Stronghold: Crusader01.10.2002, Bodo Naser
Stronghold: Crusader

Im Test:

Vor fast einem Jahr erschien bei Take 2 die Burgenbau-Simulation Stronghold, die trotz Bedienschwächen und eher biederer Grafik zum erfolgreichen Kassenschlager wurde - inzwischen gingen hierzulande weit mehr als 200.000 Exemplare über den Ladentisch. Jetzt präsentiert Entwickler Firefly seinen Nachfolger Stronghold: Crusader (ab 1,39€ bei GP_logo_black_rgb kaufen). Obwohl die Fortsetzung im fernen Palästina zur Zeit der Kreuzzüge spielt, hat sich am Spielprinzip nicht viel geändert. Ob Crusader trotzdem das Zeug zum mittelalterlichen Gassenfeger hat, erfahrt Ihr aus unserer Review.

Krieg im Heiligen Land

"Gott will es!" - mit diesen Worten rief Papst Urban II die abendländischen Ritter 1095 n.Chr. zum 1. Kreuzzug auf, der im Spiel als Einführungskampagne auftaucht. Was fast schwärmerisch als religiöses Abenteuer begann, mauserte sich schnell zum brutalen Eroberungszug, wie das Blutbad nach Einnahme der Heiligen Stadt im Jahr 1099 zeigte. 1187 eroberte Sultan Saladin Jerusalem zurück. Im folgenden 3. Kreuzzug kämpften auch er und Richard Löwenherz gegeneinander, schließlich schlossen sie einen ehrenhaften Waffenstillstand. Nach einigen vergeblichen Versuchen, Jerusalem abermals zu erobern, und einem kurzen Friedensvertrag, fiel die Stadt 1244 endgültig an die Moslems.

Spiel-Umfang

Bei Stronghold: Crusader wurde für ausreichend Szenarien gesorgt: Vor dem historischen Hintergrund der Kreuzzüge spielen die vier Kampagnen, in denen Ihr neben Saladin und Löwenherz auch die Computer-Gegner (Ratte, Schlange, Schwein, Wolf) aus dem Vorgänger wiedertrefft. Daneben gibt es ein ellenlanges Kreuzzugsspiel, bei dem Ihr sage und schreibe 50 recht abwechslungsreiche Missionen hintereinander spielen könnt. Hier seid Ihr bisweilen sogar mit der KI verbündet. Darüber hinaus existiert noch der "sturmfreie" Burgenbau-Modus, bei dem Ihr von Sarazenen unbehelligt eine Kreuzfahrerbastion errichten könnt. Und schließlich gibt es für die, die ohnehin schon alles gespielt haben, einen Karteneditor, der dem aus dem Vorgänger entspricht.

__NEWCOL__Bekanntes Gameplay

Die Neuerungen beim Gameplay halten sich in Grenzen. Wäre man gehässig, würde man die einzige wirkliche Neuheit in der Wüstenfarbe der Bauten sehen. Andererseits: Warum sollte Firefly am erprobten Konzept etwas ändern, so lange es noch so erfolgreich ist!? So kommt es auch in Crusader wieder darauf an, sich frühzeitig Rohstoffe zu sichern, um dann ein starkes Bollwerk zu errichten. Die eigene Bevölkerung wird dabei durch Nahrung, Bier und Religion bei Laune gehalten, einige Hinrichtungsstätten zur Abschreckung können auch nicht schaden. Derart vorbereitet geht es dann daran, die Burg des Feindes zu belagern und schließlich zu erstürmen.

Neuerungen

Die meisten Neuheiten finden sich noch bei den Einheiten. Auf Seiten der Kreuzfahrer wurde die Kampfkraft der Einheiten besser ausbalanciert und Schwertrecken sowie Ritter in ein Kreuzfahrergewand gesteckt. Auch Einheiten der Araber sind mit von der Partie, sie setzen mehr auf Masse und Schnelligkeit als auf Schutz. Es gibt berittene Bogenschützen, die sich für flinke Vorstöße eignen. Dann sind da mit Feuer bewaffnete Sklaven, die gern zündeln oder gefährliche Brandkugeln auf Angreifer schleudern. Wie weiland bei David werden Schleudern eingesetzt, um Steine auf schwerfällige Gepanzerte zu schießen. Schließlich gibt es fast unsichtbare Assassine, die über Mauern klettern können und daher gut geeignet sind, einen feindlichen Turm von Bogenschützen zu säubern.

Arabische Einheiten könnt Ihr auf Seiten der Christen im Söldnerlager erwerben. Neben einem minarettartigen Beobachtungsturm leider fast das einzige neue Bauwerk. Rein äußerlich hat sich so manches Gebäude - wie Wohnhäuser oder Kirchen - zwar verändert, die Funktion ist aber noch dieselbe wie im Vorgänger. So fällen Eure Holzarbeiter nun eben Palmen. Die schicken Holzpalisaden gibt es jedoch nicht mehr. Wer nun glaubt, dass vielleicht das Wasser eine größere Rolle spielen würde, der irrt sich leider. Obwohl Stronghold: Crusader in der staubtrockenen Wüste spielt, scheint Wasser nach wie vor nur zum Löschen da zu sein. Eine neue Zisterne dient jedenfalls nur als vergrößerter Brunnen für die Feuerwehr. Wenigstens wurde der Sound dem neuen Szenario angepasst: So begleitet Euch nun arabische Musik beim Kriegszug gegen die Ungläubigen.

Unveränderte Missionsziele

Auch das Design der Missionen wurde nicht groß verändert. Immer noch gibt es wirtschaftliche Missionsziele, für deren Erreichen Ihr beispielsweise 1500 Brote backen müsst sowie militärische Ziele, in denen es um die Vernichtung des Feindes geht. Auch die Rohstoffe sind exakt dieselben geblieben - etwas seltsam, da wohl kaum je Hopfen in Palästina angebaut wurde. Die Entwickler hätten hier ruhig ein paar neue Rohstoffe einbauen können, ein wenig mehr Abwechslung bei den Missionen hätte auch nicht geschadet. Ebenso wenig hätte es geschadet, sich auch mal die umständliche Bedienung vorzunehmen und alles ein wenig übersichtlicher zu gestalten.

__NEWCOL__Verwirrte KI

Leider ist auch die Gegner-KI noch fast dieselbe wie bei Stronghold. Wie eh und je greift sie zwar früh, aber nicht clever genug an: Immer wieder schickt der Gegner kleinere Gruppen von Soldaten, die ein leichtes Ziel für Eure Bogenschützen abgeben. Ein Massenangriff hingegen könnte Euch schon eher aus dem Konzept bringen. Darüber hinaus sind auch die Baukünste der KI eher zweifelhaft, da sie bisweilen Labyrinthe aus Burgmauern baut, anstatt eine geschlossene Festung zu errichten - ein wenig verwirrt wirkt das dann schon. Wer die KI nicht ertragen möchte, dem steht derselbe Multiplayer-Modus wie beim Vorgänger zur Verfügung.

Altbackene 2D-Grafik

Schon vor einem Jahr beim Erscheinen von Stronghold war dessen Grafik mit der isometrischen Perspektive trotz netter Animationen bestenfalls gewöhnungsbedürftig. Zwar ist in Crusader jetzt alles beige und vom Design her auf Naher Osten getrimmt, die Darstellung hat sich aber insgesamt nicht verbessert. Auch die maximale Auflösung von 1024 x 768 ist dieselbe geblieben. Natürlich ist die Optik für ein Strategiespiel eher unwichtig, aber dennoch ist es erstaunlich, dass nicht einmal die neuen Einheiten optisch ansprechender gestaltet wurden. Neue Render-Videos sucht man ebenfalls vergebens. Als kleiner Trost erzählen Euch dafür stimmungsvolle, mittelalterliche Originalminiaturen vom historischen Geschehen in den Kampagnen.

Fazit


Zwei Herzen schlagen in meiner Brust. Das eine sagt mir, dass es eigentlich nicht angehen kann, dass uns Firefly bei Lichte betrachtet ein Add-On als Nachfolger verkaufen will. Zumal dann, wenn der kaum Verbesserungen gegenüber dem Vorgänger aufweist. Nicht einmal bei der umständlichen Bedienung, der KI und der Steinzeit-Grafik, wo Veränderungen wirklich notwendig gewesen wären. Was beim Erstlingswerk Stronghold noch als "Kinderkrankheiten" durchging, darf nun beim Nachfolger nicht unerwähnt bleiben. Dass man dafür dann noch einen Vollpreis von 40 Euro berappen soll, ist fast schon dreist. Auf der anderen Seite besitzt Stronghold: Crusader einen interessanten, historischen Hintergrund und hat ein ähnlich hohes Suchtpotenzial wie schon Stronghold. Wer einmal mit dem Burgenbauen angefangen hat, wird die Kelle nicht so schnell wieder aus der Hand legen. Trotz hoher Motivation brauchen die Entwickler jedoch einen Schuss vor den Bug - daher gibt`s von mir keine 80% mehr!

Pro

<li>Kreuzzugs-Szenario</li><li>Kreuzzug mit 50 Missionen</li><li>vier historische Kampagnen</li><li>arabische Einheiten</li><li>arabische Umgebung</li> <li>mittelalterliche Bilder</li><li>arabische Musik</b>

Kontra

<li>eher Add-On als Nachfolger</li><li>kaum Neuerungen</li><li>keine neuen Rohstoffe</li><li>Wasser spielt keine Rolle</li><li>unverändertes Missionsdesign</li><li>KI nicht verbessert</li><li>Steuerung nicht verbessert</li><li>Darstellung nicht verbessert</li><li>hoher Preis</li>

Wertung

PC

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.