinsten

Die Sympathie rührt natürlich auch von dieser eindringlichen Atmosphäre zwischen Kirschblüten und Tuschemalerei, zwischen historischem Holzdruck und traditioneller Musik - vom Hauptmenü bis hin zur Schlacht zieht sich ein bemerkenswerter künstlerischer Faden, der nicht nur Japanophile in Verzückung versetzen dürfte. Kevin McDowell und sein Team haben einfach hervorragende Arbeit bei der Recherche geleistet. Übrigens schade, dass sie nicht auch die Figuren für das Schachspiel der "Grand Master Edition" entworfen haben, denn die sind wirklich schwach designt und riechen wie Ameisengift. Aber zurück zur Software: Nicht nur das altjapanische Artdesign ist für mich das Eindrucksvollste aller bisherigen Total War-Spiele.

Neben den hervorragenden Illustrationen kann auch die akustische Inszenierung begeistern wie selten zuvor, weil sie den Wechsel zwischen stiller Diplomatie und brachialer Schlacht wunderbar einfängt - freut euch auf exotische Klänge, auf musikalische Entspannung und Anspannung. Mal wird an Lauten wie dem Shamizen gezupft, mal lieblich auf der Shakuhazi geflötet und dann hämmern plötzlich die Taiko-Trommeln im Takt des nahenden Feindes.

Die klare Oberfläche

Creative Assembly hat zudem die Benutzeroberfläche gegenüber den Vorgängern klarer und interaktiver gestaltet: Man findet sich sehr schnell zurecht und hat mit wenigen Klicks Zugriff auf ein- und ausblendbare Übersichten. Vor allem die Leiste unter der Karte ist nützlich, wenn man sich über den Status quo von Provinzen und Armeen informieren will.

Die Qual der Wahl: Welcher Clan soll es sein?
Naginata? Ashigaru? Yagi? Bahnhof? Neben den bekannten Beratern, die als animierte Portraits oben links auftauchen und in verschiedenen Stufen gesprochene Hinweise geben, hat man auch Zugriff auf eine Enzyklopädie plus Handbuch. Das Schöne ist nicht nur, dass man ihre Hilfetexte von nahezu jedem Punkt des Spiels (aber leider nicht bei Ereignissen oder Nachrichten) aus erreichen kann, sondern dass sie neben einem Glossar auch allgemeine historische Informationen enthält. Wer nicht gerade Japanologie studiert hat, findet hier interessantes Hintergrundmaterial. Schade nur, dass das beigelegte Handbuch so mickrig ausgefallen ist.

Trotzdem muss man sich natürlich fragen: Was haben die Briten außer einem ebenso faszinierenden wie stilsicher inszenierten Szenario zu bieten? Welche Fortschritte gibt es inhaltlich auf der Karte, im Kampf sowie hinsichtlich der KI? Und hält die Kulisse im Gelände das, was das Artdesign verspricht? Wie steht es mit dem Multiplayer?

Rundenstrategie auf der Karte

Die Enzyklopädie hilft mit historischen Informationen und dient als interaktives Handbuch.
Nachdem man mit Total War schon Europa und einen großen Rest der Welt erobern konnte, stellt sich zudem die Frage, was eine relativ kleine Inselgruppe im Pazifik für landhungrige Feldherren hermacht? Kann sie überhaupt ein Gefühl der Weite vermitteln? Oh ja. Immerhin besteht die Welt von Shogun aus 65 Provinzen zwischen Hokkaido im Norden und Kyushu im Süden. Und wenn man eine Kampagne startet, sieht man gerade mal einen kleinen Fleck davon an smaragdgrüner Küste vor sich, der dreidimensional aus dem Nebel des Krieges herausragt. Der Rest der Karte schlummert in vergilbtem 2D. Und da ist viel Platz.

Scrollt man über den ausgegrauten Teil der altjapanischen Welt, kann man das geostrategische Pensum erahnen, das vor einem liegt. Das Studium der Karte lohnt sich: Im Gegensatz zu früheren Total War-Spielen bietet jedes Gebiet einen einzigartigen von acht Rohstoffen wie z.B. Baumwolle, Rohseide oder Pferde. Nur wer eine Provinz mit Weihrauch beherrscht, kann einen legendären Tempel, nur wer Stein besitzt, kann kaiserliche Zitadellen bauen. Außerdem beherbergen manche Gegenden bereits einen Hafen, eine Ninjaschule oder Schmiede. Auch das kann eine wunderbare Ergänzung zu dem sein, was der eigene Clan schon mitbringt. Die Bedingungen für eigene Entwicklungen sowie die Perspektiven des Ausbaus sind regional begrenzter, aber auch klarer als bisher.

                       

Terra incognita

Wo ist bloß der nächste Hafen? Man kann die Karte wie in Civilization erkunden.
Man sollte also nicht nur rein territorial expandieren, sondern sich ein Ziel suchen, das den eigenen Handel, die Wirtschaft oder die Armee bereichert. Aber wo lauert der Feind? Was soll die ganze Tusche auf den Pflanzenfasern? Aus dem vergilbten Papier wachsen erst dann Berge, Flüsse und Armeen, wenn ich die Gegend weiter erforsche - eine kleine, aber feine Neuerung, die für Erkundungsreize sorgt und angenehm an die Scoutphase aus Civilization erinnert. Allerdings verraten hier die Symbole für die Rohstoffe und Festungen schon die wesentlichen Standorte; vielleicht hätte man sich diese ikonografischen Hinweise sparen oder optional abschaltbar sollen. Dafür ist die Karte so ansehnlich wie nie zuvor. Zum ersten Mal gibt es dort auch Partikeleffekte, wenn man sich z.B. einem Wasserfall oder Vulkan nähert.

Und man kann die Kamera nicht nur zoomen, sondern endlich frei drehen, um sich einen Überblick über das teilweise zerfurchte Gelände zwischen Vulkanen und Gebirgen zu verschaffen - das alte Japan sieht schon hier richtig gut aus. Es gibt zwar viele Schluchten und Pässe, die aber leider zu selten als Schleichwege oder Abkürzungen nutzbar sind, obwohl sich hier und da deutlich eine schmale Waldschneise durch verschneite Gipfel zieht - das ist schade, denn so hätte man die Routenplanung für die Armee bereichern können.

Schön und bekannt ist, dass Truppen unter Verschleiß leiden und empfindliche Verluste hinnehmen, wenn sie jenseits der Festung kampieren - hier sorgt der Winter dafür. Die Figuren auf der Karte sind zudem größer und detaillierter als noch in Empire: Man kann erkennen, wie sich der Ninja katzengleich inkl. Schattenwurf dem General nähert oder wie die Geisha zu ihrem Opfer tippelt. Zum ersten Mal verändern die Figuren mit gewonnener Erfahrung übrigens auch ihr Aussehen. Die Karte ist mit ihrem smaragdgrünen Meer ein Schmuckstück, das man sich sehr gerne anschaut.

Auf dem Weg nach Kyoto

Kleine Missionen und Dilemmas lockern die Kampagne auf.
Aber all der optische Schnickschnack hilft mir als Fürst der Uesugi derzeit nicht. Was mir bleibt ist eine relativ gut gefüllte Kriegskasse, eine kleine Flotte an einem der fünf lukrativen Handelsposten sowie ein Vasall im Süden, der mir den Rücken frei hält. Es dürfte allerdings knifflig werden, das Ziel der kurzen Kampagne zu erreichen: Ich soll bis 1575 nicht nur 25 von 65 Provinzen besetzen, sondern auch die Hauptstadt Kyoto erobern und ein Jahr lang halten - das sind vier Runden im Spiel, die jeweils eine Jahreszeit symbolisieren. Ich hätte auch die lange Variante (40 Provinzen) oder die Weltherrschaft (60 Provinzen) bis zum Jahr 1600 wählen können.

Daran ist momentan gar nicht zu denken, denn ich bin geschwächt. Doch ich kann meinen Clan mit der richtigen Strategie retten, wenn ich die Fähigkeiten meiner Spezialeinheiten nutze, Schlachten gewinne sowie die beiden Künste Bushido und Chi meistere, die universelle Auswirkungen vom Krieg bis zur Landwirtschaft haben. Also schicke ich meinen Mönch in die nächste feindliche Siedlung und lass ihn die Bevölkerung aufwiegeln - wir wollen doch mal sehen, wie der Clan der Date mit Rebellen klar kommt! Da mein Mönch erfolgreich war, gewinnt er an Erfahrung. Ich kann ihn mit der Zeit weiter entwickeln zu einem Erleuchter, Überreder oder Aufhetzer. Das sind doch gute außenpolitische Aussichten!

                 

Zwischen Geisha und Ninja

Je nach Wahl eines von neun Clans hat man andere territoriale Startbedingungen und Spezialeinheiten.
Auch die anderen Charaktere wie General, Geisha, Metsuke, Missionar oder Ninja lassen sich individuell entwickeln - Letzterer kann sich z.B. auf Spionage, Sabotage oder Mord konzentrieren. Dieses Rollenspielflair sorgt auch dafür, dass man sich mehr Gedanken um den Einsatz seiner Agenten macht und ihr Versagen fürchtet. Wer will schon einen Ninja verlieren, der nach drei Attentaten fast zum Meistermeuchler aufgestiegen ist? Die Spannung dieser Spezialeinsätze wird auch von den gelungenen Filmchen eingefangen, die die Agenten in Aktion zeigen - sowohl Regie und Choreographie können sich sehen lassen: Da träufelt der Ninja einen Tropfen Gift in die Teetasse und wird im Gebälk nicht entdeckt oder schleicht an schlafenden Wachen ins feindliche Lager, bis ihn plötzlich jemand festhält und Alarm schlägt.

Obwohl sich die Filme im Laufe einer langen Kampagne wiederholen, ist immer offen, ob der Agent tatsächlich entdeckt wird. Es gibt auch für jede Figur eine Gegenfigur: Der Mönch ist anfällig für Attentate des Ninjas oder der Geisha, kann aber die Metsuke leicht bekehren. Diese fernöstlichen Geheimpolizisten spüren wiederum Ninja und Geisha sehr gut auf. Schließlich profitiert auch eine Armee davon, wenn sich diese Charaktere mit ihr bewegen, denn Mönche sorgen für bessere Moral und Metsuke für loyalere Generäle, die sich wiederum nicht so leicht bestechen lassen.

Schon die einfachen Bogenschützen können mit ihren Brandpfeilen für schweren Schaden und Moralverslute sorgen - aber sie haben keine Chance gegen Schwertkämpfer oder die leichte Kavallerie.
Hier entsteht ein angenehmes Wechselspiel, bei dem man auf keinen Fall einseitig agieren sollte. Also errichte ich noch ein Gasthaus, um zusätzlich Ninja anzuheuern, denn sie können neben einem Spionagenetz für mehr Sichtweite auf der Karte auch feindliche Armeen aufhalten, was sehr nützlich sein kann, wenn man gerade von zwei Seiten attackiert wird: Schon ein, zwei Runden des Verschnaufens können ausreichen, um meine angeschlagene Armee zu verstärken oder sicher zu stationieren. Mit dem richtigen Timing sind die Spezialcharaktere also eine wertvolle Hilfe.

Bushido oder Chi

Im Zentrum der Entwicklung des eigenen Fürsten stehen jedoch Bushido und Chi, also der Weg des Krieges und jener der Weisheit. Man kann auf den ersten Blick nur seine Truppen stärken oder die Wirtschaft des Landes. Es gibt dafür allerdings einen Baum an Fähigkeiten, auf dem unterschiedliche Wege oder Mischungen möglich sind. Und man muss sich ähnlich wie in StarCraft II entscheiden, welche Talente man freischalten will, denn das eine schließt das andere manchmal aus: Niemand wird als Bushido-Fürst sowohl Schießpulver, Bogen, Marine als auch Kavallerie meistern können - man muss Schwerpunkte setzen.

Für meinen Clan der Uesugu bedeutet das auch den effizienten Wechsel: Ich sollte als Nächstes besser auf dem Weg des Chi wandeln, denn nur dann kann ich bessere Straßen und Techniken für die Landwirtschaft einsetzen, um meine Armeen schneller zu bewegen und mehr Reis abzubauen, was wiederum mehr Gebäude möglich macht. Ich will ja nicht schon wieder eine Rebellion riskieren! Schön ist, dass auch diese passiven Entwicklungen relevant sind, denn so wirkt das Spiel angenehm ausgewogen. Selbst wenn man kriegerisch und aggressiv auftreten will, wird man um einige wirtschaftliche und kulturelle Errungenschaften nicht herum kommen - sie sind also mehr als überflüssiges Beiwerk für Zen-Strategen.

              

KI auf der Karte

Bushido oder Chi? Zu Beginn ist der eigene Fürst noch ein unbeschriebenes Blatt.
Zusätzliche Gebäude kann ich übrigens nicht frei überall im Gelände errichten, sondern nur an festen Orten bzw. wenn ich das Schloss und damit die Hauptstadt ausbaue und dort Platz dafür schaffe. Wenn meine Wirtschaft brummt, kann ich endlich auch ein Kloster errichten und Kriegermönche ausbilden, die sowohl gegen Kavallerie als auch Infanterie bestehen können - ganz zu schweigen davon, dass ein Kloster die Zufriedenheit in meiner Provinz erhöht. Unterm Strich greifen die strategischen Mechanismen sowie die Möglichkeiten der Agenten auf der Karte besser ineinander als noch in Empire.

Auch die KI trägt dazu bei, dass man nicht einfach Truppen bauen und nach Kyoto stürmen kann - wer hier "rushen" will, wird es schon auf dem normalen Schwierigkeitsgrad schwer haben und auf dem schweren schnell vernichtet. Denn die fremden Clans verbünden sich clever und sind gut gerüstet: Überall stehen recht früh starke Armeen. Wenn man selbst mit vielen Rekrutierungen und plumpen Eroberungen dagegen halten will, kommt man schnell an seine wirtschaftlichen Grenzen; hier ist Geduld gefragt.

Der Weg der Diplomatie

Shogun überzeugt mit stimmungsvollen Filmen und grandiosem Artdesign.
Und es gibt zu Beginn andere Möglichkeiten als die Schlacht. Man kann den Weg zum Shogun auch mit politischen Steinen pflastern, indem man sich mit den anderen Clans arrangiert oder sie unter Druck setzt - natürlich ist das ein Kriegsspiel, irgendwann muss man kämpfen. Wie gehabt sind neben Handelsabkommen und Bündnissen aber auch gezielte Embargos oder Tributforderungen möglich, man kann drohen und Gegenleistungen einfordern. Und wie gehabt, kann man eroberte Städte entweder für viel Beutegeld plündern oder friedlich besetzen.

Hinzu kommt die freiwillige oder aufgezwungene Unterwerfung eines Feindes zum Vasallen - dann ist man quasi der politische Vormund, bekommt die Hälfte des Einkommens sowie volle Durchmarschrechte in dessen Gebiet. Der ideale Weg, um kleine Satellitenstaaten à la Civilization aufzubauen? Das hört sich zwar danach an, ist aber in der Praxis zu statisch: Man kann seinen Vasallen weder Bau- oder Rekrutierungs-Befehle geben noch ihre Truppen direkt an Kriegen beteiligen - sie agieren weiter komplett autark. Mal hat man Glück und ihre Samurai greifen einen Feind an, mal hat man Pech und sie tun gar nichts.

Statische Vasallen

Creative Assembly bietet auch historisches Hintergrundmaterial zu Clans, Einheiten und Festungen.
Und das ist ein Problem, wenn man gerade gegen einen feindlichen Clan marschiert und seine Vasallen als Unterstützer gebrauchen könnte, denn es ist keine Kommunikation möglich. Wenn man das Vasallenverhältnis auflösen will, hat man ein weiteres Problem: Man kann es nicht politisch in ein Bündnis aufwerten (hey, ich entlasse euch in die Freiheit, dafür seid ihr bitte unheimlich treu!), aber auch nicht in eine direkte Okkupation abwerten (hey, ihr seid als Vasallen keine Hilfe, dann übernehme ich die Geschäfte!). Hier verschenkt Creative Assembly eine Chance, die Außenpolitik noch dynamischer zu gestalten. Zwar werden die Clanfürsten bei Verhandlungen endlich animiert dargestellt, aber um Emotionen unter den Helmen und Halbmasken oder gar den Charakter heraus zu lesen, braucht man schon viel Fantasie.

Was sehr gut in die Diplomatie integriert wurde, ist die universelle Idee der Ehre. Wer sich als Daimyo zu aggressiv verhält, wer z.B. Bündnisse bricht oder Städte plündert, verliert bei den anderen Clans an Ansehen. Die eigene Ehre kann u.a. durch ruhmreiche Siege oder richtige Entscheidungen bei Dilemmas gesteigert werden und wird wie in einem Rollenspiel als wachsende Leiste angezeigt. Ganz wichtig: Je höher der Wert, desto besser die Moral der eigenen Generäle, die damit weniger anfällig für Bestechungen sind, und desto respektvoller verhalten sich auch die anderen Clans, was wiederum dem Handel zu Gute kommt. Aber Vorsicht: Mit jedem Erfolg steigt auch deren Misstrauen und vor allem die Aufmerksamkeit des amtierenden Shogun. Auch das wird sehr schön in Nachrichten dokumentiert.

            

Misstrauische Clans

Und das sorgt dafür, dass man bei frühen Erfolgen und Eroberungen in diplomatische Schwierigkeiten kommen kann - schließlich kämpfen neun Clans um den Thron. Da muss man schon sehr stabile Bündnisse schließen und pflegen, damit einem Alliierte kurz vor Kyoto nicht in den Rücken fallen. Hier helfen vor allem politische Heiraten und Geiseln. Man kann als Familienoberhaupt mit bis zu vier Brüdern im Schlepptau ein gewisses Personal-Management betreiben und Geiseln mit anderen Clans austauschen oder eigenen Nachwuchs (der eigene männliche Nachfolger ist natürlich sehr wichtig, denn sonst wird die eigene Dynastie nicht weiter leben) sinnvoll verheiraten. Vor allem störrische Clans, die weder handeln noch quatschen wollen, lassen sich manchmal mit einer Geisel bewegen.

Wer misstraut einem schon, wenn man ihm die eigene Tochter übergibt? Sollte man trotz Geisel attackieren, könnte er sie töten. Gerade diese Endphase der Kampagne sorgt für eine aufgeheizte außenpolitische Atmosphäre und ein angenehmes Rücken-zur-Wand-

Was macht man mit der eroberten Stadt? Plündern oder besetzen? Manchmal kann man auch den Vasallenstatus wählen.
Gefühl: Da sitzt man endlich in der Hauptstadt und muss sie "nur" vier Jahreszeiten halten, aber schon im Frühling rücken drei Clans mit Truppen heran und das erste Bündnis wird gebrochen! Trotz dieses lobenswerten Ansatzes auf übergeordneter Ebene, das für Spannung auf der historischen Zielgeraden sorgt, kommt es auf dem Weg dorthin immer noch zu ärgerlichen Aussetzern, was das KI-Verhalten auf der Karte angeht.

Man kann einige dumme Züge der Feinde beobachten. Wieso lässt sich ein Clan z.B. zum Vasallen degradieren, obwohl er mehr Truppen hat? Ursache und Wirkung sind da nicht immer klar, manchmal fatal, so dass man als Spieler zu leicht profitiert: Feindliche Generäle verlassen z.B. trotz aktuellem Kriegszustand (!) manchmal mit der kompletten Armee ihre Festung, so dass man sie mit einem Handstreich einnehmen kann - ohne dass ich mit einem Ninja, Metsuke oder Ähnlichem nachgeholfen hätte. Außerdem verhalten sie sich selbst immer noch nicht aggressiv genug, wenn man seine eigenen Festungen nicht schützt. Das kann natürlich auch daran liegen, dass man nicht ausgekundschaftet wurde. Natürlich ist man auch froh darüber, denn der allgemeine Schwierigkeitsgrad hat durchaus angezogen. Und es gibt erkennbare Verbesserungen gegenüber Empire: Wer seine Festungen mal eben für große Offensiven verlässt, muss durchaus mit hinterhältigen Eroberungen rechnen - diesmal greift die KI auch öfter vom Meer aus an und landet an der Küste.

Die Seegefechte

Die Seegefechte sehen gut aus, konnten aber in der Praxis des Enterns nicht immer überzeugen.
Wenn es auf dem Meer zu einer Schlacht kommt, muss man nicht mehr auf Wind und Segel achten, zudem herrscht kaum Wellengang und man braucht keine Admiräle mit Segelerfahrung, sondern kann gewöhnliche Generäle als Kapitäne nutzen. Die können ähnlich wie an Land alle Schiffe einzeln befehligen oder auf vier vorgefertigte Gruppenformationen wie z.B. "Verlängerte Schlange" zurückgreifen, die je nach Schiffstypen eine gute Grundposition vorgeben.

Creative Assembly hat die maritime Kriegführung hinsichtlich der Steuerung etwas entschlackt und an die historischen Gegebenheiten sowie die Küste angepasst - schließlich wurde im 16. Jahrhundert auch noch kräftig gerudert, außerdem spielten in Japan die Besatzungen und das Entern eine größere Rolle als die Feuerkraft. Trotzdem gibt es auch diesmal Pulverdampf und Kanonendonner europäischer Galeonen sowie Nebel und Regen, die ein Gefecht hinsichtlich Sichtweite und Waffeneinsatz beeinflussen. Und manchmal kann man vor der Schlacht auch Minen auslegen; sehr fies.

Sechs Schiffstypen kann man auf dem spiegelschönen Ozean manövrieren, wobei man je nach Typ auch Sonderaktionen wie schnelleres Tempo, den Kriegsschrei für die Demoralisierung der Feinde, Brandpfeile oder das Ermutigen eigner Leute zur Verfügung hat. Es gibt wendige Schiffe für die Verfolgung, Bogenschiffe für den Fernkampf, kleine Bombenschiffe oder wuchtige Riesenpötte mit mehreren Etagen sowie Außenpanzerung, die selbst einer Übermacht standhalten und über Pfeile nur müde lachen. Ich empfehle die historische Schlacht von Kizugawaguchi. Da kämpft man mit einer Übermacht gegen sechs dieser Ozeanriesen "O Ataka-Bune" mit Luntenschloss-Besatzung und beißt sich die Zähne aus, wenn man nicht clever taktiert.

           

Zicken an der Meeresküste

Kleine Bombenboote, Feuerpfeile und Galeonen mit kanonen lassen die Seegefechte zu explosiven Angelegenheiten werden.
So ansehnlich die schwimmenden Festungen und ihre kleinen Verfolger auch auf hoher See manövrieren und kämpfen, so fummelig war auch in der finalen Version das Entern: Manchmal dauerte es eine Ewigkeit, bis ein Schiff endlich per Seilhaken an die Breitseite gezogen und gestürmt wurde. Dafür sind Flankierungen sehr effizient, denn wenn man ein Schiff von zwei Seiten beschießt, verliert die Besatzung schnell die Moral und flieht bzw. hisst die blinkende Flagge - manchmal sogar erschreckend schnell und nicht immer nachvollziehbar.

Die kurzweiligen Seegefechte profitieren im Gegensatz zu Empire vom Küstencharakter - sprich: Man muss auch mal um Landmarken wie kleine Klippen oder Inseln sowie Flachwasser manövrieren und kann sie in seine Taktik einbeziehen, um z.B. aus sicherer Distanz zu feuern. Auch das Verharren an einem Punkt (man muss keinen Anker werfen, sondern einfach "stehen" bleiben) kann nützlich sein, denn dann schießen die Bögen etc. häufiger; man ist dann natürlich auch selbst ein besseres Ziel.

Schade ist allerdings, dass eine Flotte an der Küste nicht auch unterstützend mit ihren Kanonen und vor allem Bögen in Landgefechte eingreifen, sondern lediglich Truppen abladen kann - dafür braucht man übrigens keine Transportschiffe, sondern kann jedes beliebige Schiff nutzen. Es gibt also keine Gefechte, in denen man quasi einen altjapanischen D-Day erlebt, wo Schiffe am Strand landen und Samurai ausspucken, die gen Festland stürmen. Okay, vielleicht ist das ja etwas für die Angeln und Sachsen, die in Rome 2: Total War an der britischen Küste landen.

Die Belagerungen

Innerhalb der Festungen wird hitzig gekämpft.
Auch die Belagerungen an Land wurden für Shogun neu entwickelt. Zum einen sind sie immer ein zentraler Schwachpunkt der Reihe gewesen, zum anderen hat man in Japan natürlich anders um Festungen gekämpft. Es geht also nicht mehr darum, mit schweren Kanonen ein Loch in die Mauer zu schießen und dann zu stürmen. Und die traditionellen Clans haben zunächst gar keine schweren Geschütze, sondern nur Bögen - nur wer sich mit dem Christentum bzw. den Namban-Händlern anfreundet und sie ansiedelt, bekommt Zugriff auf dicke Kanonen; ansonsten muss man sich später mit schweren Schleudern und Feuerraketen zufrieden geben, die allerdings auch mächtig austeilen.

Damit kann man zwar für Verwüstungen und Zerstörungen sorgen, aber man feuert damit eher auf die Truppen als auf die Mauern, die nämlich kaum ein Hindernis für Fußtruppen sind. Die Belagerungen laufen etappenweise ab, indem man strategische Ziele wie Torhäuser, Türme oder natürlich das zentrale Gebäude über das Halten von Flaggenpunkten erobert, die auf mehreren Ebenen verteilt sind - die mächtigen Schlösser der fünften Stufe sehen aus wie wehrhafte Terrassenforts. Und es verwundert zunächst, dass die Infanterie die schrägen Mauern so leicht überwinden kann: Selbst Speerkämpfer krabbeln wie Ameisen ohne Hilfsmittel über sie hinweg. Der Angreifer hat in der ersten Phase scheinbar einen klaren Vorteil, wenn er in der Übermacht ist. Hier sieht Shogun auch schwach aus, was Texturen & Animationen angeht, denn die Mauern wirken grob aufgelöst und von Sturmleitern oder Seilen ist keine Spur. 

            

Zwischen Wehrgang und Turm

Wer das zentrale Gebäude hält, gewinnt die Schlacht.
Das hätte man grafisch eleganter lösen können, genauso wie den Pfeilbeschuss, denn man vermisst an einigen Stellen die Kollisionsabfrage zwischen Projektil und Mauer. Hatte man für Empire nicht noch jede Kugel einzeln berechnet? Für die Pfeilspitzen gilt das jedenfalls nicht - trotzdem sind sie gerade in brennender Variante sehr wirkungsvoll. Außerdem werden die Wehrgänge sehr akkurat besetzt, manche Angreifer werden die Mauer hinunter geworfen und man spürt die Auswirkungen des Ansturms, wenn die Holzbrüstungen langsam verkohlen oder wegbrechen. Sehr schön ist auch, dass man Torhäuser abbrennen oder heimtückisch öffnen kann, indem man den Flaggenplatz vor ihnen eine Zeit lang hält.

Allerdings wird der direkte Schaden auf heran nahende Feinde durch Bogenschützen nicht spürbar erhöht, wenn man sie in den Wehrgängen postiert. Müssten die Projektile da nicht verheerender in den Krabbelgruppen einschlagen? In dieser Ansturmphase wirkt es jedenfalls nicht so, als könne man Welle um Welle aufhalten. Man vermisst auch eine entscheidendere Rolle des Burggrabens oder Feinheiten wie Fußangeln oder spitze Pflöcke als Hindernis. Und es gibt dabei zwischen Berg-, See- und Landburgen bis auf das Terrain keine großen Unterschiede. All das dient natürlich der offensiven Dynamik, damit kein Stellungskrieg ohne Fortschritte entsteht - deshalb sind auch Tunnel unnötig, denn man kommt quasi immer rein in die Festung. Aber kommt man wieder raus?

Dynamisches Hin und Her

Das Erstürmen der Mauern sieht en detail schwach aus. Wo sind Seile oder Leitern?
Hat der Feind den äußeren Wall überrannt, ist die Schlacht nämlich noch nicht verloren. Es ist Sinn der Sache, dass man sich geordnet zurück zieht, um die Gegner dann im Inneren einzukesseln. Das Hereinlocken hat hier also System, daran muss man sich erstmal gewöhnen: Die Festung soll zur Falle werden. Das hört sich in der Theorie gut an und kann auch so genutzt werden, aber das sieht in der Praxis erstens nicht immer gut aus und wird zweitens nicht ganz überzeugend inszeniert, was z.B. die Besetzung von Türmen angeht, denn die schießen automatisch ihre Pfeile ab, ohne dass man ihre Mannschaft sieht oder sie selbst mit Truppen verstärken kann - wer den Punkt am Boden hält, bekommt einfach den anonymen Turmbeschuss.

Immerhin kann man diese Türme auch als Angreifer besetzen und für seine Zwecke nutzen, um sich quasi in einer feindlichen Burg fest zu setzen. Das sorgt natürlich für taktische Spannung im Großen, denn es entsteht ein Katz-und-Maus-Spiel an mehreren Fronten, bei dem es neben Schere, Stein und Papier auch um clevere Kesselbildungen und punktuelle Eroberungen geht. Als Spieler kann man das sehr effizient nutzen, um mit einer kleinen Besatzung einen überlegenen Feind zu zermürben - dann braucht man aber auch eine voll ausgebaute Festung; kleinere Anlagen werden im nu gestürmt.

Schwache KI bei der Burgverteidigung

An Toren kann es gelegentlich zu Staus kommen.
Leider nutzt die KI die Methode des taktischen Hereinlockens selbst zu selten und enttäuscht bei der Verteidigung von Festungen mit statischem Verhalten - zu oft kann man das wichtige Hauptgebäude ohne nennenswerte Gegenwehr einnehmen, indem man eine Truppe hinten um die Festung schickt und die Mauern erklimmen lässt. Zwar werden einem dann auch manchmal Truppen entgegen geschickt, aber manchmal verharrt ein Hauptkontingent auch auf unteren Ebenen der Festung, obwohl der Weg zur Schlossmitte frei ist und man selbst nur ein Häuflein an Truppen dorthin schickt. Sprich: Man könnte leicht besiegt werden, aber die KI reagiert nicht. Man muss hier allerdings zwischen Rebellen und den Generälen der Clans unterscheiden, die sich nicht so leicht übertölpeln lassen.

Und die KI überzeugt als Eroberer mit einem cleveren Verhalten: Sie täuscht Angriffe mit kleinen Trupps an, teilt ihre Armee auf und greift mehrere Stellen einer Festung an, so dass man als Verteidiger gehörig ins Schwitzen kommt. Wo soll ich meine Schützen postieren? Wann soll ich mich zurückziehen? In der KI-Offensive ist bei Belagerungen also ein Fortschritt gegenüber Empire spürbar, in der Defensive hat sie ihre Schwächen. Dazu gehört auch immer noch die Wegfindung in Tornähe: Es kommt wie gehabt selbst bei geöffneten Pforten manchmal zu hässlichen Staus und seltsamen Bewegungen rund um die Treppen und Mauern, so dass es weder vorwärts noch rückwärts geht. Das sorgt für eine unansehnliche Statik mit Lemminggewusel. Hier muss Total War endlich besser werden!

             

Die Landgefechte

Was hat sich bei den konventionellen Gefechten an Land getan? Zu Beginn gibt es Ansprachen des Generals auf Japanisch, die zunächst sehr stimmungsvoll wirken. Allerdings nutzt sich das sehr schnell ab. Nicht etwa, weil man keinen Einfluss auf das Gesagte hat (was übrigens eine Überlegung für Rome 2 wert wäre), sondern weil diese pathetischen Reden selbst bei kleinen Scharmützeln gehalten werden - da ist dann von einem feindlichen General die Rede, den es gar nicht gibt. Außerdem werden die Ansprachen nicht immer überzeugend inszeniert: Der Jubel wirkt zu steif, der General bewegt sich kaum und es kommt zu hässlichen Clippingfehlern, wenn etwa ein Speerkämpfer während der Rede mitten im Pferd des Generals steht. Aber wichtiger ist natürlich die Schlacht. Was hat sich da getan? Um es kurz zu machen: Es gibt immer noch traditionelle Ärgernisse (warum müssen meine Reiter schon vor dem Gefecht so plump durch meine Infanterie preschen, wenn ich ihnen einen Marschbefehl von der linken zur rechten Flanke gebe?), aber letztlich mehr Klasse statt Masse.

Creative Assembly hat die Truppengröße reduziert - man kann nur noch bis zu zwanzig Verbände in eine Schlacht schicken. Die haben mit zehn Truppentypen von der Speerkavallerie bis zur Bogeninfanterie einiges an Vielfalt anzubieten, denn innerhalb der Waffengattung gibt es je nach Clan erhebliche statistische Unterschiede. Die Reichweite und Präzision der besten

Die Landgefechte sind immer noch das Highlight des Spiels: Freut euch auf taktische Freiheiten und klasse Perspektiven.
Bogenschützen der Chosokabe liegt bei 175 und 60, während normale Schützen nur 150 und 25 erreichen. Diese Unterschiede sind in der Schlacht spürbar und ziehen sich durch alle Truppentypen, die je nach Clan ihre Eliteeinheiten haben. Es gibt auch exotische Kämpfer wie etwa die weiblichen "Onna Bushi", die mit ihren Naginata für Angst und Schrecken sorgen oder die "Kisho-Ninja", die nicht nur Blendgranaten werfen, sondern sich selbst im Lauf verbergen können, so dass man sich dem Feind kurzfristig unsichtbar nähern kann. Wenn diese Attentäter damit durch kommen, sinkt die Moral ins Bodenlose.

Helden braucht das Land

Die absolute Zahl der Samurai kann zwar nicht mit den theoretischen Zehntausenden aus Empire mithalten. Dafür sehen die Truppen en detail einen Tick besser aus und der General bekommt später Unterstützung von Heldeneinheiten mit enormer Moral, die spezielle Fähigkeiten besitzen. Ein Katana-Held kann z.B. nicht nur zum Berserker werden und alles um sich herum niederschlagen, sondern seine Einheit sowie benachbarte für kurze Zeit unbesiegbar machen - wer das rechtzeitig einsetzt, kann seine Linien zusammen halten. So wird das Timing der Sonderaktionen wichtiger als in Empire. Aber keine Angst: Die Helden sind zwar selbst schlagfertiger, aber auch von konventionellen Truppen schlagbar. Denn auch für sie gilt Schere, Stein, Papier, so dass eine schwere Reiterei von der Seite schnell mit ihnen aufräumt.

Moral, Tageszeit (man kämpft auch bei Nacht, was sehr stimmungsvoll und gefährlich ist, denn die Bogenschützen sehen

Die Kämpfe wurden über Motion Capturing bei der British Kendo Association aufgenommen, um möglichst realistische Bewegungsabläufe mit den asiatischen Waffen zu zeigen: Egal ob Wakizashi oder Naginata, Tanto oder Yari - alles ist dabei.
nicht weit und es gibt Ninjatruppen, die sich perfekt verstecken!), Wetter (Brandpfeile haben bei Regen kaum Wirkung) und Hinterhalte (man kann Truppen effizienter in Wäldchen verstecken) spielen eine größere Rolle als in Empire - wer Brandpfeile oder den Ansturm der Kavallerie gut einsetzt, kann sich Vorteile verschaffen. Ich habe auch das Gefühl, dass sich die Truppen allgemein flinker bewegen; vor allem die Berittenen. Das alles führt dazu, dass die Gefechte unterm Strich etwas schneller und gnadenloser ablaufen, denn das Flankieren und Hintergehen hat deutlich höhere Auswirkungen auf die Moral. Man muss daher auch den General und seine aufmunternden Fähigkeiten besser einsetzen, um vor allem die leicht verstörbaren Ashigaru beisammen zu halten - die Samurai halten etwas länger durch.

Formationen und Spezialverhalten

Und all das fußt natürlich immer noch auf den grundsätzlich sehr guten Möglichkeiten im Feld, was Stellungen und Positionen angeht. Es gibt acht vorgefertigte Landformationen vom "Kranichflügel" für eine solide Defensive bis zum "Wolkendrachen" für eine Offensive mit Projektilen und Kanonen. Wer seine Armee gruppiert, profitiert auch von der einheitlichen Marschgeschwindigkeit. Man muss seine Truppen nicht nur clever bewegen, um Hinterhalten und Flankierungen vorzubeugen sowie Furten zu bewachen, sondern auch in sinnvollen Untergruppen agieren lassen und ihre speziellen Fähigkeiten im richtigen Moment nutzen.

Dazu gehört nicht nur der Brandpfeil, sondern auch der kurz vor dem Zusammenstoß eingeleitete Keil der Reiterei, eine Wand oder ein Quadrat aus Speeren, das überaus wichtige Plänkeln der Bogenschützen oder die Kreiselformation der berittenen Schützen, die einen Feind zermürben können. Hinzu kommen Blendgranaten einiger Ninjas sowie Bambuswände oder mannshohe Schutzschilde, die man vor seinen Bogenschützen aufstellen kann, um sie zu schützen. Die Kriegermönche

Neben der Kampagne kann man auch einzelne historische Schlachten austragen.
können ihre Feinde sogar mit heulenden Pfeilen in Angst versetzen - ideal, um die Moral aus der Distanz zu verringern. Schade ist allerdings, dass es immer noch keine Umzingelung als Manöver für flinke Truppentypen gibt, so dass eine Einheit kurz vor dem Kontakt mit dem Feind quasi in die Breite geht, um ihn dann von außen wie eine Zange zu umgehen und schließlich einzukesseln. Das wäre doch was für Rome 2, denn nicht nur die Legionäre haben diese Taktik angewandt.

Schön ist, dass die KI in der Offensive einer Feldschlacht ähnlich unberechenbar ist wie bei Belagerungen: Sie umgeht gezielt eine statische Formation mit ihrer Reiterei und nutzt vor allem Hügel im Gelände gut aus. Ist sie zahlenmäßig unterlegen, wählt sie geschickt eine kompakte defensive Position und wartet ab. In Total War kann man zwar selbst wunderbar locken, reizen und ködern, aber auch die KI nutzt jetzt deutlicher den Weg in den Rücken der Abwehr. Ich empfehle die drei historischen Feld-Schlachten von Sekigahara, Okehazama und Kawanakajima auf der dritten (schwer) der vier Gefechtsgrade - dann wird man gefordert.

              

Episches Multiplayer-Erlebnis

Dieses Shogun hat noch einen weiteren Trumpf parat: Den Mehrspielermodus. Man kennt ja die so genannten "Drop-in-Gefechte" aus dem Vorgänger - wer seine Kampagne spielt, dabei online ist und ein Häkchen setzt, kann jemandem die Kontrolle über die feindliche Armee geben, die sonst von der KI gesteuert würde; eine klasse Idee. Ebenfalls bekannt ist die Möglichkeit schneller Online-Gefechte, jetzt auch in Teams mit bis zu vier Mann, wobei man auch die Führung einer Truppe aufteilen kann. Hinzu kommt die Kampagne, die man online mit einem Freund kooperativ gegen die KI oder gegeneinander spielen kann - inklusive komfortabler Optionen wie Runden- und Zeitlimits.

Aber das motivierende Kernstück ist der neue Avatar-Modus. Hier kämpft man quasi mit aller Welt um die Vorherrschaft Japans, während man mit seinem General immer weiter aufsteigt und Fähigkeiten, Gegenstände sowie Truppen gewinnt. Man kann ihm nicht nur ein individuelles Äußeres vom Gesicht bis zum Helmschmuck und ein Wappen geben, sondern auch bis zu fünf Zusatzattribute wie "Böses Omen" (senkt die Moral der Feinde) oder " Übungsplatz" (hebt die eigenen Angriffswerte) als Gefolge freischalten und nach gewonnen Schlachten Punkte auf vier militärische Fähigkeiten verteilen: Führerschaft, Nahkampf, Bogen und Körper stehen in sechs Stufen zur Verfügung.

Online-Strategie mit Rollenspielflair

Man kann sich einen Anführer basteln und wie einen Rollenspielhelden entwickeln.
Und sowohl Gefolge als auch Fähigkeiten gibt es in dieser Form nicht in der normalen Kampagne - hier hat man also nicht einfach Bushido und Chi übernommen; zumal man im Avatar-Modus auch keine Wirtschaft und keinen Aufbau verfolgt, sondern lediglich kämpft. Dafür wird man hier animiert, sich mit den neuen Karrierebäumen auseinander zu setzen. Das ist eine überaus interessante Verknüpfung von Online-Rollenspielfunktionen und Strategie, denn man erstellt sich eine Figur nach Maß, die man spürbar entwickeln kann.

Und als Feldherr freut man sich natürlich, dass eingesetzte Truppen an Erfahrung und damit Veteranenstatus gewinnen. Man startet in einem von vier wählbaren Gebieten, mit einer Armee und Marine, kann sich dann für die Eroberung einer angrenzenden Provinz entscheiden - vorher schaut man, was sie für Boni bringt. Der Unterschied zur Kampagnenkarte ist natürlich, dass man hier keinen bunten Flickenteppich mit KI-Clans in Japan sieht, sondern eine freie Karte, die man nach Siegen gegen Online-Feinde langsam mit seiner Farbe einfärbt.

Man hat auch hier die Wahl, ob man ein schnelles Gefecht führt oder selbst die Bedingungen wie Schlacht oder Belagerung, das Gelände, die Tageszeit oder Truppengröße festlegt. Übrigens kann man Sets an Truppen speichern und später abrufen. Neu gegenüber der Kampagne sind die strategischen Gebäude, die man auf dem Schlachtfeld aktivieren kann - meist befinden sie sich in der Mitte. Wer sie einnimmt und hält, bekommt z.B. einen sofortigen Bonus auf seine Angriffe oder die Geschosse werden nachgeladen - sehr nützlich.

      

Fazit

Ich war vor elf Jahren von Shogun fasziniert, ich bin es auch heute. Echtzeit und Runde, Taktik im Feld und Strategie auf der Karte - das bleibt eine magische Verknüpfung, zumal Creative Assembly das Flair des alten Japan vom Samurai bis zur Geisha wunderbar einfängt. Nicht nur auf dem Schlachtfeld, auch drumherum: Das Artdesign und die Musik sind großartig. Auch dieses Total ist nicht perfekt, auch diesmal hat die KI in beiden Modi ihre Tücken und idiotischen Aussetzer, auch diesmal sieht nicht alles en detail grandios aus. Es ist allerdings von großem Wert, dass die Briten in dieser schnelllebigen, auf weniger anspruchsvolle Zielgruppen fixierten Spielewelt weiter eine Konstante für komplexe Strategie bilden und an ihrer Reihe feilen. Die Kartenstrategie ist klarer, durchdachter und die Schlachten sind schneller als in Empire, aber dafür taktisch fordernder, was den Einsatz von Spezialmanövern, Hinterhalten oder die Wahrung der Moral angeht. Hinzu kommen kreative Impulse: Die Belagerungen und Seeschlachten spielen sich erfrischend anders und vor allem der neue Multiplayermodus kann begeistern. Total War ist mit diesem japanischen Schmuckstück noch längst nicht am Limit, aber für Freunde historischer Strategie immer noch das epische Maß aller Dinge.

Pro

hervorragendes Figuren- & Artdesign
spannende Kampagne in drei Varianten
neun Clans mit eigenem Charakter
clevere KI in der Offensive
zig vorgefertigte Formationen
eindrucksvolle Schlachten bei Nacht
gute Kampfchoreographie
edle Karte mit Erkundungsreizen
Charakterentwicklung mit Rollenspielflair
diplomatischer Handel, Druck & Geiselpolitik
religiöse Konflikte & Bekehrungen
zig Spezialmanöver wie Plänkeln, Kreisel etc.
neue Belagerungen mit Flaggentaktik auf Etagen
neue Seegefechte mit Küsteneinfluss
ausgezeichneter Multiplayer mit Koop-Kampagne, LAN & Co
motivierender Online-Avatar-Spielmodus
spürbarer Einfluss von Wetter & Tageszeit
sehr gute Steuerung mit Zoom/Kamera-Komfort
böse Omen und Dilemmas mit Konsequenzen
vier historische Schlachten

Kontra

KI-Aussetzer in beiden Spielmodi
Mauererstürmung sieht en detail billig aus- hässliche Staus vor Toren
kein Einfluss auf teils unpassende Generalsansprachen
keine Kommunikation/Absprachen mit Vasallen
Emotionen der Clananführer bei Diplomatie kaum erkennbar
lange Kampagnen-Ladezeiten

Wertung

PC

Ein historisches Schmuckstück für Strategen, mit ansehnlichen Schlachten und klasse Multiplayermodus - das alte Japan wird hier lebendig!

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