Im Test:
Einsame Oase
Trotz postapokalyptischem Szenario ist die im einstigen Schweden verortete Spielwelt von Krater (ab 11,00€ bei kaufen) keine typische Fallout-Wüste, sondern eine von dichten Wäldern und saftigen Wiesen dominierte Enklave inmitten eines riesigen Bombenkraters. Dank des unglaublich fruchtbaren Bodens gedeihen dort herrliche Ernten und sichern so das Überleben in den idyllisch schroffen Siedlungen.
Viele Überlebende verbringen ihre Zeit inzwischen damit, wertvolle Artefakte früherer Tage auszugraben und zu verwerten oder zu tauschen. Unter dem Krater erstreckt sich nämlich ein endloses Geflecht aus verschütteten Tunneln, Bunkern und Höhlen, die jede Menge Reichtümer, aber auch Gefahren bergen.
Neben skrupellosen Räuberbanden und verfeindeten Fraktionen treiben auch mutierte Wölfe, Bären und andere Kreaturen in den finsteren Gängen ihr Unwesen. Die Hoffnung, einen wertvollen Schatz zu bergen, ist jedoch größer als die Angst hier sein Leben zu lassen und so wagt man sich mit seinem dreiköpfigen Gräberteam immer weiter ins Erdinnere vor.
Ödes Drumherum
Die notdürftig inszenierte Rahmenhandlung hat dennoch lediglich Alibicharakter und bleibt die meiste Zeit unauffällig im Hintergrund. Die wenigen Figuren von Bedeutung und Interesse bleiben blass und austauschbar wie die eigenen Helden, die je nach Schwierigkeitsgrad dauerhaft sterben können, aber auch lebendig mehrmals ersetzt werden müssen, sofern man der Begleitstory bis ans Ende folgen will.
Stetiger Wechsel
Zwar sammeln die Charaktere eine Art Erfahrungspunkte, mit denen sie Rang um Rang aufsteigen, aber bei der Startgruppe ist der Zenit schon mit Rang fünf erreicht und eine Weiterentwicklung unmöglich. Die nächste Heldengeneration reicht dann aber schon bis Rang 10 und beim Finale dirigiert man schließlich sogar Rang 15-Veteranen.
So richtig überzeugt hat mich der mehrfache Heldenwechsel jedoch nicht. Da jede neue Generation wieder ganz von vorn anfängt, wird die auch sehr kostenintensive Charakterentwicklung quasi nur künstlich in die Länge gezogen. Auch eine persönliche Bindung fällt natürlich entsprechend schwer, optische Charakteranpassungen sind ebenfalls tabu. Selbst der je nach Schwierigkeitsgrad permanente Tod eines Charakters bedeutet eigentlich nur nochmalige Auflevelarbeit statt eines einschneidenden Verlusts.
Zudem ist der Tod recht einfach vermeidbar, wenn man sich nur immer rechtzeitig um Verletzungen kümmert. Und selbst die zieht man sich erst zu, wenn man mehrmals in Folge K. O. geht und trotzdem unbeirrt weiterkämpft.
Qual der Wahl
Insgesamt gibt es vier recht traditionelle Charakterklassen, die man in sein dreiköpfiges Team berufen kann: Der robuste Bruiser zieht in klassischer Tank-Manier die Aufmerksamkeit der Gegner auf sich, während der Slayer ihnen großen Schaden zufügt. Der Medikus übernimmt hingegen das Heilen, während der Regulator Gegner schwächt.
Die Kämpfe laufen dabei in Echtzeit ab. Die Heldengruppe setzt sich bei Feindkontakt automatisch zur Wehr, kann aber auch manuell auf bestimmte Ziele angesetzt oder zur Flucht bewogen werden. Ansonsten dirigiert man lediglich den Einsatz individueller Spezialfertigkeiten, von denen jeder Charakter zwei beherrscht. Die Steuerung per Maus und Tastatur ist einfach und handlich.
Spannendes Erkunden
Was einen genau hinter der nächsten Ecke erwartet, ist aufgrund zufälliger Levelstrukturen sowie des traditionellen Nebel des Krieges nie ganz sicher, auch wenn man bei behutsamem Vortasten gefährliche Situationen meist rechtzeitig erkennen kann. Selbst die Zufallsbegegnungen auf der Weltkarte, wo man in Cursorform gemächlich von Schauplatz zu Schauplatz zieht, werden in kleinen vernebelten Top-Down-Arealen mit lauernden Gegnern und versteckten Schätzen ausgefochten.
Auch Siedlungen und Dungeons erkundet man aus klassischer, frei rotierbarer Draufsicht. Die Interaktionsmöglichkeiten hätten zwar großzügiger, das Design abwechslungsreicher sein können, Spannung und Atmosphäre können aber überzeugen - vor allem wenn man nicht weiß, was einen erwartet.
Bei der Orientierung hilft eine praktische, sich aber bei Stockwerkswechseln immer wieder zurücksetzende Automap, die alle Entdeckungen fleißig mitzeichnet und auch diverse Auftragsziele markiert. Die meisten Quests bestehen aber nur aus generischen Jagd- und Sammelaufgaben.
Individuelle Maßarbeit
Durch klassische Stufenaufstiege steigende Charakterwerte gibt es nämlich nicht, die Stärke der Gruppe wird ausschließlich über innere und äußere Ausrüstungsgegenstände bestimmt. Auch im Kampf einsetzbare Fertigkeiten sind unveränderlich vorgegeben. Gerade bei den Implantaten hat man jedoch viel Freiraum und kann mit ihnen auch auf Fertigkeiten Einfluss nehmen. Später entdeckt man sogar Figuren mit alternativen Fertigkeiten, die wieder ganz andere Ansätze ermöglichen.
Ähnliches dürften auch die zwei bereits fest eingeplanten, kostenpflichtigen Zusatzepisoden bewirken, die wohl nicht nur Story und Spielwelt komplettieren werden. Im Moment sind die Entwickler aber wohl noch mit Nachbesserungsarbeiten beschäftigt. Immerhin sind eine Woche nach Veröffentlichung bereits drei Patches erschienen. Die Fehleranfälligkeit hat im Vergleich zur Beta zwar deutlich abgenommen, trotzdem läuft noch lange nicht alles rund.
Unvollendetes Werk
Schade ist auch, dass im Spiel kaum gesprochen wird. Selbst Story-Dialoge sind nur teilweise vertont und brechen oft sogar mitten im Satz ab, während die eigenen Helden immer wieder dieselben paar Bemerkungen ablassen. Der bei längeren Kampfpausen immer wieder "Boring" grummelnde Bruiser ist da quasi bezeichnend. Eine deutsche Lokalisierung gibt es übrigens nicht, auch die Texte im Spiel sind auf Englisch.
Die größte Enttäuschung ist der wohl wegen technischer Schwierigkeiten nach wie vor gesperrte kooperative Online-Modus, der aus einem soliden, aber durchwachsenen, doch noch ein lange unterhaltsames Spielvergnügen hätte machen können. Allzu lange soll man sich zwar nicht mehr gedulden müssen, aber ob sich das Warten lohnt, ist völlig unklar...
Fazit
Krater ist ein solides Action-Rollenspiel vor interessanter Endzeitkulisse, das vor allem ambitionierte Jäger und Sammler ansprechen dürfte. Es gibt viel zu entdecken, zu erbeuten und zu experimentieren in der bizarren Trichterwelt. Die Geschichten hinter den fruchtbaren Böden, maskierten Bewohnern und verheißungsvollen Tunneln sind hingegen ziemlich blass und auch die austauschbaren Auftragshelden von der Stange sorgen nicht gerade für Begeisterung. Wirklich enttäuschend ist aber nur das Fehlen des versprochenen Koop-Modus', der immerhin noch vor der inhaltlichen Komplettierung durch zwei große Bezahl-Add-Ons kostenlos nachgereicht werden soll. Bewerten lässt sich aber natürlich nur der aktuelle Zustand und da klafft zumindest für Teamspieler ein großes Loch...
Pro
Kontra
Wertung
PC
Solides Endzeit-Rollenspiel für erkundungsfreudige und bislang einsame Jäger und Sammler.
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