Im Test:
SM minus 31
Ein Raumschiff, ein Absturz, ein Hologramm, das mich durch die Gegend scheucht: Mehr muss man zu Defiance nicht wissen. Mehr spuckt es in den spröden ersten Stunden nicht aus. Ein Löffel Sand schmeckt saftiger als dieser Friss-oder-stirb!-Einstieg. Die Brücke zur Fernsehserie schlagen wenige Charaktere, die mit noch weniger Sätzen einen Teil der Geschichte erzählen – nein, es wäre gar nicht aufgefallen, hätte man stattdessen ein Spiel namens "Planet mit Mutanten und Aliens und drögen Einspielern" draus gemacht.
Auf dem landet meine selbst erstellte Archejägerin jedenfalls, um sich mit Gewehr, Schrotflinte oder Raketenwerfer durchzuboxen. Ich wusste lange nicht einmal, was sie auf dem Schiff zu suchen hatte und weshalb ihr der verlorengegangene "Herr von Bach" (die Synchronisation ist zum Ohrenzuhalten, das englische Original unwesentlich besser) so wichtig war, aber das klärte sich im Verlauf Aberdutzender stetig gleicher Schießereien.
Doch, natürlich war es sinnvoll, weder das Universum noch einen handlungstragenden Charakter vorzustellen. Auf keinen Fall darf man zu Beginn andeuten, dass eine interessante Geschichte auf mich warten könnte. Immerhin bekam ich mit, dass der völlig nebensächliche Colonel
SM minus 24
In Kürze und ohne Sarkasmus: Das Spiel existiert zum reinen Selbstzweck. Erzählung und Figuren sind zum vergessen banal, die Serieneinbindung entpuppt sich als schnapstrunkener Marketingeinfall. Die Installation dauert Stunden, weil das Spiel selbst auf Konsole zunächst fünf Gigabyte installiert, um anschließend weitere Gigabyte an Patch zu laden. PC-Spieler schreckt eine solche Installationsroutine nach World of WarCraft & Co. natürlich kaum ab.
Und ja: Defiance ist ein Onlinerollenspiel. Eines, das sich wie ein Shooter anfühlt, gleichzeitig aber an ein Rift erinnert, das ebenfalls bei Entwickler Trion entstand. Es weckt außerdem Erinnerungen an Borderlands – auch wenn der Vergleich dem Original Unrecht tut. So ist die weitläufige Welt mit Zeichen und Symbolen gespickt, die meisten davon Missionen und Abermissionen, jede einzelne davon eine Ballerbude. Seltene Ausnahmen sind Zeitrennen, die auf erzählerische Krücken in den Shooter gestellt werden. Vermutlich
Würde die bleigetränkte Luft wenigstens Feuer fangen... doch wo Borderlands ein reinrassiger Shooter ist, fehlen Defiance intensive Schusswechsel. Ich hatte nie das griffige Gefühl, mit einem schweren MG den harten Rückstoß zu kontrollieren. Das müde Anklicken zahlloser Ziele erfüllt diesen Anspruch leider in keiner Weise.
SM minus 19
Richtig gut gefällt mir allerdings die Charakterentwicklung, weil sie auf künstliches Werteschrauben verzichtet. Stattdessen schalte ich mit jedem Stufenaufstieg eine passive Eigenschaft frei oder erweitere eine vorhandene. So richte ich größeren Schaden an, lade meinen Schild schneller auf oder erhalte mehr Munition – nichts Weltbewegendes.
Interessanter sind vier grundlegende Fähigkeiten, von denen jeder frisch kreierte Charakter zunächst eine aussucht. Damit macht er sich entweder unsichtbar, stürmt als mächtiger
Natürlich bietet auch Defiance einen Onlineshop an, in dem man viele Gegenstände mit echter statt Spielwährung kaufen kann. Erfahrungs- und Währungsboosts sind ebenfalls verfügbar.
Ärgerlich ist lediglich die Erweiterung des Rucksacks, denn der füllt sich auch mit dem später größeren Inventar sehr schnell. Rammbock in den Nahkampf, erhöht seine Schusskraft oder lenkt Feinde mit einem Täuschkörper ab. Per Knopfdruck wechselt er dann mit seinem Täuschkörper die Position, was in Mehrspielerkämpfen wichtig sein kann.
Spielerisch sind diese Fähigkeiten interessant – cool sind sie nicht. Wo Borderlands mal witzige, mal brachiale Kräfte inszeniert, unterstreichen diese hier den müden Shooter. Ob meine Standardanimation nun mit einer Waffe in die Luft schlägt oder dieselbe Standardanimation dabei größeren Schaden anrichtet, ist mir jedenfalls egal. Besonders seltsam ist mein Ebenbild, der Täuschkörper. Der läuft nach dem Einschalten nämlich so lange geradeaus, bis er auf ein Hindernis trifft. Meine Gegner verpulvern dann ihre Munition in dem offensichtlichen Hologramm, obwohl ich direkt vor ihren Augen auf und ab springe. Hätte Trion die Kräfte doch wenigstens mit coolen Effekten inszeniert, damit sich der Onlinerollenspieler denken dürfte: "Ja, Mensch... fast so schick wie Guild Wars 2!".
SM minus 11
Die ständige Suche und Erweiterung der Ausrüstung hat sich Defiance da geschickter von Borderlands abgeschaut; immerhin ziehe ich einen Großteil meiner Stärke aus guten Waffen und starker Rüstung. Zum einen erhalte ich nach erfolgreichen Einsätzen neue Gegenstände, zum anderen verbessere ich mit dem Gebrauch eines Waffentyps meine Fertigkeiten und erweitere die Waffen um verschiedene Module. Ich darf sogar eigene Modulschächte anbauen. Das gelingt dem Spiel sogar besser als dem Vorbild: Ich krame nicht nur in Millionen Kisten, ich schraube selbst.
Technisch hängt das TV-Anhängsel dagegen hinterher. Von Programmfehlern abgesehen, dank denen manche Auslöser während einer Mission nicht funktionieren, läuft das Spiel auf den Konsolen immer eine Note unter "flüssig". Auf dem PC fehlen hingegen Optionen, die über Auflösung, Schatten, Bloom, Motion Blur sowie ein allgemeines "hoch", "mittel" oder "niedrig" hinausgehen. Auf allen System verschwinden zudem manche Objekte, um plötzlich wieder aufzutauchen. Eine Brücke direkt unter meinen Füßen beherrschte dieses Spiel perfekt: sichtbar, unsichtbar, sichtbar, unsichtbar...
SM minus 4
Immerhin ist der Planet, auf dem ich hier gelandet bin, eine große offene Erde und auch in einer ganz anderen Beziehung gibt sich Defiance als modernes Rollenspiel: Am Steuer eines Sportflitzers oder auf dem Sitz eines Quads rase ich an zahlreichen Missionen vorbei, die dynamisch auftauchen oder verschwinden. Das haucht der Welt durchaus Leben ein. Richtig dämlich ist es natürlich, wenn um mich herum aus dem Nichts eine Gruppe
Ähnlich sporadisch tauchen Kolonnen an Gegnern auf, zu deren banaler Schlachtung sich meist zahlreiche Mitspieler einfinden. Das gibt immerhin fette Beute, die übrigens gerecht verteilt wird, da jeder nur seinen Anteil aufnehmen kann. Nicht zuletzt stärkt das gemeinschaftliche Wegratzen den Teamgeist. Immerhin darf ich mich nach einem Knockout nicht nur selbst wiederbeleben, sondern komme auch anderen zu Hilfe. Die behalten dann ihre einmalige Notfallheilung. Falls mir andere Spieler während eines Auftrags begegnen, sind die Missionsziele zudem je nach Bedarf streng geteilt oder gemeinsam erreichbar. Wichtige Missionen sind deshalb immer verfügbar – was der Ordnung wegen freilich keine Kunst ist, wenn lediglich Feinde getötet und Knöpfe gedrückt werden, ohne dass ein Ereignis inszeniert wird.
SM minus 1
Wer die vielen Schießbuden an der Seite menschlicher Mitstreiter abklappern möchte, hat mehrere Möglichkeiten: Entweder gründet er bzw. sie einen Clan oder macht über ein schnelles Menü Gleichgesinnte zu Gruppenmitgliedern. So oder mit zufällig gefundenen Kameraden bestreitet man auch kooperative Einsätze, für die kleine Einsatzgebiete der Kampagne recycelt werden oder die in kleine von der Weltkarte abgeschiedene Bereiche führen. Die Abwechslung is eine viel zu seltene Ausnahme - vergessenswert ist das Teamduell sechs gegen sechs: Was habe ich denn davon, mich in einem ohnehin mäßigen Shooter mit einem handelsüblichen Team Deathmatch abzuquälen?
Da warte ich lieber auf Schattenmissionen, für die bis zu 128 Spieler in zwei Teams aufgeteilt werden, um möglichst viele Zielgebiete möglichst lange zu halten. Keine Frage:
Minus SM
Und da hab' ich noch richtig Schwein gehabt. Für gewöhnlich dauert es nämlich bedeutend länger, bis dann doch keine Partie gestartet wurde. "Warte auf 31 Spieler", steht da mitunter eine halbe Ewigkeit, plus minus fünf. Wenn man Glück hat, sind es irgendwann nur noch 19, zum Frühstück nach einer durchzechten Nacht vielleicht elf. Dann kann es sich nur noch um Stunden handeln, bis der Zähler in den einstelligen Bereich fällt – um von zwei dann wieder nach oben zu klettern.
Nein, stimmt schon: Die Schattenmissionen hätten diesen Lizenzschnellschuss nicht gerettet. Sie könnten dem öden Dauerfeuer auf tumbe Missionsgegner allerdings einen Zahn ziehen. In Wirklichkeit sind die spielerischen Höhepunkte aber praktisch nicht vorhanden. Und das hat sich dieser langweilige Shooter leider selbst zu verdanken.
Fazit
Dabei rechne ich es Trion sogar hoch an, dass sie Onlinerollenspiel und Shooter so umfassend verbinden wollen. Dass die große Welt durch dynamische Ereignisse mit ein wenig Fantasie lebendig wirkt. Dass ich schnell mit Gleichgesinnten zusammen-, Einzelgängern aber nie in die Quere komme. Dass ich meine Ausrüstung verbessere und meine Fähigkeiten durch Learning-by-Doing stärke und mit aus dem Nichts gegriffenen Erfahrungspunkten lediglich meine passiven Fertigkeiten erweitere. Doch das sind nur Bausteine eines gut gemeinten Fundaments, das als halbfertige Ruine stehenbleibt. Die Geschichte ist trotz ihrer Anbindung an eine brandneue TV-Serie furchtbar uninteressant, das Erscheinen vertrauter Gesichter nichtssagend und jede einzelne Mission ideenlos als Ballerbude konzipiert, dass die Luft schneller raus ist als man "Konservenshooter" rufen kann. Die Wartezeit auf die ohnehin so gut wie nie zustande kommenden Massenschlachten wird damit zur Tortur; das gleichen die witzlos zusammengesteckten kooperativen und Deathmatch-Partien nicht ansatzweise aus. Dem Shooter fehlt ohnehin das Mittendringefühl moderner Action, Spezialfähigkeiten wirken bestenfalls unspektakulär, schlimmstenfalls dämlich. Nein, selbst ohne Programm- und Grafikfehler wäre Defiance nicht mehr als gestreckte Langeweile.
Pro
Kontra
Wertung
360
Einfältige Action und eine müde erzählte Geschichte: Das Anhängsel der gleichnamigen Fernsehserie ist trotz sinnvoller Ansätze eine Enttäuschung.
PlayStation3
Einfältige Action und eine müde erzählte Geschichte: Das Anhängsel der gleichnamigen Fernsehserie ist trotz sinnvoller Ansätze eine Enttäuschung.
PC
Einfältige Action und eine müde erzählte Geschichte: Das Anhängsel der gleichnamigen Fernsehserie ist trotz sinnvoller Ansätze eine Enttäuschung.
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