Hegemony Gold: Vorherrschaft im antiken Griechenland08.04.2011, Bodo Naser
Hegemony Gold: Vorherrschaft im antiken Griechenland

Im Test:

Bislang fehlt uns ein Test im Archiv zu Hegemony, bei dem es um die Vormacht im antiken Griechenland geht. Die Goldversion des taktischen Echtzeit-Strategiespiels umfasst zwei weitere Kampagnen, die ebenfalls in der Inselwelt von Hellas toben. Lohnt sich die kriegerische Zeitreise?

Kampf um Hellas

Alexander der Große war sicher der bekannteste griechische Herrscher,

In der ersten Kampagne spielt man den steinigen, aber spannenden Aufstieg von Alexanders Vater nach. Leider können die zwei neuen Kampagnen nicht derart überzeugen.  

da er seine beschauliche Heimat Makedonien in ein Weltreich verwandelte. Aber ihm ging eine Reihe von adeligen Ahnen voraus, die erst den Grundstein für seine Macht legten. So unterwarf dessen Vater Philipp II, der von 359-336 v.Chr. König war, alle Staaten, die sich ihm entgegenstellten. Zunächst waren dies fremde Völker wie Illyrer oder Thraker, aber schließlich auch griechische Stämme. 338 v.Chr. besiegte er Athen und Theben, die damals mächtigsten hellenischen Staaten. Ab diesem Zeitpunkt nannte er sich Hegemon der Griechen, was im Titel "Hegemony" auftaucht. Auch im Spiel geht es um eben jene Vormachtstellung, die immer wieder von Thronrivalen bedroht wird.

Diesen steinigen Aufstieg Philipps II konnte man bereits in Hegemony: Philip of Macedon nachspielen, die auch in der Goldversion enthalten ist. Und diese erste Kampagne entfaltet eine angenehme Sogwirkung. Man fängt ganz klein an mit nur einer Stadt und muss erst einmal die unmittelbaren Nachbarn einheimsen, wozu auch die makedonische Hauptstadt Pella zählt. Dann kämpft man gegen illyrische Armeen aus eher leichten Speerwerfern, bis aus dem Süden griechische Hopliten anrücken. Immer wieder wird das Kampfgeschehen von düsteren Comicfilmchen unterbrochen, die einen neuen Abschnitt markieren. Der Feldzug dient als Tutorial, da das Ganze noch nicht so schwer ist. Man will gennoch gleich nur noch diese eine Stadt erobern, wie man das etwa von Total War kennt.

Königliche Ziele

Erreicht wird dieser Sog dadurch,

Mit dieser Stadt beginnt der kometenhafte Aufstieg des Makedonen, doch rasch kommen neue hinzu.   
dass es klare Etappenziele gibt, die militärischer, wirtschaftlicher oder imperialer Natur sind. Zunächst stellt man eine kleine Truppe auf, die aus schweren Reitern und König Philipp besteht, deren Verschmelzen aufgrund der Steuerung nicht immer reibungslos klappt. Damit erobert man erste Nachbarorte, die noch ohne schützenden Wall sind. Weiter kommt man aber nur, wenn man ein Zwischenziel erreicht. So muss man erst Bardylis besiegen, damit man weiter ziehen kann. Einmal muss man auch eine Mauer um Pella errichten, damit es endlich zur makedonischen Hauptstadt wird. Als Belohung bekommt man öfters neue Einheiten, die man gleich einsetzen kann.   

Obwohl die erste Kampagne noch nicht so knifflig ist, wenn man sich für den mittleren der drei Schwierigkeitsgrade entscheidet, geht es auch manchmal hektisch zu. Etwa dann, wenn man gerade etwas aufbaut, die Kavallerie auf Erkundung ist und plötzlich Feinde heran rücken. Da heißt es dann, ausgiebig auf die Pausenfunktion zurückzugreifen, denn nur so kommt Ruhe ins Spiel. Man kann dort ganz normal Befehle erteilen, die dann anschließend ausgeführt werden. Die Reiterei schickt man im Galopp zurück, damit sie sich in die Bresche wirft. Bis sie eintrifft, müssen Mauern und Stadtgarde die Feinde aufhalten. Der Einsatz der Pause ist beinahe exzessiv, was sogar in der Anleitung beschrieben wird. Leider schaltet Hegemony nicht automatisch in die Pause, wenn es einen Alarm oder Feindkontakt gibt.

Antike Schlachtreihen

Die vielen Kämpfe finden direkt auf der zoombaren 3D-Karte statt,

Obwohl die Reiter schön in Reih und Glied durchs Grün reiten, sind die Formationen für den Sieg eher nebensächlich.
deren grüne Vegetation jedoch eher an Mittel- denn an Südeuropa erinnert. Zudem schaltet das Spiel nicht in einen extra Schlachtbildschirm wie bei Total War, was sogar unmittelbarer wirkt, da man direkt in der Landschaft kämpft, die man auch erkundet. Jedoch muss man auch sofort reagieren, da sonst rasch Türme, Festungen oder gar Orte flöten gehen. Die Schlachten bleiben auch im weiteren Spielverlauf oft überschaubar, weil man selten mit einem Riesenheer kämpft. Meist sind es nur eine Handvoll Einheiten. Es gibt zwar die Möglichkeit, Formationen wie einen Keil einzunehmen, aber das ist eigentlich kaum nötig, da die Armee auch so gewinnt. Obwohl die KI immer wieder heftig attackiert, sind die Kämpfe weniger taktisch als bei Total War.

Wichtig für den Sieg sind Erfahrung, Ausrüstung und Moral. So hat man mit den Reitern um Phillip kaum Probleme, Feinde zu besiegen, die man danach übrigens zu Sklaven machen kann. Die berittene Garde mit ihren langen Lanzen macht alles platt, auch weil die Feinde nicht immer geschickt oder koordiniert agieren. Tauchen viele Gegner auf, fechten einfach noch ein paar Sarissenträger oder Schwertkämpfer mit. Die Einheiten sind also durchaus authentisch, auch weil jedes Volk seine zeitgenössischen Spezialisten hat: Athen hat eine große Flotte, Sparta die unbesiegbaren Hopliten und Persien viele gute Bogenschützen. Allerdings gibt es pro Volk nur etwa sieben Typen, was auf Dauer zu wenig Abwechslung bietet; man kann auch nichts Neues erforschen.

Krieg auf dem Peloponnes

So sind wir schließlich bei den zwei neuen Kampagnen,

Im Herz von Griechenland geht's ganz schön ab, denn hier streiten Athen und Sparta um die Macht. Die ungleichen Länder kann man in den zwei anderen Feldzügen spielen.

die Bestandteil der Goldversion sind. Entsprechend fortgeschritten ist man da schon mit seinem Reich, was einen Gegensatz zum interessanteren Aufbau in der ersten Kampagne darstellt. Bei der ersten spielt man Athen, das sich gegen den Peloponnesischen Bund erwehren muss, was zeitlich Jahrzehnte vor Philipps Feldzug liegt. Im Archidamischen Krieg von 431 v.Chr. geht es um eine Offensive der Spartaner, die aus dem Hinterland um Athen verbrannte Erde machen wollen. Man ist umzingelt von Feinden, muss erst mal die ganzen Höfe löschen und wieder per Weg anschließen. Dann soll man einige wehrlose Frauen und Kinder aus einer Stadt heranbringen, die aber dicht am Feindesland liegt. Wie vorgehen, wenn die wehrlose Gruppe immer wieder bedroht wird?

Obwohl man auch mal das damals fortschrittliche Athen spielt, darf man leider auch hier nichts erforschen. Alles bleibt immer auf der Stufe, wie es zu Beginn des Feldzugs war. Das gilt auch für die zweite Kampagne, die im Ionischen Krieg spielt, der ab 415 v.Chr. einer kurzen Zeit des Friedens zwischen den antiken Streithanseln folgte. Dieses Mal ist es Sparta, das man kommandiert. Es geht darum, die Vormacht des Attischen Seebunds an der kleinasiatischen Küste zu brechen. Man muss eine Reihe von Großstädten wie Milet belagern, um zu siegen. Dazu muss man erst die Flotte der Spartaner ausbauen, damit sie es mit Athen aufnehmen kann. Auch diese Kampagne reicht nicht an die Philipps heran, da man schon ein Land hat, das man nur noch ausbauen muss.

Selbstbestimmungsrecht der Völker

Wem das noch nicht reicht,

Einen Multiplayer gibt's zwar nicht, aber dafür kann man im freien Modus fast alle zeitgenössischen griechischen Staaten regieren.  
 der darf leider nicht online in den Krieg ziehen. Aber antike Hobby-Generale dürfen sich in einer virtuellen Inselwelt austoben, wo man jedes nur annähernd griechische Volk von Epirus über Kreta bis Persien regieren kann. In diesem freien Modus gibt es keine Ziele, so dass man selbst für sein Vorwärtskommen sorgen muss. Man sieht es gleich auf der an ein Brettspiel erinnernde Strategieansicht, dass man schon ein ansehnliches Land hat, das aus mehreren gestandenen Städten besteht. So geht es hier eher um den motivierenden Aufstieg als um die Ausbreitung des bestehenden Reiches, wozu auch Großmächte wie Persien zählen, von dem man allerdings nur den kleinasiatischen Teil schmeißt.

Hier merkt man schmerzlich, dass es bis auf das bisschen Aufbauarbeit zu Beginn wenig zu tun gibt. Wenn man eine Mauer hat, alle Höfe angeschlossen und die Orte durch Straßen verbunden sind, wird es aufbautechnisch schnell öde. Obwohl man Schreine, Türme und Festungen erobern kann, darf man in der Stadt keine neuen Gebäude wie Kaserne, Tempel oder Theater errichten. Auch die Diplomatie ist stark verbesserungswürdig, da es kaum Möglichkeiten gibt, mit dem Gegner zu verhandeln. Auch die etappenweise Kampagnenziele werden vermisst, da sie einem die Welteroberung in genießbaren Häppchen serviert haben, was im freien Modus nicht mehr möglich ist. Hier muss man erst mal rausfinden, wo es lang geht.

Fazit

Hegemony Gold ist ein zweischneidiges Schwert: Wäre da nur der spannende Eindruck aus der ersten Kampagne, wo man Philipps II Aufstieg zum griechischen Herrscher nachspielen kann, wäre es durchaus ein gelungenes Spiel. Denn hier macht es Spaß, all die Nachbarstädte einzuheimsen, seine Rivalen in den Staub zu schicken und das makedonische Reich Schritt für Schritt auszubauen. Da kommt durchaus streckenweise eine mit Total War vergleichbare Stimmung auf, auch weil die Ziele stets klar vorgegeben sind. Allerdings fällt schnell auf, dass die vielen Schlachten gar nicht so komplex sind, wie es der taktische Überbau vermuten ließe. Man kann auch gewinnen, wenn man immer nur seine Elitetruppen vorschickt, ohne groß auf Formationen zu achten. Im Eifer des königlichen Aufstiegs fällt zunächst auch gar nicht auf, dass es eigentlich wenig übers bloße Erobern hinaus zu tun gibt. Man darf gerade mal Mauern bauen, Festungen errichten und alles mit Straßen verbinden. Erst später wird klar, dass es mangels Forschung, Multiplayer oder gescheiter Diplomatie kaum weitere Herausforderungen gibt. Das macht sich in den beiden neuen Kampagnen oder im freien Modus bemerkbar, wo man schon ein Reich hat, das man nur noch verwaltet. Hier geht's dann nur noch ums Erweitern des Machtbereichs mittels Eroberung. Im freien Modus überfordert einen das sogar gelegentlich, weil es keinen roten Faden gibt.




Pro

motivierende erste Kampagne
fordernde Welteroberung
Pausenfunktion sorgt für Ruhe
authentische Kämpfe
Schwierigkeit jederzeit einstellbar
aggressive KI...
im freien Modus viele Kleinstaaten spielbar

Kontra

bisweilen unübersichtlich
schwache Diplomatie
keine Forschung
kaum längerfristiger Ausbau möglich
nur eine Hand voll Einheitentypen
...aber oft unkoordiniert
kein Multiplayer

Wertung

PC

Da nur die erste Kampagne überzeugt, können sich das alle sparen, die schon Philip of Macedon gezockt haben.

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