Politik Simulator 201.12.2010, Bodo Naser
Politik Simulator 2

Im Test:

Die diplomatischen Verwicklungen nach den Wikileaks-Enthüllungen, ein bevorstehender Konflikt auf der koreanischen Halbinsel oder das Ringen um Stuttgart 21 - all das könnten Themen im Politik Simulator 2: Rulers of Nations sein. Kann das Spiel die wichtigsten Probleme aktueller Weltpolitik streifen und gleichzeitig unterhalten?

Simulation von der Stange

Müssen Simulationen immer so billig wirken? Gibt es da irgendwo ein ungeschriebenes Gesetz, an das sich die Entwickler halten,

Zahlenorgie in blaugrün. Wer das sieht, wundert sich nicht, dass sich niemand für Finanzpolitik interessiert.
wonach eine Simulation langweilig aussehen muss? Auch dieser von Eversim zusammen geschustrte Politik Simulator bildet da leider keine Ausnahme, denn trotz alles Farbeinsatzes ist er alles andere als ein strahlendes Beispiel für eine edle Präsentation. Im Gegenteil: Schon dem Artdesign entströmt dröge Langeweile.

Zwar kann man hier Bundeskanzlerin, iranischer Staatschef oder amerikanischer Präsident sein, aber das ist in etwa so prickelnd wie zuletzt beim St. Pauli Manager einen Puff zu managen. Zumal der noch leidlich witzig war, was der politischen Simulation völlig fehlt. Das unübersichtliche Strategiespiel könnte auch als Tabellenkalkulation durchgehen. Daran ändert auch die Weltkarte nichts, bei der man zwar ganz runter scrollen kann, aber eigentlich nichts Wichtiges findet.

Zwei Spielmodi werden angeboten, die einen ähnlichen Ablauf bieten: Im ersten regiert man in Echtzeit ein Land seiner Wahl, wobei alle aktuellen Staaten vertreten sind - auch territoriale Zwerge wie Luxemburg. Im anderen Modus geht's darum, der mächtigste Staatenlenker der Erde zu werden, wobei nicht nur die eigene Beliebtheit zählt, die man in einer Liste nachvollziehen kann. Allerdings ist nicht immer ganz klar, warum nun der eine oder andere der 15 Herren nach oben gerutscht ist. Seltsamerweise ist dort Venezuelas Hugo Chavez ganz oben zu finden, der allerdings wie alle Politiker im Spiel anders heißt. Originalnamen sucht man vergebens, obgleich die Akteure durchaus die Gesichtszüge ihrer realen Vorbilder tragen.

Aktueller Ansatz

Der größte Pluspunkt des Spiels ist,

Themen wie Gesundheit, Umwelt oder Soziales kommen immer gut. Allerdings kosten die was, was wiederum nicht so zieht.
die aktuelle Weltpolitik im Groben und Ganzen darzustellen, wobei wichtige Probleme vorkommen. Die meisten spielbaren Länder sind heillos überschuldet, es geht um die Einführung des Mindestlohns oder die Vermögenssteuer zur Kontrolle der Finanzmärkte. All das lässt sich auch durch Gesetze regeln, deren Einführung nicht immer reibungslos läuft. Je nach Staatsform muss eine Vorlage erst das Parlament passieren, wofür man wie in Deutschland eine Mehrheit braucht. Man muss die Führer der jeweiligen Fraktion vorladen, um sie auf seine Seite zu ziehen. Das kann auch mit Bestechung geschehen, wobei es keine Garantie gibt, dass es klappt. Missverhalten kann leicht zum Fall eines Politikers führen, da die Umfragewerte sinken und man zum Rücktritt aufgefordert wird.

Wenn man eine Verbesserung erreicht hat, läuft es nicht immer wie gedacht: Es kommt zu Demonstrationen, die man ignorieren oder mit Polizeiknüppeln bekämpfen kann. Die Öffentlichkeit reagiert außergewöhnlich hektisch, so dass man nicht immer nachvollziehen kann, warum nun der Ausnahmezustand ausgerufen wurde. Nicht nachzuvollziehen ist, dass es in einer Diktatur wie Nordkorea zu Demonstrationen kommt. Nordkorea ist vermutlich der einzige Staat, in dem es seit Bestehen noch keine Demonstration von Regimegegnern gab. Zumal die Abschaffung der Todesstrafe kein solch brisantes Vorhaben scheint, das die harschen Reaktionen erklären würde. Hier zeigt sich einmal mehr, dass sich die Länder nicht so unterscheiden, wie man es dem Namen nach vermuten könnte. Alle regieren sich im Spiel letztlich ähnlich.

               

Smalltalkmaster

Verhandelt wird jede Menge, denn das ist eigentlich die einzige Möglichkeit, jemanden zu beeinflussen. Es gibt die Verhandlungen mit inländischen Politikern, etwa wenn Frau Merkel Herrn Ackermann zum informellen Tee lädt, was ihr virtuelles Pendant im Spiel ganz artig in ihren Kalender pinselt Die Verhandlungen sind etwas hölzern geraten, aber immerhin kann man loben oder bedrohen. Allerdings ist der Verlauf nicht immer dynamisch, da die Gesprächspartner oft nicht auf das Gesagte reagieren. Manchmal bekommt man den Oppositionsführer schließlich dazu, für einen zu stimmen. Leider hält der nicht immer Wort, so dass die Abstimmung doch noch in die Hose geht.

Außenpoltische Verhandlungen laufen ganz ähnlich, da man auch mit Staatschefs redet. Eine Gefahr, dass hier etwas bei Wikileaks ausgeplaudert wird, gibt es nicht, da das Geschwätz meist belanglos ist. Man sagt, dass man im Urlaub war, bietet dem Gast Kaffee an oder schwadroniert über die Menschenrechte im Lande. Hier kann sogar Chavez bei Ahmadinedschad monieren, er verletze diese, was fast Realsatire ist, da es in Venezuela auch nicht immer lupenrein demokratisch zugeht. Nützlicher sind da schon die Handelsverträge, die allerdings umständlich zu handhaben sind. Hier wäre eine Übersicht gut, was man an Waren überhaupt braucht.

Kein Spiel für Militärstrategen

Militärisch bietet der

Kampf in der seltsamen grünen Fläche. Venezuela und Kolumbien führen Krieg, und keinen interessiert es.  
zweite Teil von Politik Simulator auch recht wenig, wenn man es mit wesentlich anspruchsvolleren Hearts of Iron 3 vergleicht. Zwar lassen sich auch hier neue Waffen entwickeln, aber deren Einsatz verläuft vergleichsweise öde. Allein die schiere Kriegserklärung ist schon mit erheblichen Mühen verbunden, da es partout nicht funktionieren will. Man muss es gleich mehrmals tun, bevor es mal klappt, denn ohne darf man nicht angreifen.

Beginnt der Krieg, kann man entweder selbst kommandieren oder den Oberbefehl dem Generalsstabschef überlassen. Immerhin ist der recht aktiv und erobert sogar feindliche Städte. Toll wird das Kämpfen dadurch aber bei Leibe nicht, da die Darstellung auch beim Zoomen unansehnlich und unübersichtlich bleibt. Selbst wenn man selber befiehlt, welche Einheit angreifen soll, bieten sich kaum taktische Möglichkeiten. Man versucht halt mit seinen Truppen in die Städte zu kommen, wobei man mit lächerlich aussehenden Raketen beschossen wird. Letztlich endet der Konflikt so unvermutet wie begonnen hat, meist weil international Drück gemacht wird.

Außenpolitik im Multiplayer

Mit Freunden oder Fremden kann man auch Politik über das Internet spielen, wobei theoretisch bis zu 15 Hobby-Präsidenten teilnehmen können. Allerdings finden sich online kaum Mitspieler, da es sich um eine kleine Produktion handelt und die Community fast nicht existiert. Zudem ist auch nur der Wettkampfmodus und nicht auch der Weltmodus spielbar. Es wird allerdings schnell deutlich, dass sich Kampagne und Mehrspieler nicht wirklich unterscheiden.

   

Fazit

Mag sein, dass Politik Simulator 2: Rulers of Nations die aktuelle Weltpolitik einigermaßen beleuchtet, da alle Staaten, deren Anführer und ihre Konfliktfelder vorkommen. Als Spiel macht die Simulation aber keinen Spaß, weil sie dafür zu hölzern und öde präsentiert wird. Man kann zwar durchaus realitätsnah ein Gesetz zimmern, die Steuern senken oder mit anderen Politikern verhandeln, aber all das wird nicht spannend und dynamisch genug inszeniert, um für Hobby-Staatenlenker länger als zehn Minuten interessant zu sein. Geht man schließlich zum nächsten Land, von denen es genug gibt, spielt sich das trotz aktueller Präsidenten wie Obama oder Chavez (auch wenn sie alle nicht so heißen) kaum anders. Auf anderen Teilgebieten wie dem Militär fehlt wiederum der Tiefgang. An der schnell grassierenden Langeweile kann auch der ähnlich konzipierte Online-Modus nichts ändern, zumal dort kaum jemand anwesend ist.

Pro

zwei Spielmodi
aktuelle Weltpolitik
alle Länder spielbar
realistische Gesetzgebung
mit allen Politikern verhandeln

Kontra

öde Präsentation
recht unübersichtlich
mangelnder Tiefgang
Ländern spielen sich ähnlich
schwacher Militärteil
nur ein Multiplayer-Modus
hölzerne Diplomatie

Wertung

PC

Als Herrscher der Welt fühlt man sich hier allenfalls fünf öde, unübersichtliche und hölzerne Minuten lang. Dann verliert man die Lust.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.