Minecraft22.11.2011, Benjamin Schmädig
Minecraft

Im Test:

„Schau dir das Video mal an. Man sitzt in einer Lore und sammelt Edelsteine.“ Mit diesen (oder ähnlichen) Worten wurde ich Minecraft (ab 18,98€ bei kaufen) vorgestellt. Ein gutes Jahr ist das her und seitdem hat sich Minecraft gewaltig verändert. Ich habe Dutzende Stunden damit zugebracht, wie Robinson Crusoe auf Inseln und in Bergen zu hausen - und trotzdem fange ich hier und jetzt noch einmal von vorne an. Warum? Weil Minecraft endlich fertig entwickelt und als Version 1.0.0 veröffentlicht wurde. Liebes Tagebuch...

Hilfe!

„Liebes Tagebuch?“ Schön wär's - ich habe ja nicht mal etwas zu schreiben. Keinen Stift, keine Tinte, kein Papier. Ich kann mir den Eintrag nur denken. Ich stehe ziemlich einsam auf einer ziemlich einsamen kleinen Insel, um mich herum gibt es nur Wasser. Rechts hinter dem See erhebt sich ein riesiger Felsen, linkerhand streckt sich Wüstensand in den Horizont hinein. Eine schöne Welt hat mir der Zufallsgenerator da erschaffen. Und jetzt? Ein Klick auf die rechte Maustaste bringt gar nichts. Ein Klick auf die link - HILFE!!! Jedes Mal, wenn ich die linke Maustaste drücke, schnellt ein Holzpflock durch meinen Körper.

Tolle Aussicht! Die allerdings nicht darüber hinweg täuscht, dass ich auf einer einsamen Insel festsitze und viel zu spät ans Umziehen denke.
Tolle Aussicht! Die allerdings nicht darüber hinweg täuscht, dass ich auf einer einsamen Insel festsitze und viel zu spät ans Umziehen denke.
Ekelig! Wieder und wieder und... Moment mal, das ist kein Pflock. Das ist meine eigene Hand! Mein Alter Ego, sein Arm eingeschlossen. sieht nämlich aus, als hätte man ihn aus eckigen Bauteilen zusammenklotzt. Passt aber: Die Umgebung besteht aus gestapelten Würfeln, die sich durch grob gezeichnete Details voneinander unterscheiden. Pflock, pflock, pflock... hihi. Und nun?

Das ist leider eine Frage, die auch das finale Minecraft nicht beantworten kann. Oder will. Egal wie: Entweder liest sich der ambitionierte Überlebenskünstler durch viele (hervorragende) Online-Anleitungen und schaut erklärende Videos oder es bleibt bei „ambitioniert“. Denn während ich dabei zusehe, wie die Sonne gemächlich von Osten nach Westen wandert, dämmert es auch schon. Und zwar nicht nur das romantische Abendrot, sondern vor allem mir selbst: „Monster!“ Minecraft lehrt es auf die harte Tour: Wer sorglos durchs Mondlicht seiner ersten Nacht schlurft, anstatt sich in einer Unterkunft zu verstecken, den morden wandelnde Untote. Das geht am Anfang ratzfatz:

Ohne externe Anleitung ist man in Minecraft leider verloren. Abhilfe schaffen vor allem die englische Wiki sowie ihre deutsche Übersetzung .

Wer Zeit hat, sollte außerdem auf einschlägigen Videoseiten nach "Minecraft" suchen - in den Erlebnissen anderer Spieler stecken etliche Lektionen für das eigene Abenteuer. Bevor man das Stöhnen der Zombies überhaupt deuten kann, ist man schon tot und erwacht am Startpunkt zu neuem Leben.

Frisch vom Grill

Es tut mir leid, aber spätestens jetzt kann ich nicht mehr so tun, als würde ich das Spiel zum ersten Mal starten. Ständige Tode nur der Sache wegen würden an meinen Nerven zehren und ich kann die Anleitungen ja nicht zweimal lesen. Eine angeregte Unterhaltung abseits des Computers lässt mich zwar einen geschlagenen halben Minecraft-Tag tatenlos verplempern - trotzdem haue ich gerade noch rechtzeitig ein Plateau aus der Erde, unter dessen hohen Wänden Zombies und Skelette so lange vergebens auf und ab springen können, bis sie im Sonnenlicht der Morgenröte verbrennen. Im Handumdrehen baut man hier die Erdwürfel ab: Man zielt drauf, hält die linke Maustaste gedrückt (Aha!) und schon bricht der Block auseinander.

Was leuchtet da hinten im Abendrot? Selbst in der zufällig erstellten Welt von Minecraft wird es unheimlich viel zu entdecken geben.
Was leuchtet da hinten im Abendrot? Selbst in der zufällig erstellten Welt von Minecraft wird es unheimlich viel zu entdecken geben.
Was übrig bleibt packt man in den Rucksack - auf diesem Weg sammelt man Baumaterial, das man später an einem beliebigen Ort als neuen Würfel anbringen kann. Das heißt: Ganz so beliebig darf man nicht walten. Denn zum einen darf man neue Quader nur an bereits vorhandenen platzieren und zum anderen kann man ohne Hilfsmittel nur wenige Materialien wie Dreck oder Sand abbauen - in einem Vielfachen der Zeit, die es mit geeigneten Werkzeugen kostet.

Ich warte also, bis die Untoten im Sonnenlicht verbrennen, fälle mit bloßen Händen ein paar Baumstämme und... ja, wie - keine Bäume? Es gibt auf dieser Insel keine Bäume? Es gibt auf dieser Insel keine Bäume! So kann ich mir kein Heim, keine Existenz aufbauen! Denn Holz ist das Material, das alle produktiven Prozesse überhaupt erst möglich macht. Aus Holz entsteht die essentielle Werkbank und jedes Werkzeug, das ich mithilfe der Werkbank erschaffen muss, benötigt Holzstäbe für die Griffe. Von Dutzenden weiteren Verwendungszwecken ganz zu schweigen. Nein, auf Dauer will ich keine mit Erde aufgeschüttete Bude auf einem nackten Plateau bewohnen. Ich muss hier weg und denke mir: 'Tagebuch, wir ziehen um!'

Gleich morgen.

Berg oder Tal?

Tag zwei. Die Sonne geht auf, die Monster verbrennen und mich beschäftigt vor allem eine Frage: Soll ich es mir am Fuß des hohen Berges gemütlich machen oder ziehe ich in die Wüste? Tatsächlich verläuft die Trennlinie zwischen zwei Klimazonen ziemlich genau unter meinen Füßen. Notiz für später: auch die anderen Klimazonen erkunden. Und da ich in all den Monaten noch nie auf Sand gebaut habe, werde ich genau das probieren. Gut, so richtig fürs Trockene kann ich mich dann doch nicht entscheiden, denn in der Ferne entdecke ich den perfekten „Nistplatz“:

Dorthin führt mein Weg. Dem Ruf des Waldes wollte ich nicht widerstehen.
Dem Ruf dieses Waldes konnte ich einfach nicht widerstehen!
eine Insel, deren Strand zwar mit Sand bedeckt ist, auf deren grünem Boden aber ein Baum am nächsten steht. Ich gehöre ja zu dieser Art Spieler, die gerne hortet, hortet, hortet, hortet und erst damit aufhört, wenn die zweite Truhe schon aus allen Nähten platzt. Und hier gibt es Holz für achtzehn Kisten. Nehm' ich!

Abgesehen davon will ich mich nicht zu weit weg von meinem Startpunkt begeben. Ich kenn' mich doch: In dunklen Höhlen, wo es vor Monstern nur so wimmelt, werde ich so manches Videoleben lassen. Und dann würde es vom lebenserneuernden Startpunkt eben nicht so weit sein. Damit ich nicht jedes Mal durchs langsame Wasser schwimmen muss, schütte ich außerdem einen Steg aus Erde in das flache Wasser - und schon bin ich am Ziel. Ja, ich hatte zu diesem Zeitpunkt glatt vergessen, dass ein Bett den Startpunkt und damit auch jeden langen Weg ersetzt. Warum? Weil ich in den vergangenen Monaten so glücklich darüber war, dass man den Schwierigkeitsgrad jederzeit von Tiger auf Kätzchen (und umgekehrt) regeln darf, dass ich genau das getan hatte. So waren die Monster einfach abgestellt. Gut fürs Gemüt - schlecht für die Übung.

Ein Wort übrigens zur Entwicklung des Spiels: Seit Minecraft-Mastermind Markus „Notch“ Persson vor zwei wichtigen Beta-Schritten einen neuen Landschaftstyp einführte, schießen dort ebenso fantastische wie unrealistische Felsformationen in den Himmel. Ärgerlicher Nebeneffekt: In solchen Gegenden scheinen mehr Felsbrocken als anderswo wie magisch in der Luft zu schweben und irgendwie erhält Minecraft dadurch diesen Anstrich des Beliebigen, Unausgereiften. Hoffentlich ändert sich daran noch etwas. Immerhin blieb in anderen Landschaften alles beim Alten und im Gegenzug gibt es hier angenehm viele Höhlen.

Willkommen, Zuhause!

Zurück zu meinem Ziel, diesem unspektakulären Sandstrand, hinter dem ein kleiner Hügel ins Innere der Insel führt. Ein schmaler Kanal trennt mich hier von der sandigen Insel, über die ich gekommen bin. Auf der wimmelt es nachts von Monstern! Ein lauschiges Plätzchen habe ich mir da ausgesucht. Nein, ausgesucht ist wohl das falsche Wort. Vielmehr verschwindet die Sonne mal wieder hinter den Wolken (das Aufschütten des Stegs hat Zeit gekostet) und bald steigt die Zombieparty.

Verträumte Spieleromantik: Die Sonne schiebt sich hinter dem hohen Berg nach oben - und verbrennt untote Mnster.
Verträumte Spieleromantik: Die Sonne schiebt sich hinter dem hohen Berg nach oben - und verbrennt untote Mnster.
Was tun? Ich nehme ein paar Brocken Erde und schütte meine erste Behausung auf: ein krudes Gerippe, das aus einem schmalen Gang mit Gucklöchern besteht. Ich bin ja neugierig und will wissen, was um mich herum so geschieht. Damit die Skelette ihre Pfeile nicht durch die Luken hindurch pfeffern und damit sich die explodierenden Kakteen – Notch, was sind das eigentlich?! -, damit sich diese so genannten Creeper also nicht durch meine Wand sprengen, wenn sie mich sehen, grabe ich noch eine kleine Treppe nach unten. Fertig! Home, sweet... wem mach' ich eigentlich was vor?

In dieser Form kann die Bude jedenfalls nicht stehenbleiben. Und so beginne ich Projekt Nummer eins, den (H)ausbau (unheimlich clever, nicht wahr?). Ob man sie nun betitelt oder nicht: Man verfolgt sehr oft sehr ausdauernde Projekte, mitunter sogar mehrere - Minecraft ist kein Spiel für Schnellschuss-Erfolgserlebnisse. Aus diesem Grund gleicht ein Tagebuch-Tag meines Tagebuchs auch einem Spieletag. Andernfalls sähe der Eintrag eines späteren Minecraft-Tages in etwa so aus: „Tag X: Sand abgebaut.“ Aber zurück zum Haus, das ich am Morgen ruckzuck um das Zwanzig- oder Dreißigfache erweitere. Der Wohnraum reicht jetzt vom Kanal bis in den Hügel hinein, der Keller ist verschwunden. Kein Palast, aber immerhin! Und spätestens jetzt benötige ich Holz. Für die Werkbank, für Türen, für Truhen, für Werkzeuge.

Ich habe die Macht!

Also stiefele ich in den Wald und klopfe ein paar Holzblöcke in mein Inventar, wo ich es anschließend zu Brettern verarbeite. Dort ordne ich auf einer zwei mal zwei Felder großen Arbeitsfläche auch vier Bretter an und erhalte die Werkbank.

Home, sweet home? Ein Blick durch die Luke meiner ersten Behausung.
Home, sweet home? Ein Blick durch ein Guckloch meiner ersten Behausung.
Und steht die, kann ich auf ihrer drei mal drei Felder großen Arbeitsfläche endlich jeden Gegenstand fertigen, sobald ich die benötigten Materialien in der richtigen Form anordne. Für Türen benötige ich z.B. zwei mal drei Bretter - und schon habe ich einen Eingang. Aus Holz entsteht auch meine erste Axt, mit der ich Baumstämme viel schneller fällen kann, ebenso eine Spitzhacke, um endlich Steine abzubauen (ein Steinwürfel dauert per Hand mehrere Sekunden!), eine Schaufel für u.a. Sand und Erde sowie - tadaaa! - mein erstes Schwert. Erste Konfrontationen enden dennoch zu meinen Ungunsten - ich betrachte die Waffe vorerst als eine Art besseres KO-Spray.

Zu guter Letzt nutze ich noch meine Erfahrung mit diesen vermaledeiten, sich selbst sprengenden Creepern und errichte zwei Blöcke vor meinen Gucklöchern eine Mauer aus Sand, über die sie nicht hinweg können. Die Creeper zünden sich nämlich erst dann an, wenn sie nah genug an mich heran kommen. Tja, und da hüpfen sie nun - hihi. Fieses Pack!

Was fehlt? Echte Fenster, um mich vor den Pfeilen der Skelette zu schützen. Ich brauche Glas! Aber das ist eine andere Geschichte. Für einen anderen Tag.

Gnaaaaah!

An Glas kann ich erst mal aber gar nicht denken. An ein Glas Wasser vielleicht, oder ein Schälchen Suppe. Ich habe nämlich Hunger! Und ich habe offenbar eine Betaversion zu viel übersprungen. Tatsächlich hatte ich mir in den vergangenen Wochen strikten Minecraft-Verzicht verordnet, weil ich mit Genesis 1.0.0 ohnehin noch einmal bei Null anfangen wollte. Die Schikane mit dem knurrenden Magen hatte Notch aber erst vor kurzem ins Spiel gepflanzt - mir war sie also neu. Plötzlich erblicke ich also die rapide schrumpfende Sammlung kleiner... Hühnerschenkel. Oder was auch immer die neuen Symbole darstellen sollen.

Das Ausmaß meines Übersehens und die dringende Konsequenz von Hunger (!) in einem  Überlebens(!!)spiel wird mir mit einem Wimpernschlag bewusst: Da ich keinen Freitag rösten kann, werde ich elendig verrecken. Ich schalte blitzschnell, erkläre meiner Freundin die Lage, drehe mich neunundachtzigmal bedeutungsvoll im Kreis und ergreife geistesgegenwärtig die Initiative, indem ich mein Holzschwert Marke Schlachtermeister ziehe und den Jagdinstinkt auf kalorienhaltige Mitlebewesen in Form unschuldiger Kühe und Schafe lenke. Notch gibt mir eine letzte Chance: Das kraftlose Lebensmeter sinkt nicht auf den Nullpunkt, sondern bleibt ein halbes (!) Herz vor der Leichenstarre stehen.

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Rechts über dem Menü geben "Hänchenschenkel" den Füllstand des Magens wider.

Ich werde also... plötzlich ist Nacht und ein Zombie macht mir den Garaus. „Gnaaaaaaaah!“, strecke ich die wiedergeborene Pflockfaust in den Himmel.

Übrigens bleiben beim Ableben abgestoßene Accessoires längst nicht mehr so lange liegen, dass man sie in Ruhe einsammeln könnte. Kurz: Mein Inventar ist futsch. Gnaaaaaah!

Hühnchen und Elefanten

Gut, ich hatte vorsorglich Materialien und Werkzeuge in den heimatlichen Kisten eingemottet.

Ich schnappe mir also Schwert Nummer zwei und gehe damit auf das Federvieh los, das in der Nähe meines Hauses gackert. Schweine, Kühe, Schafe und anderes Getier gibt es hier leider nicht. Da kommen lange Wege auf mich zu... Blitzartig verschlimmere ich außerdem meine Versorgungslage, indem ich wie ein Elefant durch den Porzellanladen trampele und sämtliche Hühnchen in meinem Umfeld erschlage - die grausame Hungersnot sitzt noch zu tief in den Knochen. In den nächsten Tagen werde ich jedenfalls kaum verhungern.

Aha!

Wobei die Sache mit dem Essen - mal wieder - nicht so einfach ist. Fleisch ist nämlich gut und schön, besser und nahrhafter ist es im gegrillten Zustand. Ein Ofen muss her! Und zwar nicht nur für gehobene Gourmetansprüche, sondern auch für meine geplanten Glasfenster...

Es war mein Aha-Moment - der Augenblick, in dem ich die Faszination Minecraft plötzlich verstanden hatte. Damals, als ich zum ersten Mal ein wenig Sand gesammelt und einen Steinofen gebaut hatte. Auf einmal schoss mir die Physik meiner Schulzeit durch den Kopf: Schmilzt man Sand, erhält man Glas. Und als ich meine Sandquader im Ofen ablege, kommen tatsächlich Glaswürfel heraus - da hat es Klick gemacht.

… Ich brauche also Steine und die könnte ich fast überall abbauen. Die acht für einen Ofen benötigten Blöcke würde ich zur Not auch mit bloßer Hand schlagen. Allerdings benötigt so ein Ofen auch Kohle und die liegt meist tiefer. Professioneller Bergbau ist also mein nächstes Projekt. Überhaupt:

Home, sweet home!
Home, sweet home!
Weil sich besonders die wertvollen Materialien unter Tage befinden, kommt man in Minecraft nie ohne Geschaufel und Gehacke aus. Nur in der Tiefe findet man z.B. Eisen, das man zu sehr starken, haltbaren Werkzeugen verarbeitet.

Auf Zehenspitzen steige ich in die Finsternis hinab: Einer meiner Ausgänge führt inzwischen in das Bergwerk unter meiner Insel und weil dort kein Sonnenstrahl eindringt, breiten sich die Monster sogar tagsüber nach Belieben aus. Immer wieder grummelt ein Zombie, zischt irgendwo eine Spinne. Ich will nicht wieder an den Startpunkt zurück, will nicht noch mal alle Gegenstände verlieren. Mit jedem Monster, auf das ich treffe, schnellt deshalb mein Puls in die Höhe. Vorsichtig fuchtele ich mit meinem Schwert in die Richtung des Untoten und bange, dass kein zweiter Feind aus einer finsteren Ecke auftaucht. Gruselig! Zum Glück befindet sich Kohle auch in höheren Felsschichten, während die meisten Felswände aus Stein bestehen. Und so sprinte ich schon bald wieder nach oben, stelle meinem ersten Ofen auf, heize mit Kohle vor - und genieße wenig später meinen ersten Broiler, während ich in Ruhe den tiefroten Sonnenuntergang durch die frisch eingezogenen Glasfenster genieße. Die Pfeile der Skelette können mir jetzt nichts mehr anhaben. Home, sweet home!

Der verborgene Kreislauf

Mehr und mehr schließen sich die Kreisläufe. Jedes Material hat einen Nutzen, aus seiner Weiterverarbeitung ergeben sich neue Verwendungszwecke. Mit jeder Stunde mache ich mir diese pixelkrude Zufallswelt ein Stück mehr zu eigen. Natürlich bauen viele Architekten nicht im „Überlebens-“, sondern im „Kreatvimodus“, wo sie als unsterbliche Avatare über sämtliche Ressourcen in unbegrenztem Ausmaß verfügen.

Zur iOS-Version

Während Android-Spieler bereits seit einigen Monaten Klötzchen bauen, durften iPhone- und iPad-Besitzer erst vor wenigen Tagen loslegen.

Richtig durchstarten können sie allerdings noch nicht. Denn die aktuelle Alpha-Version (0.1.2) enthält lediglich den "Creative"-Baukasten. Mehr als ein umfangreicher Leveleditor ist dieses Minecraft also nicht.

Updates werden sicherlich folgen. Dennoch sollte man wissen, dass sich ein Großteil der Faszination Minecraft in diesem Zustand noch nicht erschließt. Für mich ist es aber nicht der „Leveleditor Minecraft“, der mich wie ein Sog ins Spiel zieht, sondern das Erforschen der Höhlen, das Absichern meines Überlebensraums und das Errichten meines eigenen kleinen Wirtschaftskreislaufs.

Umso schmerzhafter, das merke ich immer wieder, wiegen die fehlenden Erklärungen. Es gibt ja nichts, bei dem mir Minecraft unter die Arme greift. Natürlich klingt es auf dem Papier schön, die Welt und ihre Zusammenhänge ohne Vorsager zu entdecken. Allerdings ist es völlig unmöglich, die Bestandteile und das Herstellungsmuster der meisten Gegenstände zu erahnen! Man weiß ja nicht einmal, ob es einen gewünschten Gegenstand überhaupt gibt. Minecraft ist groß - aber Wirklichkeit und Vorstellungskraft sind nun mal größer. Und so komme ich auch nach Dutzenden Stunden noch immer nicht ohne die Bauanleitungen des Internets aus. Schade: Für das fertige Spiel hatte ich mir viel mehr erhofft.

Ätsch!

Dennoch: Sobald man gewisse Vorgänge aus dem Effeff kennt, öffnen sich schier endlose Möglichkeiten und man macht sich die Blockwelt immer mehr zu eigen. Weil ich mir der untoten Gefahr etwa längst bewusst bin, sichere ich die Zugänge zu meinem Zuhause mit Doppeltüren: Sollte eine samt Rahmen und halbem Haus gesprengt werden (alles schon erlebt!), knalle ich einfach die zweite hinter mir zu. Die lautlosen Creeper sind clevere Selbstmörder. Aber wie sagte Keanu Reeves damals in Speed: „Ich bin cleverer!“

Und dann kommt mir die sinisterste aller sinisteren Ideen: Ich werde Fallen bauen. Ich will die Monster nicht nur von mir fernhalten - ich werde selbst auf die Jagd gehen. Und die dicht bemonsterte Wüsteninsel direkt gegenüber kommt mir da gerade recht...

Ein wenig Zwirn, ein bisschen Sprengstoff

Wie ich auf die Idee mit der Falle kam? Reines Zweckdenken. Mit persönlichen Differenzen hat das selbstverständlich  nichts zu tun! So benötige ich zum Herstellen von TNT etwa Schießpulver, das die Creeper nach ihrem Ableben hinterlassen - aber nur, falls ich sie töte, bevor sie explodieren. Einen Bogen, wie ihn die Skelette nutzen, baue ich hingegen aus Stöcken und Spinnenseide. Abgesehen davon brachte mich die Strömung im Wasser vor meinem Fenster auf eine perfide Idee, denn genau wie ich werden Monster von fließendem Wasser mitgerissen und ertrinken, wenn sie zu lange getaucht bleiben. Ich errichte also unter der kleinen Strömung einen Schacht, in den das Wasser fließt und locke einen Untoten an, indem ich mich als Lockvogel hinter den Strudel stelle. Es funktioniert! Der Sprengstoff-Kaktus wird in die Tiefe gesogen und ertrinkt.

Pixelgrafik oder schöne neue Welt?

So grob die Muster auch sind: Nach einer Weile gewöhnt man sich an das krude Aussehen der Minecraft-Welt. Man kann allerdings - bis zu einem gewissen Grad - auch Abhilfe schaffen.

So gibt es etliche Texture Packs, die die Minecraft-Erde mal zu einer Zelda-Kulisse, zu einer Steampunk-Welt oder einfach nur bunt und kitschig machen. Wer einen starken Rechner hat, nutzt hingegen Grafiken wie "LB Photo Realism". Beispiele gibt es auf diesen Bildern.

Wo? Es gibt verschiedene Seiten. Eine gut sortierte Anlaufstelle ist Planet Minecraft .

Wie? Die heruntergeladene Datei ins Windows-Verzeichnis C:\Users\[Name des Computernutzers]\AppData\Roaming\.minecraft\texturepacks kopieren.

Achtung: Viele Packs funktionieren nur mit dem MCPatcher richtig: Das Programm hier herunterladen , starten, auf "Patch" klicken - fertig. Der Vorgang muss nicht für jedes Pack, sondern nur einmal ausgeführt werden. Die gewünschten Grafiken wählt man im Spiel unter dem Menüpunkt "Texture Packs". Durch eine kleine Abflussöffnung spült das Wasser anschließend Erfahrungspunkte (sorry, Notch, aber das ist für diese Art Spiel ein denkbar unpassendes Element, weil es künstlich und aufgesetzt wirkt) sowie das Schießpulver in ein kleines Auffangbecken. Yes!

In mir keimt also folgende Idee: Ich will ein riesiges Becken bauen, das die Monster in einen Kanal spült, der sie dann unter die Erde zieht und ertränkt. Klingt morbide, ist es auch, dürfte mit den blöd maulenden Block-Figuren aber ein drolliges Vergnügen sein. Dummerweise gilt besonders in Minecraft: Erst die Arbeit, dann das Jauchzen. Und in meinem Fall bedeutet es nun mal das komplette Einebnen der gesamten Monsterinsel. Und so ist dies denn der Zeitpunkt, an dem ein Tagebuch meiner Spieletage in etwa so aussähe:

Tag 1: Sand abgebaut

Tag 2: Sand abgebaut

Tag 3: Sand abgebaut

...

Nachts baue ich in meinem Stollen Eisen, Gold, Diamanten und den elektrisch leitenden Redstone ab, tagsüber greife ich zur Schaufel. Ich hatte noch nie dermaßen viel Sand in den Händen bzw. in der heimatlichen Kiste. Aus reiner Langeweile und weil ich Kohle längst im Übermaß besitze, schmelze ich das Material zu Glas. In ferner Zukunft schwebt mir nämlich ein großartiger Glaspalast mit einer ausgebufften Beleuchtung vor...

Ein flexibler Geist...

Dieses nervöse Tippen mit dem Fuß. Dieses Knistern im Äther. Dieses Auf und Ab meiner Magengrube. Diese aufregende Ungeduld! Nein, ich kann nicht länger warten - ich will jetzt schon auf meiner „rohstoffreichen“ Insel jagen! Plan 0.5 muss her: Ich verzichte vorerst auf den „Riesenstrudel des feuchten Todes“ und errichte stattdessen die „Jagdgründe des spitzen Todes“. Und die sind nichts anderes als eine Reihe Holzplanken, die sich wie eine Schießgasse über die Insel erstrecken. Von diesem Hochstand aus kann ich die Untoten gefahrlos aufs Korn nehmen, denn inzwischen habe ich vielen toten Skeletten so viele Pfeile abgenommen, dass ich damit ein paar Nächte durchmachen kann. Natürlich erwischen mich die knöchernen Bogenschützen ebenso wie ich sie treffe. An meiner granitfesten Eisenrüstung (Helm, Brustpanzer, „Knieschoner“, Stiefel) prallen ihre Geschosse allerdings ab wie, äh, Schafswolle an Mähdreschern.

Mahlzeit!

Apropos: Erwähnte ich, dass ich inzwischen Ackerbau und Viehzucht betreibe? Eine ominöse Naturgewalt hat sämtliche Hühnchen aus meiner Umgebung gefegt - ich musste also neue Nahrungsquellen erschließen. So wütete ich im hohen Gras und fand Samen. Mit einer Hacke pflügte ich anschließend den gewünschten Sandwürfel, pflanzte die Keime ein und umzäunte das Gebiet (selbstverständlich baue ich auch die Zäune selbst), damit mir achtlos umher latschende Monster nicht die Ernte versauen könnten.

Solch güldener Weizen lockt Bauer und Vieh gleichermaßen.
Solch güldener Weizen lockt Bauer und Vieh gleichermaßen.
Nach ein paar Tagen, steht das Feld gut im Korn und ich ernte neue Samen sowie Weizen. Aus Letzterem backe ich mir zwar keinen Kuchen (viel zu aufwändig, wenn auch sehr nahrhaft), sondern Brot. Guten Hunger!

Viel wichtiger ist aber: Wenn ich mit dem Weizen vor der Nase oder dem Schnabel eines Tiers herumfuchtele, folgt mir das Vieh - oder zwei oder drei oder die ganze Herde. Selbstverständlich hatte ich vorgesorgt und ein großes Rechteck eingezäunt. Dort hinein locke ich das Federvieh, schließe den Zaun - meins! Mit zwei Schweinen mache ich es genau so. Doch wie wird aus wenigen Tieren eine zuverlässige Nahrungsquelle? Ganz einfach: Ich verfüttere an zwei Tiere Weizen und schon ist das Pärchen nicht nur satt, sondern auch rollig. Kaum zwei Sekunden später springt dann eine Miniversion ihrer Art neben ihnen. Süß! Und lecker. Und nicht zu vergessen: Aus Hühnern wird nicht nur Fleisch, sie geben auch Federn ab, die ich für Pfeile benötige. Kühen ziehe ich neben der Hüfte hingegen das Leder vom Leib (für schwache Rüstungen) und Schafe kann ich sogar scheren, ohne sie zu töten. Auf diese Art habe ich inzwischen auch längst ein Bett gebaut (dreimal Holz + dreimal Wolle), das mir im Todesfall als neuer Startpunkt dient.

Dunkle Gedanken

Allerdings überlebe ich inzwischen selbst Creeper-Explosionen - wenn mir die „Kakteen“ überhaupt noch so nahe kommen. Längst habe ich es mir auf meiner Insel gemütlich gemacht. Ich betreibe zwei Felder, habe auf der anderen Inselseite einen zweiten Unterschlupf in den Stein geschlagen, bin im Besitz großer Eisenvorräte und stehe einmal mehr vor der Frage: Was nun? Ich würde gerne ein Boot bauen und die große Welt erkunden. Ich würde gerne eins der Dörfer oder gar eine Burg entdecken. Soll ich vorher meine nach wie vor geplante Falle fertigstellen oder steige ich erst einmal in die tiefe Höhle hinab, die ich auf der anderen Seite meiner Insel erspäht habe? Ich könnte mich auch mal auf einem Onlineserver als Teambaumeister weiterbilden. Oder aber...

Oder aber ich erschaffe ein Portal, das mich in die sagenumwobene Höllenwelt, in den finsteren Nether führt...

Auf nach Nirgendwo!

Der Nether... was mich dort wohl erwartet? Ich weiß, dass ich durch eine Art magisches Portal in die Zwischenwelt reisen kann. Doch was genau der Nether ist, obliegt wohl der Interpretation des Einzelnen. Fakt ist, dass er einst „Hölle“ genannt wurde. Doch diesen Namen hatte Notch später verworfen. Fakt ist: Da will ich hin!

Ich brauche also ein Portal, das ich zwischen ganz bestimmten Blöcken öffnen muss. Aus Obsidian müssen diese Blöcke sein und das findet man nicht ohne weiteres. Manchmal entdeckt man wenige Blöcke in den Höhlen, doch ein Portal finde ich nicht. Wie komme ich also in den Nether?

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Dieses "Kunstwerk" macht mir so schnell keiner nach!

Ein „Trick“ hilft mir weiter, denn in Höhlen liegen Wasserquellen und kleine Magmaausbrüche oft eng beieinander. Und als ich eine solche Lavamasse aus reiner Vorsicht mit Wasser lösche, verwandelt sich der heiße Stein in... Obsidian! Die Lösung liegt auf der Hand: Ich schnappe mir ein paar Eimer, zwei davon mit Wasser, den Rest mit Magma. Jetzt muss ich am gewünschten Ort (ich wähle die Wüsteninsel gegenüber meiner Haustür) nur noch Formen bauen, in die ich die Magma gieße – ein Eimer Wasser drüber und fertig ist der Obsidian-Würfel. Wie dusselig: Beim ersten Versuch vertue ich mich glatt in der Höhe, so dass die geschaffene Öffnung für ein Portal zu klein wäre. Ab sofort steht also dieser falsche Portalfuffziger vor meinem Fenster. Klasse, Ben, super. Richtig hübsch!

Irgendwann steht das Portal dann aber vor mir (ich habe es einfach neben meinen Lapsus gepflanzt und selbigen zum Kunstobjekt erklärt) und eine mächtige violette Struktur baut sich vor mir auf. Etwas ehrfürchtig trete ich vor mein erstes mit eigener Hand gezimmertes Portal, halte mein eigenhändig gebautes „Zippo“ hinein und mit einem Zischen wird aus Luft eine magische Brücke. Es ist so weit...

Das gewaltige Nichts

Was zur Hölle?!? Die Dimensionen sind unbeschreiblich: Ich blicke in eine gigantische Höhle, deren anderes Ende ich nur mit Mühe erahnen kann. Lavaströme stürzen von der hohen Decke in gewaltige Feuerseen tief unter mir. In der Oberwelt kann man kilometerweit blicken - hier erstreckt sich jede Höhle in jeder Richtung bis zum Horizont! Ein seltsames... ich weiß nicht... es klingt wie ein Jaulen oder ein Jammern, das durch die roten Steine hallt, aus denen hier jede Mauer geformt ist.

Das Entdeckte entdecken

Von selbst wird kaum ein Minecraft-Spieler den Nether finden - oder eines der vielen Geheimnisse oder einen handwerklichen Kniff. Denn weil man auf externe Anleitungen dringend angewiesen ist, liest man vom Nether und seinen Kreaturen meist schon im Vorfeld. Schade: Das Abenteuer Minecraft wäre so viel spannender, wenn das Spiel wichtige Hinweise geben - damit man Entdeckenswertes auf eigene Faust entdecken darf. Statt des bekannten Grummelns höre ich außerdem grunzende Zombies. Tatsächlich sehen die Bewohner hier unten wie untote Menschen mit Schweinegesicht aus. Widerlich! Ich fühle mich unwohl und muss das Bedürfnis unterdrücken, wieder zurückzukehren.

Aber natürlich schreite ich voran - etwas hat meine Neugierde geweckt: An den Decken der Höhlen hängen gelbe Kristalle und die will ich haben! Dabei stelle ich zunächst einmal fest, dass die Schweinezombies ihren Oberflächen-Pendants sehr ähnlich sind. Gefährlicher sind sie also nicht. Gut! Und sie hinterlassen kleine Goldstücke. Hervorragend! Als Nächstes bemerke ich, dass ich den roten Felsen schneller abtrage als ich neue Würfel setzen kann – praktisch. Denn so habe ich im Handumdrehen einen Batzen Steine im Gepäck, aus denen ich ein Plateau in der Höhe errichte, von dem aus ich die gelben Kristalle erreiche. Glowstone heißen sie und tun genau das, was ihr Name verspricht: Sie leuchten in der Dunkelheit. Auch der rote Netherrack leuchtet - nicht aus sich selbst heraus, aber wenn man ihn in Flammen setzt. Als Feuerstelle könnte er mir also gute Dienste leisten. Und was ist eigentlich das da unten in der Ferne? Nicht alle Steine scheinen aus rotem Netherrack zu bestehen, denn ich entdecke kleine graue Absätze. Das will ich mir aus der Nähe ansehen und schlage eine Höhle in den Felsen.

Die Festung

Minutenland bahne ich mir einen Weg durch die blutroten Mauern, passe höllisch auf Löcher auf, durch die ich Dutzende Meter in die Tiefe starre und komme endlich über einem Hügel heraus, an dessen Fuß die graue Masse liegt. Seelensand heißt sie übersetzt - unheimlich. Und unheimlich nützlich, denn genau wie ich bleiben die Monster fast darin stecken.

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Riesige Lavaströme ergießen sich in tiefe Feuerseen: Der Nether ist eine beeindruckende Zwischenwelt.

Ich kann mich jedenfalls kaum darauf bewegen, als das ständige Hintergrund-Jaulen plötzlich zu einem grausigen Schrei anschwillt. Eine gigantische Fratze schwebt hinter mir in der Luft, verzerrt ihr Gesicht und donnert einen riesigen Feuerball in meine Richtung. Himmel! Mit Mühe flüchte ich vor dem Angriff, weiche einem zweiten Geschoss aus und schon verzieht sich der so genannte Ghast auch wieder. Glück gehabt! Ich kann aufatmen.

Dann bleibt mir die Luft weg. Sind das Fenster hoch über mir im Felsen? Erkenne ich dort eine Brüstung? Um es genauer zu erkennen, gehe ich einige Schritte zur Seite, drehe mich um - und tatsächlich: Auf einmal erkenne ich die gewaltige Festung, die wie ein künstlich geschaffenes Monster aus dem Stein gehauen scheint. Mir verschlägt es fast die Sprache. Und natürlich muss ich dorthin! Schnell markiere ich mit etlichen Fackeln den Eingang zu meinem Tunnel, um ihn später auch auf weite Entfernung wiederzufinden. Dann erklimme ich die Felswand, die zu der Brüstung führt und stehe tatsächlich in einer Burg, die wie der ganze Nether aus rotem Stein geschlagen wurde. Hier brauche ich länger, um einen Brocken herauszuschlagen. Außerdem finde ich eine Pflanze namens Nether-Warze (romantisch!) und eine Vielzahl untoter Schweinewachen.

Auf Netherwiedersehen!

Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergeht. Eine Stunde? Vielleicht zwei? Ich weiß, dass Minecraft-Veteranen durch den Nether wie durch ihr Wohnzimmer stapfen... Mir ist die Zwischenwelt neu und ich will nicht aus Unachtsamkeit alles verlieren, was ich hier finde. Also schreite ich langsam voran, luge vorsichtig um jede Ecke - und stelle irgendwann fest, dass auch die beeindruckende Festung nur eine zufällige Struktur aus wenigen sich wiederholenden Elementen ist.

Das nächste Projekt, das nächste Ziel: Ich will unbedingt ans andere Ende dieses Meeres reisen!
Das nächste Projekt, das nächste Ziel: Ich will unbedingt ans andere Ende dieses Ozeans reisen!
Dieser Nether ist spannend - spätestens jetzt fehlt mir aber das spielerische Lenken, das der umwerfenden Welt und den sinnvoll verzahnten Zusammenhängen eine Inhalt gibt. Wie leicht könnte Notch den Moment des Entdeckens nutzen? Doch darauf verzichtet er praktisch komplett.

Als ich die Geburtsstätte einer mir unbekannten Monsterart entdecke - kleine Biester, die mich mit Feuerbällen eindecken - erlebe ich unglaublich spannende Minuten: Mit Händen und Füßen wehre ich mich gegen die schnellen Angreifer, während ich mich gleichzeitig zu verbarrikadieren versuche. Plötzlich ist meine ganze Erfahrung im Umgang mit Feinden, Waffen, dem Zurückgewinnen meiner Gesundheit und dem Errichten schützender Mauern gefragt. Aber genau so plötzlich wird mir auch klar, dass ich nur einmal mehr eine zufällig platzierte Ressourcenquelle entdeckt habe. Die neuen Monster lassen Glühstäbe fallen - ein Material, das ich zum Bau einer Brauerei benötige. Und so entwerfe ich längst mein nächstes Projekt, noch während ich im Nether um mein Leben kämpfe: Ich werde Tränke brauen und damit die Welt bereisen. Denn es soll Dörfer geben, in denen Menschen wohnen...

Bier?

Natürlich hätten mir die Tränke auf meiner Reise in den Nether deutlich mehr genützt. Immerhin erhöhen die einfachsten meine Stärke oder meine Geschwindigkeit. Aufwändigere Tränke machen mich für einige Minuten feuerfest, andere stellen die Gesundheit wieder her. Bestimmte Fläschchen wirft man sogar wie eine Fernwaffe auf die Monster, um Schaden anzurichten. Aber spätestens die Herstellung ist eine Wissenschaft für sich! Ich weiß, ich wiederhole mich, aber wie gern würde ich direkt im Spiel Hinweise entdecken, welche Zutaten welchen Effekt haben. Hier und da kann man sie sich denken, doch das reicht nicht.

Dabei ist das Prinzip eigentlich simpel: Zunächst einmal macht man eine mit Wasser gefüllte Flasche mithilfe der richtigen Grundsubstanz zu einem Basistrank. Schon den dafür benötigten Ofen muss man allerdings erst einmal herstellen und ohne die Glühstäbe aus dem Nether ist das unmöglich. Ich lag mit meiner Projektfolge (erst Nether, dann Tränke) also - selbstverständlich! - vollkommen richtig.

Ein wenig Nether-Warze (mhhh!), etwas Flammenstaub - fertig ist der Spinat des Minecrafters!
Ein wenig Nether-Warze (mhhh!), etwas Flammenstaub - fertig ist der "Kraftspinat" des Minecrafters!
Die so erstellte Basis versetzt man anschließend mit einer Zutat, die die gewünschte Wirkung hat (Koffein gibt’s nicht, aber Zucker bringt z.B. die Geschwindigkeit auf Trab) und fertig ist das Gesöff!

Tatsächlich hebe ich mir den Job des Braumeisters aber für meine Rückkehr auf, denn in meinen Beinen kribbelt es längst: Ich will das traute Heim verlassen und die große Welt entdecken! Nur eines erledige ich noch vor der Abreise: Aus Obsidian, Diamanten und einem Buch zimmere ich einen magischen Tisch, auf dem ich meine Ausrüstung verzaubere. Mein Rüstung hält so noch mehr Schaden aus und schützt besonders gut gegen Geschosse (leider erwische ich nicht die Verzauberung, die den harten Aufschlag nach einem tiefen Fall abfedert) und mein Schwert richtet größeren Schaden an. Jedes Wirken von Magie kostet dabei Erfahrungspunkte - hierfür benötige ich den Zähler also! Dennoch wären mir Zutaten aus einem Hexenkessel lieber als eine künstliche Punktesammlung. Von Achievements fang' ich erst gar nicht an. Gut, wer's braucht...

Auf, auf und davon

So, jetzt wird's aber langsam Zeit! Ich schnappe mir ein paar Überlebens- und Lebensmittel, packe mich auf mein kleines hölzernes Pissoir (ich nenne es liebevoll „Boot“) und steuere gen Horizont. „Nimm mich mit, Kapitän, auf die Reise!“

Freiheit, wohin das Auge blickt: Ich schippere über einen schier grenzenlosen Ozean. Tief unter mir sehe ich den Meeresboden, hier und da schält sich eine kleine Insel aus dem Grafiknebel, ansonsten... Möwen fehlen!... ansonsten strömt die salzige Luft mit vollen Zügen in meine Nasenflügel. „Row, row, row your boat, gently down the stream...“

[Drei Stunden später]

Ich meine ja, noch immer ein Akkordeon zu hören. Aber eigentlich würde ich doch gerne wieder an Land gehen. Ich muss nämlich mal - und zwar etwas Neues sehen! Ständig Blau, das hält ja keiner aus. Wo kommt dieser Ozean eigentlich her? Minecraft war früher eine Welt mit viel Land und ein wenig Wasser. Notch muss an irgendeiner Schraube gedreht haben. Denn zum einen stoße ich selbst nach tagelanger Rudertour auf die immer gleichen schroffen Steilwände und zum anderen fehlt mir der ständige Wechsel der Klimazonen.

Mehr Meer: Anfangs genießt man die endlose Freiheit...
Mehr Meer: Anfangs genießt man die endlose Freiheit...
Ich bin kilometerweit erst in den Norden, dann in den Osten gefahren - und habe weder Schnee noch Wüste noch flaches Hügelland noch sonst eine der bekannten Zonen gesehen. Nur die neue Gebirgswelt erstreckt sich jetzt offenbar über das gesamte Land. Das übrigens immer dort zufällig erstellt wird, wo man zum ersten Mal ankommt.

Ein Hundeleben

Und so frage ich einmal mehr: Was jetzt? Weil ich in der Nähe meines fernen Zuhauses noch keinen Lehm entdeckt habe, baue ich eine Zeitlang das relativ seltene Material ab. Mit den daraus gebrannten Ziegelsteinen könnte i... man, was stelle ich nur mit mir an?! Es ergibt keinen Sinn, hier ein Lager zu errichten, um meinem heimatlichen Tagesgeschäft nachzugehen. Es wäre nämlich ausgesprochen schwierig, eine Verbindung über zwei weit entfernte Lager aufzubauen - selbst die „Abkürzung“ durch den Nether müsste ich erst einmal finden und sichern. Es ist zum Verzweifeln: Hier draußen, fern meiner Heimat, gibt es nichts, das einen Besuch lohnenswert macht. Wo sind die Klimazonen, Notch?!!?

Es vergeht ein Minecraft-Tag nach dem anderen. Ich fahre Kloschüssel, genieße hübsche Ausblicke - fahre weiter. Irgendwann entdecke ich wenigstens ein paar Wölfe. Einem von ihnen halte ich einen Knochen vor die Nase und schon folgt mir der Köter auf Schritt und Tritt. Nett. Sogar wenn ich mal wieder eine gigantische Meeresstraße überquere, ist der treue Gefährte irgendwann plötzlich zurück an meiner Seite. Ich sollte ihn „Phelps“ nennen.

Und jetzt?

Und dann gibt es doch noch einen Lichtblick, denn als ich mich - inzwischen recht verdrossen - über den tausendsten Hügelgipfel schleppe, schaue ich plötzlich in ein flaches, weites Tal. Ein Sumpf! Ich habe tatsächlich eins der Biome gefunden, die Minecraft seit neuestem so „gut“ versteckt.

Viele idyllische Ausblicke entschädigen für umsonst abgetretene Haxen.
Viele idyllische Ausblicke entschädigen für umsonst abgetretene Haxen.
Gleichzeitig unheimlich und gemütlich finde ich es hier: Lange Zweige greifen von den Bäumen in das trübe Wasser hinein, das Gras ist dunkler, das ganze Ambiente wirkt irgendwie zusammengerückter. Zumindest ist es eine gute Abwechslung zu den allgegenwärtigen Sand- und Steinfelsen. Wenig später finde ich sogar Wüstengebiete. Allerdings: Auch hier erspähe ich kein Dorf...

Es war einmal ein „Adventure Update“. Es sollte die letzte große Neuerung vor der Fertigstellung eines Spiels sein, das mehr sein wollte als die Aneinanderreihung großer Würfel. Und dieses „Adventure Update“ fügte der Welt Dörfer hinzu: kleine Siedlung mit menschlichen Bewohnern - auf einem Planeten voller Zombies, Spinnen und Skelette. Doch wie lehrt mich das große Buch des Internet? Selbst diese Menschen stehen nur herum, sind nicht ansprechbar. Es gibt sogar einen mächtigen Endgegner. Und einen gut versteckten Weg, um ihn überhaupt zu finden. Doch das weiß ich jetzt ja schon. Von Abenteuer keine Spur.

Nach fast vier Stunden blicke ich auf den Kompass, drehe meine Holzschüssel in Richtung Heimat und breche die Forschungsreise ab. Es regnet und irgendwie passt der erdrückende Grauschleier zu meiner Stimmung. Dann gewittert es sogar. Ich sehe, wie der Blitz einen der im Wasser schwimmenden Tintenfische trifft - keine Sekunde später sinkt das Tier auf den Meeresboden. Krass. Schöne, neue Welt! Und nun?

Scheiden tut weh

Ich stehe an einem Scheidepunkt. Es ist der Punkt, an dem jeder Minecrafter irgendwann feststellt: Etwas wirklich Neues finde ich nicht mehr. Die Datenbank im Weltweitnetz kenne ich praktisch auswendig. Ich war ganz oben (mehrmals springen und immer einen Stein direkt unter mich bauen) und ich war ganz unten. Als Förster, Hirte und Landwirt bin ich Selbstversorger. Ich kann Selbstverteidigung und ich kenne die Hölle. Was trennt mich jetzt noch von „Quit Game“?

Wieso gibt mir Notch keine Aufgaben? Ich würde sie liebend gerne in den Sprechblasen grinsender Dorfbewohner lesen. Weshalb verstecken sich keine echten Schwergewichts-Zombies in tiefen Höhlen oder auf fernen Inseln? Und warum... Hier ist meine Idee für eine Weiterentwicklung: Ein schwer herzustellender Gegenstand - und nur der! - lockt besonders starke Monster an. Man muss also eine starke Festung mit Fallen und Geschützen bauen, um die angelockten Feinde zu vernichten. Als Belohnung erhält man von ihnen Materialien, die es sonst nirgendwo gibt.

Feierabend?
Feierabend?
Warum gibt es nicht wenigstens solche einfachen Elemente, die in die spielerisch offene Welt passen? Stattdessen ist die Anzahl der vorhandenen Untoten auf Dauer viel zu überschaubar und eine Gefahr stellen sie selbst für einen durchschnittlichen Höhlenforscher wie mich schon lange nicht mehr dar.

Das Schalten und das Walten

Was mache ich also hier noch? Wieso stehe ich schon wieder vor meinen Truhen und packe Redstone, Eisen, Stein sowie Holz in meine Taschen? Einen Moment, bitte... so... jetzt! Wie war gleich die Frage? Ach so, die kleine Materialsammlung. Ich wollte noch mit Redstone herumspielen, um später mal elektronische Fallen aufzustellen. Mir schwebt ein im Boden versteckter Schalter vor: Tritt ein Monster darauf, kommen von allen Seiten Wände aus dem Boden und halten es gefangen. Dann strömt Wasser von der Decke... Außerdem wollte ich ein paar Falltüren auf meiner Folterinsel installieren. Und mal sehen, was mir sonst noch einfällt. Zu guter Letzt hatte ich schon lange vor, mir die Funktionsweise komplexer Schaltkreise anzuschauen. Ein Minecrafter hat immerhin einen realen, voll funktionstüchtigen Teil eines Prozessors nachgebaut - ein anderer hat ein kleines Videospiel programmiert!

Und dann ist da noch mein Glasturm, den ich nie ganz aus den Augen verloren habe. Klar: Das wird alles dauern. Man richtet sich schnell ein - bleiben tut man länger. Denn große Projekte schlägt man nicht einfach aus dem Stein. Es kostet viel Zeit, viele Wege, viele Handgriffe und eine gute Planung, um aufwändige Bauwerke zu erschaffen. An einem Tag, an einem Abend gar rafft man manchmal nur ein paar wenige Materialien zusammen. Dann beginnt erst die eigentliche Arbeit. In Minecraft hilft es deshalb viel mehr als anderswo, wenn man gemeinsam spielt. Nicht, weil das Überleben dann einfacher wird. Sondern weil jeder einzelne Teilnehmer die Bauzeit mal eben um einen ganzen Tag verkürzt - das ist eine Menge!

Die Android-Version

Inzwischen haben wir uns auch die Android-Fassung angesehen und genau wie die iPhone-Version können wir diese Umsetzung noch nicht empfehlen.

Die Fassungen (beide Alpha 0.1.2) enthalten lediglich den Creative-Editor - also keine spielerischen Elemente. Man klickt einfach unbegrenzt viele Würfel dorthin, wo man sie haben möchte.

Scheiden? Vergiss es!

Der Scheidepunkt? Ich habe ihn längst überschritten. Was Minecraft als Spiel fehlt, das macht es als Baukasten wett. Nein, nicht nur ein Baukasten - denn ein großer Teil der Faszination geht von den vielen ineinander greifenden Bausteinen aus. Minecraft ist die Simulation einer ganzen Welt. Einer Welt, die ich nach meinen Träumen formen kann; die mich gerade so viel erleben lässt, dass ich sie als Lebensraum begreifen kann.

Natürlich weiß ich, dass ich unwirkliche Würfel aufeinander setze. Weil Arbeit in den Würfeln steckt, fühlt es sich aber an, als würde ich mit meinen eigenen Händen etwas erschaffen. Irgendwo zwischen einem erzählstarken Rollenspiel und einem freien Editor. Irgendwo in meinem zweiten Zuhause.

Fazit

Man kann Minecraft-Schöpfer Markus „Notch“ Persson viel vorwerfen: Dass man zu Beginn in einen Ozean der Möglichkeiten geworfen - und dort hilflos liegen gelassen wird. Dass es ihm nicht gelingt, das Entdecken der riesigen Welt mit erzählerischen oder inszenierten Höhepunkten zu belohnen. Dass er ein „Adventure Update“ veröffentlicht, ohne ein Abenteuer zu erzählen. Kurz: Dass sein Spiel selbst im fertigen Zustand nicht das ist, was er versprochen hat. Mag sein, dass weitere Updates kommen. Allerdings würde jeder große Entwickler für diese Veröffentlichungspolitik eine Abfuhr erhalten. Nein, das große Abenteuer ist Minecraft nicht. Es ist etwas anderes - und zwar nicht weniger als die hervorragende Simulation eines riesigen lebendigen Universums. Dort geht es nicht um vorgezeichnete Geschichten, dort verwirklicht man Träume. Denn nur in Minecraft kann man buchstäbliche Luftschlösser errichten, die Fantasie ist die einzige relevante Grenze. Es spielt überhaupt keine Rolle, dass die Welt aus gigantischen Pixeln besteht: Wenn man mit eigenen Händen Rohstoffquellen erschließt, die Materialien verarbeitet und aus etlichen Bauteilen schließlich kleine und große Meisterwerke errichtet, dann erkennt man in jedem Winkel den Schweiß und die Kunst, die dahinter steckt. Man ist Jäger, man ist Gärtner, man verteidigt seinen Hof gegen unheimliche Eindringlinge. Man ist der kreative Kopf in einem Land der unbegrenzten Möglichkeiten!

Zum Video-Fazit

Pro

unbegrenzte, offene Spielwelt
Ineinandergreifen zahlreicher Elemente
etliche Materialien, Verwendungszwecke, Baupläne und Rezepte
völlig freies Gestalten

Kontra

keinerlei Einführung, keine Hilfestellungen, keine Anleitung
keine erzählerischen oder inszenierten Höhepunkte
Gegner sind sehr früh keine Gefahr mehr

Wertung

PC

Auch wenn man auf spielunabhängige Anleitungen angewiesen ist: Die umfangreiche Simulation einer lebendigen Welt macht diesen Baukasten zu einem Paradies für Kreativköpfe!

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