Tropico 2: Die Pirateninsel09.05.2003, Bodo Naser
Tropico 2: Die Pirateninsel

Im Test:

Mit Tropico 2: Die Pirateninsel (ab 4,55€ bei kaufen) möchte Take 2 an die großen Erfolge seiner satirisch angehauchten Diktator-Simulation aus dem Jahr 2001 anknüpfen. Dieses Mal seid Ihr aber nicht der Chef einer korrupten Bananen-Republik, sondern der König über ein karibisches Eiland, das von gefährlichen Seeräubern bewohnt wird. Dass das von Entwickler Frog City neu entwickelte Spielprinzip abermals zu überzeugen vermag, zeigt Euch unser Test!

Chef aller Freibeuter

Den augenzwinkernden Charme des Vorgängers, der besser als jede Politikstunde in der Schule den Schlendrian in einem undemokratischen Staat demonstrierte, sucht Ihr bei Tropico 2 leider vergebens. Das neue Szenario mit den Piraten in der Karibik im 17. Jahrhundert ist zeitlich zu weit entfernt, um heutzutage noch richtig aufzuwühlen.

Als Hintergrund für das neue Echtzeit-Strategiespiel, in dem Ihr der Herrscher über eine Insel voller schurkischer Halsabschneider seid, ist es dennoch bestens geeignet. Wer also mit Seeräuberromantik mehr anfangen kann als mit Diktatorenklüngel, darf sich darüber freuen.

Spielumfang

Neben einem spielbaren Tutorial umfasst Tropico 2 vor allem eine Kampagne mit 16 in der Schwierigkeit ansteigenden Episoden, die lieblos durch eine ohne Bilder erzählte Story verbunden sind. Darüber hinaus gibt es auch neun Szenarien, in denen Ihr einen bestimmten Auftrag -wie z.B. Schutz der Insel vor einer Invasion- erfüllen müsst.

__NEWCOL__Schließlich bleibt noch der aus dem Vorgänger bekannte freie Sandkastenmodus, bei dem Ihr die Insel, den historischen Anführer und die Siegbedingen selbst festlegen könnt. Indem Ihr dabei die Umweltbedingungen bestimmt, legt Ihr auch den Schwierigkeitsgrad fest. Wie schon beim ersten Teil, fehlt ein Multiplayer-Modus leider völlig.

Zwei Arten von Einwohnern

In Tropico 2 geht es schlicht darum, die zwei unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen -Piraten und Gefangene- auf Eurer Insel bei Lust und Laune zu halten, wofür auch die meisten der 60 Ausbauten da sind. Dabei müsst Ihr vor allem auf die Ausgewogenheit der Umgebung achten. Essen bekommen die Arbeiter in den Kochzelten, ausruhen können sie sich in einfachen Hütten.

Bei ihnen wird die Resignation durch das Prinzip von Zuckerbrot und Peitsche erreicht, wobei der Schwerpunkt mehr auf der Knute liegt. Der eine oder andere Galgen samt Skeletthand macht den Gefangenen unmissverständlich klar, dass an Flucht nicht zu denken ist! Doch auch mit den Edikten könnt Ihr die Stimmung Eurer Leute positiv beeinflussen.

Und ne Buddel voll Rum!

Die Piraten hingegen müsst Ihr an der langen Leine halten: Sie verlangen einen Dreiklang aus Alkohol, Prostituierten und Glücksspiel. Ein Lynchbaum am Wegesrand etwa vermittelt ihnen zusätzlich den Eindruck von gewisser Gesetzlosigkeit, was sich positiv aus ihre freiheitsliebenden Gemüter auswirkt.

Andererseits kollidiert das natürlich mit der Ordnungsliebe der Gefangenen, die lieber artig zurechtgestutzte Zierhecken möchten. Eine Kanone sorgt für das Sicherheitsbedürfnis der Seeräuber, die sich ständig vor einer Invasion feindlicher Mächte fürchten. Für das gelegentliche Nickerchen wünscht sich jeder Pirat sein Eigenheim, das je nach Erfahrung mitwächst.

Kapern für den Geldbeutel

Der Unterhalt Eurer Gebäude kostet Geld und Eure Piraten verlangen Gold in ihren Taschen. Deshalb ist es neben einem Schmugglerhaus, wo Ihr überschüssige Waren verhökert, unerlässlich öfters in See zu stechen, um das eine oder andere Feindschiff auszurauben. Die Einsätze mit den neun unterschiedlich großen Schiffen plant Ihr auf einer strategischen Karte der Karibik. Auf Dauer etwas eintönig ist leider, dass Ihr nicht selbst die Meere durchforsten dürft und stattdessen zu Hause warten müsst, bis Euer Schiff dick mit Gold und Gefangenen beladen zurückkehrt.

__NEWCOL__Im Hafen wird die Beute dann verteilt, damit auch jeder Pirat seinen verdienten Anteil erhält. Ihr behaltet den "bescheidenen" Rest und steckt einen Teil in Euren Goldschatz - sozusagen der Gradmesser für den Erfolg Eurer freibeuterischen Unternehmungen. Wer immer dieselbe Großmacht plündert, zieht irgendwann deren Unmut auf sich und läuft Gefahr, Opfer einer Invasion zu werden. Abhilfe schafft hier ein spezielles Edikt, das das Kapern von Schiffen einer Nation verbietet.

Durchdachte Neuerungen

Das Strategiespiel weist gegenüber dem Vorgänger viele Verbesserungen auf, die vor allem die Bedienung wesentlich komfortabler machen. So müssen die wichtigsten Gebäude wie Bauzelt oder Holzfäller-Camp nicht mehr mühsam vom Bautrupp errichtet werden - Ihr stellt sie einfach per Maus in die Landschaft. Auch Straßen, die im ersten Teil oft ewig gedauert haben, werden jetzt direkt gebaut.

Insgesamt ist die Bedienung sehr durchdacht, so können viele Aktionen an mehreren Stellen vorgenommen werden. Wer einen reichen Gefangenen gegen Lösegeld freilassen möchte, kann ihn auch direkt anwählen und mit einem Klick in die Freiheit entlassen. Sehr sinnvoll ist, dass man auch Gefangene in Piraten umwandeln kann. Spezialisten können gegen Gold ganz gezielt entführt werden, um Euch so den Bau von Spezialgebäuden (z.B. Hutmacher) zu ermöglichen.

Kaum Schwächen

Neben der lieblos präsentierten Kampagne ist es in erster Line das unausgewogene Design einiger Missionen, das Unmut verursacht. Auch der liebe Smitty, Euer Gehilfe der Euch mit Rat zur Seite stehen sollte, gibt nicht immer Sinnvolles von sich. Bisweilen rät er zum Bau von Gebäuden, die es bei der Mission schlicht nicht gibt!

Darüber hinaus krankt Tropico 2 an einigen Bugs, die den Abschluss so mancher Episode der Kampagne fast unmöglich machen. Ihr verliert einfach, obwohl Ihr z.B. das nötige Gold längst zusammen habt. Das freie Spiel hingegen funktioniert zuverlässig. Bisweilen stürzt das Spiel auch einfach ab oder lässt sich nicht laden. Take 2 hat aber bestätigt, dass ein Patch bereits in Arbeit sei.

Ähnliche Grafik

Die 2D-Grafik von Tropico 2, die sich vielfach zoomen lässt, ist besser als die des krümelig aussehenden Vorgängers - wenn auch nicht viel. __NEWCOL__Die wenig farbige Darstellung mit der isometrischen Perspektive wirkt zeitlos, bieder und versprüht kaum karibisches Flair, was an einer gewissen Eintönigkeit liegt. Wie beim ersten Teil fällt die Präsentation aber kaum ins Gewicht, da die Piraten-Strategie spielerisch zu überzeugen vermag. Auch die in niedriger Auflösung (640 x 480) gehaltenen Render-Filmchen überzeugen kaum, zumal sie auch noch selten sind. Zwischensequenzen, etwa in der Kampagne, sucht man leider vergebens.

Käpt`n Blaubär spricht

Gehilfe Smittys Stimme ist -obwohl wenig zu hören und nicht immer hilfreich- über jeden Zweifel erhaben, da sie vom geschätzten Wolfgang Volz stammt, der berühmten Stimme von Käpt`n Blaubär. Da das Spiel insgesamt fehlerfrei übersetzt wurde, könnt Ihr seine Ratschläge aber auch nachlesen. Geräusche gibt es im Spiel nur wenige, etwa wenn ein Gebäude fertig gestellt wurde.

Die Musikuntermalung ist schlicht passend, erinnert sie doch an den Sound, der wohl in einer Themenkneipe für Piraten laufen würde: Von karibischen Klängen bis zur Banjo-Musik reicht die Palette.

Fazit


Als Fan des Vorgängers stört mich bei Tropico 2 von Take 2 besonders, dass der neue Echtzeit-Strategietitel so ohne jegliche Satire auskommt. Auch aus dem etwas lieblos präsentierten Freibeuter-Szenario hätte man weit mehr machen können, vielleicht sogar so manchen Seitenhieb auf das aktuelle Weltgeschehen. Doch das ist alles nicht derart gravierend, umfasst doch allein der gelungene freie Sandkasten-Modus mit seinen Einstellmöglichkeiten so viel an Gameplay wie der ganze Vorgänger. Dank der zahlreichen Edikte fühlt Ihr Euch tatsächlich wie der allmächtige König der Seeräuber - nur auf See lassen Euch Eure wilden Mannen partout nicht mit, was ziemlich schade ist! Trotz aller Schwächen ist Tropico 2 daher ein grundsolides Strategiespiel, das zudem über eine äußerst intuitive Bedienung verfügt. Was will man also mehr: Insbesondere Freunde des ersten Teils und Piraten-Fans können bedenkenlos zugreifen!

Pro

<li>neues Piraten-Szenario</li><li>spielbares Tutorial</li><li>freier Sandkasten-Modus</li><li>zwei Bevölkerungsgruppen</li><li>60 verschiedene Bauten</li><li>9 Kaperschiffe</li><li>viele sinnvolle Neuerungen</li><li>komfortable Bedienung</li><li>Gehilfe Smitty</li><li>witzige Spachausgabe</li><li>passender Piraten-Sound</li><li>Karten-Editor</li><li>gedrucktes Handbuch</li><li>sinnvolle Verpackung</li>

Kontra

<li>keine Satire</li><li>nicht selbst in See stechen</li><li>lieblos gestaltete Kampagne</li><li>oft unausgewogenes Design der Missionen</li><li>einige Bugs</li> <li>Smitty erzählt bisweilen Unsinn</li><li>kein Mehrspieler-Modus</li><li>unspektakuläre 2D-Grafik</li><li>wenige Filmchen</li>

Wertung

PC

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