Gemini Wars03.08.2012, Benjamin Schmädig
Gemini Wars

Im Test:

Habt ihr ein gutes Buch zur Hand? Oder einen spannenden Film? Vielleicht auch einen Laptop, um im Internet zu surfen? Gut! Dann könnt ihr jetzt Gemini Wars (ab 14,99€ bei kaufen) starten. Ich spiele es gerade, während ich diese Zeilen tippe. Manchmal greift der Gegner an, aber hier läuft ja alles automatisch. Weder muss ich ins Gefecht eingreifen noch reagieren meine Einheiten, wenn ich es doch wage. Hihi, gerade habe ich die Netbook-Tastatur mit der meines Desktoprechners verwechselt. Nein, sonst passiert hier nichts.

Die Selbstmordflotte

Alleine nach der ersten Mission hatte ich schon eine Seite voller Kritikpunkte notiert. Einzige Ausnahmen: "Planeten drehen sich" und "nette Lensflares, hübsche Hintergründe". Irgendwann notierte ich noch die coole Möglichkeit, einzelne Systeme großer Raumschiffe zu attackieren. So kann ich erst ihre Waffen ausschalten, bevor ich den Rest beharke. Nicht, dass auch nur einer der kampfunfähigen Pötte daraufhin zur Reparatur gen Heimathafen abgedreht wäre. Jeder ließ sich trotz noch funktionstüchtigen Antriebs in aller Ruhe in seine Einzelteile zerlegen. Und genau das würde ich gerne mit diesem verhunzten Machwerk tun!

Wo soll ich anfangen? Vielleicht zu Beginn, als ich wagte, auch nur ein einziges Schiff zu bauen, bevor ich eine Minenstation errichtet hatte. Schon waren meine finanzielle Reserven erschöpft und ich musste die Mission neu starten - welch ein unnötiger Stolperstein. Wenn auch verschmerzbar. Später machte mir die Steuerung zu schaffen, denn ich konnte partout nicht mehr auf einen meiner Planeten heranzoomen. Die entgegen gesetzte Kamerabewegung funktionierte noch. Witzig!

zufall radio Gesprech

Keinen Humor kennt das Spiel hingegen am Missionsende, denn ob Erfolg oder Misserfolg: es wird unmittelbar kommentarlos abgebrochen. Richtig so! Wozu viele Worte verlieren,

Die Nutzerführung ist längst nicht so übersichtlich wie im ähnlich gelagerten Sins of a Solar Empire. Viele kleine Symbole verwirren mehr als dass sie Übersicht schaffen.
Die Nutzerführung ist längst nicht so übersichtlich wie im ähnlich gelagerten Sins of a Solar Empire. Viele kleine Symbole verwirren mehr, als dass sie Übersicht schaffen.
wenn man sie selbst als Muttersprachler kaum entziffern kann? Ich wollte ja nur noch weg. Doch aus beruflichen Gründen musste ich den "Ausgang" aus dem Spiel zunächst "absagen", habe daraufhin das Laden eines Spielstands "storniert" und im Menü immerhin "zufall radio Gesprech" aktiviert. Die deutschen Sprecher drücken sich unwesentlich eloquenter aus.

Ich stelle übrigens richtig gerne bei jedem Spielstart die Auflösung neu ein und stelle nach dem Laden eines Spielstands alle Truppenzuweisungen neu ein. So was hält die Finger warm - warum kommt da sonst keiner drauf? In diesem Zusammenhang auch wunderbar: Baut meine Militärstation einen Geschützturm, muss ich sie anschließend erneut anwählen, falls ich weitere Türme errichten will. Nein, ich darf keine Auftragsserien erstellen, auch keine Wegpunkte setzen. Hier ist noch echte Handarbeit gefragt - hui! Unheimlich spannend auch, dass ich Geschütztürme nicht abreißen darf, um mein Einheitenlimit um nicht mehr benötigte Einheiten zu entlasten.

Müde Expansion

Ach, ja: Gemini Wars ist ein Echtzeitstrategiespiel, einschließlich Rohstoffsammeln, Forschung und taktischem Kampf. Es zieht Anleihen aus Sins of a Solar Empire, weil sich fast alle Bewegungen im engen Gravitationsfeld von Planeten und Asteroidenfeldern abspielen. Da die Einsatzgebiete der geradlinigen Kampagne allerdings eine überschaubare

Klick. Klick. Klick. Klick. Klick. Klick.Klick. Klick.Klick.
Klick. Klick. Klick. Klick. Klick. Klick.Klick. Klick.Klick.
Anzahl solcher Schauplätze umfassen, erreicht es nicht einmal im Ansatz dessen majestätische Größe. Tatsächlich ist die Beschränkung auf eine relativ geradlinige Expansion ermüdend - der überschaubare Forschungsbaum trägt sein Übriges bei. Wissenschaftliche und militärische Kapazitäten sind so strikt vorgegeben, dass man kaum taktische Freiheiten nutzen kann.

Zu allem Überfluss bewegen sich die Flotten selbst im Kampf so träge, dass es keinen Sinn ergibt, einzelne Schiffe von Hand zu kommandieren. Entweder stellt man im Vornherein starke Verbände zusammen oder verliert eben das Gefecht. Ich hatte ja mehrmals versucht, angeschlagene Schiffe in Sicherheit zu bringen, während ich andere auf eine neue Position verschieben wollte. Das Ergebnis: Erstere sind so behäbig abgedreht, dass ihre Flucht noch auf halb gedrehter Ferse endete und Letztere sind einfach weiter auf einen Gegner ihrer Wahl zugeflogen - na, vielen Dank!

Oh, stimmt gar nicht! Eine taktische Finesse wende ich bei jedem Angriff auf jeden der oft zahlreichen Gegner an: Ich weise meine Flotte an, gemeinsam erst dieses, dann dieses, dann dieses, dann dieses, dann jenes, dann dieses Schiff zu attackieren. Weil das tausendmal effektiver ist als ihr wahlloses Geballer. Klick. Klick. Klick. Klick. Klick. Klick Klick. Immerhin: Während sich Gemini Wars in Aufbauphasen langsamer entwickelt als eine Schnecke im Lauftraining, explodiert die To-Do-Liste im Kampf dann förmlich.

Fazit

Zum Glück beschränkt sich diese Gurke auf ihre strunzöde Kampagne samt dröger Handlung - ich hätte wahrlich keine Lust, mich noch im Onlinespiel oder gar separaten Gefechten zu plagen! Gemini Wars verkettet bekannte Elemente (Ressourcen, Forschung, Kampf) mit dem geografischen Aufbau eines Sins of a Solar Empire - gute Idee. Nur kam dabei ein furchtbar zähes Schiffebauen und -verschieben mit viel zu wenigen taktischen Freiheiten heraus. Einsame Höhepunkte sind die immer gleichen Aufeinandertreffen großer Flotten, in denen eigenes Eingreifen entweder nichts bringt oder von KI-Fehlern zunichte gemacht wird. Von etlichen Programmfehlern und der miesen deutschen Übersetzung ganz zu schweigen. Die Arbeit der Independent-Entwickler in allen Ehren: Mit Gemini Wars tun sie ihrer Zunft keinen Gefallen!

Pro

Planeten drehen sich
nette Lensflares, hübsche Hintergründe
Anvisieren einzelner Systeme auf großen Schiffen

Kontra

wenige taktische Handlungsmöglichkeiten
keine Befehlsketten, keine Wegpunkte
Schiffe reagieren im Kampf nicht auf Befehle
unhandliche Bedienung, wichtige Infos umständlich erreichbar
zahlreiche Programmfehler
bei Bedienung und inhaltlich
Geschütztürme können nicht zerstört werden
gefährliche Hindernisse in Flugbahn mitunter nicht erkennbar
kein Multiplayer, keine einzelne Partien
dröger Spielablauf, keine Zeitbeschleunigung
ausschließlich Deutsch mit etlichen Übersetzungsfehlern
anstrengend dröges Tutorial

Wertung

PC

Ausgesprochen langatmige, spielerisch einfallslose Echtzeitstrategie mit zahlreichen Fehlern und schlechter Übersetzung.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.