Next Generation Tennis - US Open03.06.2002, Jörg Luibl
Next Generation Tennis - US Open

Im Test:

Lange Zeit suchte man vergeblich nach erstklassigen Tennis-Spielen auf dem PC. Die Roland Garros-Reihe konnte nicht wirklich begeistern und erst in diesem Jahr sorgte die gelungene Umsetzung des Dreamcast-Highlights Virtua Tennis (Wertung: 89%) für Centercourt-Spaß. Jetzt will Wanadoo mit Next Generation Tennis nachlegen. Packende Ballwechsel oder müder Schlagabtausch? Mehr dazu im Test!

Lange Zeit suchte man vergeblich nach erstklassigen Tennis-Spielen auf dem PC. Die Roland Garros-Reihe konnte nicht wirklich begeistern und erst in diesem Jahr sorgte die gelungene Umsetzung des Dreamcast-Highlights Virtua Tennis (Wertung: 89%) für Centercourt-Spaß. Jetzt will Wanadoo mit Next Generation Tennis nachlegen. Packende Ballwechsel oder müder Schlagabtausch? Mehr dazu im Test!

Spielmodi-Vielfalt

Sowohl arcade- als auch simulationsorientierte Tennis-Freunde finden genug Auswahl an Spielformen: Neben dem Training, in dem Ihr an Wand und Ballmaschine üben könnt, gibt es z.B. einen Arcade-Modus, der Euch alle WM-Turniere spielen lässt. Hinzu kommen Einzelspiel, Wettkampf und das Rennen, das Euch in Deathmatch-Manier einen Gegner nach dem anderen präsentiert - Ihr müsst so viele wie möglich vom Platz fegen. Abgerundet wird das Ganze noch durch den Mehrspielermodus, der Euch über LAN spannende Duelle ausfechten lässt. Kernstück von NGT ist jedoch der Karrieremodus. Hier könnt Ihr einen eigenen Spieler bzw. eine Spielerin kreieren.

Auf der Karriereleiter

Ihr habt die Qual der Wahl zwischen fünf männlichen und fünf weiblichen Charakteren, die sich alle durch unterschiedliche Stile auszeichnen. Entscheidend sind die drei Grundwerte Power, Genauigkeit und Sidespin, die Euren Aufschlag, das Grundlinien- und das Volleyspiel beeinflussen. Im Laufe Eurer Karriere könnt Ihr jedoch Punkte sammeln, um den Spieler gezielt weiter zu entwickeln. Sehr schön ist auch das Training spezieller Schläge, das sofort an die beliebten Mini-Spielchen aus Virtua Tennis erinnert: Bei Aufschlag-, Volley- oder Lob-Übungen gilt es, bestimmte farbliche Markierungen zu treffen. Farblich unterschiedlich markierte Zonen zeigen Euch an, wo das Idealziel des Filzballs liegt - schöne Sache und enorm wichtig, weil die Steuerung weitaus mehr Eingewöhnungszeit verlangt als Virtua Tennis.

Zehn Spieler, zwölf Plätze

Zehn bekannte Profi-Spieler wie der Brasilianer Gustavo Kuerten oder Nicolas Kiefer und Spielerinnen wie die US-Amerikanerin Rubin oder die Russin Dementieva stehen bei Freundschafts- und Turnierspielen zur Auswahl. Wer sich die Zeit nimmt und die Spielstile der Profi-Kontrahenten beobachtet, wird ganz unterschiedliche Taktiken ausmachen, deren Analyse oftmals der Schlüssel zum Sieg ist. Im weiteren Spielverlauf lassen sich natürlich noch einige andere Profis freispielen.

Insgesamt warten zwölf Plätze verteilt auf bekannte Turniere wie die US Open und Roland Garros auf Euch. Die vier Bodenbeläge Sand, Rasen, Teppich und Gummi wurden sehr realistisch umgesetzt und beeinflussen das Verhalten der kleinen gelben Kugel enorm. So kann man sich auf klassische Grundlinienduelle auf Sand und schnelle Aufschlag-Volley-Partien auf Rasen gefasst machen. Wer die Karriereleiter hinaufklettert kann auch nette Secrets wie den Eisbelag freischalten.

Simulation meets Arcade

Wendet man sich dem Geschehen auf dem Platz zu, zeigt sich NGT trotz der angesprochenen Arcade-Features wesentlich simulationslastiger als Virtua Tennis: Zwar zieht der Filzball nach jedem Schlag noch einen ansehnlichen Schweif hinter sich her, aber das Repertoire an Schlägen und die im Vergleich zu Virtua Tennis weniger akrobatischen und mit mehr Fehlern behafteten Bewegungen gehen eher in Richtung Realismus - allerdings auf Kosten eines reibungslosen Spielablaufs.

Dabei haben die Entwickler anscheinend ausgiebig Virtua Tennis gespielt, denn schon nach den ersten Schlägen wird sich so mancher an den Dreamcast-Klassiker erinnert fühlen: Entscheidend ist nämlich auch hier die Position zum Ball inklusive der gewählten Schlagrichtung. Die Vielfalt der Schläge reicht vom Topspin über den Slice bis hin zu Lobs, Stopps und kurzen, knackigen Cross-Schlägen, so dass sehr schöne und abwechslungsreiche Ballwechsel möglich sind. Allerdings ist das Pad auch gleich mit einer handvoll Knöpfen belegt.

Doch die Gameplay-Gemeinsamkeiten zu Virtua Tennis verschwinden sofort, sobald Bewegung in die Sache kommt. Obwohl die Animationen recht sauber sind, dämpfen gelegentliche Ruckler, Clipping-Fehler und vor allem die nervöse Spielersteuerung den Spielspaß. Manchmal kann man genau beobachten, wie ein Ball deutlich nach einem Schlag in Richtung Gegner fliegt. Und auch wenn man sich mit der Zeit an die etwas zappelige Bewegung der Spieler gewöhnt, sind optimale Postierungen anfangs sehr selten möglich. Dadurch erhöht sich die Fehlerquote und anstatt schöner Taktikgefechte gibt`s zunächst viele Zufallsbälle. Mit etwas Übung kann man sich jedoch sehr schöne Ballwechsel liefern, die aufgrund des sehr langgezogenen Slice und des schnellen Topspin schöne Tempowechsel bieten können. Wer sich gut genug eingespielt hat, kann den Schwierigkeitsgrad noch hochschrauben; drei Stufen stehen zur Verfügung.

Live-Atmosphäre oder Wartezimmer-Flair?

Ihr könnt das Geschehen auf dem Platz aus zwei Perspektiven beobachten: Immer von schräg oben bei unterschiedlicher Kameraweite, aber nie aus der Ego-Perspektive. Die versprochene Live-Atmosphäre will aber trotz mancher Zurufe und verblüfftem Raunen aus dem Publikum nicht aufkommen. Die Kulisse und vor allem die Platzarchitektur sieht zwar ansprechend aus, wirkt aber einfach zu steril: Kein Staub wirbelt auf dem Sandplatz auf und die Zuschauer zeigen sich gerade beim Aufschlag von ihrer hässlichen 2D-Seite - Pappaufsteller in Massenproduktion; hier wirkt selbst das viel ältere Virtua Tennis wesentlich lebendiger. Überzeugen können jedoch die teilweise sehr realistischen Gesichter: Texturen und Animationen lassen Kiefer & Co lebendig werden. Allerdings wirken die Bewegungsanimationen weitaus weniger harmonisch. Optisch und akustisch hinterlässt NGT insgesamt einen eher durchschnittlichen Eindruck.

Pro:

  • viele Spielmodi
  • realistische Gesichter
  • viele Schlagvarianten
  • große Platzauswahl
  • freispielbare Features
  • gelungener Karrieremodus
  • gelungener Trainingsmodus
  • Kontra:

  • nervöse Steuerung
  • sterile Atmosphäre
  • nur LAN-, kein Internet-Modus
  • kleine Clipping-Fehler
  • schwache Publikumskulisse
  • lange Eingewöhnungszeit
  • Vergleichbar mit:

    Roland Garros Tennis, Virtua Tennis

    Fazit

    Vor ein paar Monaten hätte Next Generation Tennis den verwaisten Genre-Thron auf dem PC eingenommen: Trotz der angesprochenen Durchschnittskost im Optik- und Atmosphärebereich wäre es zum spielerisch abwechslungsreichsten Tennis-Game gekrönt worden. Aber mit der weit überlegenen Virtua Tennis-Konkurrenz im Nacken versinkt NGT im Mittelfeld. In Sachen Spielmodi ist es dem Dreamcast-Titel zwar deutlich überlegen, und auch Simulationsfreunde werden dank der Schlagvielfalt und des lobenswerten Karrieremodus auf ihre Kosten kommen. Aber die Filzball-Hatz an sich verlangt aufgrund kleiner optischer und steuerungstechnischer Mängel weitaus mehr Einübungszeit und Frusttoleranz als Segas Vorzeigetitel, der einfach runder, adrenalinhaltiger und packender ist!

    Wertung

    PC

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    Kommentare

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