Ace Combat: Assault Horizon25.01.2013, Paul Kautz
Ace Combat: Assault Horizon

Im Test:

Vor knapp anderthalb Jahren ließ Namco Bandai das Metall bluten: Ace Combat: Assault Horizon (ab 11,89€ bei kaufen) war ein interessanter Schritt weg von den üblichen Dogfights, hin zu mehr Rummsbumms-Action im Stil von Michael Bay. Die jetzt, eine Premiere für die Reihe, auf dem PC zur Landung ansetzt.

Highway to the Danger Zone

Verdammt, sieht das gut aus! Die Präsentation ist zum Teil einfach wahnwitzig, als hätte Michael Bay persönlich die Hand der Entwickler geführt. Es explodiert an allen Ecken und Enden, im Nahkampf zerfetzte Gegner zerbrechen in hunderte Einzelteile, die qualmend und kokelnd durch die Luft torkeln, bevor sie sich, dicke Rauchwolken hinter sich ziehend, dem Zug der Schwerkraft hingeben. Zischt man auf Kussdistanz hinter einem potenziellen Abschussopfer her, sorgt jeder MG- und Raketentreffer dafür, dass man sich den Bildschirm kurzzeitig mit Ruß und leckendem Öl zukleistert. Krach, Bumm, Fetz, Klöteradoms, zerstörte Bodenziele rotieren dramatisch durch die Luft, besonders mächtige Explosionen bekommt man in Nahaufnahme und Zeitlupe besonders wirkungsvoll vor Augen geführt, überall ist die Hölle los. Machen wir uns nix vor: Das ist Actionkino pur! Begleitet von einem Rabatz-Soundtrack erster Kajüte sowie herrlich krachenden Soundeffekten. Deutlich weniger schön: die deutsche Sprachausgabe. Das liegt nicht nur an den schlafmützigen Sprechern, sondern vor allem auch an Übersetzungs-Aussetzern wie "Gegend geklärt!" oder "Wir sind gepinnt!"

In den Gefechten geht es mächtig gewaltig zur Sache - es knallt an allen Ecken und Enden.
In den Gefechten geht es mächtig gewaltig zur Sache - es knallt an allen Ecken und Enden.
Der Nachteil von Actionkino ist bekannt: Es ist meistens ziemlich hohl. Das trifft auch auf ACAH zu: Es mag wie Call of Duty in der Luft sein, aber es hat auch eine stark müffelnde Handlung, gegen die die Ace-Combat-6-Geschichte schwergewichtiger als Ayn Rand war! Immerhin kann sich die deutsche Sprachausgabe gut hören lassen, weitere Sprachen lassen sich direkt aus dem Spiel heraus wählen. ACAH ist Arcade pur, mit selbst reparierenden Schäden, keinen Treibstoffproblemen und nahezu unendlicher Munition. Im Vergleich zu früheren Teilen vermisst man Wingman-Kommandos und variable Missionsziele, es gibt keine fliegenden Festungen mehr - keine Wunder, das Ganze spielt nicht mehr in Phantasie-Szenarien, sondern in unserer Welt: Bekannte, nach Wodka stinkende Feinde, Einsatzgebiete wie Mogadischu, Dubai, Suezkanal, Washington DC oder diverse Szenarien in Russland. Und natürlich kontrolliert man wieder reale Maschinen: Eurofighter Typhoon, F-14, F-15, MiG 29A, F-16, F/A-18, Mirage 2000, F-22, F-35B, Su-34, F-177A, A-10A, B1-B, B-2, AH-64 Apache, MH-60 Black Hawk…

Oho - Hubschrauber?

Keiner weiß so richtig, warum die Hubschrauber in der Kampagne sind, aber - da sind sie. Viel Spaß damit.
Keiner weiß so richtig, warum die Hubschrauber in der Kampagne sind, aber - da sind sie. Viel Spaß damit.

Ja, Hubschrauber. Gleich zu Beginn der Kampagne wird man hinter das Bordgeschütz eines Helikopters geklemmt, um frei nach Black Hawk Down Tod und Verderben von oben regnen zu lassen. Kurz darauf sitzt man selbst hinter dem Knüppel eines Hubschraubers, verteilt Raketen unter Rebellen, dreht Ausweichrollen, auf die Blue Thunder neidisch wäre und ist im Allgemeinen genau wie im Flugzeug unterwegs - nur träger und langsamer. Warum genau diese Missionen im Spiel sein müssen, wissen nur die Designer, aber es sind immerhin nicht viele.

Das ist nicht die einzige Neuerung: Später nimmt man auch frei nach Modern Warfare hinter den Bordgeschützen eines AC-130 Platz, und fegt minutenlang weiße Punkte aus der düster flimmernden Landschaft. Außerdem gibt es zwei neue Kampfvarianten, den Dogfight- und Luftschlagmodus. Letzterer kommt erst im späteren Spielverlauf zum Einsatz und erinnert an H.A.W.X: Man fliegt halbautomatisch durch einen vordefinierten Luftkorridor und schaltet alle Boden- oder Wasserziele aus, während die Waffen effektiver arbeiten. Das Ganze spielt sich wie ein Railshooter.

Call of Abwechslung: Hin und wieder nimmt man auch als AC-130-Schütze weit entfernte Bodenziele ins Visier.
Call of Abwechslung: Hin und wieder nimmt man auch als AC-130-Schütze weit entfernte Bodenziele ins Visier.
Der Dogfight-Modus ist in dieser Hinsicht weitaus schlimmer. Kurz gesagt sorgt er dafür, dass es quasi keinen Dogfight mehr gibt. Denn er funktioniert folgendermaßen: Hat man einen Gegner im nahen Visier, bildet sich ein Kreis um ihn. Drückt man in diesem Moment beide Schulterbumper gleichzeitig, schaltet man in den DFM. In diesem sitzt die eigene Maschine dem Gegner wie ein Affe im Nacken und kann ihn munter zerlegen. Währenddessen hat man nur eingeschränkte Kontrolle über die Maschine, was die Designer dazu nutzen, sie wilde und halsbrecherische Manöver durch Häuserschluchten oder Canyons fliegen zu lassen. Sieht zwar geil aus, nimmt den Luftkämpfen aber sehr viel von ihrer Spannung. Denn der DFM ist meistens eine Abschussgarantie, nur selten schaffen es Gegner (meist Aces, die man ohne DFM kaum aus der Luft bekommt) daraus auszubrechen und sich hinter einen zu setzen - ein Manöver, das man ebenfalls mit etwas Geschick ausführen kann. Dennoch wird das System überansprucht - gerade zum Ende ziehen sich die durchgeskripteten Gefechte dank DFM elend lang hin.

»Schalten Sie die Flughilfe ein, wenn Sie dazu neigen, mit dem Boden zu kollidieren.«

Der Dogfight-Modus mag spektakulär aussehen, nimmt dem Spieler aber viel Spannung - denn er kommt fast einer Abschussgarantie gleich.
Der Dogfight-Modus mag spektakulär aussehen, nimmt dem Spieler aber viel Spannung - denn er kommt fast einer Abschussgarantie gleich.

Die Kampagne ist Ace-Combat-untypisch, es gibt weder Vorabbesprechungen noch Endanalysen, dafür werden die Aufträge meist hintereinander geklatscht, gelegentlich verbunden durch gut inszenierte Echtzeit-Cutscenes. Die Missionen sind durchaus abwechslungsreich: Bombenteppiche verlegen, Cruise Missiles oder Langstreckenraketen abfangen, Schiffe versenken, Radar ausweichen - und natürlich Gegner aus der Luft holen. Massig Gegner! Der Grund für die lange Spielzeit von acht bis neun Stunden ist in erster Linie, dass den Designern oft genug nichts anderes einfiel, als an eine abgeschossene Gegnerwelle eine weitere anzufügen. Und dann noch eine. Und dann noch eine. Und dann noch eine. Gähn! Außerdem sind die Checkpunkte serientypisch zum Teil sehr dämlich platziert - vermasselt man einen Auftrag, darf man zum Teil mehrere bereits bewältigte Missionsstufen nochmals in Angriff nehmen. Für jeden gemeisterten Auftrag erhält man neue Maschinen, Waffen und Lackierungen, was in erster Linie für den Mehrspielermodus nützlich ist.

»Capital Conquest« ist ein interessanter Team-Mehrspielermodus - aber am unterhaltsamsten ist mal wieder das Koop-Fliegen.
»Capital Conquest« ist ein interessanter Team-Mehrspielermodus - aber am unterhaltsamsten ist mal wieder das Koop-Fliegen.
Der besteht aus vier Modi, von denen zwei ziemlich uninteressant sind: »Domination« und »Deathmatch« sind altbekannt und bieten wenig Grund zum ausdauernden Verweilen. Interessanter ist »Capital Conquest«, in dem zwei Teams daran arbeiten, ihr Hauptquartier zu verteidigen und gleichzeitig das des Gegners anzugreifen. Den verschiedenen Vehikelklassen (Jäger, Bomber, Helikopter) kommt dabei essenzielle Bedeutung zu, die maximal aus jeweils acht Spielern bestehenden Teams müssen gut zusammenarbeiten - wenn das der Fall ist, ergeben sich sehr mitreißende Luftschlachten. Aber ganz ehrlich, der vierte Modus war mir der liebste: Zusammen mit zwei anderen Piloten in ausgewählten Kampagnenmissionen auf Gegnerjagd gehen. Zwar ändert das nichts an den Missionen an sich, aber sie machen einfach viel mehr Spaß, wenn man mit Leuten unterwegs ist, mit denen man sich tatsächlich absprechen kann. Außerdem darf man hier gemeinsame Dogfight-Modi nutzen, was denen einen unerwarteten Schub an Action verleiht. Der Netzcode ist vorbildlich, selbst bei voller Spielerzahl hatte ich zum Test keinerlei Lags oder Ruckler. Man darf die freigeschalteten Maschinen nach Gusto umlackieren sowie mit erwirtschafteten Rangpunkten Extras freischalten, die sich auf die eigene Maschine oder gleich das ganze Team auswirken.

Die PC-Version gleicht ihren Konsolenbrüdern auf den ersten Blick wie eine F-16 der anderen. Und technisch gibt es, mit Ausnahme von optionalem Anti-Aliasing, auch keine Unterschiede - was sich in erster Linie in dem PC nicht besonders gut zu Gesicht stehenden match-Texturen äußert. Und trotzdem wird's hier immer wieder ruckelig; ganz besonders im rasanten Dogfight-Modus wird gerne mal herumgezuckt. Dafür gibt diverse Erweiterungen der Konsolenfassungen gleich serienmäßig: Das "Enhanced Edition" im Titel steht für acht Flugzeuge, zwei Karten, 27 Skills und neun Upgrades als Bonus. Flightsticks werden ebenso unterstützt wie Gamepads. Zusätzlich zu Steam wird ein Games-for-Windows-Live-Konto benötigt - über das werden Spielstände, Achievements und der Mehrspielermodus abgewickelt.

Fazit

Schon das dick und fett auf der Packung prangende Motto »Make Metal Bleed« hätte mir Warnung genug sein müssen: Ace Combat goes Call of Duty! Bombastische Präsentation, einfache Steuerung, Hirnschmelz-Handlung, wunderbar viel Krachbumm. Sowie jede Menge Abweichungen von der bekannten Formel der Vorgänger. Was ja per se keine schlechte Sache ist, Stillstand ist ja bekanntlich Rückschritt. Aber trotzdem: Helikopter-Einsätze? Bordgeschützballerei? AC-130-Bombardements? Dogfightmodus? Luftschlagmodus? Ich habe eigentlich nur auf den Moment gewartet, in dem ich mit der M16 voran persönlich ein Rebellenschiff stürme. Ich verstehe natürlich, dass sich die Entwickler weiterentwickeln wollen, aber viele der Zusätze empfand ich als Fremdkörper im Ace Combat-Kreislauf. Aber gut, die stören nicht, und lenken auch nicht vom Kern des Spiels ab: Den wahnwitzig inszenierten Luftkämpfen. Das Ganze ist nach wie vor Arcade pur, in jeder Hinsicht auf die Spitze getrieben, die Ballereien machen trotz kaum noch vorhandenen Dogfights einen Riesenspaß. Die Missionen sind umfang- und abwechslungsreich (teilweise schon zu lang), die Inszenierung der Schlachten ist grandios, der Multiplayermodus solide bis (im Falle der Koop-Variante) toll. Es haut mich nicht mehr aus den Socken wie noch der direkte Konsolen-Vorgänger, bietet aber nach wie vor klasse Luftkampfaction. Selbst in der technisch erstaunlicherweise leicht schwächeren PC-Fassung.

Pro

sehr gute Präsentation
realistische Szenarien
gut inszenierte Handlung...
dramatisch inszenierte Dogfights...
abwechslungsreiche Missionen
unterhaltsame Koop-Missionen
einfache Steuerung
motivierendes Freischalt-System
lagfreier Mehrspielermodus
bombastische Soundkulisse

Kontra

spielerisch fragwürdige Helikopter-Einsätze
teilweise sehr langgestreckte Missionen
...allerdings erzählerisch dumpfbackig
...spielerisch dagegen sehr eingeschränkt
einige sehr nervende Missionen
uninteressanter Mehrspielermodus
teilweise frustrierend platzierte Checkpunkte
gelegentlich ruckelige Grafik
matschige Texturen
lahme deutsche Sprachausgabe

Wertung

PC

Eine wahnwitzige Materialschlacht, die verdammt gut aussieht. Allerdings hat das Spiel weniger Inhalt als von der Serie gewohnt. Die PC-Version leidet unter gelegentlichem Grafik-Schluckauf.

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