Im Test:
Highway to the Danger Zone
Verdammt, sieht das gut aus! Die Präsentation ist zum Teil einfach wahnwitzig, als hätte Michael Bay persönlich die Hand der Entwickler geführt. Es explodiert an allen Ecken und Enden, im Nahkampf zerfetzte Gegner zerbrechen in hunderte Einzelteile, die qualmend und kokelnd durch die Luft torkeln, bevor sie sich, dicke Rauchwolken hinter sich ziehend, dem Zug der Schwerkraft hingeben. Zischt man auf Kussdistanz hinter einem potenziellen Abschussopfer her, sorgt jeder MG- und Raketentreffer dafür, dass man sich den Bildschirm kurzzeitig mit Ruß und leckendem Öl zukleistert. Krach, Bumm, Fetz, Klöteradoms, zerstörte Bodenziele rotieren dramatisch durch die Luft, besonders mächtige Explosionen bekommt man in Nahaufnahme und Zeitlupe besonders wirkungsvoll vor Augen geführt, überall ist die Hölle los. Machen wir uns nix vor: Das ist Actionkino pur! Begleitet von einem Rabatz-Soundtrack erster Kajüte sowie herrlich krachenden Soundeffekten. Deutlich weniger schön: die deutsche Sprachausgabe. Das liegt nicht nur an den schlafmützigen Sprechern, sondern vor allem auch an Übersetzungs-Aussetzern wie "Gegend geklärt!" oder "Wir sind gepinnt!"
Oho - Hubschrauber?
Ja, Hubschrauber. Gleich zu Beginn der Kampagne wird man hinter das Bordgeschütz eines Helikopters geklemmt, um frei nach Black Hawk Down Tod und Verderben von oben regnen zu lassen. Kurz darauf sitzt man selbst hinter dem Knüppel eines Hubschraubers, verteilt Raketen unter Rebellen, dreht Ausweichrollen, auf die Blue Thunder neidisch wäre und ist im Allgemeinen genau wie im Flugzeug unterwegs - nur träger und langsamer. Warum genau diese Missionen im Spiel sein müssen, wissen nur die Designer, aber es sind immerhin nicht viele.
Das ist nicht die einzige Neuerung: Später nimmt man auch frei nach Modern Warfare hinter den Bordgeschützen eines AC-130 Platz, und fegt minutenlang weiße Punkte aus der düster flimmernden Landschaft. Außerdem gibt es zwei neue Kampfvarianten, den Dogfight- und Luftschlagmodus. Letzterer kommt erst im späteren Spielverlauf zum Einsatz und erinnert an H.A.W.X: Man fliegt halbautomatisch durch einen vordefinierten Luftkorridor und schaltet alle Boden- oder Wasserziele aus, während die Waffen effektiver arbeiten. Das Ganze spielt sich wie ein Railshooter.
»Schalten Sie die Flughilfe ein, wenn Sie dazu neigen, mit dem Boden zu kollidieren.«
Die Kampagne ist Ace-Combat-untypisch, es gibt weder Vorabbesprechungen noch Endanalysen, dafür werden die Aufträge meist hintereinander geklatscht, gelegentlich verbunden durch gut inszenierte Echtzeit-Cutscenes. Die Missionen sind durchaus abwechslungsreich: Bombenteppiche verlegen, Cruise Missiles oder Langstreckenraketen abfangen, Schiffe versenken, Radar ausweichen - und natürlich Gegner aus der Luft holen. Massig Gegner! Der Grund für die lange Spielzeit von acht bis neun Stunden ist in erster Linie, dass den Designern oft genug nichts anderes einfiel, als an eine abgeschossene Gegnerwelle eine weitere anzufügen. Und dann noch eine. Und dann noch eine. Und dann noch eine. Gähn! Außerdem sind die Checkpunkte serientypisch zum Teil sehr dämlich platziert - vermasselt man einen Auftrag, darf man zum Teil mehrere bereits bewältigte Missionsstufen nochmals in Angriff nehmen. Für jeden gemeisterten Auftrag erhält man neue Maschinen, Waffen und Lackierungen, was in erster Linie für den Mehrspielermodus nützlich ist.
Die PC-Version gleicht ihren Konsolenbrüdern auf den ersten Blick wie eine F-16 der anderen. Und technisch gibt es, mit Ausnahme von optionalem Anti-Aliasing, auch keine Unterschiede - was sich in erster Linie in dem PC nicht besonders gut zu Gesicht stehenden match-Texturen äußert. Und trotzdem wird's hier immer wieder ruckelig; ganz besonders im rasanten Dogfight-Modus wird gerne mal herumgezuckt. Dafür gibt diverse Erweiterungen der Konsolenfassungen gleich serienmäßig: Das "Enhanced Edition" im Titel steht für acht Flugzeuge, zwei Karten, 27 Skills und neun Upgrades als Bonus. Flightsticks werden ebenso unterstützt wie Gamepads. Zusätzlich zu Steam wird ein Games-for-Windows-Live-Konto benötigt - über das werden Spielstände, Achievements und der Mehrspielermodus abgewickelt.
Fazit
Schon das dick und fett auf der Packung prangende Motto »Make Metal Bleed« hätte mir Warnung genug sein müssen: Ace Combat goes Call of Duty! Bombastische Präsentation, einfache Steuerung, Hirnschmelz-Handlung, wunderbar viel Krachbumm. Sowie jede Menge Abweichungen von der bekannten Formel der Vorgänger. Was ja per se keine schlechte Sache ist, Stillstand ist ja bekanntlich Rückschritt. Aber trotzdem: Helikopter-Einsätze? Bordgeschützballerei? AC-130-Bombardements? Dogfightmodus? Luftschlagmodus? Ich habe eigentlich nur auf den Moment gewartet, in dem ich mit der M16 voran persönlich ein Rebellenschiff stürme. Ich verstehe natürlich, dass sich die Entwickler weiterentwickeln wollen, aber viele der Zusätze empfand ich als Fremdkörper im Ace Combat-Kreislauf. Aber gut, die stören nicht, und lenken auch nicht vom Kern des Spiels ab: Den wahnwitzig inszenierten Luftkämpfen. Das Ganze ist nach wie vor Arcade pur, in jeder Hinsicht auf die Spitze getrieben, die Ballereien machen trotz kaum noch vorhandenen Dogfights einen Riesenspaß. Die Missionen sind umfang- und abwechslungsreich (teilweise schon zu lang), die Inszenierung der Schlachten ist grandios, der Multiplayermodus solide bis (im Falle der Koop-Variante) toll. Es haut mich nicht mehr aus den Socken wie noch der direkte Konsolen-Vorgänger, bietet aber nach wie vor klasse Luftkampfaction. Selbst in der technisch erstaunlicherweise leicht schwächeren PC-Fassung.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Eine wahnwitzige Materialschlacht, die verdammt gut aussieht. Allerdings hat das Spiel weniger Inhalt als von der Serie gewohnt. Die PC-Version leidet unter gelegentlichem Grafik-Schluckauf.
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