Outland25.09.2014, Jörg Luibl
Outland

Im Test: Archaisch, anspruchsvoll, genial

Outland hat vor drei Jahren das PlayStation Network und Xbox Live gerockt: Das kreative Team von Housemarque lieferte mit diesem außergewöhnlichen Plattformer sein Meisterstück ab. Jetzt ist es endlich auch für den Rechner erhältlich. Warum sich das lange Warten gelohnt hat, verrät der Test.

Faszinierende Urzeit

Exotische Vogelschreie hallen aus den Boxen. Sie wirken wie bunte Tontupfer auf dem zwielichtigen Klangbild, das den Spieler in einen leisen Rhythmus der Gefahr wiegt. Hat sich da hinten nicht etwas im Schatten bewegt? Wie animierte Scherenschnitte wanken Bäume, Sträucher und Lianen im Hintergrund, ein wogendes Meer aus Schwarz und Safrangelb, vor dem man als akrobatischer Krieger spaziert. Manchmal will man sich zurücklehnen, um diesen düsteren Dschungel der hinteren Ebenen zu erforschen. Aber hier gibt es kein 3D, weder als

Lust auf Kooperation? Man kann auch zu zweit über das Internet spielen.
aufgeblähten Effekt noch als begehbare Dimension – hier sorgt lediglich das großartige Artdesign für eine mystische Illusion. Und Erkundungsreize gibt es in den fünf Welten genug.

Egal ob Dschungel, Unterwelt, Festungen oder Himmel: Die verschnörkelten Zeichen, die erhabenen Statuen und die verwobenen Muster erinnern auf den ersten Blick an urige Mythen der Antike, an Babylonier und Sumerer. Oder sind es eher mittelamerikanische Hochkulturen, die da als Inspiration für all die Bauten, Monster und Zeichen dienten? Azteken und Maya? Wie auch immer – es ist die rätselhafte Symbolik, die neugierig macht; es ist der gelungene Kontrast aus Dunkelheit und Licht, der visuell immer wieder aufs Neue verlockt. Und die Story trägt mit ihren Andeutungen eines urzeitlichen Machtkampfes zwischen Gut und Böse ein wenig zur rätselhaften Atmosphäre bei. Welche Rolle spielt man in diesem Konflikt zweier Schwestern, die die Welt erschufen? Das finnische Team entführt in ein interessantes Abenteuer, ein paar Zehntausend Jahre vor unserer Zeit.

Klassische Plattformreize

Die mysteriöse Kulisse ist von Anfang an ein Genuss. Auf edm PC sind die Speicherpunkte etwas komfortabler verteilt.
Dass dieses Spiel schon auf den ersten Sprung fasziniert, liegt natürlich nicht an der Geschichte, die zwar von einem markanten Sprecher so vorgetragen wird, als säße man mit einem Schamanen am Lagerfeuer, aber die sich erzählerisch schnell im Pathos verliert. Warum hat man dennoch sehr schnell das Gefühl, dass man dieses Spiel bis zum letzten Sprung auskosten wird? Okay, die Steuerung ist herrlich punktgenau, man kann pixelperfekt landen und ausweichen. Und von Anfang an gelingt es den Finnen, die Vorfreude auf kleine Geheimnisse zu wecken: Da ist der Boden porös, da lässt sich eine Wand durchschreiten und wann darf man wohl dieses Rad benutzen oder jene gesperrte Stelle überwinden? Dann öffnet man die Karte und freut sich angesichts des verschachtelten Leveldesigns, das so manchen Weg erst später frei macht – ähnlich wie in Metroid Prime. All das kennt man, all das kehrt hier wieder, aber was ist das Besondere?

Man bewegt doch bloß einen Helden wie in Pionierzeiten von links nach rechts - springend und gleitend, mit dem Schwert kämpfend und zwischendurch Gold sammelnd. Hüpffreudige Klassiker wie der persische Prinz haben es schon vor Jahrzehnten vorgemacht und dessen Spielseele scheint hier immer wieder  durch. Die Klingenaction ist schnell, schnörkellos und kurzweilig: Schön ist, dass man Monster mit Aufwärtshieben in die Luft katapultieren und später Bomben quasi Volley über große Distanz schleudern kann. Je weiter man vordringt, desto akrobatischer, stärker und mächtiger wird der menschliche Kämpfer, kann Aufwärtshiebe, Stampfattacken und Superschläge einsetzen oder mehr Lebensenergie gewinnen – man wächst von nichts ahnender Unschuld zum alles könnenden Helden heran. Auf dem Weg dahin begegnet man allerdings einer alles andere als klassischen Gefahr.

Die Ästhetik des Sidescrollers

Denn hier gesellt sich eine Modernität hinzu, die die archaische Bildsprache wunderbar kontrastiert: Die Ästhetik des Sidescrollers. Es sind nicht nur Dornen oder Speere, krabbelnde Monster oder gerüstete Krieger, die den Helden von links und rechts bedrohen, sondern auch blau oder rot glimmende Mächte – sie strömen mal wie zischende Laser, mal wie Plasmastrahlen oder riesige pulsierende Fächer in die ansonsten düstere Dschungelkulisse. Man fühlt sich fast an Spiele wie R-Type erinnert, wenn dieses gefährliche Arcadeglimmen von

Die Jump&Run-Mechanik bietet alle Finessen des Genres.
oben und unten beginnt. Man muss sich ducken, clever ausweichen, Phasen durchschreiten oder sich diese Energie wie in Ikaruga selbst zunutze machen. Und das macht richtig Laune.

Denn diese zwei Prinzipien der Macht streiten zwar miteinander, aber man kann sie irgendwann auf Knopfdruck beherrschen – das bereichert das Spiel um eine Taktik- und Timing-Note: Dann kann man gezielt die Farbe tauschen, um sich entweder vor der identischen Farbe zu schützen oder Feinde der anderen Farbe zu verletzen. Auch dieses duale Prinzip ist nicht neu, aber das Leveldesign verlangt Schritt für Schritt den immer effizienteren Wechsel der Macht, so dass der Anspruch vom angenehmen Ausprobieren bis zum punktgenauen Einsatz steigt. Manchmal muss man in einem zwischen blau und rot wechselnden Regen optimal in mehreren Phasen die Macht ändern, um nicht getroffen zu werden; oder inmitten eines Sprungs von Rot auf Blau schalten, damit sich die rettende Plattform darunter aktiviert – es ist ungeheuer befriedigend, wenn man so einen Glimmrutenlauf mit multiplen Wechseln lebend besteht!

Fordernder Schwierigkeitsgrad

Klettern, kämpfen und clever zwischen den Elemente wechseln - Outland ist angenehm anspruchsvoll.
Trotz der archaischen Jump’n Run-Mechanik ist man hier also neugieriger und gespannter, wenn man in großen Sätzen über Abgründe hechtet oder tödlichen Fallen ausweicht, wenn man Riesenspinnen attackiert, kleinen Drachen ausweicht oder gerade noch über rasende Bombenwürmer springt. Hier wirkt alles eleganter und uriger, relaxter und dennoch fordernder als in vielen Plattformern. Auch der Schwertkampf wird anspruchsvoller, weil Krieger plötzlich frontal blocken oder nur von hinten verwundbar sind. Nicht nur zu Beginn, sondern immer wieder mittendrin, verströmt dieses Abenteuer aufgrund seiner visuellen Ästhetik trotzdem das entspannte Flair von Zen-Gaming, bei dem man sich zurücklehnen und genießen will. Aber auf der anderen Seite wird man gnadenlos unter Druck gesetzt, wenn man sich auf die gefährliche  Reise in die Vorzeit begibt.

Dabei ist das Spiel nie unfair: Es gibt erstens genug Kontrollpunkte und zweitens bedeutet eine Kollision noch nicht den sofortigen Tod, denn man baut über gesammeltes Gold an heiligen Schreinen seine Lebenskraft aus. Auch die fünf hervorragend inszenierten Bosskämpfe sind sehr gut ausbalanciert und verlangen clevere Taktik – den ersten behäbigen Golem erledigt man noch recht einfach, aber danach wird es schon kniffliger, zumal auch dort der clevere Wechsel der Macht gefordert wird. Dass man selbst nach dem ersten Durchspielen gerne in die Welt zurück kehrt, liegt an den Erkundungsreizen und den Geheimnissen, die man beim ersten Abenteuer gar nicht alle befriedigend bzw.  finden kann. Es ist zwar unheimlich schade, dass man das Ganze nicht auch offline im Duett spielen kann, aber dafür kann man online kooperativ loslegen – und da gibt es zusätzlich innerhalb der normalen Spielwelt einige exklusive Level, die man nur mit einem Partner über das Internet meistern kann.

Fazit

Sie haben bereits für den Amiga entwickelt. Sie haben sich mit SuperStardust HD auf der Playstation 3 verewigt. Und sie haben mit Dead Nation viele Zombiefreunde gewonnen. Jetzt erobern die Finnen auch den PC mit Outland - zwar drei Jahre nach den Konsolen, aber das Warten hat sich gelohnt. Dieses mythisch angehauchte Jump’n Run versprüht auch am Rechner eine einzigartige Videospiel-Ästhetik, die das Archaische und das Moderne sowohl visuell als auch inhaltlich verbindet. Da trifft die entspannte Atmosphäre des Zen-Gamings auf die gnadenlose Spielmechanik der ersten Hüpfabenteuer, da treffen glimmende Sidescroller-Laser auf urzeitliche Schwertkämpfe im düsteren Dschungel. Natürlich wird auch viel von dem zitiert, was man seit dem ersten Prince of Persia kennt, aber erstens wird hier nur das Beste des Bekannten inszeniert und zweitens wird es um den cleveren Wechsel der Macht bereichert, der schon Ikaruga auszeichnete. Auch auf dem PC ist Outland eines des besten Jump'n Runs der letzten Jahre.

Pro

einzigartige Atmosphäre
klasse Level-, Figuren- & Artdesign
fordernde Jump&Run-Spielmechanik
faire Speicherpunkte & Teleporter
Online-Koop mit exklusiven Levels
markanter englischer Sprecher
viele Geheimnisse & Erkundungsreize

Kontra

kein Offline-Koop
etwas bemühte Story

Wertung

PC

Mysteriös, anspruchsvoll, genial: Das ist auch auf dem PC eines des besten Jump'n Runs überhaupt.

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