Test: Black & White 2 (Simulation)

von Jörg Luibl



Black & White 2
Entwickler:
Publisher: Electronic Arts
Release:
15.03.2010
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ab 34,50€
Spielinfo Bilder Videos
Gott lebt. Nietzsche würde zwar heftig mit dem Kopf schütteln, aber Molyneux entwickelt hartnäckig am Beweis. Jetzt serviert er schon zum zweiten Mal den Deus ex Mausklick. Aber die Zeiten ändern sich. Im Jahr 2001 knieten die Jünger des herbeigesehnten Black & White noch in freudiger Erwartung, heute runzeln sie in ketzerischer Skepsis die Stirn: Kann Molyneux die Vision des allmächtigen Spielers mit heiligem Spaß füllen? Oder ist dieser Gott doch tot?

Geblendet in Ehrfurcht

Am Anfang ist alles wunderbar: das warme Licht, die feinen Schatten, die wogenden Wiesen. Im Hintergrund ragen schroffe Berge aus dem Meer, dazwischen fließen grüne Täler und idyllische Dörfer locken mit schmauchenden Schloten. Was für ein Panorama - herrlich. Vergesst den Vorgänger, vergesst die sterilen Landschaften von Rome: Total War oder selbst die bunte Welt von  Die Siedler: Das Erbe der Könige : so müssen Flora und Fauna aussehen, hier macht das Bauen Spaß! Ihr könnt mit dem Mausrad stufenlos von der Gewitterwolke bis hin zum grasenden Schaf und so dicht zu den darunter wuselnden Käfern scrollen, dass ihr ihre sechs Beine erkennt.

Idyllisches Panorama - die Kulisse ist über jeden Zweifel erhaben.
Und irgendwo wartet schon eine von vier jungen Kreaturen auf euch, die ihr ausbilden könnt: Kuh, Löwe, Wolf oder Affe. Habt ihr Black & White 2 im EA-Shop vorbestellt, gibt's noch den Tiger dazu. Das Blöde ist nur: Alle spielen sich gleich. Alle wollen zunächst überall hin machen, Menschen werfen oder gekrault werden, wenn sie einsam sind. Passt euch eine Aktion nicht, ohrfeigt ihr die Kreatur so lange, bis eine Anzeige deutlich macht, dass sie es nur manchmal oder gar nie wiederholen soll. So lernt sie mit der Zeit, was richtig und was falsch ist. Pädagogisch fragwürdig, aber unheimlich effektiv.

Zuckerbrot und Peitsche

Je nachdem, welche Aktivitäten ihr durch das Streicheln fördert, entwickelt sie sich zu einem friedlich schnurrenden Tierchen mit flauschig strahlendem Pelz oder zu einem finster dreinblickenden Ungetüm mit scharfen Krallen. Selbst die Landschaft passt sich eurer Moral an und verdüstert sich, wenn ihr Mord und Totschlag verbreitet - sehr schön. Aber zurück zur Kreatur: Sie soll Muskeln aufbauen? Dann lasst sie mit Steinen Gewicht heben. Sie soll noch stärker werden? Dann lasst sie Fleisch verzehren. Die Erziehung geht zwar über das einfache Zuckerbrot und Peitsche hinaus, da man sie Dinge auch "manchmal" oder "selten" tun lassen kann, so dass sie z.B. nur sporadisch neben die Häuser der Bewohner macht. Aber man hat verpasst, das unterschiedliche Wesen der Tiere auch charakterlich einzufangen. Und man hat verpasst, die Kreaturen erzählerisch so interessant einzubinden, dass man sie entdecken will. 

Warum reagiert die Kuh z.B. nicht widerwilliger auf das Menschen fressen als der Löwe? Warum können sie nicht andere Fähigkeiten entwickeln? Wer die Faszination der unterschiedlichen Evolution sucht, wird hier nicht fündig. Und wer von vorne spielt, wird mit dem Affen dasselbe Spiel erleben wie mit dem Tiger. Hinzu kommt, dass alle über dieselben sechs Zauber verfügen, darunter Ernte fördernder Wassersegen, Elektroschocks oder Vulkane; Letztere zerpflügen die Landschaft übrigens wunderbar mit ihren Magmaschloten. Aber so herrlich das alles aussieht, so gewöhnlich wird es im weiteren Verlauf.

Okay, wer die zoologische Variation nicht braucht, könnte einwenden, dass das hier keine Simulation für Grzimeks Söhne ist - schon klar. Aber auch die Beschäftigung mit der einen Kreatur verliert auf Dauer an Reiz, weil sie zu sehr zum Sklaven der
Der Wolf heult den Mond an - das darf er. Wenn er etwas nicht tun soll, wird er einfach abgewatscht...
eigenen Machterweiterung degradiert als zu einem selbstständigen Wesen entwickelt wird: Man kann seinen Schützling z.B. kinderleicht zu einem Baumeister, Erntetitan oder Nahkampfathleten machen, indem man das entsprechende Update einfach kauft. Warum wird das kreative Erziehen nicht belohnt?

Damals hat der Tamagotchi-Effekt noch begeistert, weil er erstmals auf den PC übertragen wurde. Aber heutzutage bietet Nintendogs auf dem DS eine ähnliche, vielleicht sogar intelligentere Variante der Kreaturenaufzucht, denn jeder Hund ist dort dem Wesen nach ein klein wenig anders. Trotzdem schaut man sich gerne an, wie sich der Wolf hier am Kinn kratzt, wie er Bäume ausreißt oder Zähne fletschend in den Kampf zieht. Und wenn er erstmal den Feuerball beherrscht, kommt durchaus Erzieherstolz auf.

Das ausführliche Tutorial, das sich nach der Installation des Patches (Download: 106 MB) endlich abbrechen lässt, führt euch inklusive deutscher Sprachausgabe in die Bedienung ein, die im Großen und Ganzen dem Vorgänger entspricht und einige intuitive Finessen wie z.B. das Schütteln der Maus als Befehl zum Rückgängig machen bietet - ihr werdet das beim Straßenbau brauchen, wenn ihr die Kurve nicht kriegt. Zwar kann man theoretisch Wege in alle Richtungen malen, aber die kurvigen Verbindungen zu Gebäuden funktionieren nicht auf Anhieb problemlos.

Immer noch markieren gleißende Lichtschächte besondere Orte und Aufgaben. Ihr wollt euch eine dieser Schriftrollen näher anschauen? Kein Problem: Fliegt mit den Pfeiltasten wie ein Adler hin oder tastet euch mit der Hand an der Grasnarbe entlang zum Ziel, begleitet von tosenden Winden und epischen Melodien, während eure Kreatur an der Leine hinterher stromert. Eines wird schon nach wenigen Minuten Black & White 2 klar: die Kulisse ist göttlich, die Steuerung trotz kleiner Tücken einfach, die Neugier geweckt.
            
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Kommentare

Hans die Wurst1703 schrieb am
Hamma Spiel :!:
Ganz gute Grafik
Witzige Figuren
Realistische Schlachten
Eben alles was ein gutes Spiel enthalten soll :!: :wink: ??? :wink:
johndoe-freename-101326 schrieb am
ich kann keinen der kontra-punkte nachvollziehen. ich hatte weder schlechte ki, noch hat mich die story gelangweilt, und die kämpfe fand ich erst recht nicht anspruchslos. um nur etwas zu nennen.
die 70% sind maßlos untertrieben, das spiel hätte mindestens 80% verdient, wenn nicht sogar knapp 90%. für mehr reicht es dann doch nicht, grund ist die eher kleine auswahl an kreaturen, einheiten, und das man nur ein volk (ohne mod) spielen kann.
Nestromo schrieb am
lol
nach dem update lief das spiel richtig unflüssig lol
davor total geil
wie soll ich das verstehen ???
nogg3r schrieb am
bledel hat geschrieben:tut mir leid 4players. aber ich stimme euren 70 prozenten einfach nicht zu.
ich glaub manchmal wird schon vergessen das man spaß am spielen haben sollte, anstatt jede kleinigkeit zu bemängeln...
..man kann aber nicht beschwerdenfrei spass am spielen haben wenn es etliche kleinigkeiten gibt die definitiv zu bemängeln sind! geht mir gerade bei fable so..
zu viel ist halbgar und nicht durchdacht, das nervt!
da bevorzuge ich simplere und und ehrliche spiele die auf ihre art einfach funktionieren..
schrieb am