Öko Simulator29.06.2010, Bodo Naser
Öko Simulator

Im Test:

Einen politisch korrekten Manager gab es bislang noch nicht. Dies will jetzt der Öko Simulator ändern, der kürzlich bei Valu Soft erschien. Leider sind die britischen Entwickler von Virtual Playground nicht gerade für ihre außergewöhnliche Qualität bekannt. Oder können sie das schlechte Image mit einem guten Spiel aufpolieren?

Aktualität des Umweltschutzes

Nach der verheerenden Ölpest im Golf von Mexiko steht Umweltschutz 

Weltregierung oder Quasselclub? Konferenzen lassen sich nur bedingt beinflussen, weshalb oft der Minimalkonsens bleibt. 
wieder ganz oben auf der Agenda, während Wachstum um jeden Preis immer mehr in Frage gestellt wird. Soll man die derzeit kaum zu beherrschende unterseeische Ölsuche ganz verbieten, besser erforschen oder doch unter scharfen Auflagen erlauben? Hier prallen ökologische und wirtschaftliche Ansichten aufeinander, die scheinbar nicht zu vereinen sind. Wäre es nicht gut, wenn man die Interessen irgendwie unter einen Hut bringen könnte? Denn schließlich will jeder in einer möglichst intakten Natur leben, aber auch aufs Auto nicht verzichten - schon gar nicht in den USA, wo die Leute oft weit voneinander entfernt wohnen und der eigene Wagen das einzige Verkehrsmittel ist.

Demgegenüber scheint die Erderwärmung etwas aus dem Blick der Öffentlichkeit geraten zu sein, obwohl beides natürlich zusammen hängt. Zumindest liest man nicht mehr täglich davon, wie man noch CO2 sparen könnte. Mit dem Treibhauseffekt beschäftigt sich Öko Simulator oder vielmehr damit, wie die Politik ihn verhindern will. So gibt es auch im Spiel eine internationale Quote, die eingehalten werden muss. Symbolisiert wird sie durch einen Balken - wer ihn überschreitet, bekommt Sanktionen. Alle fünf Jahre wird neu festgelegt, um wie viel Prozent der CO2-Ausstoß gesenkt wird. Jedes Land darf da mit abstimmen, allerdings lässt sich das Ergebnis nur schwer verändern. Hat man kein Geld, so lassen sich die anderen Länder nicht umstimmen. So läuft es oft auf das Minimalziel von einem Prozent Senkung hinaus.

Steinalt trifft auf Öko

Das Einhalten der Vorgaben ist gar nicht einfach, denn jedes neue Bauprojekt erzeugt natürlich CO2. Zudem hat eine

Mit neuen Erfindungen lässt sich die Produktion steigern. Aber der Umstieg auf Öko bleibt schwierig, da wirtschaftliche Entscheidungen zählen. 
Regierung natürlich noch was anders zu tun, als die Welt zu retten: In erster Linie muss sie für Elektrizität, Nahrung und Wasser sorgen, da sonst die Leute murren. Außerdem sollte man die Finanzen im Griff haben, indem sich Einnahmen und Ausgaben die Waage halten. Hier steckt man im Dilemma, denn die meisten Einnahmen erzielt man mit Fabriken, Minen und Müllplätzen, die die Umwelt verschmutzen. So produziert etwa ein Kohlekraftwerk weit mehr Strom als eines mit Solartechnik - jedoch auch viel mehr CO2. Es ist also kaum zu machen, ganz auf Öko umzusteigen, auch weil Bauplatz nicht unendlich vorhanden ist.

Allerdings hat man zu Beginn nur eine Hand voll veraltete Technologien, die noch aus der Endphase der Industrie stammen. Schnellstens muss umweltfreundlicher Ersatz her. Man kann zwar neue Technik entwickeln, die in Stromversorgung, Recycling, Landwirtschaft oder Produktion eingeteilt sind. Aber es fehlen einige Technologien: So kommen zwar Ölkraftwerke oder Müllverbrennung vor, aber keine Atomkraft, die zwar gefährlich, aber immerhin CO2 neutral wäre. Die Auswahl scheint willkürlich, begrenzt und zeigt, dass es sich eher um ein Spielchen für zwischendurch als um ein richtig komplexe Simulation im Stil von Sim City handelt. Immerhin ist es möglich, "Steinzeittechnik" wie Kohlekraft aufzuwerten, um deren Wirkung zu erhöhen.

Globale Probleme

Allerdings reicht das nicht aus, wie man schnell merkt, denn die Bevölkerung 

Wo gibt es noch Platz für eine Kohlemine? Auf den Karten wird es schnell eng, obwohl man Gebäude abreißen kann.
wächst und der Verbrauch steigt. So ist man gezwungen, immer neue Bauwerke zu errichten, was anders als die Forschung immer ein Jahr also eine Runde dauert. Der Platz wird so schnell knapp, da die Länder nicht immer sonderlich groß sind. In Asien gibt's mehr Platz als in Europa, wo die nur schematisch dargestellten Städte dicht an dicht liegen. In den USA kann man auch in den Wald bauen, was aber einen förmlichen Protest der Umweltschützer auslöst. Es ist kaum möglich, dem Raumproblem wirksam Herr zu werden, auch wenn sich Altbauten abreißen lassen. Irgendwie hat man nach einer gewissen Zeit immer zu wenig Platz auf der Karte.

Die Bezeichnung "Länder" ist eigentlich nur halb richtig, denn man regiert eigentlich eine ganze Region wie Nordamerika, Afrika oder Europa, in die der detailarme und immer wieder umständlich zu drehende Erdball eingeteilt ist. Außer hinsichtlich der Geografie und Größe unterschieden sich die Länder aber kaum, denn es gibt keine Abwechslung bei Gesellschaft, Wissensstand oder Rohstoffen. In jeder Region baut man also dasselbe ab. So lohnt es sich kaum, mit einem anderen Land zu spielen, was den Wiederspielwert drastisch senkt. Das wäre einzig und allein mit Ausgeglichenheit zu erklären, aber eine wirkliche Konkurrenz mit den anderen Ländern kommt gar nicht auf. Und einen Multiplayer, bei dem man auf Balance achten müsste, gibt's erst gar nicht.

                

Außenhandel und Politik

Am Ende jeder Runde kommt man zur Abrechnung, bei der man mit dem 

Mit Hilfe dieser einfachen Darstellung läuft der Handel. Man kann alles expotieren, was man produziert. Wichtig ist, was hinten rauskommt.  
Weltmarkt handeln kann. Nun gilt es das auszugleichen, was man nicht oder im Überfluss hat. Hier wird in einer Ansicht Im- und Export eingestellt. Verfügt ein Land etwa über viel Wasser, kann es das verkaufen, was Geld bringt. Aber man kann auch Elektrizität einkaufen, wenn man zu wenige Kraftwerke hat. Das ist besonders wichtig, denn sonst kommt es zum Stromausfall, der auch die Forschung betrifft. Das ist nur eines der Zufallsereignisse, die nach jeder Runde vorkommen können. Es gibt auch die Möglichkeit mit Geld zu helfen, wenn sich eine Katastrophe in einer anderen Region ereignet. Jedoch hakt ausgerechnet hier die Schaltfläche für die Spende.

Neben dem Versorgen des Landes muss ein Hobby-Politiker natürlich auch ein Auge auf die Stimmung im Lande haben. Denn außer einem finanziellen Bankrott gibt es auch die Möglichkeit, wegen Unbeliebtheit aus dem Amt zu fliegen. Das kommt häufig vor, da das Geld ebenso schnell weg ist wie die Wählerstimmen, wie man grad bei der schwarz-gelben Bundesregierung sieht. Zudem bestimmt man nach jedem Zug die Richtung der Politik. Soll es eine Strafsteuer für Umweltsünder geben oder lieber doch Subventionen für Treibstoffe? Leider ist der Bereich nicht klar von der Forschung getrennt, da auch hier Erfindungen wie etwa öffentlicher Nahverkehr zu finden sind. Zudem erreicht man durch die schiere Politik keine spürbare Verbesserung der CO2-Austoßes. So lässt auch die Einführung des Stromsparens den Verbrauch kaum sinken.

Lächerliches Äußerliches

Der Okö Simlautor leidet unter einer recht billigen Präsentation, die eher an ein Browser-Spiel erinnert als an ein ausgewachsenes Spiel. Die bunte Grafik ist der Glaubwürdigkeit zusätzlich abträglich, denn gerade ein Umweltspiel hätte  eine authentischere Kulisse verdient. So zieht das Drumherum den ernsten Spielinhalt zeitweise ins Lächerliche, wie man an den periodisch auftretenden Katastrophen sieht, die durch ihre schrille Machart fast schon unfreiwillig komischen wirken. Leider hat das Spiel zudem eine umständliche Bedienung: So muss man den virtuellen Erdball vor jedem Zug umständlich zurückdrehen, um auf sein Land zu kommen. Zudem ist die Ansicht nicht gerade übersichtlich, so dass man sich oft fragt, was für ein Land gerade unter einem schwebt.

      

Fazit

Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass sich ein Spiel mit dem wichtigen Thema Umweltschutz befasst. Allerdings hätte der auch eine engagiertere Umsetzung als diese oberflächliche Inszenierung verdient. Es ist zwar lehrreich, dass man gezwungen ist, Wirtschaft, Politik und Kampf gegen Erderwärmung unter eine Kappe zu bringen, aber dann sollte es auch richtig funktionieren. Im Spiel zieht man leider deshalb oft den Kürzeren, weil irgendetwas nicht wie gedacht funktioniert. Auch wenn einige Technologien wie etwa die Atomkraft leider fehlen, kann man immerhin neue erforschen, aber das kostet natürlich eine Menge Geld. So ist der Spielablauf sehr finanzlastig - sogar Konferenzen und Katastrophen sind nur mit Geld zu beeinflussen. Fehlt der Rubel, weil man sich verzockt hat, kann man gleich als Umweltschützer abdanken. Außerdem ist der simple Außenhandel eigentlich nur interessant, wenn man etwas zum Exportieren hat. Die Politik hat leider zu wenig Einfluss, denn wenn man z.B. das Stromsparen einführt, ist kaum Entlastung spürbar. Aber es ist nicht nur der Umfang, der größer und in seinen Wechselwirkungen komplexer ausfallen könnte, auch die lächerliche Kulisse ist überaus kontraproduktiv, denn sie raubt dem Geschehen jeglichen Rest von Seriosität - wenn man bei einer Katastrophe unfreiwillig schmunzeln muss, hat man den Sinn des Spiels verfehlt.

Pro

Umweltschutz als Ziel
Ausgleich der Interessen finden
Land versorgen
Technologien erforschen
Außenhandel treiben
Politik bestimmen

Kontra

billige Präsentation
schwer zu durchschauen
wichtige Technologien fehlen
Konferenz kaum zu beeinflussen
Sparen bringt wenig
Länder unterscheiden sich kaum
oberflächlich
kein Multiplayer

Wertung

PC

Mit dieser kindisch aufgemachten Schmalspur-Simulation ist keiner glücklich.

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