James Bond 007: NightFire24.11.2002, Paul Kautz
James Bond 007: NightFire

Im Test:

Er war der Spion, der alle liebte, während er im Geheimdienst Ihrer Majestät Dr. No jagte, dem die Welt nicht genug war - Bond, James Bond. Der Mann, der mehr Verbrecher und Martinis vernichtet hat, als jeder andere Geheimagent der Welt. In Kürze startet sein neuer Film »Stirb an einem anderen Tag« - und Ihr dürft parallel dazu am PC ein völlig anderes Abenteuer spielen.

Trash oder nicht Trash?

Der Vorspann, in Bond-Filmen in Sachen Ästhetik und dramatische Musik bislang stets ein heiliger Gral, müht sich redlich, das Gänsehaut-Flair der originalen Einleitungen einzufangen. Die Musik ist hervorragend (und weitaus besser als Madonnas aktueller Beitrag »Die another day«) und die Umsetzung schön anzusehen. Doch leider wird die Atmosphäre durch regelmäßig ausbrechende Lacher ruiniert, da sich, getreu der Vorlage, immer wieder gut gebaute Frauen durchs Bild räkeln oder kämpfen - doch hier leider derart laienhaft, dass sich unerwartet Parallelen zu den <4PCODE cmd=DGFLink;name=Bikini Karate Babes;id=3161> ins Bewusstsein schleichen.

Derart gut gelaunt stürzt Ihr Euch vom Hauptmenü aus gleich in die »Nightfire«-Kampagne: Hier erwarten Euch insgesamt zehn teils sehr lange Missionen, die Euch um die ganze Welt führen: Ihr besucht Villen, einen Flughafen, taucht im Ozean herum und macht sogar einen Weltraum-Abstecher, während Ihr den Oberschurken Raphael Drake jagt.

Keine Geheimnisse

In den teilweise stark unterteilten Missionen müsst Ihr in Gebäude eindringen, bestimmte Gegenstände finden, Kollegen beschützen, Geiseln befreien, Personen eskortieren oder wie schon in <4PCODE cmd=DGFLink;name=NOLF;id=316> einen attackierenden Hubschrauber von der klemmenden Seilbahn aus abwehren. Ihr dürft jederzeit mehr oder weniger hilfreiche Tipps einblenden, und nach Beendigung der gesamten Mission gibt es auch eine kleine Statistik, die Euch in Sachen Präzision, nicht-tödlichem Vorgehen oder gefundener Geheimnisse bewertet.

Leider lassen sich diese Secrets fast an einer Hand abzählen, denn in der Welt des James Bond gibt es nicht viel zu entdecken: die Levelstruktur ist strikt linear und dabei mangels Karte nicht mal übersichtlich. Wer aus <4PCODE cmd=DGFLink;name=NOLF2;id=2519> gewohnt ist, jeden Gegenstand auf etwaige Hinweise zu untersuchen, wird hier schnell ein langes Gesicht machen. Lediglich die Waffen gefallener Gegner und etwas Rüstung, um Bonds Anzug nicht übermäßig zu verschmutzen, lassen sich aufsammeln. Die normalen Knarren umfassen das übliche Sortiment an Pistolen, Granaten, Maschinen- oder Scharfschützengewehre und einen futuristischen Laser, der etwas aus dem Rahmen springt. Die meisten Waffen haben einen sekundären Feuermodus, außerdem kann James nur eine bestimmte Anzahl Kanonen mit sich herumtragen.

 

Perfekt gestylt im Einsatz

Neben den Standard-Waffen hat Bond natürlich auch meistens einige Gadgets von Chefbastler Q dabei. Die beinhalten Elektroschocker-Autoschlüssel, Laser-Uhr, Fotoapparat-Feuerzeug, Betäubungspfeil-Schreiber und natürlich die obligatorische Multifunktions-Sonnenbrille. Die hat in ihrer aufgrund stets knapper Batterien kurzen Lebenszeit drei Anzeigemodi: Röntgen, Nachsicht und Infrarot, womit sich Gegner auch im Dunkeln und durch Wände hindurch sehen lassen. Die Röntgen-Variante hat überdies noch den selektiven Bond-Bonus, der Männer als Skelette anzeigt, bei Frauen allerdings nur die Klamotten verschwinden lässt - dadurch lernen wir, dass Geheimagentinnen selbst im harten Einsatz stets Reizwäsche tragen.

Den korrekten Einsatz der Betäubungs-Waffen werdet Ihr schnell im Schlaf herunterbeten können, denn James schleicht gerne: die Stealth-Elemente des Spiels übertreffen locker die von <4PCODE cmd=DGFLink;name=NOLF2;id=2519>, wirken aber bei weitem nicht so durchdacht und führen schnell zu Frustmomenten sowie Kratzspuren auf der Quickload-Taste. In diesem Zusammenhang sind die exorbitanten Ladezeiten natürlich doppelt ärgerlich, zumal sich das Programm nicht mit einem Ladevorgang begnügt, sondern teilweise alle paar Meter den mit weniger als 512 MB RAM gesegneten Zocker gut 45 Sekunden lang vom Spielen abhält - der Japan-Level sei hier als abschreckendes Beispiel genannt.

__NEWCOL__Frisch aus der Klonfabrik

Die Grafik basiert auf der mittlerweile stark in die Jahre gekommenen Half Life-Engine, sieht aber auf den ersten Blick nicht danach aus: die Umgebungen sind teilweise sehr stylisch, die gut animierten Figuren detailliert. Allerdings sehen die Texturen aus der Nähe betrachtet fürchterlich verwaschen aus, außerdem ist die Optik für das Gebotene oft sehr ruckelig. Absolutes Grafik-Lowlight sind allerdings die regelmäßig gezeigten Zwischensequenzen, die in Spielegrafik gerendert wurden, und wunderbar animiert, aber gleichzeitig fürchterlich verpixelt sind.

Die meiste Zeit seid Ihr in der Ego-Perspektive unterwegs, nur bei speziellen Gelegenheiten wechselt die Kamera in eine Außenansicht - wenn sich James beispielsweise an einem Seil entlang hangelt. Doch zu solchen Akrobatik-Einlagen kommt es selten, die meiste Zeit seid Ihr mit handfesten Gefechten beschäftigt: Yakuza-Killer, Bodyguards oder Söldner lassen sich nicht mit Worten besänftigen. Allerdings stellen die tumben Mörder selbst auf dem höchsten der drei Schwierigkeitsgrade nur eine begrenzte Herausforderung dar: sie lassen sich problemlos umschleichen, laufen gerne mal an uns vorbei oder bleiben ganz cool, wenn der direkt daneben stehende Kollege eine Kugel abbekommt. Nur selten zeigen sie Anzeichen echter künstlicher Intelligenz, wenn sie sich etwa hinter Tische werfen, oder als Gruppe zusammenarbeiten. Außerdem leidet das Gegner-Sortiment wie schon bei NOLF unter extremer Abwechslungsarmut, so dass Ihr in einem Level schon mal Dutzende Zwillingsbrüder vor die Flinte bekommt.

Honigsüße Namen

Eines der wenigen echten Highlights von Nightfire ist der schon anfangs erwähnte Soundtrack: die atmosphärischen Stücke könnten direkt den letzten zehn Filmen entnommen sein, und passen wunderbar zum Spiel. Dazu gibt es viel gute englische Sprachausgabe, wobei leider nicht Pierce Brosnan den Part des Polygon-Bonds übernommen hat. Außerdem leiden die Sprachfetzen vor allem bei Funk-Gesprächen innerhalb der Missionen an akuter Unverständlichkeit, was mangels Untertitel schnell zu Verwirrung führen kann. Dafür sind die wie üblich etwas hohlen Gespräche zwischen James und den vermehrt auftretenden Bond-Girls mit wohlklingenden Namen wie Dominique Paradis oder Zoe Nightshade umso besser zu verstehen.

Die Steuerung gibt keinen übermäßigen Grund zur Klage. Es stellt sich jedoch die Frage, warum die üblichen Waffenwahl-Hotkeys wegrationalisiert wurden. Außerdem kann sich James zwar nach links und rechts lehnen, allerdings vollzieht er diese Bewegung derart langsam, dass ein schnelles Rein-und-Rausrennen den selben Zweck besser erfüllt.__NEWCOL__

Ärgerlich ist auch, dass die Kollisionsabfrage noch böse verbuggt ist: nicht nur, dass unser Lieblingsagent problemlos durch Kisten oder Fässer laufen kann, er bleibt auch gerne an diversen Ecken hängen, womit das Quickload-Problem wieder ans Tageslicht kommt.

Bond-Bots

Der Multiplayermodus lässt bis zu 32 Nachwuchsagenten auf das Feld der Ehre. Die Spielmodi entsprechen den üblichen Standards, heißen hier aber beispielsweise »Combat Train« statt »Deathmatch«. Außerdem dürfen leere Spielerslots mit Bots aufgefüllt werden, die der KI-Kompetenz Ihrer Singleplayer-Pendants entsprechen. Hier wie da werden Splatter-Freunde aber keinen allzu großen Gefallen an Nightfire finden, denn abgesehen von umfallenden Gegnern gibt es keinerlei gewalttätigen Inhalt in diesem in vielerlei Hinsicht blutleeren Game.

Fazit

Auf der einen Seite steht Cate Archer, auf der anderen James Bond. Während sich die beiden verkniffen ins Auge blicken, ruft Cate laut »Alles was Du kannst, das kann ich viel besser!« - und Bond gibt sich wimmernd geschlagen. Nightfire ist beileibe kein schlechtes Produkt, nur kommt es schlicht zu spät. No One Lives Forever 2 ist dem Spiel in jeder Hinsicht überlegen: grafisch, spielerisch, von den Ideen und vor allem von der Thematik her, außerdem fehlt dem Vorzeige-Geheimdienstler Ihrer Majestät jedwede Selbstironie. Somit ist es wohl hauptsächlich eine Frage des Geschmacks, zu welchem Spiel künftige Superagenten greifen - für Nightfire spricht eigentlich nur der Bond-Bonus.

Pro

<LI>gute Musik<LI>realistisches Bond-Feeling<LI>nette Gadgets<LI>abwechslungsreiche Missionen</LI>

Kontra

<LI>ungenaue Kollisionsabfrage<LI>abwechslungsarme Gegner<LI>mäßige KI<LI>durchschnittliche Grafik<LI>hässliche Zwischensequenzen<LI>hohe Hardwareanforderungen<LI>oftmals unverständliche Sprachausgabe<LI>sehr linear<LI>lange Ladezeiten</LI>

Wertung

PC

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.