Der Anschlag03.01.2003, Jens Bischoff
Der Anschlag

Im Test:

Tom Clancys Romane werden von Ubi Soft ja inzwischen wie am Fließband versoftet. So auch The Sum of all Fears alias Der Anschlag (ab 0,98€ bei kaufen), der zunächst mit Ben Affleck und Morgan Freeman verfilmt, dann von Red Storm für den PC umgesetzt und mittlerweile in China an die PS2 angepasst wurde. Dass bei so vielen Stationen in der Regel eher Qualität verloren geht als hinzukommt, liegt nahe.

Atomares Schreckgespenst

Mit der Handlung des gleichnamigen Kinofilms hat der PS2-Anschlag nur vage zu tun. Es geht zwar immer noch um einen terroristischen Nuklearanschlag während des amerikanischen Superbowls, aber dieser geschieht eher beiläufig, während Ihr fleißig irgendwelche Geiseln rettet, Unterlagen sicherstellt, Wanzen installiert und Terroristen eliminiert. Ihr, das ist in diesem Fall eine dreiköpfige Spezialeinheit des FBI, die sich weltweit durch insgesamt elf Missionen schlagen muss, um dem Terror ein Ende zu setzen.

Austauschbare Protagonisten

Statt namhafter Helden besteht Euer Team allerdings nur aus gesichtslosen Nobodys, die sich bis auf den Namen nicht voneinander unterscheiden und bei Bedarf einfach durch neue Namen ersetzt werden. Bringt Ihr Euch und Eure Kameraden jedoch stets heil nach Hause, winken als Belohnung schicke Abzeichen und Wimpel, die für besondere Leistungen und Erfolge vergeben werden. Zunächst sollte man aber erst einmal den Trainingsparcours durchlaufen, um sich mit der behäbigen, aber recht eingängigen Steuerung vertraut zu machen.__NEWCOL__Maßgeschneiderte Herausforderung

Ansonsten lassen sich sowohl Ziel-, Feuer- als auch Nachladeautomatik einstellen, Empfindlichkeit und Ausrichtung des Analog-Sticks festlegen oder der facettenreiche Schwierigkeitsgrad bestimmen. Neben den Stufen leicht, normal und hart lassen sich nämlich auch zusätzliche Handicaps wie das Fehlen von Unterstützungsteams, eine eingeschränkte Spielstandsicherung und die Unannehmbarkeit "eigener Verlust" anordnen. Selbst vom Hauptquartier vorgeschlagene Marschrouten, Herzschlagsensoren und Gefahrenanzeigen lassen sich auf Wunsch deaktivieren.

Ende der Entscheidungsfreiheit

Vor Missionsbeginn lauscht Ihr aber zunächst komplett vertonten Einsatzbeschreibungen und entscheidet Euch für ein vorgegebenes Ausrüstungsprofil. Strategische Einsatzplanungen fallen weg. Auch während der Einsätze bleibt das Gameplay ungewohnt simpel: Ihr schleicht wahlweise anhand einer eingeblendeten Ideallinie oder nach eigenem Ermessen von Wegpunkt zu Wegpunkt und erledigt die Euch zugeteilten Aufgaben, während Eure zwei CPU-kontrollierte Teamkollegen selbstständig folgen.

Zu dumm für diese Welt

Um die Intelligenz Eurer Kameraden ist es aber leider nicht gerade gut bestellt. So bleiben sie oft grundlos zurück, rennen Euch unvermittelt in die Schusslinie oder brechen gar auf eigene Faust zum nächsten Zielpunkt auf. Zwar kann man per Knopfdruck zwischen allen drei Teammitgliedern hin und her wechseln, aber die direkte Kontrolle hat man stets nur über einen und taktische Anweisungen kann man seinen dämlichen Kollegen leider keine geben. Einziger Trost: die Terroristen sind mindestens genauso doof, bleiben wie angewurzelt stehen, entbehren jeglicher Sinneswahrnehmung oder nehmen wehrlose Wände unter Beschuss.

Abseits der Realität

Vielleicht liegt`s aber auch an der ungenauen Kollisionsabfrage, dass viele Schüsse trotz dynamischer Zielautomatik in Mauern enden. Zudem ist es nicht gerade realistisch, dass ein Gegner durch einen einzelnen Arm- oder Beintreffer plötzlich tödlich zu Boden geht, bevor er noch einmal kurz aufblinkt und sich dann in Luft auflöst - ein Phänomen, das übrigens nicht nur in der deutschen Version für ungläubiges Staunen sorgt. Werden hingegen eigene Leute getroffen, wechselt deren Farbe ruckartig von orange (gesund) über gelb (verletzt) bis rot (tot), während Treffer am eigenen Leib zusätzlich mit netten Ruckel- und Unschärfeeffekten untermalt werden.__NEWCOL__Lieblose Präsentation

Ansonsten hat die Grafik-Engine leider nicht viel zu bieten. Die Texturen sind einfach nur traurig, die Animationen staksig, die Framerate instabil und die Effekte belanglos - selbst Regen sieht wie ein Grafikfehler aus. Zudem sorgt herbes Clipping dafür, dass plötzlich ganze Gliedmaßen Wände oder Türen durchbohren, während die Präsentation durchwegs schlicht und lieblos wirkt. Die Soundeffekte gehen hingegen in Ordnung und der dynamische, orchestrale Soundtrack ist sogar richtig gut. Auch die deutsche Sprachausgabe ist trotz teilweise merkwürdiger Übersetzungen tadellos. Nur die langen Ladezeiten kosten hin und wieder ein paar Nerven.

Mach mal Pause

Dafür geht das jederzeit mögliche Zwischenspeichern während eines Einsatzes im PS2-RAM extrem flott vonstatten, auch wenn dort nur ein Spielstand erlaubt ist und man beim Laden teilweise feststellen muss, dass man sich bereits in einer auswegslosen Situation befindet, die zuvor noch nicht ersichtlich war. Die linearen Einsätze sind aber ohnehin nicht sehr umfangreich und die gesamte Kampagne schneller beendet als man glaubt. Zwar lassen sich absolvierte Missionen beliebig oft wiederholen sowie in leicht abgeänderter Form und auf einem anderen Schwierigkeitsgrad bestreiten, aber ein Mehrspielermodus wäre hier mit Sicherheit die motivierendere Alternative gewesen.

Fazit


Der Anschlag hebt sich spürbar von anderen Tom-Clancy-Versoftungen ab. Der taktische Aspekt wurde auf ein Minimum reduziert und das Gameplay so simpel wie möglich gehalten, um mit unkomplizierten Antiterroreinsätzen vermutlich neue Käuferschichten zu erreichen. Doch die gut gemeinte Rechnung geht nicht auf, denn die KI-Routinen wären selbst für einen Arcade-Shooter zu dürftig, die Grafik hätte schon vor Jahren abstoßend gewirkt und der mangelnde Realismus mit tödlichen Wadentreffern und plötzlich verschwindenden Blinklichtleichen passt einfach nicht zum Ambiente. Zudem sind die linearen Einsätze lieblos präsentiert, wenig abwechslungsreich und trotz ermäßigtem Verkaufspreis viel zu schnell vorbei. Schade um die stimmungsvolle Soundkulisse samt vorbildlicher deutscher Sprachausgabe, das für Konsolenverhältnisse komfortable Speichersystem und den facettenreich konfigurierbaren Schwierigkeitsgrad, doch diese Umsetzung hätte man sich sparen können.

Pro

<li>simples Gameplay</li><li>handliche Steuerung</li><li>reduzierter Verkaufspreis</li><li>variabler Schwierigkeitsgrad</li><li>komfortable Speicherfunktion</li><li>stimmungsvolle Soundkulisse</li>

Kontra

<li>dämliche KI</li><li>schwache Optik</li><li>geringer Umfang</li><li>lange Ladezeiten</li><li>sehr unrealistisch</li><li>linearer Spielverlauf</li><li>lieblose Präsentation</li><li>keine Multiplayer-Modi</li>

Wertung

PlayStation2

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.