Im Test:
Böses Erwachen
Faery spielt in einer Märchenwelt, die von den Menschen vergessen wurde und deren Magie zusehend verblasst. Dadurch hat sich ein gefräßiger Nebel über das Fantasy-Reich gelegt, der es komplett zu verschlingen droht. Viele Landstriche sind bereits verschwunden, andere stehen kurz davor. Der gerade erst aus einem künstlichen Tiefschlaf erwachte Spieler soll das Unheil abwenden ohne die Hintergründe zu kennen oder überhaupt zu wissen, warum er so lange kein aktiver Teil Avalons war.
Name, Geschlecht und Aussehen des geflügelten Helden darf man selbst bestimmen - von der Form der Ohren über die Fülle der Lippen bis hin zur Größe der Nasenlöcher kann jedes noch so kleine Detail modifiziert werden. Zudem ändert sich das Erscheinungsbild im Verlauf des Abenteuers durch neu erlernte Fertigkeiten, die sich in Tätowierungen sowie dem Verändern einzelner Körperteile bemerkbar machen. Auch das Wechseln von Waffen und Rüstungen schlägt sich optisch nieder.
Klassische Werte wie Stärke, Abwehrkraft oder Geschicklichkeit gibt es allerdings nicht. Vielmehr beeinflusst jeder Ausrüstungsgegenstand die Höhe elementarer Potenzen und Resistenzen, die in Balkenform angezeigt werden. Neben dem Verstärken von Blitzangriffen, Feuerschilden oder Heilzaubern, wohnen einigen Bögen (andere Waffen sind tabu) und Kleidungsstücken aber auch spezielle Boni inne, die einen mit mehr Lebensenergie versorgen, das Ausweichverhalten verbessern oder bei Feinden häufiger Statusbeeinträchtigungen bewirken. Zudem kann man die Effektivität seiner Ausrüstung verdoppeln, wenn man entsprechende Sets trägt.
Auf in die Schlacht
Die rundenbasierten Kämpfe präsentieren sich bieder und unspektakulär - Genrefans werden kaum gefordert. |
Allzu berauschend sind die rundenbasierten Scharmützel aber ohnehin nicht: Man kann angreifen, zaubern, Items verwenden oder die Entfernung zum Gegner ändern, was sich auf den erteilten sowie erlittenen Schaden auswirkt. Fliehen oder verteidigen ist keine Option und Teamattacken sind trotz bis zu dreiköpfiger Party, deren Zusammensetzung man selbst bestimmen kann, auch nicht möglich. Immerhin gibt es eine einsehbare Zugreihenfolge und durch die Verwendung von Aktionspunkten und -aufladungen statt klassischen Manas muss man jede Runde abwägen, wie viele Punkte eine bestimmte Aktion verschlingt und wie lange es dauert, bis sie wieder zur Verfügung steht.
Individuelles Training
Das Charakterdesign überrascht teils mit ungewöhnlichen und skurrilen Figuren. |
Neue Ausrüstung sowie Heiltränke erhält man regelmäßig als Beute von Gegnern, Belohnung für Quests oder aus Schatztruhen, die mehr oder weniger gut versteckt ihrer Entdeckung harren. Geschäfte oder ähnliches gibt es nicht. Die eigentliche Spielwelt ist auch relativ klein und besteht lediglich aus vier kompakten, aber abwechslungsreichen Arealen, die durch Spiegel miteinander verbunden sind. Neben der Insel Avalon verschlägt es einen auch zum Weltenbaum Yggdrasil, an Bord des Fliegenden Holländers sowie in eine orientalische Stadt, die von einem riesigen Skarabäus durch die Gegend getragen wird.
Nicht auf den Mund gefallen
Die jeweiligen Bewohner wirken oftmals etwas skurril, fast wie Karikaturen - auch wenn es sich um eigentlich vertraute Geschöpfe wie Trolle, Gnome, Feen oder Nixen handelt. Doch wo trifft man schon auf Gnome, die sich tote Fische aus dem Mund ziehen und als Waffe benutzen, untote Piraten, die sich vor Angst in die Hose machen oder gebildete Trolle, die nur in Reimform reden? Hier muss man vor allem den Übersetzern ein Lob aussprechen, die bei der Lokalisierung wirklich ganze Arbeit geleistet haben. Schade nur, dass die Dialoge nicht auch noch mit Sprachausgabe unterlegt wurden, was die Atmosphäre nochmals aufgewertet hätte.
Die Spielwelt ist recht klein geraten, bietet aber abwechslungsreiche Schauplätze und Dialoge, deren Verlauf man aktiv mitbestimmen kann. |
Dass man die Fantasy-Welt fliegend erkundet, ist anfangs gewöhnungsbedürftig, hat aber durchaus Vorteile, auch wenn die Steuerung vor allem mit der Maus sehr träge ist. Grafisch reißt Faery ebenfalls keine Bäume aus, kann sich stellenweise aber durchaus sehen lassen. Ähnliches gilt für den Umfang: Acht Stunden sollte man auf jeden Fall einplanen; wer sämtliche Aufgaben bewältigen und Schätze abstauben will, kann aber auch locker doppelt so viel Zeit in Avalon verbringen. Nur das Ende ist ziemlich ernüchternd: Kein großes Finale, kein Endkampf - stattdessen ein paar klärende Worte, um zukünftige Fronten abzustecken und ein lapidares "Fortsetzung folgt"...
Fazit
Faery bietet auch auf dem PC solide Fantasy-Unterhaltung für Rollenspieler, die gerne eine gewisse Entscheidungsfreiheit genießen und skurrile Charaktere mögen. Man trifft auf dichtende Trolle, einsame Schnapsbrenner oder Galionsfiguren mit Liebeskummer. Man beeinflusst Gesprächsverläufe, erhält unterschiedlich lösbare Aufgaben und sondiert potentielle Fertigkeiten und Begleiter. Spielwelt und Umfang sind überschaubar, überzeugen allerdings mit abwechslungsreicher Gestaltung und optionalen Inhalten. Die Erkundung aus der Luft ist jedoch recht träge und vor allem in engen Arealen unübersichtlich, während die rundenbasierten Kämpfe gegen Gnome, Nixen und Ghuls ungemein zäh und bieder vonstatten gehen - da fehlen nennenswerte Herausforderungen. Vermutlich hätte der Titel als reines Action-Adventure wesentlich besser funktioniert, denn die simple, aber flexible Charakterentwicklung und das dynamische Quest-Design wissen durchaus zu gefallen. Auch die deutsche Lokalisierung verdient Lob, wenngleich auf atmosphärische Sprachausgabe gänzlich verzichtet wurde und am Ende des Fantasy-Märchens ein böser Cliffhanger wartet. Zudem müssen PC-Spieler für die online aktivierbare Retail-Fassung doppelt so tief in die Tasche greifen...
Pro
Kontra
Wertung
PC
Fantasy-Abenteuer mit gelungenem Quest- & Dialogsystem, aber öden Kämpfen und unbefriedigendem Ende.
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