The Hunter 201213.10.2011, Mourad Zarrouk
The Hunter 2012

Im Test:

Immer wenn sich Rondomedia mit dem Thema "Jagen" beschäftigt hat, ging das gnadenlos in die Hose! Den letzten Ausflug haben wir uns daher auch erspart. Trifft man mit dem aktuellen Jagd-Spiel zur Abwechslung mal das Spielspaß-Ziel?

Ein Web basiertes Spiel auf DVD?

In der Internet-Lobby wähle ich vor Spielbeginn mein Jagdrevier und die Uhrzeit für den Start.
In der Internet-Lobby wähle ich vor Spielbeginn mein Jagdrevier und die Uhrzeit für den Start.
Im Untertitel führt "The Hunter 2012 (ab 34,00€ bei kaufen)" folgende Aussage: "Das unglaublich realistische Jagderlebnis". Nach dem 20% Flop "Jagen 2011" und dem nicht besseren Nachfolger "Jagd-Action 3D" darf man ob des Wahrheitsgehaltes einer derart vollmundigen Aussage schon skeptisch sein. Die Entwickler des vorliegenden Jagdspiels haben allerdings  nichts mit jenen zu tun welche die beiden erstgenannten Titel verbrochen haben. Das lässt Hoffnung aufkeimen. Auch die Tatsache, dass es sich bei dem Spiel um eine "Boxed Version" eines bereits seit 2009 existierenden Web basierten Spiels handelt, gibt durchaus Grund zu leisem Optimismus. Tatsächlich ist  The Hunter (ohne die Jahreszahl im Namen)  eine bereits seit etwa drei Jahren via Internet gespielte Jagdsimulation. Das Grundspiel ist theoretisch kostenlos, doch schlagen Waffen, Munition und weitere Spielwelten mit echten Dollars zu Buche. Dafür wird die Spielwelt stetig erweitert  und das Spiel weiterentwickelt. Selbstverständlich verlangt auch Rondomedia echtes Geld für die verpackte Version, doch diese 20 Euro beinhalten immerhin den vollen aktuellen Programmcode auf DVD (lange Downloadzeiten entfallen) und -was viel wichtiger ist- die Kosten für eine sechsmonatige Vollmitgliedschaft sind eingerechnet und entsprechen exakt den 27 Dollar, die via Internet für den Zeitraum auch zu zahlen wären. Als "Bonus" wartet mit dem Modell 1780D FL noch ein exklusives durch Anschütz lizenziertes Jagdgewehr auf seinen virtuellen Besitzer. Alles gut und schön... Doch wie schlägt sich das Spiel in der Praxis?

Ab in den Wald

Halali! Auf geht's zum fröhlichen Rotwild Jagen!
Halali! Auf geht's zum fröhlichen Rotwild Jagen!
Eine permanente Internetanbindung ist notwendig, darauf weist der Hersteller aber auch deutlich auf der Packungsrückseite hin. Nach der Installation werde ich automatisch auf die Website von The Hunter weitergeleitet wo ich ein Spielerprofil anlege. Dort  kann ich aus zahlreichen Charakteren auswählen und auch das Geschlecht oder die Kleidung meines Jägers bestimmen. Das ist schon mal löblich, entsteht so doch eine gewisse Bindung zu meinem Charakter - zumindest eher, als wenn mir solche Auswahlmöglichkeiten gar nicht zur Verfügung stünden. Daraufhin erreicht mich in meinem spielinternen Mailsystem eine Nachricht von einem gewissen "Doc". Er fungiert als eine Art Mentor und steht mir mit Rat zur Seite. Zunächst weist er mich darauf hin, ich möge doch die Einführungsmissionen absolvieren. Gerne befolge ich diesen Rat. Nach erträglicher Ladezeit finde ich mich in einem realistisch und detailliert animierten Camp inmitten einer idyllischen Waldlandschaft der nördlichen Hemisphäre wieder. Bei der riesigen Spiellandschaft mit ihren vier großen Jagdrevieren namens "Evergreen Hunting Reserve" handelt es sich zwar nicht um eine Nachbildung realer Landstriche, doch die Entwickler haben sich an Landschaften und Regionen des US-Bundesstaates Washington orientiert und so kann man z.B. im Hintergrund Gebirgszüge wahrnehmen, die augenscheinlich den Rocky Mountains nachempfunden wurden. Die grafische und auch akustische Kulisse ist jedenfalls eine Wucht und das ist schließlich bereits ein erster Pluspunkt bei einer Simulation!

Mein bester Freund: Ein Geo-Sender!

Zu Beginn weisen noch Pfeile deutlich auf Spuren hin...
Zu Beginn weisen noch Pfeile deutlich auf Spuren hin...
Wie es sich für ein Tutorial gehört, werde ich Schritt für Schritt mit der Spielmechanik vertraut gemacht. Mein bester Freund ist der "Hunting Mate"! Das ist ein portabler Geo-Positionssender, der mir nicht nur bei der Orientierung in den riesigen Arealen hilft, sondern insbesondere beim Aufspüren der Beute eine unschätzbare Hilfe darstellt. Es gilt permanent nach Spuren oder Ausscheidungen von Damwild, wildem Geflügel oder wilden Schweinen Ausschau zu halten bzw. auf deren Rufe zu achten. Netterweise werden mir diese Hinweise mit einem rötlichen Bogen angezeigt, sobald ich nahe genug herangetreten bin. Ein akustisches Signal meines Hunting Mate signalisiert mir dann, dass ich die Daten einlesen kann. Daraufhin spuckt das Gerät mir aus, um welches Tier es sich handelt und in welche grobe Richtung es zieht. Wenn ich dieser Spur dann aufmerksam folge, sollte ich bald eine zweite und bestenfalls eine dritte Markierung finden. Diese grenzt den Bereich der Ortung dann schon deutlich enger ein.

Auf der Pirsch

Später gibt es diesen Service nicht mehr. Per Hunting Mate werden die Spuren analysiert
Später gibt es diesen Service nicht mehr. Per Hunting Mate werden die Spuren analysiert.
Dann gilt es per Fernglas Ausschau zu halten bzw. die Ohren zu spitzen. Denn je näher ich dem Tier komme, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, einen Laut aufzuschnappen und auch dieser lässt sich durch den Hunting Mate auswerten. Meist kann dann sogar ein ziemlich exakter Punkt festgemacht werden, von wo der Ruf ertönte. Im Tutorial handelt es sich um einen Hirsch, dessen Röhren ihm schlussendlich zum Verhängnis wird. Es kommt, wie es kommen muss: Ich lege mich ins tiefe Gras und lasse noch ein, zwei Mal einen Hirschlockruf mit einer eigens dafür entwickelten "Dose" ertönen und da kommt der Zwölfender auch schon aus dem Dickicht auf die Lichtung. Mit dem Fernglas observiere ich das Tier und warte auf den geeigneten Zeitpunkt, so z.B wenn es inne hält um zu fressen.

Der Fangschuss

Doc verrät mir via Texteinblendungen (Sprachausgabe gibt es nicht), dass es nun wichtig ist, die   vitalen Organe des Tieres zu treffen, es leide dadurch weniger. Ein Fangschuss durch die Brust wäre immer das beste, da Herz und Lunge somit schnell ihren Dienst aufgeben. Fies, aber offensichtlich korrekt.

Das Fernglas ist eine große Hilfe beim Erspähen der Beute.
Das Fernglas ist eine große Hilfe beim Erspähen der Beute.
Sodann lege ich an, visiere mittels Zielfernrohr auf besagte Brust, hole noch einmal tief Luft und halte sie mittels Leertaste auch aktiv an. Für einige Sekunden kann ich nun genauer zielen und … ziehe den Abzug! Ein beängstigend realistischer Knall hallt durch die Wildnis und ich sehe, wie der Hirsch aufschreckt...  (hab ich es verbockt ?)... allerdings nur, um nach ein paar Metern zusammenzubrechen: Ich habe getroffen! Nun gilt es, den Fang waidmännisch zu bergen und zu katalogisieren. Auch dies läuft im Spiel über den Hunting Mate als Allzweckhilfe. An meiner Beute angekommen erfasse ich den Hirsch mit dem Gerät und es wird mir mitgeteilt, wo genau ich getroffen habe (wobei man meist sogar die korrekt dargestellte  Eintrittswunde am Tier erkennen kann) und nachdem ich noch ein Foto aus beliebigem Winkel per Digitalkamera für meine Online-Trophäensammlung schießen durfte, gilt das Tier als "eingesammelt" und löst sich langsam in Luft auf. Nun bin ich bereit für meine erste "eigene" Jagd.

Vom Causeway zur Border Lodge...

Tolle Atmosphäre und bestechend realistische Grafik zeichnen das Spiel aus.
Tolle Atmosphäre und bestechend realistische Grafik zeichnen das Spiel aus.
Egal wo meine Jagd auf die zehn Tierarten beginnt - fortan bin ich auf mich allein gestellt. Ein gemeinsames  Jagen mit anderen Spielern (seien es reale oder computergestützte Mitstreiter) ist leider nicht möglich. Und so durchstreife ich einsam und allein wie ein Wolf die wunderschönen und schier endlosen Wald- und Küstenlandschaften auf der Suche nach meiner Beute. Der Realismus der Spielwelt sucht dabei seinesgleichen. Dynamisches Wetter (Regen, Nebel), korrekter Sonnenstand in Abhängigkeit von der frei wählbaren Tageszeit zu Jagdbeginn und Wild, das "intelligenter" agiert, als einem manchmal lieb sein kann. Die leiseste Unachtsamkeit (aufstehen, wenn man lieber schleichen sollte oder rennen, wenn gehen angebracht gewesen wäre), ein Hauch von Ungeduld oder ein Fehlschuss und (reale) Stunden des Fährtenlesens, Heranpirschens und Lockens sind für die Katz. So schnell wie ein Koyote, ein Hirsch oder ein Fasan sich von dannen machen, bekommt man meist keine zweite Chance. Etwas besser sieht es da bei den behäbigen Elchen oder den  sehr seltenen Schwarzbären aus. In Ermangelung einer Speicherfunktion können Misserfolge natürlich sehr frustrieren, motivieren schlussendlich aber dazu, es das nächste Mal einfach besser zu machen - und das bestenfalls, bevor die eingebaute "Müdigkeit" oder auch die Dunkelheit zum Abbruch der Jagd zwingt. Nebenbei hat man sich natürlich an die Gesetze des ethischen Jagens zu halten. Das bedeutet: Weibliche Tiere und Jungtiere sind tabu und auch das Kaliber der Waffe ist entscheidend. Mit "Kanonen auf Spatzen (Fasane) schießen" gilt nicht! Übrigens: Angriffe durch Bären oder "Action" sucht man hier vergebens. Wer so etwas sucht, muss zu Activisons "Cabela"-Reihe greifen. Bei diesem Spiel geht es tatsächlich um das simulierte Jagen und das ist zwar alles andere als Actionreich, aber dafür sehr spannend!

Fazit

Was für eine Ironie: Da tritt der seltene Fall ein, dass ein von Rondomedia vertriebenes Spiel (wohl aus Lizenzgründen) ausnahmsweise nicht das obligatorische "Simulation" im Titel führt, und dann ist es tatsächlich eine! The Hunter 2012 verhält sich zu C-Ware wie "Jagen 2011" ungefähr so wie ein modernes  Anschütz-Repetiergewehr "Modell F" zu einer Frontlader-Büchse der Konföderierten aus dem Sezessionskrieg: Es ist kaum vergleichbar. Das hier ist Jagen! Auch wenn stundenlang kein zählbarer Erfolg zu verbuchen ist, das gehört dazu. Allein das Umherstreifen durch diese wunderschönen nordamerikanischen Landschaften übt einen faszinierenden Reiz aus. Nein: Es gibt keinen Landrover, der mich schnell von A nach B bringt, alles muss mühsam zu Fuß erkundet werden. Ja: Im Grunde läuft die Jagd stets nach identischem Muster ab (Spuren finden, lesen, verfolgen, Wild locken, erlegen), aber das kommt eben schon sehr nah an das reale "Ding". Dabei ist das Ganze so beängstigend realistisch, dass es mir als ausgewiesenem Tierfreund schon weh tut. Indes bin ich kein Vegetarier und irgendwie muss das leckere Wildragout doch auf den Teller, da hilft alle Heuchelei nichts. Wer sich also für das  Thema interessiert oder einfach einen wunderbar ruhigen Landschaftssimulator mit realistischer "Jagd-Option" sucht, der findet hier seine Offenbarung. Nicht zu vergessen: Freunde von Ranglisten, Online-Auszeichnungen und einer lebendigen Community kommen hier ebenso auf ihre Kosten, denn jeder Spielfortschritt wird registriert und der Weg in die Hall of Fame der Jäger ist steinig und schwer.

Pro

grafisch auf sehr hohem Niveau
leicht zugängliches Spielprinzip
riesige Spielwelt
Tag/Nachtwechsel
dynamische Wettereffekte
realistische Soundkulisse
Tiere agieren glaubwürdig
ethisches Jagen wird propagiert
Leaderboards, Hall of Fame, Community
Endlosspiel
Training an Schießständen möglich
Spiel wird ständig erweitert und weiterentwickelt

Kontra

keine Mehrspieleroption
kaum Storyelemente
keine freies Speichern
keine In-Game Musik
keine Sprachausgabe

Wertung

PC

Realistische, technisch einwandfreie Jagdsimulation vor beeindruckender Kulisse, der im Grunde nur der Mehrspielermodus fehlt

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