Im Test:
Heißes Eisen
Wer hätte gedacht, dass sich ausgerechnet der Erfinder des Landwirtschaftssimulators eines so brisanten Themas annehmen würde? Moderne Piraterie vor den Küsten Somalias. Zumindest ist mir bislang kein Videospiel bekannt, das sich in dieses Fahrwasser getraut hätte. Und das Timing könnte nicht besser sein, denn gestern begannen die ersten Piraten-Prozesse in Hamburg seit 400 Jahren! Ein Alleinstellungsmerkmal macht allerdings noch lange kein gutes Spiel aus.
Nich lang schnacken ...
Schon der Einstieg enttäuscht: Es gibt kein Tutorial, keine Einsatzbesprechung, keine Hintergrundinfos. Es gibt lediglich einen Textblock mit dem Hinweis, dass ich am 13. März vor Dschibuti als Luftbegleitschutz für ein Containerschiff eingesetzt werde. Die Mission sei zwar als "Übung deklariert", doch sei mein Hubschrauber mit scharfer Munition bestückt, ich möge aber vorsichtig sein und die "Regeln im Umgang mit Waffen" beachten. Welche Regeln? Na egal, auf in den Kampf. Mit so einem Hubschrauber bin ich in den Flugmissionen unterwegs....
Nach kurzer Ladezeit sehe ich einen Hubschrauber über ein anständig animiertes Meer sausen, die Kamera schwenkt in die Verfolgerperspektive.
In Ermangelung einer Sprachausgabe (die bei PT Boats immerhin an Bord war) erfahre ich erneut aus Texteinblendungen, dass ich MG-Schütze an Bord bin und mit der Taste "1" an die Waffe wechseln soll. Gesagt, getan und schwupps befinde ich mich an der seitlich montierten Mini-Gun, mit der ich die linke Seite des Helis abdecken kann. Das Fadenkreuz lässt sich per Maus frei bewegen und eine einfache Zoomstufe gibt es auch. Nach einiger Zeit tauchen in der Ferne auch schon die ersten Piraten auf. Doch wer gut ausgerüstete Gegner erwarten haben sollte, wird herbe enttäuscht: Auf einmotorigen Nussschalen, die an die Flüchlingsboote vor Lampedusa erinnern, schippert jeweils eine Hand voll Piraten pro Boot in Richtung Containerriese. Es ist mir ein Rätsel, was die Brüder an den turmhohen Seitenwänden des Frachters überhaupt anrichten wollen, aber ich eröffne trotzdem brav das Feuer. ...und nehme die bösen Buben aus sicherer Entfernung aufs Korn.
Entenschießen im Golf von Aden
Mit einem dünnen "Brrrrrrat" spuckt meine MG Blei auf die bedauernswerten Somalis, die dem nicht viel entgegenzusetzen haben, außer ein paar Schüssen aus ihren AK 47. Die prallen aber eher harmlos von mir und meinem Hubschrauber (den ich übrigens nie steuere) ab. Nach ein paar Treffern auf die Schaluppe, geht auch schon der (einzige) Motor hoch, die armen Brüder hüpfen ins Wasser und schwimmen in den Tod&denn Rettungsboote darf man auf einem Schiffchen das selbst nur den Maßen eines Rettungsbootes entspricht, wohl kaum erwarten. Die anschließende "Alle Mann von Bord"-Animation gab es so übrigens schon eins zu eins in PT Boats. Soviel zu den etwa fünf Hubschraubereinsätzen der insgesamt dreizehn Missionen, denn die übrigen gleichen dieser ersten wie ein Somali-Boot dem anderen. Mit einer Ausnahme: Genau eine Nachtmission hat es ins Spiel geschafft und die sieht sogar sehr gut aus: Da bricht der Mond durch die Wolken und wirft sein funkelndes Licht auf den Ozean, man möchte den Begriff "beeindruckend" verwenden, wenn da nicht wieder Unzulänglichkeiten das Bild trüben würden. Ich kann in der Mission zwar ein Nachtsichtgerät einschalten, welches das Szenario dann in das klassische grüne Licht taucht, aber warum kann nicht ein einziger Scheinwerfer genutzt werden? So hätte ich zumindest mal was anderes zu tun, als immer nur stupide zu ballern, bis der Lauf schmilzt. Mir ist zugetragen worden, dass moderne Hubschrauber über so etwas verfügen. Immerhin: Wenn mal nichts zu tun ist, kann ich die Spielgeschwindigkeit verdoppeln oder vervierfachen. Die Bootseinsätze sind schon etwas anspruchsvoller, eine echte Chance haben die Piraten aber nicht.
Mit dem Schnellboot auf Piratenjagd
Etwas anspruchsvoller sind da schon die acht Einsätze mit dem Schnellboot. Erstens kann ich mein Wasser-Fahrzeug selbst steuern, zweitens muss ich tatsächlich aktiv nach den Piraten Ausschau halten und drittens bekomme ich unterschiedliche Bootstypen zugeteilt. Bis auf einen der letzten Einsätze haben allerdings alle Schiffe eines gemeinsam: Das Bord-MG (sei es eine Einzelkanone oder ein Zwillingsgeschütz) wird immer vom Heck bedient, was zu Beginn etwas Übung verlangt, da um die Piraten navigieren muss, damit ich die Brüder während der Fahrt weiter auf's Korn nehmen kann, ohne dass sie sich zu weit von mir entfernen. Denn sobald ein Somali-Boot die Außenwand meines Schützlings auch nur touchiert, gilt die Mission als gescheitert! Albern, denn schließlich müssten die Piraten zunächst wohl noch die 40 Meter hohe Bordwand überwinden und dabei könnte ich sie schließlich noch in aller Seelenruhe perforieren, oder? Die paar Löcher in der Bordwand würde die Versicherung dann schon zahlen. Nachts sind alle Katzen grau...oder eher grün...wegen des Nachtsichtgerätes.
Wie dem auch sei: Bei den Boot-Einsätzen blitzt ab und zu auf, was hier alles möglich gewesen wäre und wie viel Potential auch diesmal verschenkt wurde. Warum darf ich erst in einer der letzten Missionen ein wirklich großes Boot mit vorne installiertem Granatwerfer bedienen? Warum gibt es nur einen der stimmungsvollen Nachteinsätze? Und den auch wieder nicht mit Suchscheinwerfern? Warum darf und kann ich keine ertrinkenden Somalis aufnehmen? Genfer Konvention anyone?
Am Ende bleibt eine Sammlung von dreizehn-Arcade-Einsätzen, die zwar ganz gut aussehen, aber mit ca. zwei Stunden selbst für den Preis viel zu kurz geraten sind. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber Modern War: Somalian Pirates hat noch weniger Tiefgang als die "Mutter" PT Boats und ist noch viel weniger Simulation.
Fazit
Man stelle sich vor: Echte Einsatzbesprechungen- und auswertungen! Hubschrauber, die ich zumindest bis zum Einsatzort selbst fliegen dürfte, um dann im Gefecht auf Autopilot zu schalten! Containerschiffe, die vielleicht auch selbst Söldner an Bord haben, die sich mit den Piraten an Bord (!), oder zumindest an der Reling, Scharmützel liefern! Dazu die Option, die Piraten zum Umkehren zu bewegen oder auch mal zu retten! Weitere Nachteinsätze und zwar mit Scheinwerfern! Sprachausgabe und schließlich Online-Multiplayer, in dem ich auch mal auf Seiten der Piraten antreten dürfte. So würde ein gutes Spiel daraus! Was Akella hier abliefert ist mal wieder eine ganz ansehnliche Techdemo. Ich bin gespannt, ob dem Entwickler im Januar mit "PT Boats: South Gambit", das Rondomedia unvermeidlich als "Kriegsschiff Simulator" vertreiben wird (kein Witz), vielleicht die Kurve kriegt. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, Ahoi und ne Buddel voll Rum!
Pro
Kontra
Wertung
PC
Dieses Spiel hat noch weniger Tiefgang als PT-Boats: Eine simple Aneinanderreihung von immerhin schicken "Moorhuhn auf dem Meer"- Einsätzen.
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