Trine 209.12.2011, Jörg Luibl
Trine 2

Im Test:

Amadeus, Pontius und Zoya sind zurück: Das schlagfertige Trio begeisterte schon vor zwei Jahren in einem farbenprächtigen Abenteuer. Kampf und Rätsel, Physik und Hüpferei - dieser kreative Mix vor märchenhafter Kulisse war uns Gold wert. Jetzt haben die finnischen Entwickler von Frozenbyte einen Nachfolger veröffentlicht. Ein mysteriöses Licht lockt die Helden in den Wald...

Auf der Suche nach Lösungen

Verflixt, dieses Hexenhaus macht mich noch verrückt! Wie komme ich bloß weiter? Ich habe Kobolde und Riesenschlangen besiegt, tödliche Abgründe überwunden und zig Fallen überlebt - ich bin sogar auf einer meterlangen Froschzunge balanciert! Zunächst schien die Reise durch diese zauberhafte Märchenwelt kinderleicht. Wie im Vorgänger kämpfte, hüpfte und schwang ich mich vor idyllischen Hintergründen durch wabernde Sümpfe, verwunschene Höhlen und Wälder im Abendrot.

Jetzt stehe ich zwischen Feuer speienden Rohren, meterhohen Bücherregalen und kann den Ausweg oben rechts sogar deutlich sehen. Aber ich komme einfach nicht hinauf: Der Enterhaken der Diebin findet keinen Halt, selbst die gestapelten Kisten des Zauberers reichen nicht aus! Und der Krieger hilft mir weder mit Schwert, Schild noch Hammer. Ich habe alle Hilfen ausgestellt und will sie auch partout nicht aktivieren - da bin ich stur wie ein Esel.

Märchen mit optionalen Hilfen

Die Zunge dieses Riesenfrosches lässt sich als Brücke nutzen - bei gutem Timing!
Die Zunge dieses Riesenfrosches lässt sich als Brücke nutzen - bei gutem Timing!
Auf Wunsch können entspanntere Spieler alle zwei oder fünf Minuten einen automatischen Hinweis von den Gefährten bekommen. Schade ist, dass sie lediglich als statische Portraits erscheinen und beim Sprechen nicht animiert werden. Dafür wurde das Abenteuer komplett lokalisiert und man hört das Trio auf Deutsch. Auch wenn die Stimmen manchmal genau so dünn wirken wie die eigentliche Story oder die überflüssigen Strophen sowie Artworks aus den Schatzkisten, sorgt der Erzähler im Hintergrund für Märchenonkelflair.

Da kommen ja auch des Öfteren Esel vor. Ich probiere jedenfalls eine gefühlte halbe Stunde herum. Wie im Vorgänger kann ich auf Knopfdruck zwischen den Helden wechseln und bequem ihre Fähigkeiten einsetzen. Wer genug blaue Phiolen sammelt, kann (leider nur) eine Hand voll pro Charakter freischalten und sie jederzeit wieder zurücknehmen, um sie neu zu verteilen - man kann also nichts falsch machen. Wer das häufiger macht, wird sich vielleicht darüber ärgern, dass man sie im Menü nicht einfach per Doppelklick aktivieren kann.

Neuer "Unlimited Modus":

Bisher musst das Trio auch kooperativ immer aufgeteilt sein auf drei verschiedene Helden. Jetzt kann man auch mit gleichen Charakteren loslegen - also z.B. drei Krieger oder Zauberer zusammen. Ansonsten gibt es nichts an der Steuerung (wahlweise mit Maus & Tastatur oder Gamepad) zu meckern: Der Zauberer darf neuerdings Monster schweben und wie gehabt Kisten sowie Planken über das Nachzeichnen ihrer Form erscheinen lassen; die Diebin schwingt nach einem Fadenkreuzschuss an ihrem Seil, macht sich erstmals unsichtbar oder schießt weiter mit Eis und Feuerpfeilen; der Krieger blockt mit dem Schild, haut drauf, stürmt vor oder wirft den Hammer, bis er explodiert. Etwas inkonsequent, aber für die

Spielbalance wichtig ist, dass alle drei trotz ihrer Unterschiede auch alles machen können: Der dünne Amadeus schiebt schwere Kisten genau so wie der dicke Pontius, der wiederum genau so elegant über Abgründe springt wie Zoya. Aber kein Zauber, keine Akrobatik und keine Gewalt hilft mir in dieser Situation weiter.

Ein Hauch von Portal

Welche mysteriöse Frau beobachtet die drei Helden? Leider kann die Story nicht überzeugen.
Welche mysteriöse Frau beobachtet die drei Helden? Leider kann die Story nicht überzeugen.
Es muss mit diesen zwei blau flimmernden Spiegel zusammen hängen: Ich kann ihre Position ja über Hebel ändern, dann schiebe ich sie durch den Level. Wenn ich von einer Seite etwas hinein werfe oder selbst hinein springe, komme ich beim anderen Spiegel wieder heraus - das erinnert angenehm an Portal. Das hat mich einen Raum zuvor auch weiter gebracht, aber hier kann ich schieben wie ich will: Meine Sprünge über diesen Teleport reichen nicht!

Immerhin kann ich in dieser Zeit des Grübelns die gestochen scharfen, unheimlich stimmungsvoll designten Hintergründe betrachten oder dem Soundtrack von Ari Pulkkinen lauschen, der sanft und lieblich dahin plätschert. Und da ist ja noch - der Kessel der Hexe! Muss ich das Feuer aus den Rohren etwa so durch die Spiegel leiten, dass es den Kessel erhitzt, damit daraus...? Ja, das muss es sein: Ein paar Hebeldrehungen später brutzelt es und durchscheinende Blasen steigen in die Höhe. Hurra, ich komme weiter!

Abwechslungsreiches Abenteuer

Dafür begeistert die zauberhafte Kulisse: Egal ob im lichten Wald oder schummrigen Höhlen.
Dafür begeistert die zauberhafte Kulisse: Egal ob im lichten Wald oder schummrigen Höhlen.
Das ist nur eine Situation von vielen, die dieses Abenteuer trotz seiner Leichtigkeit und Verzeihlichkeit auch für Veteranen so reizvoll machen. Man fühlt sich manchmal in einer Sackgasse, obwohl die Lösung später so klar ist - das sind schöne Momente. Dazu gehören auch die Hüpfereien: Kürbisse bringen Trampolinschub, Pilze bieten Plattformhalt, Stachelfallen verlangen den richtigen Absprung, glitschige Schrägen sorgen für Rutscheinlagen, schwingenden Baumrammen sollte man ausweichen. Wer es nicht schafft, wird nicht bestraft - man verliert weder Leben noch Fähigkeiten oder Zeit und kann entspannt fortfahren.

Ich muss hier dennoch etwas öfter um die Ecke denken als noch im Vorgänger - auch, weil das Leveldesign nicht nur um alternative Lösungswege, sondern auch um neue Elemente bereichert wurde. Mal muss ich magisches Wasser über die Anordnung von Baumrinnen so umleiten, dass es auf eine Pflanze fließt, die dann wiederum in die Höhe schießt, um neue Plattformen über ihre Blätter zu bilden. Mal muss ich Geysire nutzen, um auf deren Lufstrom zu balancieren oder Kisten in die Höhe fliegen zu lassen. Und das alles ieht verdammt gut aus.

Die Fähigkeiten der Helden:

+ Zauberer (Monster schweben lassen; eine, zwei, drei oder vier Kisten erschaffen; eine Planke erschaffen)

+ Krieger (Frostschild, Feuerschwert, Sturmhammer, exploisver Hammer, Anstürmen)

+ Diebin (Frostpfeil, Unsichtbarkeit, Eispfeile, Feuerpfeile, explosiver Pfeil) Auch kleine Dreh-Puzzles bereichern das Spielerlebnis. Wenn die Richtung nicht passt, kann ich bronzene Röhren in verschiedenen Formen einsetzen, um die Luft zu lenken - das gilt auch für Feuer. Sehr lobenswert ist auch, dass ich fast immer mit subtilen und logischen Mitteln etwas erreiche: Hier am Blatt ziehen, damit etwas runter fällt; da einen Lastzug mit Magie aktivieren, einen Heuwagen anschieben oder dort eine Treppe aus Kisten bauen. Wer alle versteckten Geheimnisse finden will, muss viel ausprobieren.

Unterhaltsames Hauen und Stechen

Das Spiel ist nicht schwierig, vor allem nicht in den Kämpfen, die man in drei Stufen anpassen kann: Zwar sollte man im Idealfall mit dem Krieger oder der voll aufgerüsteten Diebin agieren, wenn man umzingelt oder von allen Seiten beschossen wird. Da die kleinen und großen Kobolde, die Spinnen und Monster aber nicht gerade clever agieren, man nahezu alles dauerblocken kann und überall Wiederbelebungspunkte findet, die die Helden bei voller Energie zurück bringen, hängt man kaum in Gefechten fest - kooperativ mit drei Leuten hat man in null Komma nichts alles besiegt. Auch die Rätselsituationen werden deutlich schneller gemeistert, da man gleichzeitig alle Fähigkeiten einsetzen kann. Neu ist übrigens, dass man jederzeit speichern kann.

Mit viel Magie und Trickserei lassen sich die Umgebungsrätsel lösen.
Mit viel Magie und Trickserei lassen sich die Umgebungsrätsel lösen.
Schade ist, dass der Schild mit der Zeit keinen Schaden nimmt und dass es trotz toller Physikspielerein auch einige Inkonsequenzen und seltsame Situationen gibt - da pieksen Speere durch Stein, Monster fallen unrealistisch oder der Greifhaken zickt, obwohl er an Holz halten sollte. Trotzdem machen die Gefechte Spaß: Mit Amadeus kann ich einen zappelnden Kobold in die Luft heben, ihn in einen Abgrund fallen lassen oder sofort eine Kiste über ihm beschwören, die ihm auf den Kopf fällt. Pontius kann Feinde mit einem Schildblock vereisen und dann mit dem Hammer zerschmettern, Zoya lässt ihre Pfeile aus der Distanz  sprechen. Im neuen Spielmodus kann man übrigens auch mit drei Zauberern oder Kriegern loslegen.

Fazit

Das ist ein zauberhaftes Abenteuer! Hat man einmal angefangen, kann man kaum noch aufhören - vor allem, wenn man es kooperativ spielt und im Team sowohl Fähigkeiten als auch Flüche kombiniert. Die gestochen scharfe Kulisse begeistert mit ihren prächtigen Farben und Spiegelungen, toll animierten Pflanzen und Wesen, so dass man fast das Gefühl hat, in einem über quillenden Märchenbuch unterwegs zu sein. Das Beste ist erneut der kreative Mix aus Kampf, Erkundung, Physik und Rätseln. Zwar ist einiges an Lösungswegen aus dem Vorgänger bekannt, die Story leider kaum der Rede wert, die Bosse etwas zu leicht besiegt und es gibt kaum neue Fähigkeiten für die Helden. Aber dafür verströmt dieser sehr gute Nachfolger zwischendurch fast Portalflair und ist endlich online spielbar. Dieses Hauen, Hüpfen, Grübeln, Schieben, Schwingen, Kombinieren und Knobeln hat richtig Spaß gemacht!

Wertung

PC

Ein kooperativer Plattformspaß mit kreativen Rätseln vor zauberhafter Kulisse!

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